Die aufgeführten Kompetenzen beschreiben das Ergebnis eines fünfjährigen Lernprozesses. Die Auswahl der angestrebten Kompetenzen trifft die Lehrkraft in pädagogischer Verantwortung auf der Basis der ermittelten Lernausgangslage sowie des individuellen Förderbedarfs der einzelnen Schülerin bzw. des einzelnen Schülers. Die Kompetenzen werden anhand der Inhalte aus den Lernbereichen im Unterricht angebahnt.
Evangelische Religionslehre R8
Inklusion
ER8 Motorik und Wahrnehmung
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- bringen in Gesten, Standbildern und Rollenspielen Inhalte des Religionsunterrichts zum Ausdruck.
- formulieren entsprechend ihrer Sehbeeinträchtigung ihre Bedürfnisse, wie sie Zugänge zu Symbolen und Kirchenräumen finden können.
- bringen ihre Eindrücke der Inhalte des Religionsunterrichts mit für sie individuell geeigneten Techniken (Sprechszenen, Hörspielen, Installationen, digitale Technik) in komplexer Form zum Ausdruck.
ER8 Denken und Lernstrategien
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- wenden selbständig und differenziert Hilfsmittel und Blindentechniken (auch in digitaler Form) zum Erschließen der Inhalte des Religionsunterrichts, vor allem biblischer Texte, an.
- entwickeln komplexe eigene Metaphern und Symbole für religiöse Inhalte, die ihrer Wahrnehmung als Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung angemessen sind.
- setzen sich kritisch und konstruktiv mit religiösen Deutungsmustern aufgrund ihrer Lebenserfahrungen und existenziellen Fragen als Menschen mit Lebenserschwernissen auseinander.
ER8 Kommunikation und Sprache
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- kennen, fordern und gestalten selbstorganisiert eine Gesprächsatmosphäre, die ihnen eine gute Teilhabe an Kommunikationsprozessen ermöglicht.
- wenden nonverbale Kommunikation angemessen an und verfügen über Lösungsansätze für Situationen, in denen das eingeschränkte Sehvermögen zu Schwierigkeiten führt.
ER8 Emotionen und soziales Handeln
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- beurteilen kritisch christliche Antwortversuche auf die Theodizee-Frage in Bezug zur eigener Lebenssituation und Sehbeeinträchtigung.
- setzen sich differenziert mit der christlichen Zusage der Liebe Gottes im Bezug zur eigenen Lebenssituation als Mensch mit Behinderung auseinander.
- entwickeln ein tragfähiges, realistisches Selbstkonzept, das durch das Wissen um die Liebe und Annahme Gottes getragen wird.
- verstehen Trauerprozesse als „normale“ Krisenverarbeitung und vergleichen dieses Wissen mit ihrem eigenen Erleben.
- diskutieren und beurteilen Deutungen von biblischen Heilungsgeschichten auf dem Hintergrund der Existenz von Behinderungen.
- bringen die emotionalen Aspekte des Themas Partnerschaft und Sexualität angemessen zur Sprache und reflektieren es unter dem Aspekt des Lebens mit Behinderung.
ER8 Lernbereich 1: Reformation und ihre Auswirkungen in die Gegenwart
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- stellen den Lebensweg Martin Luthers und die Frömmigkeitsvorstellungen seiner Zeit in Bezug zu seinen theologischen Entdeckungen dar.
- beschreiben wichtige reformatorische Grundgedanken zu Gnade, Freiheit, Bibel und tauschen sich darüber aus.
- vergleichen Merkmale der evangelisch-lutherischen und römisch-katholischen Kirche heute und beschreiben entscheidende Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Sie deuten das Glaubensbekenntnis als verbindendes ökumenisches Element und geben es wieder.
- erläutern Beispiele ökumenischer Praxis in Schule und Gemeinde und entwickeln Ideen für ein ökumenisches Projekt.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Frömmigkeitsvorstellungen, Ängste und Hoffnungen der Menschen zur Zeit Luthers, Bedeutung und Ausformungen der mittelalterlichen Ablasspraxis
- ausgewählte Stationen aus dem Leben Luthers im Bezug zu seinen theologischen Gedanken und Aussagen
- reformatorische Grundgedanken mit Bezug zu sola gratia (allein durch Gnade), sola fide (allein durch Glauben), sola scriptura (allein durch die Schrift), solus Christus (allein Christus)
- Merkmale der evangelisch-lutherischen und römisch-katholischen Kirche heute im Vergleich (z. B. Feste, Gebete, Glaubensbekenntnis, Bedeutung der Bibel, Traditionen, Amtsverständnis)
- ökumenische Praxis vor Ort (z. B. ökumenische Schulgottesdienste, Jugendveranstaltungen, Gemeindefeste, Kirchentage)
- Memoriertext: Apostolisches Glaubensbekenntnis
ER8 Lernbereich 2: Biblische Schöpfungserzählungen – Bekenntnis und Auftrag
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- erläutern, wie die Schöpfungstexte vom Menschen als Geschöpf und Ebenbild Gottes erzählen und wie sie von Gott als dem Schöpfer und Erhalter der Welt reden.
- geben Auskunft über den Entstehungszusammenhang sowie den Hintergrund der biblischen Schöpfungstexte und beschreiben das Verhältnis von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und Schöpfungserzählungen als Glaubenszeugnissen.
- beschreiben die gegenseitige Beeinflussung von Mensch und Natur sowie das Spannungsfeld, in dem Menschen einerseits aufgerufen sind, die Schöpfung zu bewahren und gestalten, sie andererseits aber auch gefährden.
- begründen verantwortungsvolles Handeln für Mensch und Umwelt aus dem Auftrag Gottes und zeigen an Beispielen, wie eine Umsetzung möglich ist.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- zentrale Aussagen biblischer Schöpfungserzählungen (Gen 1,1-2,4a und Gen 2,4b-25; z. B. Gott als Schöpfer von Himmel und Erde, der Mensch als Ebenbild und Geschöpf), ggf. weitere Texte wie Psalm 8, Psalm 104
- Entstehungszusammenhang und theologische Grundaussagen der biblischen Schöpfungstexte; ihre Deutung als Glaubenszeugnisse
- naturwissenschaftliche Erkenntnisse zur Weltentstehung in Auswahl
- Abhängigkeiten des Menschen von der Natur und Einflüsse des Menschen auf die Umwelt
- biblischer Auftrag (Gen 1,28; 2,15), verantwortliches Handeln für Mensch und Umwelt im Lebensumfeld der Schülerinnen und Schüler
ER8 Lernbereich 3: Verantwortlich leben – Liebe und Partnerschaft
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- formulieren eigene Erwartungen und Befürchtungen in Bezug auf Liebe, partnerschaftliche Beziehungen und Sexualität und reflektieren Gründe, die zum Gelingen von Beziehungen beitragen bzw. zum Scheitern führen können.
- beschreiben aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen im Blick auf die Vielfalt von partnerschaftlichen Beziehungen sowie Lebensweisen und setzen sich kritisch mit der Darstellung von Liebe, Sexualität und Partnerschaft in Medien auseinander.
- geben Auskunft über biblische Motive und theologische Aussagen zu Liebe, Partnerschaft und Sexualität und formulieren eigene Gedanken dazu.
- unterscheiden gelingende, verantwortungsbewusste Partnerschaft und Sexualität von sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt. Sie erläutern das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und entwickeln Möglichkeiten, wie sie es in ihrem Leben immer wieder umsetzen können.
- erschließen sich Informationen zu Einrichtungen oder Personen, die bei Fragen zu Sexualität, Partnerschaft oder Missbrauch und Gewalt beraten und Unterstützung bieten.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Erwartungen und Befürchtungen hinsichtlich Liebe, Partnerschaft, Sexualität, ihrem Gelingen und Scheitern
- aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen im Blick auf die Vielfalt von partnerschaftlichen Beziehungen und Lebensweisen, wie Ehe, heterosexuelle und homosexuelle Partnerschaften, verschiedene Familienmodelle, Leben als Single
- Beispiele medialer Darstellungen von Liebe, Sexualität, Partnerschaft im Fernsehen, in Videoclips, im Internet
- biblische Motive und theologische Aussagen zu Liebe, Partnerschaft, Ehe und Sexualität (z. B. Gen 1,27, Hohelied Salomos in Auswahl, 1. Kor 13 in Auswahl)
- Aspekte gelingender Partnerschaft und Sexualität (z. B. Rücksichtnahme, Respekt, Freiraum, Nähe, Wahrnehmen von Bedürfnissen und Wünschen, Recht auf Selbstbestimmung)
- sexuelle Übergriffe und sexueller Missbrauch, Gewalt, Scheitern von Partnerschaften, sexualisierte Sprache, Umgang mit Ängsten, Enttäuschungen, Verletzungen
- Beratungsstellen zu Fragen von Partnerschaft, Sexualität und Schwangerschaft; Anlaufstellen bei sexuellem Missbrauch und Gewalt in der Beziehung
Für den Förderschwerpunkt Sehen
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Einfluss von Sehbehinderung oder Blindheit auf Liebe, Partnerschaft und Sexualität
ER8 Lernbereich 4: Leben im Gleichgewicht – Arbeit und Freizeit
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- beschreiben Arbeit und Berufstätigkeit im Spannungsfeld von Erfüllung und Last und stellen Bezüge zu eigenen Hoffnungen und Befürchtungen her.
- erläutern grundlegende biblisch-theologische Aussagen zu Wert und Würde eines Menschen im Blick auf Arbeit und Leistung und beziehen diese auf ihre aktuelle schulische Situation und ihr zukünftiges Berufsleben.
- begründen die Notwendigkeit und Bedeutung von Freizeit als Ergänzung und Ausgleich zur Arbeit sowie zur Stärkung von Beziehungen und diskutieren, wie ein sinnvoller und verantwortlicher Umgang mit Freizeit umgesetzt werden kann.
- nehmen Zeit als Gabe, Chance und Begrenzung wahr und entwickeln eigene Vorstellungen und Gestaltungsmöglichkeiten von Zeit in ihren unterschiedlichen Facetten wie Lebenszeit, Freizeit, Arbeitszeit.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- Arbeit und Berufstätigkeit zwischen Erfüllung und Last: Notwendigkeit und Sinn von Arbeit, Arbeit zur Einkommenssicherung, Berufswahl nach Neigung und Fähigkeiten
- Belastungen durch Arbeit (z. B. Überarbeitung, gefährliche Arbeiten); Arbeitslosigkeit als Krise und Bedrohung
- grundlegende biblisch-theologische Aussagen zu Wert und Würde eines Menschen bezüglich Arbeit und Leistung (z. B. aus den Schöpfungserzählungen (Gen 1 bis 3), Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16), Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Lk 19,12-27)); kirchliche Stellungnahmen zur Sonntagsarbeit, 3. Gebot
- Notwendigkeit und Bedeutung von Freizeit für den Menschen, Beispiele gelingender Freizeitgestaltung
- Zeit als Gabe, Chance und Begrenzung (z. B. anhand biblischer Impulse wie das Gleichnis vom reichen Kornbauern (Lk 12,16-21)), „Alles hat seine Zeit“ (Prediger 3,2-8) und Begegnung mit Menschen aus dem Lebensumfeld der Jugendlichen
Alltagskompetenzen
Für den Förderschwerpunkt Sehen
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- setzen sich mit Lebensmodellen und Lebensplänen für Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit außerhalb eines normalen Arbeitslebens vor dem Hintergrund der Würde des Menschen durch Gottes bedingungsloser Annahme auseinander.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- realistische Einschätzung der eigenen Berufsmöglichkeiten und Chancen trotz Sehbeeinträchtigung
- sinnvolles Leben trotz Arbeitslosigkeit (ggf. Mt 6, 19-34)
ER8 Lernbereich 5: Christlicher Glaube – vielfältig und konkret
Kompetenzerwartungen
Die Schülerinnen und Schüler ...
- erläutern unterschiedliche Bedeutungen des Begriffs Kirche und geben Auskunft über die Vielfalt der Angebote von Kirchengemeinden sowie über ehrenamtliches und hauptberufliches Engagement als Ausdruck gelebten Glaubens.
- beschreiben, wann und wie Menschen mit kirchlichen Angeboten in Berührung kommen können, und verknüpfen diese Erkenntnisse mit eigenen Beobachtungen und Erfahrungen.
- beschreiben Gründe, warum Menschen den Gottesdienst besuchen, und entwickeln eigene Vorstellungen, wie sie sich einen Gottesdienst und den Kirchenraum wünschen.
- setzen sich mit der Vielfalt gelebter Glaubenspraxis in der weltweiten Christenheit auseinander und bringen eigene Glaubensvorstellungen bzw. Überzeugungen zum Ausdruck und im Gespräch ein.
Inhalte zu den Kompetenzen:
- unterschiedliche Bedeutungen des Begriffs Kirche (z. B. Gebäude, Gemeinde, Gottesdienst, Institution); biblische Bilder zu Gemeinde: Wanderndes Gottesvolk (Exoduserzählung), Mahlgemeinschaft (Apg 2,42 ff.), Ein Leib – viele Glieder (1. Kor 12,4 ff.)
- Beispiele aus der Vielfalt kirchlicher Angebote in einer Gemeinde: Gottesdienste, Gruppen, Feste, Seelsorge
- Vielfalt ehrenamtlichen und hauptberuflichen Engagements in einer Kirchengemeinde (z. B. Mitarbeit im Kindergottesdienst, bei einer Jugendfreizeit, Leitung des evangelischen Kindergartens, Besuchsdienst)
- Berührungspunkte mit kirchlichen Angeboten im eigenen Lebenslauf (z. B. Taufe, Konfirmation, Trauung, Beerdigung)
- Gründe für den Besuch eines Gottesdienstes, eigene Vorstellungen von Gottesdienst und Kirchenraum
- Vielfalt gelebter Glaubenspraxis in der Ökumene und der weltweiten Christenheit (z. B. Gospelgottesdienste, charismatische Bewegung, Hilfe für die Armen); ggf. in Bezug auf die Partnergemeinde der örtlichen Kirchengemeinde bzw. des Dekanatsbezirks