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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Evangelische Religionslehre 11

Hinweis: In der Wissenschaftswoche erarbeiten die Schülerinnen und Schüler im zeitlichen Umfang einer Woche fachspezifische Zugänge zu einem fächerübergreifenden Rahmenthema, insbesondere in Vorbereitung auf das Wissenschaftspropädeutische Seminar.

ER11 Lernbereich 1: Glaube und Vernunft – alte und neue Herausforderungen (ca. 14 Std.)
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Kompetenzerwartungen

Die Schülerinnen und Schüler ...

  • reflektieren den Begriff der Mündigkeit vor dem Hintergrund ihrer eigenen Lebenssituation.
  • leiten aus Grundgedanken der Aufklärung Herausforderungen für den christlichen Glauben ab und untersuchen an Beispielen, inwiefern diese Herausforderungen von der zeitgenössischen Theologie aufgenommen wurden.
  • setzen sich auf der Grundlage verschiedener Ansätze aus Philosophie, Literatur, Film oder bildender Kunst kritisch mit dem Vernunftbegriff auseinander und stellen Bezüge zu eigenen Erfahrungen her.
  • erschließen einen theologischen Entwurf, der Glaube und Vernunft konstruktiv aufeinander bezieht.
  • beschreiben unterschiedliche Zuordnungen von Glaube und Naturwissenschaft, entwickeln Kriterien für eine differenzierte Verhältnisbestimmung und machen diese in der Auseinandersetzung mit Pauschalisierungen im öffentlichen Diskurs geltend.

Inhalte zu den Kompetenzen:

  • Begriff der Mündigkeit: I. Kants Diktum sowie eigene Vorstellungen und Erwartungen an Mündigkeit, Chancen und Grenzen eigenen Handelns
  • Aspekte der Lebenssituation wie Bedeutung von Volljährigkeit, Fragen eigener Positionierung angesichts eines pluralen Angebots von Lebensentwürfen
  • Zeitalter der Aufklärung: Vorrangstellung von Vernunft und Empirie, Fortschrittsoptimismus und positives Menschenbild, kritische Prüfung überkommener Autoritäten, Denkmuster und Glaubensüberzeugungen
  • Versuche, diese Herausforderungen theologisch aufzunehmen, z. B. Deismus, Ethisierung von Religion, rationalistische Bibelauslegung, Pietismus
  • Ansätze z. B. aus der Romantik, Moderne, Postmoderne, in denen Kritik an der Absolutsetzung von Vernunft und am Fortschrittsoptimismus deutlich wird
  • ein theologischer Entwurf, z. B. von W. Pannenberg, J. Moltmann, U. Beuttler, I. Dalferth
  • Zuordnungen von Glauben und naturwissenschaftlichem Denken, z. B. Konkurrenz, Dialog, Integration, Unabhängigkeit; dazu Kriterien wie Weltzugänge, Fragestellungen, unterschiedliche Sprachräume
  • ein Beispiel für Pauschalisierungen und Absolutsetzungen im Spannungsfeld von Szientismus und Fundamentalismus; damit zusammenhängende Kommunikationsstrategien unter besonderer Berücksichtigung digitaler Kontexte

ER11 Lernbereich 2: Freiheit leben (ca. 14 Std.)
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Kompetenzerwartungen

Die Schülerinnen und Schüler ...

  • nehmen Zusammenhänge von Freiheit und Bedingtheit in persönlichen und gesellschaftlichen Lebensvollzügen wahr und erschließen den Begriff der Freiheit vor dem Hintergrund unterschiedlicher Deutungsansätze.
  • beschreiben Gefährdungen und Ambivalenzen von Freiheit anhand konkreter Beispiele.
  • identifizieren Freiheitsgedanken in biblischen Texten und reflektieren diese im Zusammenhang von Rechtfertigung und Freiheit nach reformatorischem Verständnis.
  • nehmen Gewissen aus protestantischer Sicht als Ort von Identitäts- und Freiheitserfahrung wahr und entwickeln daraus Perspektiven für eine verantwortliche Lebensgestaltung.

Inhalte zu den Kompetenzen:

  • Zusammenhänge von Freiheit und Bedingtheit im eigenen Erfahrungsbereich, wie z. B. Unterschied zwischen Wollen und Handeln, Selbst- und Fremdbestimmung, individuelle Fähigkeiten und Beschränkungen
  • Dimensionen von Freiheit wie Handlungsfreiheit, Gedankenfreiheit, Willensfreiheit, Entscheidungsfreiheit, Meinungsfreiheit, innere und äußere Freiheit; dazu die Unterscheidung von negativer und positiver Freiheit als Differenzierungshilfe
  • Deutungsansätze zur Freiheitsthematik aus Philosophie, Literatur bzw. Humanwissenschaften, z. B. J.-J. Rousseau, I. Kant, J. S. Mill, F. Schiller, H. Arendt, P. Bieri, S. Freud, G. Roth
  • Gefährdungen bzw. Ambivalenzen von Freiheit aus dem persönlichen und dem politischen Bereich, z. B. Verunsicherung durch eine Überfülle von Wahlmöglichkeiten, Missverständnis von Freiheit als Beliebigkeit, Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit, Anonymität und Verantwortung beim Agieren in digitalen Kontexten, Umschlagen von Freiheitsbewegungen in Gewalt und Diktatur
  • Freiheitsmotive in der Bibel, z. B. in der Exodustradition, in Schöpfungstexten, in Leben und Wirken Jesu, bei Paulus (Gal 3)
  • Grundgedanken aus M. Luthers „Freiheit eines Christenmenschen“; dazu ggf. W. Huber (Kommunikative Freiheit)
  • evangelisches Gewissensverständnis, ausgehend von D. Bonhoeffer: Gewissen als Person- und Glaubenszentrum, das durch Christus befreite Gewissen
  • Perspektiven für die verantwortliche Lebensgestaltung wie Freiheit als Voraussetzung für Übernahme von Verantwortung, Freiheit vom Zwang, richtig handeln zu müssen, Orientierung am Anderen, Vertrauen auf Vergebung, Versöhnung bzw. Erlösung

ER11 Lernbereich 3: Sola scriptura!? – Zugänge zur Bibel (ca. 14 Std.)
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Kompetenzerwartungen

Die Schülerinnen und Schüler ...

  • reflektieren eigene Einstellungen zur Bibel und tauschen sich darüber aus.
  • erschließen eine für die Gesamtheit der Bibel bedeutsame Schrift bzw. Erzähltradition.
  • erläutern Fragestellungen der historisch-kritischen Exegese und vollziehen deren Methodik in Ansätzen anhand eines Bibeltextes nach.
  • setzen weitere Lesarten der Bibel in Beziehung zur historisch-kritischen Exegese und prüfen an einem Textbeispiel aus der gewählten Tradition Reichweite und Grenzen unterschiedlicher Methoden und Lesarten.
  • nehmen die Bedeutung der Wirkungsgeschichte für das Verständnis biblischer Texte wahr und vergleichen und deuten ausgewählte literarische, künstlerische oder mediale Umsetzungen des gewählten Textes.
  • setzen sich mit evangelischem Schriftverständnis auseinander und vergleichen es mit dem anderer Traditionen.

Inhalte zu den Kompetenzen:

  • Aufbau, Inhalt und Deutung einer ausgewählten biblischen Schrift bzw. Erzähltradition in ihren innerbiblischen Bezügen, z. B. Vätergeschichten, Exodus, Hiob, ein Evangelium
  • historisch-kritische Auslegung eines exemplarisch gewählten Abschnitts der behandelten biblischen Tradition; Anliegen und Reichweite der historisch-kritischen Exegese
  • zwei weitere Lesarten der Bibel, z. B. psychologisch, befreiungstheologisch, feministisch
  • Rezeption und Interpretation des gewählten biblischen Themas, z. B. in Gesellschaft und Politik, Kunst, Literatur, Musik, Film, Werbung, digitalen Medien; ggf. eigene Gestaltungsversuche
  • Aspekte eines evangelischen Schriftverständnisses zwischen Anspruch auf Autorität und Freiheit von Autoritäten: Heilige Schrift, Wort Gottes, Jesus Christus als Mitte der Schrift, sola scriptura
  • Schriftverständnis in einer Tradition mindestens einer anderen Konfession (z. B. Katholizismus, Orthodoxie) oder Religion (z. B. Judentum, Islam); fundamentalistisches Bibelverständnis

ER11 Lernbereich 4: Zwischen Distanz und Nähe: Judentum, Christentum, Islam (ca. 12 Std.)
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Kompetenzerwartungen

Die Schülerinnen und Schüler ...

  • nehmen lebensweltliche bzw. mediale Zusammenhänge wahr, in denen das Verhältnis von Judentum, Christentum und Islam zum Thema wird, und setzen sich mit der Problematik von stereotypen Zuschreibungen auseinander.
  • stellen exemplarisch Beziehungen von Judentum, Christentum und Islam in Vergangenheit und Gegenwart dar und reflektieren die Möglichkeit, von den drei Religionen als den „abrahamitischen“ zu sprechen.
  • identifizieren gemeinsame Glaubensthemen und vergleichen an einem Beispiel ausgewählte Positionen der drei Religionen.
  • beschreiben einen gesellschaftlich und politisch relevanten Konflikt, in dem sich Zusammenhänge zu Judentum, Christentum und Islam ergeben oder zumindest solche Zuschreibungen gemacht werden, analysieren dessen Hintergründe und nehmen begründet Stellung.
  • unterscheiden verschiedene Geltungs- und Wahrheitsansprüche von Religionen und setzen sie in Beziehung zu einem differenzierten Verständnis von Toleranz.

Inhalte zu den Kompetenzen:

  • Beispiele für das Verhältnis von Juden und/oder Christen und/oder Muslimen aus Lebensumfeld bzw. analogen wie digitalen Medien
  • Stereotypen, z. B. in Vorurteil, Klischee, Ressentiment; ihre Funktionen wie Komplexitätsreduktion, Abwertung, Konturierung der eigenen Identität
  • Beziehungen von Judentum, Christentum und Islam im Überblick, z. B. zur Zeit der Kreuzzüge, während der Blütezeit des Islam in Spanien, im 20. und 21. Jahrhundert
  • Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der jüdischen, christlichen und islamischen Berufung auf Abraham
  • ein gemeinsames Glaubensthema, wie z. B. Gottesbild, Fragen nach Leben, Tod und Erlösung, Schriftverständnis, religiöse Praxis
  • ein aktueller Konflikt, z. B. im Zusammenhang mit Geschlechterrollen, Mitwirkung in der Demokratie, Einstellung zu Macht und Gewalt; Frage nach der religiösen Dimension, dazu soziale, politische und geschichtliche Hintergründe sowie ausgewählte Beiträge bzw. Meinungsäußerungen auch aus digitalen Medien; Ansätze eines gelingenden Miteinanders
  • Geltungs- und Wahrheitsansprüche von Religionen in ihrer Spannung zum Toleranzbegriff, z. B. exklusives, inklusives, pluralistisches Verständnis, Relativismus; Unterscheidung von Toleranz, Akzeptanz und Indifferenz; Grenzen von Toleranz