Die aufgeführten Kompetenzen beschreiben das Ergebnis eines fünfjährigen Lernprozesses. Die Auswahl der angestrebten Kompetenzen trifft die Lehrkraft in pädagogischer Verantwortung auf der Basis der ermittelten Lernausgangslage sowie des individuellen Förderbedarfs der einzelnen Schülerin bzw. des einzelnen Schülers. Die Kompetenzen werden anhand der Inhalte aus den Lernbereichen im Unterricht angebahnt.
Evangelische Religionslehre 5
Inklusion
ER5 Motorik und Wahrnehmung
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- bringen in Gesten, Standbildern und Rollenspielen Inhalte des Religionsunterrichts zum Ausdruck.
- formulieren entsprechend ihrer Sehbeeinträchtigung ihre Bedürfnisse, wie sie Zugänge zu Symbolen und Kirchenräumen finden können.
- bringen ihre Eindrücke der Inhalte des Religionsunterrichts mit für sie individuell geeigneten Techniken (Sprechszenen, Hörspielen, Installationen, digitale Technik) in komplexer Form zum Ausdruck.
ER5 Denken und Lernstrategien
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- wenden selbständig und differenziert Hilfsmittel und Blindentechniken (auch in digitaler Form) zum Erschließen der Inhalte des Religionsunterrichts, vor allem biblischer Texte, an.
- entwickeln komplexe eigene Metaphern und Symbole für religiöse Inhalte, die ihrer Wahrnehmung als Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung angemessen sind.
- setzen sich kritisch und konstruktiv mit religiösen Deutungsmustern aufgrund ihrer Lebenserfahrungen und existenziellen Fragen als Menschen mit Lebenserschwernissen auseinander.
ER5 Kommunikation und Sprache
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- kennen, fordern und gestalten selbstorganisiert eine Gesprächsatmosphäre, die ihnen eine gute Teilhabe an Kommunikationsprozessen ermöglicht.
- wenden nonverbale Kommunikation angemessen an und verfügen über Lösungsansätze für Situationen, in denen das eingeschränkte Sehvermögen zu Schwierigkeiten führt.
ER5 Emotionen und soziales Handeln
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- beurteilen kritisch christliche Antwortversuche auf die Theodizee-Frage in Bezug zur eigener Lebenssituation und Sehbeeinträchtigung.
- setzen sich differenziert mit der christlichen Zusage der Liebe Gottes im Bezug zur eigenen Lebenssituation als Mensch mit Behinderung auseinander.
- entwickeln ein tragfähiges, realistisches Selbstkonzept, das durch das Wissen um die Liebe und Annahme Gottes getragen wird.
- verstehen Trauerprozesse als „normale“ Krisenverarbeitung und vergleichen dieses Wissen mit ihrem eigenen Erleben.
- diskutieren und beurteilen Deutungen von biblischen Heilungsgeschichten auf dem Hintergrund der Existenz von Behinderungen.
- bringen die emotionalen Aspekte des Themas Partnerschaft und Sexualität angemessen zur Sprache und reflektieren es unter dem Aspekt des Lebens mit Behinderung.
ER5 Lernbereich 1: Ich und die anderen
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- denken über das Besondere ihrer eigenen Person nach und nehmen ihren Platz in einer neuen Gruppe ein.
- nehmen eigene und von außen kommende Erwartungen an ihre Person wahr (z. B. im Blick auf Verhalten und Leistung) und unterscheiden diese.
- nehmen Gefühle von sich und anderen in alltäglichen Auseinandersetzungen wahr und beschreiben sie.
- entdecken in biblischen Texten, wie Gott sich Menschen ohne Vorbedingungen zuwendet und sie befähigt, sich mit den eigenen Gaben und Möglichkeiten in die Gemeinschaft einzubringen; sie tauschen sich über ihren Beitrag für die Gemeinschaft (Familie, Freundschaft, Schulklasse) aus.
- begründen, wie bestimmte Haltungen und Absprachen für Freundschaften und ein gelingendes Miteinander in Gruppen hilfreich sind; sie leiten Konsequenzen für ein gutes Zusammenleben in ihrem Umfeld ab.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- das Besondere und die Eigenart der eigenen Person, Rollen in verschiedenen Gruppen, der eigene Platz in einer neuen Gruppe (z. B. in der neuen Schule, in der neuen Religionsgruppe)
- Erwartungen und Ansprüche von Eltern, Lehrkräften, Mitschülerinnen und Mitschülern sowie anderen Personen des Lebensumfeldes im Vergleich zu den eigenen Vorstellungen
- Gefühle in Auseinandersetzungen (z. B. Angst, Verunsicherung, Überlegenheit, Wut, Zufriedenheit)
- biblische Texte zur Zuwendung und Befähigung sich einzubringen (z. B. Kindersegnung (Mk 10,13-16), Zachäus (Lk 19,1-10), der Mensch in der ihm anvertrauten Welt (Gen 1 und 2), Ps 139 in Auszügen)
- Begründungen für Absprachen: Solidarität mit Schwächeren, Minderheitenschutz, Gerechtigkeit, angstfreies Leben und Lernen
Für den Förderschwerpunkt Sehen
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- legen offen ihre Bedürfnisse aufgrund ihrer Blindheit oder Sehbehinderung dar.
- verstehen die Bedeutung von Körpersprache und Mimik für zwischenmenschliche Beziehungen und setzen sie ein.
ER5 Lernbereich 2: Die Bibel – ein Buch der Vielfalt
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- geben Auskunft über die Entstehung der Bibel sowie die Bibelverbreitung durch moderne Kommunikationsformen.
- wenden ihre Kenntnisse von Aufbau und Struktur der Bibel im selbständigen Umgang mit der Bibel an.
- erläutern, auch an ausgewählten Bibeltexten, die Bedeutung der Bibel als Glaubens- und Lebensbuch der weltweiten Christenheit.
- stellen durch ganzheitliche Zugänge Bezüge zwischen ausgewählten Bibeltexten und möglichen Lebenssituationen her.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Entstehung des Alten Testaments und des Neuen Testaments im Überblick, von der mündlichen Überlieferung bis zur Kanonisierung
- Bibel in vielfältigen Ausgaben und Übersetzungen, moderne Kommunikationsformen der Bibelverbreitung (z. B. Bibel-Apps, Onlinebibel, Bibeltexte als Bildschirmschoner, Bibel als Hörbuch)
- Aufbau und Struktur der Bibel: Altes und Neues Testament, verschiedene Textarten, Buch-Kapitel-Vers
- Bibel als Glaubens- und Lebensbuch: Bibel als Wort Gottes, als Zugang zu Jesus, als gemeinsame Grundlage von Christinnen und Christen weltweit
- ganzheitliche, vielfältige Zugänge zu biblischen Texten (z. B. bibliodramatische Elemente, Bibliolog, Bibel teilen)
Für den Förderschwerpunkt Sehen
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- nutzen die Bibel in einer für sie geeigneten Ausgabe (Brailleschrift, Großdruck, digital) und gehen selbständig damit um.
ER5 Lernbereich 3: Gott begleitet auf dem Lebensweg
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- beschreiben Erfahrungen von Veränderung und Aufbruch in ihrem Umfeld und bringen damit verbundene Hoffnungen und Befürchtungen zum Ausdruck.
- deuten ausgewählte Geschichten von Sara, Abraham und Hagar als Erfahrungen der Begleitung und Bewahrung durch Gott.
- nehmen herausfordernde Vorstellungen von Gott in biblischen Geschichten wahr und setzen sich damit im Blick auf eigene Fragen auseinander.
- tauschen sich darüber aus, wie Gott durch die Höhen und Tiefen des Lebens begleitet, den Menschen Aufbruch und Veränderung ermöglicht und beziehen dies auch auf ihr eigenes Leben.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Erfahrungen von Veränderung und Aufbruch in ihrem Umfeld (z. B. Schulwechsel, Umzug, Trennung der Eltern)
-
Gottes Begleitung in biblischen Erzählungen von Sara, Abraham und Hagar:
Berufung (Gen 12,1-9), Abraham und Lot (Gen 13), Verheißung (Gen 15,1-6), Sara, Hagar und Ismail (Gen 16), Sara und Abraham hören Gottes Verheißung (Gen 18,1-15), Geburt Isaaks (Gen 21,1-21) - herausfordernde Vorstellungen von Gott in biblischen Texten (z. B. Abrahams Opfer (Gen 22,1-19), ein Gott, mit dem man handeln kann (Gen 18,16-33))
- Erfahrungen mit Gottes Begleitung in Umbruchsituationen im eigenen Leben oder im Leben anderer (z. B. ein Lebensbild, die biblische Gestalt Ruth, persönliche Begegnung mit einem Menschen im Rahmen des Unterrichts)
Für den Förderschwerpunkt Sehen
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Zweifel und Überwindung des Zweifels an Gottes Begleitung an Beispielen von Krisensituationen (z. B. Erblindung) kennenlernen und reflektieren
ER5 Lernbereich 4: Glaube wird sichtbar
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- nehmen eigene und fremde Erfahrungen mit Glauben wahr und bringen sie in vielfältiger Weise zum Ausdruck.
- erläutern Ausdrucksformen christlicher Spiritualität wie Gebete, Psalmen, Lieder und Glaubensbekenntnisse; sie geben das Vaterunser wieder und beschreiben es als Gebet der weltweiten Christenheit.
- deuten Kirchenraum und Gottesdienst als Zeichen von Gemeinschaft und Verbundenheit zwischen Gott und den Menschen.
- entdecken die Bedeutung von Ausdrucksformen des Glaubens für unterschiedliche Lebenssituationen; sie gestalten diese kreativ und bringen sie ggf. im religiösen Leben der Schule ein.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Erfahrungen mit dem Glauben und Ansichten über den Glauben aus dem eigenen Erleben oder Berichten anderer (z. B. Erfahrung mit dem Beten, mit Gottesdienst, mit biblischen Geschichten, mit dem Religionsunterricht); vielfältige kreative Darstellungsformen
- Ausdrucksformen christlicher Spiritualität wie Psalmen, traditionelle und moderne Glaubensbekenntnisse, Lieder
- Kirchenraum und Gottesdienst als Ort der Gemeinde und Gemeinschaft; gottesdienstliche Elemente (z. B. Vaterunser, Apostolisches Glaubensbekenntnis, Gebete, Lieder, Abendmahl)
- Kirche und eigene Lebensstationen (z. B. Taufe, Konfirmation, Trauung, Beerdigung)
- Ausdrucksformen des Glaubens wie Kurzandachten, Bewegungslieder, Bildbetrachtungen, Gebetsecken, bezogen auf unterschiedliche Anlässe (Dank, Trauer, Abschied, Neuanfang etc.)
- Memoriertext: Vaterunser
Für den Förderschwerpunkt Sehen
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- bringen ihre individuelle Wahrnehmung von Kirchenräumen als Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung zum Ausdruck und entwickeln Modelle für eine, ihren Bedürfnissen entsprechende, barrierefreie Teilnahme am Gottesdienst.
ER5 Lernbereich 5: Mit Worten verantwortungsvoll umgehen
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- erläutern und reflektieren die beabsichtigte und unbeabsichtigte Wirkung von Worten sowie ihre eigene Verantwortung für die Folgen ihrer Worte und ihres Redens.
- beschreiben und bewerten, inwiefern in verachtender und verletzender Rede und in Gerüchten Gefahren für die Würde des Nächsten liegen, und entwickeln Möglichkeiten, wirksam darauf zu reagieren.
- erläutern anhand des 8. Gebots die Bedeutung von Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit für ein gelingendes Miteinander und stellen Bezüge zum eigenen Leben in Schule und Alltag her.
- beschreiben die positive, schöpferische Kraft von Worten (z. B. Ermutigung, Zuspruch, Lob), entwerfen dazu passende Formulierungen und wenden sie in der Begegnung mit anderen Menschen an.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Wirkung von Worten anhand konkreter Äußerungen aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler
- Gefahren für die Menschenwürde, Beispiele aus dem Alltagsleben der Schülerinnen und Schüler (z. B. Beleidigungen, Verbreitung von Gerüchten, Cybermobbing, sexualisierte Sprache)
- Bedeutung von Wahrhaftigkeit für den Einzelnen und die Gemeinschaft anhand des 8. Gebots mit Auslegung (z. B. nach Martin Luther)
- Beispiele für die positive Wirkung von Worten (z. B. Lob, Trost, Segensworte, Kompromissvorschlag, hilfreiche Rückmeldungen)
Für den Förderschwerpunkt Sehen
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- erkennen ausgrenzende und stigmatisierende Wirkungen von Worten im eigenen Erleben als Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung und reflektieren angemessene Reaktionsmöglichkeiten.