Die Welt der belebten Natur mit ihrer Vielfalt und ihrem Formenreichtum fasziniert Kinder und Jugendliche, stellt sie aber gleichzeitig vor viele Fragen. Als beschreibende und experimentelle Naturwissenschaft setzt sich die Biologie mit dem Lebendigen und dessen Phänomenen auseinander. Sie leistet dabei einen Beitrag zur Erschließung der Welt und wirkt bei der Bewältigung aktueller und zukünftiger wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Schlüsselprobleme mit. Biologische Erkenntnisse und deren praktische Anwendungen besitzen bereits heute zentrale Bedeutung für Innovationen in der Medizin, der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion oder der Umwelttechnik. Für die unmittelbare Zukunft ist zu erwarten, dass diese Bedeutung insbesondere in den Bereichen Bio- und Gentechnologie, Ernährung, Gesundheit, Reproduktionsbiologie und nachhaltige Entwicklung noch erheblich zunehmen wird.
Um aktiv an der gesellschaftlichen Diskussion über diese Themen teilnehmen bzw. dem Anspruch auf Selbst- und Mitbestimmung nachkommen zu können, benötigen Heranwachsende mannigfaltige Kompetenzen. Das Fach Biologie trägt dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler der Realschule über diese Kompetenzen verfügen.
Im Fächerkanon der Realschule ist die Biologie das erste naturwissenschaftliche Unterrichtsfach. Hier werden erste und prägende Eindrücke einer Naturwissenschaft gewonnen und im Hinblick auf charakteristische Denkweisen und Erkenntnismethoden fundamentale Grundlagen gelegt. Für den Biologieunterricht erfordert dies eine entsprechende Vorgehensweise. In der Auseinandersetzung mit biologischen Fragestellungen wird die Wahrnehmungsfähigkeit geschult und der Forschergeist angeregt. Stehen bei der Lösung biologischer Probleme und Aufgaben zunächst Beobachtungen und Vergleiche im Vordergrund, stellt sich im Folgenden immer stärker die Frage nach dem Warum. So erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler Zusammenhänge und Begründungen. Es erwächst ein Verständnis allgemeiner biologischer Gesetzmäßigkeiten, die auch auf neue Fragestellungen angewandt werden können. Mit der Einführung von Basiskonzepten werden zentrale und grundlegende Sachverhalte der Biologie beschrieben und strukturiert. Die belebte Natur bildet sich in verschiedenen Organisationsstufen bzw. Systemen wie der Zelle, einem Organismus oder einem Ökosystem ab. Der Wechsel zwischen diesen Systemen eröffnet den Blick auf biologische Phänomene aus unterschiedlichen Perspektiven. Dadurch gelingt es, im Biologieunterricht abstraktes, logisches und multiperspektivisches Denken zu entwickeln. Die Schülerinnen und Schüler erwerben aufeinander aufbauende Kompetenzen, die insbesondere im Unterricht anderer naturwissenschaftlicher Fächer zum Tragen kommen können. Da die Biologie Fragen des Alltags der Kinder und Jugendlichen beantworten kann, erwachsen Interesse und Neigungen für das Fach im Besonderen und die Naturwissenschaften im Allgemeinen.
Die Förderung von allgemein naturwissenschaftlichen, aber auch von fachspezifischen Denkweisen, Erkenntnismethoden und Arbeitstechniken ermöglicht eine fundierte Berufsorientierung im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Ausgehend von einer alltagsbezogenen Begegnung mit biologischen Phänomenen, entwickeln die Heranwachsenden auch in kooperativen Arbeitsgruppen konkrete Fragestellungen, wählen eine passende Untersuchungsmethode aus und wenden diese an. Bei der selbsttätigen Durchführung von Untersuchungen lernen die Schülerinnen und Schüler den Umgang mit Mess- und Laborgeräten. In der Auswertungsphase unterscheiden sie zwischen Beobachtung und Interpretation. Im Prozess der Erkenntnisgewinnung spielen oft Modelle eine Rolle, unter anderem, um Merkmale bzw. Vorgänge zu verdeutlichen, wenn eine unmittelbare Beobachtung nicht möglich ist. Die Arbeitstechnik Mikroskopieren ermöglicht einen Blick in die Welt des mikroskopisch Kleinen, Bestimmungsübungen erweitern die Formenkenntnis und bieten so eine Orientierung in der Vielfalt der Natur.
Im Biologieunterricht spielt neben dem Verständnis von Zusammenhängen der Umgang mit Informationen eine gewichtige Rolle. Dies umfasst beim Erschließen von Informationen beispielsweise das Recherchieren oder das Aufbereiten von Daten in Form von Diagrammen und weiteren Darstellungsformen. Die Weitergabe der Informationen erfolgt zunehmend unter Verwendung der Fachsprache. In vielfältigen Kommunikationssituationen wird auch die Argumentationsfähigkeit geschult.
Biologische Erkenntnisse und Anwendungen können ethische Fragen aufwerfen. Die Schülerinnen und Schüler gewinnen Einsicht in verschiedene Positionen zu ethischen Konflikten und bewerten diese auf der Grundlage des Wertesystems unserer Gesellschaft, als auch mithilfe aktueller Forschungsergebnisse.
Die Auseinandersetzung mit dem Bau von Lebewesen, ihren Angepasstheiten und Leistungen, dem Eingebundensein in ökologische Zusammenhänge und der Perspektive der Entwicklung von Lebensformen erzeugt ein differenziertes Weltbild, das auch die Stellung des Menschen in der Welt aus einer empirisch-naturwissenschaftlichen Perspektive reflektiert. Dazu tragen auch humanbiologische Themen bei, die zudem an der Persönlichkeitsentwicklung mitwirken und zu einem profunden Selbstbild führen. Der Unterricht im Fach Biologie begleitet die Schülerinnen und Schüler in ihrer Entwicklung und vermittelt ihnen eine positive Haltung zu ihrem eigenen Körper. Sie werden sich der besonderen Verantwortung für sich selbst sowie für andere bewusst und lernen, aktiv zu ihrer eigenen Gesunderhaltung beizutragen.
Die Schönheit der Natur bietet Chancen zu vielfältigen emotionalen Zugängen zu biologischen Themen. Schülerinnen und Schüler betrachten im Rahmen des Biologieunterrichts den Menschen als Teil der Natur, der das Lebendige achtet und seine Umwelt verantwortungsvoll gestaltet. Ihnen wird bewusst, wie der Mensch die Natur und damit auch sich selbst in vielfältiger Weise gefährden kann. Hieraus erwächst die Bereitschaft, mit Naturgütern schonend umzugehen und Schädigungen der Lebensgrundlagen zu vermeiden. Die Schülerinnen und Schüler erfahren, dass die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen die Lebensqualität des Menschen verbessern kann.