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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Archäologie

1 Selbstverständnis des Profilfaches Archäologie
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Die Schülerinnen und Schüler begegnen mit dem Fach Archäologie einer Wissenschaft, die ihnen in Ansätzen bereits von anderen Fächern (z. B. Latein, Griechisch, Geschichte, Kunst) her vertraut ist. Im Profilfach Archäologie erschließen sie sich nun systematisch zentrale Aspekte der in verschiedene Teilbereiche mit unterschiedlichen chronologischen und geographischen Schwerpunkten aufgefächerten „Lehre von den Altertümern“.

Die wissenschaftliche Archäologie erforscht die Geschichte der Menschen von den Anfängen des Homo sapiens bis in unsere Gegenwart. Sie gehört als eigenständiges Fach zu den Geschichts- und Kulturwissenschaften, unterscheidet sich aber methodisch und hinsichtlich der Quellenbasis von den Nachbardisziplinen. In ihrem Fokus stehen gegenständliche Quellen als materielle Dokumente menschlichen Wirkens in Raum und Zeit, wogegen in der Geschichtswissenschaft schriftliche Quellen eine wesentliche Rolle spielen. Da viele Aspekte der Geschichte der Menschheit in dinglichen Quellen, in Boden-, Bau- und Siedlungsdenkmälern überliefert sind, kommt der Archäologie bei ihrer Erforschung eine wichtige Rolle zu. Je weniger schriftliche Dokumente verfügbar sind, desto wichtiger sind die Forschungsergebnisse der Archäologie. Aber auch für die Erforschung von Epochen mit Schriftkultur bleibt sie unverzichtbar, denn sie kann die philologische Geschichtswissenschaft in wesentlichen Aspekten ergänzen, bestätigen oder korrigieren.

Die Grabungsarchäologie hat ihre geschichtlichen und methodischen Wurzeln im Bergen, Sammeln und Ausstellen sowie im Typisieren von Kunstwerken. Als moderne Wissenschaft hat die Archäologie ihr Spektrum erweitert sowie ihr Instrumentarium verfeinert und arbeitet interdisziplinär auch mit zahlreichen naturwissenschaftlichen Methoden und Techniken. Das Spektrum umfasst u. a. die Philologien, die Naturwissenschaften, Statistik und Informatik, Anthropologie, Medizin und Forensik, Geographie, Geologie und Geodäsie, physikalische Materialuntersuchungen und, etwa in der experimentellen Archäologie, handwerkliche Arbeiten. Diese Vielfalt an geistes-, sozial- und naturwissenschaftlichen Zugriffen auf die dinglichen Quellen macht die Archäologie zur universellen historischen Kulturanthropologie.

Zu den kulturstaatlichen Aufgaben der Archäologie gehören auch Denkmalschutz und Denkmalpflege. Archäologen und Archäologinnen befinden sich in einem Dilemma: Einerseits bedingt vor allem die Grabung, aber auch die Restaurierung die Zerstörung originaler Fundzusammenhänge; diese unwiederbringlichen Verluste können einmalige Funde und akribische Dokumentationen nur teilweise ersetzen. Andererseits entstehen neue Erkenntnisse und wissenschaftlicher Fortschritt nicht ohne immer weitere archäologische Forschungen, und dahin gehen nicht nur die Intention der Forschenden, sondern auch das öffentliche Interesse der Menschen, deren Geschichte zeitgemäß geschrieben und dokumentiert werden soll. Teil der archäologischen Methodenkompetenz ist daher auch die Präsentation von Forschungsergebnissen.

2 Beitrag des Profilfaches zur gymnasialen Bildung und Persönlichkeitsentwicklung
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Die Archäologie als ein kulturwissenschaftliches und historisches Fach erfüllt am Gymnasium vergleichbare Aufgaben und Zwecke wie das Fach Geschichte: Lebensweltliche und fachliche Kompetenzen wie die Orientierung in Geschichte und Gegenwart, ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein sowie die Fähigkeit und Bereitschaft, für ein demokratisches und wertebasiertes Miteinander einzutreten, sind auch hier wesentliche didaktisch-pädagogische Kategorien (vgl. Fachprofil Geschichte). Dazu kommt die Begegnung mit herausragenden Kunstwerken, anhand derer die Schülerinnen und Schüler ihre ästhetische Bildung vertiefen.

Die Jugendlichen erschließen sich im Fach Archäologie ein zeitlich tiefes Bewusstsein für historische Zusammenhänge und Epochen, deren Ereignisse, Strukturen und Entwicklungen eben nicht ausschließlich oder immer weitgehend an die Schrift gebunden sind. Der Zeitrahmen von vielen Jahrtausenden unterschiedlichster Kulturen erweitert das Verständnis und die Wertschätzung für andere Lebensweisen und Kulturen.

Das Fach Archäologie ermöglicht in hohem Maße die Veranschaulichung vergangener Ereignisse und Strukturen. In der Begegnung und in der Auseinandersetzung mit dinglichen Dokumenten von Menschen vergangener Epochen, zudem oft aus ihrem alltäglichen Leben, wird ihre und unsere Lebenswelt praktisch und unmittelbar greifbar. Dabei stärken regionalgeschichtliche Ansätze den lebensweltlichen Bezug.

Den Schülerinnen und Schülern wird im Fach Archäologie die Bedeutung von Denkmalschutz und Denkmalpflege und deren Konflikte mit anderen Interessen (Wissenschaft, Wirtschaft, Tourismus, privater Eigennutz) bewusst. Die Auseinandersetzung mit diesen verschiedenen Perspektiven, möglichst am Denkmal vor Ort, weckt die Aufgeschlossenheit für das kulturstaatliche Anliegen, das auf eine breite und verständige Vertretung in Staat und Gesellschaft angewiesen ist.

3 Zusammenarbeit mit anderen Fächern
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Die Kombination geistes-, sozial- und naturwissenschaftlicher Methoden in der Archäologie ist in den Unterricht übertragbar. Die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass sie ihre Kompetenzen aus unterschiedlichen Fächern einbringen und anwenden können, um archäologische Forschung noch besser zu verstehen. Sie erwerben damit eine vertiefte Methodenkompetenz und erkennen, wie wichtig und ertragreich fächerübergreifendes Denken und Arbeiten in der modernen Forschung ist.

Beispiele für fächerübergreifende Zusammenarbeit in der Schule sind:

  • Werteorientierung, religiöse Praktiken und Kulte (Religionslehre, Ethik)
  • Epigraphik, Papyrologie; ergänzende Lektüre literarischer Quellen (Latein, Griechisch)
  • EDV, bildbasierte 3D-Modellierung (Informatik)
  • elektromagnetische Prospektion, Röntgenstrukturanalyse, Thermolumineszenz (Physik)
  • Dendrochronologie, Pollenanalyse, Skelettuntersuchungen, historische Ökologie, DNS-Analysen (Biologie)
  • Datierungsmethoden mit radioaktiven Verbindungen (C14-Analyse), Materialanalysen (Chemie)
  • Arbeit mit schriftlichen Quellen in Kombination mit archäologischen Befunden (Geschichte)
  • Verständnis für gesellschaftliche Strukturen (Politik und Gesellschaft)
  • Bodenkunde, historische Umwelt- und Klimaforschung (Geographie)
  • Traditionslinien und historische Techniken (Kunst)

4 Ziele und Inhalte des Profilfaches am Gymnasium
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Die Schülerinnen und Schüler befassen sich mit wichtigen Epochen der Menschheitsgeschichte von den Anfängen des Homo sapiens bis in die Neuzeit. Die Methoden und Erkenntnisse der wissenschaftlichen Archäologie werden erklärt und diskutiert. Anhand von exemplarisch bereitgestelltem Quellenmaterial (Bilder von Funden, Befundberichte, ggf. Originalfunde) lernen die Schülerinnen und Schüler analytische und interpretierende Arbeitstechniken kennen und können fachspezifische Methoden im Ansatz anwenden.

Der regionalgeschichtliche Bezug soll, wo immer möglich und sinnvoll, herausgestellt werden, um die lebensweltliche Anbindung vor Ort zu stärken.

Das Profilfach Archäologie lebt von Exkursionen und dem Besuch archäologischer Stätten. Bei Museumsbesuchen konkretisieren und vertiefen die Schülerinnen und Schüler im Unterricht erarbeitete Kompetenzen und reflektieren beobachtend und urteilend die Präsentation archäologischer Funde und Befunde im öffentlichen Raum. Kontakte mit den staatlichen und kommunalen Behörden der Denkmalpflege unterschiedlicher Ebenen informieren über die fachliche und gesellschaftliche Bedeutung der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes, auch mit ihren Problemen vor Ort. Höhepunkt des Profilfaches Archäologie kann die beobachtende oder die aktive Teilnahme an einer wissenschaftlichen Lehrgrabung sein. Vor- und Nachbereitung einer Exkursion oder des Besuchs einer archäologischen Stätte haben zudem den Charakter von Projektarbeit. Pro Schuljahr ist eine Exkursion vorgesehen.

Beispiele für Exkursionen, u. a.:

  • Durchführung eines Surveys oder einer Baustellenbeobachtung vor Ort in Zusammenarbeit mit der örtlichen Kreis- oder Stadtheimatpflege oder mit Heimat- oder Geschichtsvereinen
  • beobachtende Teilnahme an einer wissenschaftlichen Grabung in der Region
  • Archäologische Staatssammlung in München
  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege in München
  • überregional bedeutende Museen, z. B. Glyptothek, Antikensammlungen, Staatliches Museum Ägyptischer Kunst und Museum für Abgüsse klassischer Bildwerke in München, Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg
  • kleinere Spezialmuseen vor Ort
  • aktive Teilnahme an einer wissenschaftlichen Lehrgrabung
  • archäologische Studienfahrt