Bildungsstandards
Die Inhalte und Kompetenzerwartungen der Jahrgangsstufen 12 und 13 basieren auf den Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (i. d. F. vom 18.06.2020). Die Kompetenzerwartungen verknüpfen die nach den Bildungsstandards am Ende der Qualifikationsphase von den Schülerinnen und Schülern erwarteten allgemeinen Kompetenzen mit Inhalten, die besonders gut zu deren Entwicklung geeignet sind. Für eine fundierte Ausprägung der Kompetenzen nutzen die Schülerinnen und Schüler sie aber auch anhand anderer Inhalte regelmäßig. Einige der in den Bildungsstandards genannten Inhalte wurden bereits in vorhergehenden Jahrgangsstufen, insbesondere in der Jahrgangsstufe 11, behandelt. Auch sie sind für die Abiturprüfung relevant.
Während die Schülerinnen und Schüler im Unterricht der Jahrgangsstufen 7 bis 11 einen Überblick über wichtige Teilgebiete und Konzepte der Physik erworben haben, vertiefen und erweitern sie in der Qualifikationsphase ihre Kompetenzen. Sie beschreiben naturwissenschaftliche Konzepte, Theorien und Verfahren und wählen diese zur Bearbeitung von innerfachlichen und anwendungsbezogenen Fragestellungen gezielt aus. Experimente, Theorien und Modellvorstellungen verknüpfen sie zur Bearbeitung von zunehmend komplexer werdenden, in reale Kontexte eingebetteten Fragestellungen. Anknüpfungspunkte zu Alltagsanwendungen, insbesondere in der Technik, durchziehen den gesamten Unterricht der Qualifikationsphase. Sie werden regelmäßig aufgegriffen, um die Bedeutung der Physik für den Alltag der Schülerinnen und Schüler sowie ihren Beitrag zu den übergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen deutlich werden zu lassen.
Zur Gewinnung physikalischer Erkenntnisse arbeiten die Schülerinnen und Schüler auch mit abstrakteren Modellen und beschreiben Vorgänge und Zusammenhänge mathematisch. Sie durchlaufen den Zyklus der Erkenntnisgewinnung von der Bildung von Hypothesen über die Charakterisierung und zielgerichtete Auswahl von Modellen und Verfahren sowie die Planung von Experimenten bis hin zur Interpretation und Reflexion der Ergebnisse und der Prozesse, durch die sie gewonnen wurden. Bei der Auswertung experimenteller Daten unterscheiden sie zwischen Messunsicherheiten und Messabweichungen und schätzen Unsicherheiten sowie die daraus resultierenden Einflüsse auf ihre Ergebnisse geeignet ab. So werden ihnen zentrale Wesenszüge sowie Möglichkeiten und Grenzen der physikalischen Vorgehensweise und die Bedeutung der Physik für das Verständnis vieler Alltagsphänomene und technischer Anwendungen deutlich.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln so eine breite naturwissenschaftliche Allgemeinbildung, die vor allem auf der zielgerichteten Verwendung fundamentaler Prinzipien, mathematischer Modellierungen und zeitgemäßer physikalischer Modelle beruht. Sie erwerben ein modernes Weltbild, in das diese Prinzipien und Modelle sinnvoll eingebettet sind und mithilfe dessen sie sich argumentativ an Diskussionen und Entscheidungsfindungsprozessen in gesellschaftlich relevanten Kontexten beteiligen. Dabei nutzen sie strukturierte Bewertungsverfahren und beziehen auch außerfachliche Aspekte mit ein. Sie reflektieren Entscheidungsprozesse sowie ihre Folgen.
Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich selbständig Erkenntnisse auch zu komplexeren physikalischen Inhalten. Sie bereiten Ergebnisse adressatengerecht auf, präsentieren und diskutieren sie. Dabei gehen sie sicher mit der Fachsprache sowie fachtypischen Darstellungen und Argumentationsstrukturen um.
In Vorbereitung auf ein lebenslanges Lernen zählen die digitale Bildung und das eigenverantwortliche Arbeiten zu den Grundpfeilern des Unterrichts in den Jahrgangsstufen 12 und 13. Die reflektierte Nutzung digitaler Werkzeuge, unter anderem von Messwerterfassungssystemen, Simulationen und Anwendungen zur Darstellung und Auswertung von Daten, zur Kooperation und Präsentation, ist ein Ziel des Unterrichts. In Fortführung des Lernbereichs Eigenverantwortliches Arbeiten in Jahrgangsstufe 11 erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler auch in den Jahrgangsstufen 12 und 13 ausgewählte Themen selbständig und präsentieren ihre Erkenntnisse. Diese Themen sind in den Inhaltslisten explizit ausgewiesen. In vielen Fällen bietet sich ein arbeitsteiliges Vorgehen an. Dabei stellen die Präsentationen sicher, dass die Inhalte von allen Schülerinnen und Schülern in gleicher Weise aufgenommen werden.
Lehrplanalternative Biophysik
In der Lehrplanalternative Biophysik der Jahrgangsstufe 12 lernen die Schülerinnen und Schüler die Grundlagen eines aktuellen Zweigs der Physik kennen, in dem tiefere Erkenntnisse über die Natur in der Regel nur durch Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen zu erreichen sind. Sie erfahren, dass mithilfe physikalischer Modelle und Arbeitsmethoden weitreichende Aussagen über die Funktionsweise biologischer Systeme getroffen werden können. Hierbei steht die Modellbildung im Spannungsfeld zwischen notwendiger Komplexität und ihrer, auch mathematischen, Beherrschbarkeit. Die Kompetenzerwartungen und Inhalte dieser Lehrplanalternative sind so ausgewählt, dass alle notwendigen Voraussetzungen zur Fortsetzung des Physikkurses in der Jahrgangsstufe 13, auch im Rahmen der Lehrplanalternative Astrophysik, geschaffen werden.
Lehrplanalternative Astrophysik
Mit der Lehrplanalternative Astrophysik in der Jahrgangsstufe 13 erwerben die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen in einem Themengebiet, welches durch das Zusammenwirken verschiedener Teilbereiche der Physik charakterisiert ist. Angesichts der anders gelagerten Rolle von Experimenten in der Astrophysik bilden Modelle und Theorien die wesentliche Grundlage für den Kompetenzerwerb, ergänzt durch Modellexperimente sowie die direkte Beobachtung von Objekten am Himmel. Um die Anschaulichkeit, die Lebendigkeit und die Aktualität der Astrophysik zu unterstreichen, sollen Beobachtungen, der Besuch einer Sternwarte oder eines Planetariums und wann immer möglich der Bezug auf aktuelle Ereignisse und Forschungsergebnisse in den Unterricht eingebunden werden. Eine charakteristische Methode im Umgang mit Beobachtungsdaten, die mit großen Messunsicherheiten und Streuungen behaftet sind, besteht im Arbeiten mit Abschätzungen und näherungsweisen Zusammenhängen unter der Setzung vereinfachender Annahmen.
Erhöhtes Anforderungsniveau
Im erhöhten Anforderungsniveau sind in der Jahrgangsstufe 12 vier Unterrichtsstunden dafür vorgesehen, in einem geeigneten Themenbereich einen alltagsrelevanten Anwendungsbezug vertieft zu behandeln.
Das erhöhte Anforderungsniveau äußert sich im Bereich der Sachkompetenz darin, dass zu bestimmten Themen mehr Sachverhalte eventuell in höherer Komplexität der verwendeten Modelle detaillierter betrachtet werden. Darüber hinaus nutzen die Schülerinnen und Schüler des erhöhten Anforderungsniveaus auch eine deutlich umfangreichere und tiefere Mathematisierung. Im Bereich der Erkenntnisgewinnungskompetenz wird vermehrt auf einen formalen Umgang mit Messunsicherheiten sowie Messabweichungen und auf die Reflexion über Vor- und Nachteile oder die Aussagekraft verschiedener Mess- und Auswertungsverfahren Wert gelegt. Die Schülerinnen und Schüler besitzen im Bereich der Kommunikationskompetenz ein umfangreicheres Fachvokabular und drücken sich fachlich präziser aus. Sie sind in der Lage, sprachlich und inhaltlich komplexere Fachtexte zu verstehen. Im Bereich der Bewertungskompetenz können sie mehr und komplexere Argumente mit Belegen heranziehen. Auch gelingt es ihnen, eigene Standpunkte differenzierter zu begründen und so besser gegen sachliche Kritik zu verteidigen.
Eine wesentliche Form der Vertiefung im erhöhten Anforderungsniveau stellen zusätzliche Inhalte dar. Die Schülerinnen und Schüler nutzen außerdem vermehrt Analogien sowie fortgeschrittenere Mathematisierungen, unter anderem Differentialgleichungen und Zeigerdarstellungen, zur Beschreibung von Vorgängen und Zusammenhängen und erschließen sich dabei die Mächtigkeit mathematischer Methoden als Mittel der physikalischen Weltbeschreibung.
Der Lernbereich Experimentelles Arbeiten stellt eine besondere inhaltliche Vertiefung dar. Seine Inhalte sind bereits in die Lernbereiche 12.1 bis 12.3 sowie 13.1 bis 13.4 des erhöhten Anforderungsniveaus integriert, die zugehörigen Kompetenzerwartungen sind in den Lernbereichen 12.4 und 13.5 zusammengefasst.