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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Ethik 12 (grundlegendes Anforderungsniveau)

Eth12 Lernbereich 1: Theorie und Praxis des Handelns (ca. 28 Std.)
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Kompetenzerwartungen

Die Schülerinnen und Schüler ...

  • identifizieren auf der Grundlage von ausgewählten Ansätzen der philosophischen Ethik handlungstheoretische Zusammenhänge. Sie berücksichtigen diese bei der moralischen Beurteilung von Handlungen.
  • unterscheiden sicher grundlegende ethische Fachbegriffe und wenden sie im mündlichen und schriftlichen Gebrauch korrekt an.
  • beurteilen Platons Vorstellungen vom Guten und Gerechten.
  • bewerten die Tugendethik und Mesoteslehre bei Aristoteles in Bezug auf ihre Tragfähigkeit bei der Orientierung in ethischen Fragen.
  • erörtern Voraussetzungen und Konsequenzen von I. Kants Pflichtethik. Sie überprüfen die Tauglichkeit des kategorischen Imperativs in moralisch relevanten Situationen.
  • bewerten die Tragfähigkeit utilitaristischer und deontologischer Positionen bei der Orientierung in moralischen Entscheidungssituationen.
  • entwickeln durch einen fairen Austausch von Argumenten, der sich am Ideal eines herrschaftsfreien Diskurses orientiert, Problemlösungen, die die Bedürfnisse und Präferenzen der Betroffenen berücksichtigen.
  • decken Techniken unlauteren Argumentierens auf und setzen sich auf angemessene Weise gegen sie zur Wehr, auch in digitalen Medien.
  • beurteilen die Überzeugungskraft der verantwortungsethischen Position von H. Jonas vor dem Hintergrund gegenwärtiger umwelt-, bio-, technik- oder medizinethischer Probleme und Herausforderungen.
  • erkennen in ihrer Lebenswelt Situationen, in denen ihre ethische Kompetenz gefordert ist. Sie prüfen insbesondere bei Wertekonflikten eigene wie auch fremde Sichtweisen verantwortungsbewusst.

Inhalte zu den Kompetenzen:

  • grundlegende handlungstheoretische Begriffe und Zusammenhänge, u. a. Handlung, Absicht, Ziel, Mittel, Umstände, Folgen, Wille
  • Platon (Politeia): Idee des Guten, Seelenlehre (u. a. Ausrichtung der Seele an der Idee des Guten), Tugenden; Weiterführung in den Kardinaltugenden (z. B. Thomas von Aquin)
  • Tugendethik bei Aristoteles (Nikomachische Ethik): Seelenlehre, Mesoteslehre, dianoetische und ethische Tugenden
  • Pflichtethik bei I. Kant (deontologische Ethik): Allgemeinheit und Notwendigkeit als Grundvoraussetzungen für das moralische Gesetz, kategorischer Imperativ (Grundformel und Selbstzweckformel), der moralische Wert von Handlungen, Maximenprüfung und Konkretisierung des kategorischen Imperativs
  • Utilitarismus (konsequentialistische Ethik): Grundprinzipien und Formen des Utilitarismus (Handlungs-, Regel- und Präferenzutilitarismus)
  • Diskursethik (J. Habermas): Grundsätze und praktische Regeln; Techniken des unlauteren Argumentierens, z. B. argumentum ad hominem, argumentum ad populum, Zirkelschlussargument, Anekdotenargument
  • Verantwortungsethik (H. Jonas): Nah- und Fernethik, neuer kategorischer Imperativ, Heuristik der Furcht vor dem Hintergrund eines aktuellen Problems aus der Umwelt-, Bio-, Technik- oder Medizinethik; die Biosphäre als Zweck an sich selbst

Eth12 Lernbereich 2: Freiheit und Determination (ca. 28 Std.)
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Kompetenzerwartungen

Die Schülerinnen und Schüler ...

  • reflektieren die Verantwortlichkeit für Handlungen und grenzen freiwillige von unfreiwilligen Handlungen ab, u. a. indem sie Aristoteles’ Vorstellungen hierzu beurteilen.
  • erkennen das Problem der Willensschwäche in ihren alltäglichen Entscheidungen und Handlungen, u. a. bei ihrem Umgang mit digitalen Medien, und setzen sich mit diesem auch vor dem Hintergrund philosophischer Texte auseinander.
  • entwickeln ein reflektiertes Menschenbild, u. a. indem sie die Vorstellungen I. Kants und J.-P. Sartres zur menschlichen Freiheit beurteilen.
  • unterscheiden positive und negative Freiheit
  • untersuchen Bedingungen des Entscheidens und Handelns auf der Grundlage zentraler Aussagen P. Bieris.
  • machen sich bei der Reflexion von Entscheidungen und Handlungen psychologische, sozialpsychologische und soziologische Einflussgrößen und deren Implikationen für die menschliche Freiheit bewusst. Sie berücksichtigen diese Erkenntnisse bei ihren Urteilen.
  • bewerten die Relevanz und die Überzeugungskraft von Beiträgen aus der Neurobiologie für die Frage nach der menschlichen Freiheit. Dabei berücksichtigen sie insbesondere die einschlägige philosophische Kritik.

Inhalte zu den Kompetenzen:

  • Aristoteles: freiwilliges und unfreiwilliges Handeln sowie Mischformen
  • Willensschwäche, z. B. Aristoteles, Thomas von Aquin, R. M. Hare, D. Davidson
  • I. Kant: Freiheit als Autonomie des Willens, Freiheit und moralisches Gesetz
  • positive und negative Freiheit am Beispiel der Religionsfreiheit
  • J.-P. Sartres atheistischer Existentialismus: der Mensch als ein prinzipiell freies Wesen, Existenz und Essenz
  • P. Bieri: bedingte und unbedingte Freiheit, Aneignung des Willens
  • Sozialpsychologie: Konformität (Acceptance, Compliance), Autorität (u. a. Milgram-Experiment), Bystander-Effekt
  • Sozialisation, Status und Rolle als Bestimmungsgrößen für menschliches Verhalten
  • Freiheit des Menschen aus neurobiologischer Sicht: das Experiment von B. Libet; Aussagen der neueren Forschung, z. B. G. Roth, W. Singer, W. Prinz
  • philosophische Kritik der Aussagen von Neurobiologinnen und Neurobiologen anhand zentraler Aspekte: „Gründe statt Ursachen“, interaktionistischer Dualismus, Qualia, Erklärungslücke und Anschlussproblem, Prinzip der kausalen Geschlossenheit der physikalischen Welt