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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Bildungs- und Erziehungsauftrag für den Förderschwerpunkt Hören

1 Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Hören
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Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Hören weisen eine Schädigung des auditiven Sinns oder eine Störung im Verarbeitungsprozess akustischer Ereignisse auf. Wird im Folgenden von einer Schädigung oder Störung gesprochen, so werden diese Begriffe im medizinischen Sinn gebraucht.

Hörschädigungen können prä-, peri- oder postnatal entstehen. Sie sind durch verschiedene Ursachen wie Erkrankung, Unfall, ein massives akustisches Ereignis oder genetisch bedingt und liegen in unterschiedlichen Arten und Graden vor.

Die unterschiedlichen Grade von peripheren Hörschädigungen orientieren sich an der individuellen Hörschwelle und werden folgendermaßen eingeteilt:

  • leichtgradig: Hörschwelle zwischen 20 und 40 dB
  • mittelgradig: Hörschwelle zwischen 40 und 60 dB
  • hochgradig: Hörschwelle zwischen 60 und 80 dB
  • an Taubheit grenzend: Hörschwelle zwischen 80 und 90 dB
  • gehörlos: Hörschwelle ab 90 dB

1.1 Beschreibung der Schülerschaft mit Förderbedarf Hören
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Die Schülerschaft mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt Hören ist aufgrund der zahlreichen individuellen Faktoren in der Hör-, Sprach- und Kommunikationsentwicklung äußerst heterogen. Dazu zählen folgende Kinder und Jugendliche: 


Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören, mit Hörgerichtetheit und Lautsprache als Kommunikationsmittel
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  • nehmen akustische Reize und Lautsprache, ggf. unter Nutzung von Hörhilfen (z. B. Hörgeräten, Cochlea Implantaten, Höranlagen) wahr
  • entwickeln Lautsprache auf auditiv-imitativem Weg
  • kontrollieren ihr eigenes Sprechen über die auditive Rückkopplung
  • nutzen bei Bedarf manuelle Kommunikationsmittel (lautsprachunterstützende/-begleitende Gebärden, Fingeralphabet)

Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören, mit visueller Orientierung und Gebärdensprache oder Gebärden als Kommunikationsmittel
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  • nehmen akustische Reize und Lautsprache mit oder ohne Hörhilfen nicht oder geringfügig wahr
  • entwickeln Lautsprache nicht auf auditiv-imitativem Weg
  • verwenden i. d. R. die (Deutsche) Gebärdensprache oder manuelle Kommunikationsmittel (lautsprachbegleitende/-unterstützende Gebärden, Fingeralphabet)
  • nutzen die Möglichkeiten der visuellen Lautsprachperzeption (Absehen) und den Einsatz der Schriftsprache

Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören aufgrund einer Auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung
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  • besitzen ein einwandfreies peripheres Gehör (intaktes Außen-, Mittel- und Innenohr)
  • verfügen über veränderte Teilleistungen des Hörens (z. B. verändertes oder nicht vorhandenes dichotisches Hören, Richtungshören, individuelles Lautheitsempfinden, Hörgedächtnis, unstete Lautwahrnehmung) und damit über einen individuellen Höreindruck
  • weisen Beeinträchtigungen der zentralen Verarbeitungsprozesse und somit im Verstehen von Sprache auf

Hörende Schülerinnen und Schüler, deren Eltern gehörlos sind,
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  • werden fachlich als CODA (children of deaf adults) bezeichnet
  • erlernen die Gebärdensprache der Eltern häufig als Erstsprache und wachsen in der Regel in der Kultur der Gebärdensprachgemeinschaft auf

Schülerinnen und Schüler mit vorübergehendem Förderbedarf Hören oder mit Ertaubung
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  • erfahren die Beeinträchtigung ihres Hörvermögens peri- oder postlingual
  • stehen aufgrund der akuten Beeinträchtigung des Hörvermögens ungewohnten sprachlich-kommunikativen Situationen und Herausforderungen gegenüber
  • erleben meist Folge- und Begleiterscheinungen auf emotional- und psycho-sozialer Ebene

Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören und darüberhinausgehendem Förderbedarf
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  • weisen eine Beeinträchtigung ihres Hörvermögens und Förderbedarf in einem oder mehreren anderen Förderschwerpunkten auf
  • verfügen zum Teil über die Diagnose eines Syndroms, welches mehrere Förderschwerpunkte umfasst

1.2 Auswirkungen von Hörschädigungen
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Hören ist von herausragender Bedeutung für die Orientierung in der Umwelt, für die die kindliche Entwicklung sowie für das Denken und Handeln. Wird Lautsprache unvollständig, verändert oder nicht wahrgenommen, wirkt sich dies maßgeblich auf den Lautspracherwerb und die Kommunikationsmöglichkeiten sowie auf die Persönlichkeitsentwicklung aus.

Die Entwicklung von Sprache und von kommunikativen Kompetenzen sowie die Persönlichkeitsentwicklung bei Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören vollziehen sich stets individuell und werden durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Dazu zählen:

  • der Zeitpunkt des Eintritts, Art, Grad und Dauer der Hörschädigung und damit die Entwicklung des individuellen Hörvermögens
  • der Zeitpunkt der Erfassung der Hörschädigung und die medizinische sowie hörtechnische Erst- und Weiterversorgung
  • ggf. die Ausprägung zentraler auditiver Verarbeitungsprozesse
  • der Zeitpunkt der Erstförderung sowie bereits durchgeführte Fördermaßnahmen und damit die Ausbildung einer Hör- und Lautsprachorientierung oder einer Gebärdenorientierung sowie der Einsatz des individuellen Hörvermögens im Alltag
  • die Anzahl und Qualität der Hör-, Kommunikations-, Sprach- und Sprecherfahrungen
  • soziale und kulturelle Einflüsse, familiäre Lebensbedingungen sowie die Einstellung und das Verhalten der nächsten Bezugspersonen des Kindes oder Jugendlichen
  • das Selbstkonzept des Kindes/des Jugendlichen sowie seine individuellen Lern- und Leistungsvoraussetzungen

Auswirkungen von Hörschädigungen auf den Bereich der Wahrnehmung
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Je nach Art und Grad einer Hörschädigung können unterschiedliche Beeinträchtigungen der auditiven Wahrnehmung vorliegen. Die Arten von Hörschädigungen hängen vom jeweiligen Ort der Hörschädigung ab:

Eine zentrale Beeinträchtigung hat Auswirkungen auf die auditive Verarbeitung und Wahrnehmung des Gehörten. Davon können beispielsweise das Richtungshören, das Lautheitsempfinden, die auditive Selektionsfähigkeit und die zeitliche Auflösung ankommender akustischer Reize betroffen sein sowie ein als verzerrt bezeichneter Höreindruck vorliegen. 

Periphere Hörschädigungen hingegen betreffen das Außen- und/oder Mittelohr und somit die Schallleitung oder sie betreffen das Innenohr und damit die Schallempfindung.

Es gilt zu beachten, dass auch bei gleicher Art und ähnlichem Grad einer Hörschädigung verschiedene Höreindrücke vorliegen können.


Auswirkungen von Hörschädigungen auf den Entwicklungsbereich der Motorik und Kognition
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Das Organ des Gleichgewichtssinns befindet sich im Innenohr. Bei Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf Hören kann somit der Gleichgewichtssinn unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Zudem gibt es Erkrankungen, welche das Ohr und die Leistung des Gleichgewichtsorgans symptomatisch betreffen.

Die auditive Wahrnehmung des Menschen fungiert als Anreiz-, Informations- und Warnsystem. Da Kinder mit Förderbedarf Hören je nach Ausprägung ihres Hörvermögens akustische Reize verändert, abgeschwächt oder nicht wahrnehmen, reagieren sie auf diese Reize in frühester Kindheit entweder wenig oder gar nicht mit den entsprechenden Bewegungen. Auch erleben sie häufig Überraschungsmomente oder Situationen, in denen sie erschrecken, da sie die vorangegangenen akustischen Ereignisse nicht wahrnehmen. Oftmals hemmen diese Erfahrungen den natürlichen Drang der Kinder und Jugendlichen, ihren Bewegungsradius zu erweitern, zu forschen und zu entdecken. Dies kann Auswirkungen auf die motorische und kognitive Entwicklung haben.

Kinder und Jugendliche, die akustische Reize und Sprache wahrnehmen und verstehen, nehmen Informationen aus ihrer akustischen Umwelt und aus der sie umgebenden Sprache auf und erweitern auf diese Weise bewusst und unbewusst ihr Weltwissen. Sie lernen beiläufig. Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf Hören ist dieses beiläufige Lernen nicht möglich.

Den Weg der Informationsaufnahme und -speicherung beschreiten sie erst dann, wenn sie unter Einsatz technischer Hörhilfen akustische Reize und Lautsprache als Informationsträger erkennen können. Die Aneignung von Welt erfordert eine hohe Anstrengungsbereitschaft sowie Kompensations- und Konzentrationsleistung und ist abhängig vom jeweiligen Sprachstand des Kindes. Je nach Grad der Hörschädigung ist die Informationsaufnahme über den auditiven Kanal nicht oder nur geringfügig nutzbar.

Sprachverständnis und Sprachgebrauch sind die Grundlagen für die Herausbildung einer „inneren Sprache“, welche maßgeblich zur Ausbildung kognitiver Strukturen beiträgt. Zudem verfügen Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören über eine unterschiedlich ausgeprägte Hörgedächtnisspanne, welche das Verarbeiten und Abspeichern von auditiv erlangten Informationen mehr oder weniger beeinflusst.

All dies beeinflusst die kognitive Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen mit Förderbedarf Hören, insbesondere im Bereich des sprachlogischen Denkens und Handelns in Laut-, Schrift- und ggf. Gebärdensprache.


Auswirkungen von Hörschädigungen auf den Entwicklungsbereich Sprache und Kommunikation
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  • Auswirkungen auf den Spracherwerb und das Sprachverständnis

Erfährt ein Kind mit Förderbedarf Hören die Gebärdensprache als Erstsprache von gebärdenden Muttersprachlern, so wird es im sprachlich-kommunikativen Bereich in Bezug auf die Gebärdensprache eine natürliche Entwicklung durchlaufen und hat je nach persönlicher Disposition die Möglichkeit, die Lautsprache als Zweitsprache zu erlernen.

Wächst ein Kind mit Förderbedarf Hören in einem lautsprachorientierten Umfeld auf, so spielen für den Spracherwerb die Wahrnehmung und Imitation der Lautsprache eine herausragende Rolle. Durch den ersten Gebrauch der Lautsprache erlernt das Kind kommunikatives Verhalten auf lautlicher Ebene und nach und nach den Gebrauch der Lautsprache als Kommunikationsmittel. Die Entwicklung eines Verständnisses für Kommunikation über die Lautsprache und einer lautsprachlichen Kommunikationskompetenz sind abhängig von den Hörfähigkeiten des Kindes und ob es diese entsprechend ausschöpfen kann. Zahlreiche Möglichkeiten der Lautsprachbegegnung, vielfältige Fördermaßnahmen und das bewusste Setzen und Nutzen von Sprechanlässen tragen zur Lautsprachentwicklung bei.

Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören nehmen Sprache aufgrund ihres individuell geprägten Höreindrucks in begrenztem Umfang wahr. Dies hat Auswirkungen auf den gesamten passiven und aktiven Sprachbesitz. Dazu zählen beispielsweise die Begriffsbildung sowie der Wortschatzauf- und -ausbau, die Wahrnehmung und die Kenntnis grammatischer Formen und Satzstrukturen, das Sprachverständnis im mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch sowie die korrekte Sprachanwendung auf kommunikativ-pragmatischer Ebene.

Begriffe sind häufig nur zu einem Teilgehalt oder im Sinn des konkreten Wortinhalts bekannt und nicht in ihrer vollumfänglichen Bedeutung. Auch der Grad der Beherrschung von grammatikalischen Strukturen wirkt sich auf die Fähigkeiten zur Sinnentnahme aus Texten und auf das Sprachverstehen im Mündlichen aus.

  • Auswirkungen von Hörschädigungen auf die Wahl des kommunikativen Führungsmittels und weitere kommunikationsunterstützende Mittel

Je nach individuellem Bedarf nutzen Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Hören für eine gelingende Kommunikation die Deutsche Gebärdensprache oder manuelle Hilfsmittel wie das Fingeralphabet, das phonembestimmte Manualsystem, lautsprachunterstützende oder -begleitende Gebärden. Der Einsatz dieser Systeme bietet sich dann an, wenn die beteiligten Kommunikationspartner der Dekodierung dieser Sprache/dieser sprachlichen Elemente mächtig sind. Anderenfalls verbleiben die Möglichkeiten, den kommunikativen Austausch laut- oder schriftsprachlich und unter Einsatz der zur Verfügung stehenden Kompensations- und Kommunikationsstrategien zu bewältigen. 

  • Auswirkungen von Hörschädigungen auf das Sprachverstehen

Aufgrund ihres individuellen Hörvermögens setzen Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören in Situationen mit lautsprachlich orientierten Kommunikationspartnern die Strategie des Absehens ein, um zusätzlich zu den auditiv erhaltenen Informationen einen visuellen Spracheindruck zu erhalten.

Dafür bitten sie ggf. um Verhaltensweisen des Sprechers (Halten des Blickkontakts, angemessenes Sprechtempo), welche das Absehen erleichtern.

Zudem sind sie sich darüber bewusst, dass die visuelle Aufnahme von Sprache mittels Absehen in vielen Fällen nicht eindeutig dem tatsächlich Gesprochenen zuzuweisen ist.

  • Auswirkungen von Hörschädigungen auf Artikulation und Prosodie

Um die auditiv erlangten Eindrücke bezüglich ihrer Sprachproduktion zu ergänzen und ihre Sprechfertigkeiten weiterzuentwickeln und zu kontrollieren, nutzen Schülerinnen und Schüler visuelle, mechano-kutane und computerunterstützte Hilfen.

Ihnen ist bewusst, dass ein individueller Höreindruck häufig zu einer veränderten Artikulation und Intonation führt. Daher wenden sie bei der eigenen Sprachproduktion in Abhängigkeit von ihrem individuellen Hörvermögen die Strategie der auditiven Selbstkontrolle an. Ggf. erbitten sie Rückmeldung, um ihr Aussprachevermögen realistisch einzuschätzen und um dieses nach Möglichkeit zu beeinflussen oder weiterzuentwickeln.


Auswirkungen von Hörschädigungen auf den psycho-sozialen Entwicklungsbereich
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Eine Hörschädigung wirkt sich direkt auf die Sprachentwicklung und den Sprachgebrauch aus und beeinflusst infolgedessen Kommunikationssituationen und soziale Interaktionen. Je nach Sprachentwicklungsstand, Hör- sowie Kompensationsfähigkeiten und Kommunikationsweg können Missverständnisse bei der Anbahnung, Bewältigung und Aufrechterhaltung von Kommunikationssituationen und sozialen Kontakten entstehen.

Schülerinnen und Schüler zeigen sich sensibel für diese Herausforderungen und erwerben im schulischen Kontext Kompetenzen, sich laut-, gebärden- und/oder körpersprachlich bewusst auszudrücken sowie die (Körper-)Sprache anderer Personen soweit wie möglich zu deuten. Auch setzen sie Kommunikationsstrategien ein, um den Austausch und die Interaktion erfolgreich zu gestalten. Schwierige Erfahrungen und Missverständnisse im sozialen Bereich führen bei Schülerinnen und Schülern oft zu Unsicherheit und Überforderungsgefühlen. Ferner hat dies Einfluss auf das Selbstwertgefühl und den Umgang mit dem individuellen Hör- und Sprachvermögen, den eigenen Hörhilfen und dem Verhalten in Bezug auf kommunikative und damit soziale Situationen. Dies äußert sich häufig durch Rückzug oder Vermeidung von Kommunikationssituationen und kann bis hin zur Isolation führen.


2 Werteorientierung in einer demokratischen Gesellschaft
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Das pädagogische Handeln im Unterricht und im Schulleben orientiert sich an den in Artikel 131 der Verfassung des Freistaates Bayern genannten Bildungszielen sowie an den Grundsätzen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Bayern. Eine weitere Grundlage bildet das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen.

Auf der Grundlage dieser Bildungsziele, Grundsätze und Werte beobachten und überdenken die Schülerinnen und Schüler ihr Handeln und ihre Begegnungen mit Mitschülerinnen und Mitschülern in alters- und entwicklungsangemessener Weise. Sie erfahren in ihrem schulischen Alltag die Bedeutung und Notwendigkeit eines demokratischen, achtsamen, toleranten und respektvollen Umgangs. Im gemeinsamen Schulleben und durch die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und Lebensweisen erweitern sie ihren Erfahrungshorizont, ihre Bewertungsmaßstäbe sowie ihre Handlungsmöglichkeiten. Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Hören erhalten Unterstützung auf ihrem Weg, Verantwortung gegenüber sich selbst und anderen zu übernehmen, um als mündige Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und dieses mitzugestalten. Kinder und Jugendliche haben das Recht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten an Entscheidungen mitzuwirken, die sie selbst sowie die Klassen- und Schulgemeinschaft betreffen.


3 Bildung und Erziehung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören
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Die Persönlichkeiten von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören sind neben spezifischen kommunikativen Möglichkeiten gekennzeichnet durch unterschiedliche Stärken, Interessen, Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen sowie verschiedene kulturelle und sozioökonomische Hintergründe. Die Lern- und Entwicklungsbiografien verlaufen daher höchst individuell.

Alle Schulen, in denen Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören unterrichtet werden, haben den Auftrag, ein Lernumfeld zu gestalten, in dem Kinder und Jugendliche neben ihrer Gesamtpersönlichkeit besonders ihre Fähigkeiten im Bereich der auditiven Wahrnehmung und der Kommunikation entwickeln können mit dem Ziel größtmöglicher selbständiger Teilhabe in der Gesellschaft.

Eine wertschätzende und annehmende pädagogische Beziehung begleitet die Schülerinnen und Schüler und schafft Zutrauen in künftige Entwicklungen. Eine der zentralen Herausforderungen eines gelingenden Bildungsprozesses stellt das Finden der Balance zwischen notwendiger Unterstützung und weitestgehender Selbständigkeit dar.


3.1 Profilbildende Elemente des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Hören
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Das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören ist ein erster oder alternativ gewählter schulischer Lernort. Es kann temporärer Förderort sein und führt je nach Bildungsgang zum erfolgreichen oder qualifizierenden Abschluss der Mittelschule, zum Mittleren Schulabschluss, zum Abschluss des Bildungsgangs Lernen oder zum individuellen Abschluss. Das Förderzentrum ist ein Bildungsort für Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Stärken, Interessen, Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen, kulturellen und sozioökonomischen Hintergründen sowie unterschiedlich verlaufenden Biografien. Die Schülerinnen und Schüler haben individuelle Förderbedürfnisse primär im Bereich Hören und besuchen das Förderzentrum, nachdem sich ihre Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigten bewusst dafür entschieden haben.

Das Förderzentrum ist der Ort sonderpädagogischer Professionalität und Fachlichkeit, der in besonderer Weise die Lern-, Erziehungs- und Entwicklungsbedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören mit hoher Diagnosekompetenz, qualifizierten methodisch-didaktischen, pädagogischen und individuellen Förderangeboten berücksichtigt.


Schulhausgestaltung und bedürfnisgerechte Ausstattung
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Die Schulhausgestaltung und die Unterrichtsräume am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören sind besonders im Hinblick auf optimale visuelle und auditive Perzeptionsbedingungen ausgestattet. Dafür sorgen eine gute Beleuchtung des Klassenraums, die störschalldämmende Raumakustik und eine Höranlage im Klassenzimmer, welche die lautsprachliche Kommunikation im Unterricht unterstützt.

Eine halbkreisförmige Sitzordnung in den Klassen ermöglicht allen Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören eine gute Sicht auf Lehrkraft, Tafel und Mitschülerinnen und Mitschüler. Auf diese Weise werden die zusätzliche visuelle Informationsgewinnung und das Absehen gewährleistet und gefördert.

Die Unterrichtsräume können mit digitalen Unterstützungsmedien (z. B. mit Tablet, einem Computer und speziellen Lernprogrammen, Internet-Zugang) und Gebärdensprachlexika ausgestattet sein.

In einigen Räumen, wie z. B. in der Sport- oder Schwimmhalle und im Fachraum für Rhythmik und Musik, können die Schülerinnen und Schüler durch Lichtsignale und ggf. durch sogenannte schwingende Böden eine weitere Perzeptionsmöglichkeit über den visuellen und/oder taktil-kinästhetischen Sinn erfahren.


Sprachlerngruppen
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Die individuellen Kommunikationsbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören finden in den verschiedenen Sprachlerngruppen Berücksichtigung.

Die Sprachlerngruppen umfassen ein differenziertes Angebot an lautsprachlicher und bilingualer Förderung und bieten ggf. Unterstützung durch den Einsatz von lautsprachunterstützenden oder -begleitenden Gebärden. Am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören werden fünf Sprachlerngruppen unterschieden, die folgende Kurzbeschreibung aufweisen:

  • Sprachlerngruppe I (SpLG I): hörgerichtet, geöffnet
  • Sprachlerngruppe II (SpLG II): hörsehgerichtet
  • Sprachlerngruppe III (SpLG III): hörsehgerichtet mit manuellen Hilfen
  • Sprachlerngruppe IV (SpLG IV): bilingual
  • Sprachlerngruppe V (SpLG V): für Schülerinnen und Schüler mit AVWS

Sprachlerngruppen sind jahrgangsbezogen oder jahrgangsübergreifend zusammengesetzt, wobei die Möglichkeit des Wechsels in eine andere Sprachlerngruppe aufgrund der Durchlässigkeit des Sprachlerngruppensystems stets gewährleistet ist.


Pädagogische Audiologie im Klassenraum
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Optimal angepasste Hörhilfen und funktionierende Hörtechnik sind bei vielen Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören eine Unterstützung für effiziente, nachhaltige und förderschwerpunktspezifische Förderung. Die Lehrkräfte am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören tragen daher gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern Sorge für die Überprüfung der Funktionstüchtigkeit von Hörgeräten, Cochlea Implantaten und Höranlagen.

Zu Beginn eines Unterrichtstages überprüfen die Schülerinnen und Schüler ihre individuellen Hörhilfen hinsichtlich der Energieversorgung und durch eine Sichtkontrolle. Die Lehrkraft begutachtet die Klassenhöranlage im Hinblick auf die Energieversorgung, Funkverbindung und die Qualität des Audiosignals. Sie unterstützt die Kinder und Jugendlichen, indem sie die Funktionstüchtigkeit und Wiedergabequalität ihrer individuellen Hörtechnik durch Abhören mit einem Stethoclip kontrolliert.

Zudem achten die Lehrkräfte auf Hinweise, die auf eine fehlende Funktionstüchtigkeit von Hörhilfen oder eine fehlende Akzeptanz dieser seitens der Schülerinnen und Schüler schließen lassen.


Integration von Hörgeschädigtenkunde
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Hörgeschädigtenkunde gilt als übergreifende Aufgabe, die in allen Unterrichtsfächern zum Tragen kommt und befasst sich mit Inhalten, die von der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören bestimmt werden. Die Kinder und Jugendlichen informieren sich über medizinische, technische und historische Aspekte zum Thema Hörschädigung. Sie setzen sich mit ihrer persönlichen Situation bewusst auseinander, erarbeiten gemeinsam Kommunikationsstrategien und äußern angemessen ihre Bedürfnisse. Sie wenden verschiedene Kommunikationsmittel und -hilfen situativ erfolgreich an und tauschen sich im Rahmen der Hörgeschädigtenkunde mit anderen, auch erwachsenen, Menschen mit einer Hörschädigung aus.

Durch diese intensive Befassung mit dem Thema Hörschädigung entwickeln die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören ein Identitätsbewusstsein mit dem Ziel, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Themenbereiche der Hörgeschädigtenkunde:

Hörschädigungen

  • Ursachen, Arten und Grade von Hörschädigungen
  • Folgen von Hörschädigungen
  • Mögliche weitere Behinderungen
  • Maßnahmen zum Schutz für das Gehör und zur Verhinderung von Hörschädigungen
  • Akzeptanz der eigenen Hörschädigung bzw. des individuellen Hörvermögens

Technische Hilfen

  • Sachgerechter Umgang mit den eigenen Hörhilfen, auch unter dem Aspekt von Funktechnologien wie WLAN, Bluetooth etc. 
  • Das Cochlea-Implantat: Aufbau, Funktionsweise, Einblick in Aspekte zur Cochlea-Implantation
  • Spezielle Hilfen für Menschen mit einer Hörschädigung, z. B. Lichtklingel, Licht- und Vibrationswecker, Bildtelefonie, kurze schriftsprachliche Kommunikationswege wie E-Mail oder SMS

Unterstützung und Absicherung der Kommunikation

  • Lautsprachliche Kommunikation: Nutzung des individuellen Hörvermögens, Absehen, deutliche Artikulation als Gelingensfaktoren
  • Körpersprachliche Kommunikation: angemessener Einsatz von Mimik, Gestik sowie Körpersprache als unterstützende Elemente der lautsprachlichen Kommunikation
  • Schriftsprachliche Kommunikation: lesbare Schrift und verständlicher Schriftsprachgebrauch sowie unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten der Schriftsprache als Gelingensfaktoren
  • (Deutsche) Gebärdensprache und manuelle Kommunikationsmittel: Möglichkeiten der Gebärdensprache, Vorteile der lautsprachunterstützenden oder -begleitenden Gebärden, Grenzen manueller Kommunikationsmittel im Austausch mit lautsprachlich orientierten Mitmenschen
  • Schaffung günstiger Kommunikationsbedingungen
  • Anwendung von Hör- und Kommunikationstaktik bzw. -strategien

Soziale Beziehungen

  • Alltägliche soziale Beziehungen: Herausforderungen, Chancen und Bewältigungsmöglichkeiten
  • Leben mit einer Hörschädigung in Partnerschaft und Familie
  • Kontakte unter Menschen mit Hörschädigungen bzw. zur Gebärdensprachgemeinschaft und deren Kultur
  • Kontakte zwischen Menschen mit und ohne Hörbeeinträchtigungen
  • Vereine und Verbände für Menschen mit einer Hörschädigung
  • Formen der Freizeitgestaltung
  • Teilhabe an der Gesellschaft

Berufs- und Arbeitswelt

  • Möglichkeiten der Berufsausbildung und der Weiterbildung
  • Leben mit einer Hörschädigung im Umfeld von Ausbildung und Beruf

Geschichte und Kultur

  • Menschen mit Hörschädigung in der Geschichte, insbesondere im
  • Nationalsozialismus
  • Leben/Biografien bekannter Menschen mit Hörschädigung
  • Geschichte der Bildung von Menschen mit Hörschädigung
  • Menschen mit Hörschädigungen in den Medien
  • Leben und Bildungsmöglichkeiten in anderen Ländern

Soziale Hilfen und Rechtsbestimmungen

  • Öffentliche Dienste für Menschen mit Hörschädigung
  • Grundlegende Gesetze der Sozialgesetzgebung
  • Die Rolle des Gebärdensprachdolmetschers
  • Entschließung der EG-Kommission von 1988: „Gehörlose als sprachliche Minderheit“

Kooperation und Interdisziplinarität
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Am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören kommt der Zusammenarbeit mit den Fachdiensten aus den Bereichen Audiologie, pädagogische Audiologie, Hörgeräteakustik, Logopädie, Ergo- und Physiotherapie und Sozialpädagogik sowie der Kooperation mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Cochlea-Implantat-Zentren eine große Bedeutung zu. Zudem besteht ein enger Austausch mit der heilpädagogischen Tagesstätte, dem heilpädagogischen Internat, der Offenen Ganztagsbetreuung und anderen an der Erziehung und Förderung beteiligten Unterstützungssystemen. Je nach Bedarf besteht ein Austausch mit Fachkräften aus der HNO-Medizin, der Psychologie und der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie mit Einrichtungen der Jugendhilfe, mit Beratungsstellen und den Mobilen Sonderpädagogischen Diensten anderer Förderschwerpunkte.

In der Mittelschulstufe leistet die Kooperation mit der Berufsberatung der Agentur für Arbeit und mit Diensten und Einrichtungen zur beruflichen Eingliederung (z. B. mit Berufsbildungswerken oder Integrationsfachdiensten) einen wichtigen Beitrag hinsichtlich der Berufsorientierung und -vorbereitung sowie der Berufswahl der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören.

Eingebunden in die Region arbeitet das Förderzentrum mit außerschulischen Partnern wie Unternehmen, Innungen, Kammern, Vereinen, Kirchen und Stiftungen zusammen. Dies erweitert das schulische Erziehungs- und Bildungsangebot für die Kinder und Jugendlichen am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören. In Kooperation mit außerschulischen Partnern bezieht das Förderzentrum externe Experten auch in den Unterricht ein und nutzt außerschulische Lernorte und Lernangebote.


Bildungs- und Erziehungspartnerschaft von Schule und Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigten
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Schule und Eltern sowie Personen, die Bildungs- und Erziehungsaufgaben übernehmen, tragen eine gemeinsame Verantwortung für erfolgreiche Bildungsprozesse und die berufliche Orientierung der Schülerinnen und Schüler. Das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören gestaltet diese Beziehung im Sinne einer engen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Die familiäre Umgebung ist der prägende erste Bildungsort für Kinder und Jugendliche, deshalb sind die Eltern bzw. die Erziehungs- und Sorgeberechtigten die wichtigsten Gesprächspartner für die Lehrkräfte des Förderzentrums. Diese vertrauensvolle Kooperation unterstützt die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler und bereichert Unterricht und Schulleben.

Die Schule zeigt eine wertschätzende Haltung gegenüber den Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigten und erkennt die Vielfalt von Familien, von familiären Lebensgemeinschaften und ihren Lebensentwürfen an. In regelmäßigen Gesprächen werden Informationen über die individuelle Entwicklung und über das Lern- und Sozialverhalten sowie entsprechende Fördermaßnahmen ausgetauscht.

Eltern werden aktiv in Schulprozesse eingebunden und beteiligen sich an der Gestaltung des Schullebens. Dies unterstützt auch die Vernetzung des Förderzentrums innerhalb des regionalen Umfelds, im Stadtteil, in der Gemeinde und in der Kooperation mit kulturellen Einrichtungen.


Regionale und überregionale Vernetzung des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Hören
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Die Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Hören in Bayern pflegen untereinander einen regen Kontakt und Austausch.

Die Gebärdensprachgemeinschaft und die Gemeinschaft von Menschen mit einer Hörschädigung gehören grundlegend zur Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf Hören. Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Hören unterstützen daher ausgewählte Freizeit- und Bildungsangebote in der Trägerschaft von Hörgeschädigtenverbänden. Diese stellen ein breites Spektrum an zeitgemäßen freizeitpädagogischen und sportlichen Aktivitäten bereit, welche zur Persönlichkeitsentwicklung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören beitragen können.

Durch eine Vernetzung mit weiteren Bildungspartnern, z. B. mit Fördervereinen oder Stiftungen, in Form von Kooperationen auf Unterrichtsebene, im Schulleben und bei gemeinsamen Projekten werden weitere Möglichkeiten für die persönliche Weiterentwicklung der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören geschaffen.

Darüber hinaus arbeiten und helfen Erwachsene, welche ihr Leben mit einer Hörschädigung meistern, als Experten in der schulischen Bildung und Erziehung mit und stellen ihre Erfahrungen und Kompetenzen, z. B. bei der Vermittlung der Deutschen Gebärdensprache, im Rahmen der fächerübergreifenden Hörgeschädigtenkunde oder während der Phase der beruflichen Orientierung den Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften zur Verfügung. Sie bereichern durch das Teilen ihrer Erkenntnisse und durch ihr Vorbild den Identitätsfindungsprozess  der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf Hören.

Kontakte mit hörenden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen werden in den geöffneten Klassen sowie bei Unterrichtsgängen, Sportwettkämpfen, Schulfeiern und Schullandheimaufenthalten angebahnt und bieten Chancen, mögliche Kommunikationsbarrieren oder -hemmungen zu überwinden. Gleichzeitig fördern diese Begegnungen das Verständnis der hörenden Mitmenschen für die Herausforderungen, denen sich Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören zum Beispiel während Kommunikationssituationen gegenübersehen.


Förderdiagnostik und Förderplanung
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Erziehung, Unterricht und Förderung am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören orientieren sich stets an den individuellen auditiven Wahrnehmungsfähigkeiten, den Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler hinsichtlich Sprachverständnis und Sprachanwendung sowie an ihrem psychomotorischen, kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklungsstand. Ausgehend von HNO-ärztlichen und audiologischen Befunden, von der Diagnostik des funktionalen Hörens, den Beobachtungen der auditiven und kommunikativen Strategien, den Kompetenzen und Unterstützungsbedürfnissen erfolgen die Planung und Umsetzung von individuellen Fördermaßnahmen im Bereich der auditiven Wahrnehmung und hörtaktischen, sprachlichen und kommunikativen Kompetenzen. Fortschritte und unterstützende Maßnahmen, wie z. B. die Verwendung individueller Hilfsmittel, werden im Förderplan dokumentiert. Bei der Überprüfung der Lernausgangslage der Schülerinnen und Schüler, z. B. zum Beginn eines neuen Schuljahrs, werden auch bei der Auswahl der Testverfahren die individuellen auditiven Wahrnehmungsfähigkeiten und die Sprach- und Kommunikationskompetenzen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt.

Für eine stärkenorientierte Förderung wird eine regelmäßige und fortlaufende Erhebung der Lern- und Entwicklungsprozesse, deren Dokumentation und Besprechung mit den Lernenden verantwortungsbewusst verfolgt.


Schulvorbereitung
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An das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören kann eine schulvorbereitende Einrichtung (SVE) angegliedert sein. Pädagogische, heil- und sonderpädagogische Fachkräfte fördern die Kinder bis zur Einschulung entsprechend ihrer individuellen Voraussetzungen und Entwicklung auf motorischer, kognitiver, sprachlicher, emotionaler und sozialer Ebene, um den Weg für erfolgreiches schulisches Lernen zu bereiten. Im Anschluss an die SVE besucht das Kind die Grundschule oder die Grundschulstufe eines Förderzentrums.


Schulstufen
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Die Grundschulstufe des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Hören umfasst die Jahrgangsstufen 1 bis 4. Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten in den Eingangsklassen die Kompetenzen der Jahrgangsstufe 1 und 2 in drei Jahren (1, 1A, 2). Damit beträgt die Grundschulzeit in der Regel 5 Jahre.

Im gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf in den hörgerichteten, geöffneten Klassen am Förderzentrum Hören (SpLG I) kann die Grundschulzeit vier Jahre umfassen.

Die Mittelschulstufe baut auf die Grundschulstufe auf und führt in den Klassen der Jahrgangsstufen 5 bis 9 zu einem individuellen Abschluss, zum erfolgreichen oder qualifizierenden Abschluss der Mittelschule oder bei Besuch des Mittlere-Reife-Zugs zum mittleren Schulabschluss der Mittelschule.

Sowohl in der Grund- als auch in der Mittelschulstufe kann jahrgangsgemischt unterrichtet werden. Ebenso ist eine Unterrichtung nach verschiedenen Lehrplänen innerhalb eines Klassenverbandes möglich.


Berufliche Orientierung
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Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören erhalten zusätzliche Anleitung für die Auswahl geeigneter Ausbildungsberufe, die ihren individuellen Hörleistungen sowie ihren sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten entsprechen.

Sie nutzen Hilfen zur Informationsentnahme bei der Recherche zu Praktikums- und Ausbildungsstellen und zur Erstellung von Bewerbungsunterlagen. Die Lehrkraft unterstützt die Schülerinnen und Schüler darin, sich besonders auf die kommunikativen Anforderungen bei Vorstellungsgesprächen und der Kommunikation im beruflichen Umfeld vorzubereiten.


Qualitätsentwicklung
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Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Hören überprüfen regelmäßig die Qualität ihrer Arbeit. Sie entwickeln sich unter Berücksichtigung der sich stets verändernden gesellschaftlichen Bedingungen auf der Basis von Rückmeldungen und gemeinsamen Zielsetzungen weiter. Die Qualitätsentwicklung ist eine zentrale Aufgabe, für die verschiedene Instrumente der internen und externen Evaluation zur Verfügung stehen. Aus den Rückmeldungen zur eigenen Arbeit und zur Zusammenarbeit können gemeinsam mit Schulaufsichten, Schulleitungen, Lehrerkollegien, Schulgremien und mit den kommunalen oder privaten Trägern anzustrebende Ziele formuliert werden. Schulhausinterne Fortbildungen, Teambesprechungen und Hospitationen sowie institutionenübergreifende und interdisziplinäre Kooperationen helfen den Kollegien dabei, die Qualität schulischer Prozesse beständig weiterzuentwickeln und nachhaltig zu sichern. Zur Förderung der Lehrergesundheit können Supervision, Coaching, kollegiale Fallberatung und Fortbildungen für Lehrkräfte bereitgestellt werden. Damit kann gesundheitlichen Belastungen präventiv und interventiv begegnet werden und Lehrkräfte finden Anregungen für einen konstruktiven Umgang mit spezifischen beruflichen Belastungen.


3.2 Profilbildende Fächer des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Hören
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Am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören erwerben die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen, die die Alltagsbewältigung unter dem Aspekt eines Lebens mit individueller Höreinschränkung oder mit Gehörlosigkeit erfolgreich gelingen lassen. Dafür erhalten sie Unterricht und Förderung in Fächern, die in Kompetenzerwartungen und Inhalten an die auditiven Wahrnehmungsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler angepasst sind, sowie in Fächern, die eigens für die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler konzipiert wurden. Solche profilbildenden Fächer am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören sind die Fächer Deutsch, Deutsche Gebärdensprache und Rhythmik und Musik. Das Fach Deutsch stellt in besonderer Weise die Sprachwahrnehmung und -verarbeitung, die Sprechverbesserung sowie die Erweiterung sprachlicher und kommunikativer Kompetenzen in den Mittelpunkt seiner Förderabsichten, mit dem Ziel die Schülerinnen und Schüler zur Teilhabe an gelingenden Kommunikationsprozessen zu befähigen.


3.3 Profilbildende Elemente für die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören
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 „Inklusiver Unterricht ist Aufgabe aller Schulen.“ (Art. 2 Abs. 2 BayEUG)

Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Hören sind in Bayern Lernorte mit bedarfsgerechten Bildungsangeboten für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf im Bereich Hören und Kommunikation.

Zugleich sind sie Beratungs- bzw. Kompetenzzentren mit sonderpädagogischen Angeboten für allgemeine Schulen. Insbesondere bieten sie Beratung und Unterstützung für den Unterricht mit Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören an den allgemeinen Schulen.

Lehrkräfte für Sonderpädagogik beschreiben den individuellen Unterstützungsbedarf des Kindes oder Jugendlichen, beraten Eltern, Erziehungs- und Sorgeberechtigte und vermitteln bei Bedarf Hilfen aus einem Netzwerk an Angeboten.

Zudem beraten sie Lehrkräfte der allgemeinen Schule, welche Methoden, Arbeits- und Hilfsmittel, individuelle Aufgabenstellungen und Lernschritte sowie Möglichkeiten des sozialen und emotionalen Lernens den Lern- und Entwicklungsprozess der Schülerin oder des Schülers voranbringen können.

Alle kooperativen Lernformen eröffnen Kindern und Jugendlichen unabhängig von sonderpädagogischem Förderbedarf Möglichkeiten der Beteiligung an gemeinsamer Bildung und Erziehung und geben ihnen die Chance, eigene Entwicklungspotenziale auszuschöpfen.

Das Einbringen von sonderpädagogischer, förderschwerpunktspezifischer Kompetenz in die allgemeinen Schulen ist ein wesentliches Element der Entwicklung und Stärkung einer Vielfalt inklusiver Lernorte. Diese Vielfalt realisiert sich in folgenden Unterstützungs- und Organisationsformen:


Mobile sonderpädagogische Hilfe
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Die mobile sonderpädagogische Hilfe (msH) bietet noch nicht schulpflichtigen Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Hören und deren Familien Angebote früher Förderung an und berät Kindertageseinrichtungen bei deren Umsetzung.


Mobiler Sonderpädagogischer Dienst
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Die Aufgaben des MSD werden im BayEUG (Art. 21 Abs. 1 Satz 2) beschrieben: „Mobile Sonderpädagogische Dienste diagnostizieren und fördern die Schülerinnen und Schüler, sie beraten Lehrkräfte, Erziehungsberechtigte und Schülerinnen und Schüler, koordinieren sonderpädagogische Förderung und führen Fortbildungen für Lehrkräfte durch.“

Der Mobile Sonderpädagogische Dienst (MSD) des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Hören bietet individuelle Unterstützung bei der Erziehung und Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen an, die Förderzentren mit anderen Förderschwerpunkten, wohnortnahe Grund- und Mittelschulen sowie weiterführende Schulen besuchen (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayEUG).

Ziel des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes ist es, gemeinsam mit allen Erziehungsverantwortlichen das Lernen und Leben der Kinder und Jugendlichen in ihrem schulischen Umfeld entsprechend ihrer persönlichen Möglichkeiten zu unterstützen. Dabei berät der MSD grundlegend hinsichtlich der äußeren Rahmenbedingungen und des Einsatzes technischer Hilfsmittel sowie hinsichtlich der Umsetzung von Unterrichtsprinzipien zur Verbesserung und Entlastung der Wahrnehmungssituation von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören.


Kooperationsklassen
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In Kooperationsklassen werden Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet. Kooperationsklassen werden an der Grundschule bzw. der Mittelschule gebildet.


Offene Klassen des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Hören
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Von besonderer Bedeutung ist die Möglichkeit der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf an ein Förderzentrum. Die Lehrkraft des Förderzentrums unterrichtet Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf auf der Grundlage des LehrplanPLUS Grundschule oder des LehrplanPLUS Mittelschule.


Partnerklassen an allgemeinen Schulen oder am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören
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Es besteht die Möglichkeit, dass Partnerklassen des Förderzentrums oder der allgemeinen Schule mit einer Partnerklasse der jeweils anderen Schulart gemeinsam unterrichtet werden (Art. 30a Abs. 7 BayEUG). Als Partnerschulen kommen Grund- oder Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien, Berufliche Schulen oder Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung in Frage. Die Partnerklassen kooperieren in unterschiedlicher Intensität miteinander.

Durch die räumliche Zusammenführung der Partnerklassen unter dem Dach einer der beiden involvierten Schulen kann die Kooperation ebenso regelmäßig stattfindenden lernzieldifferenten Unterricht umfassen wie die punktuelle Durchführung gemeinsamer Projekte oder Aktionen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Schulleitungen und Lehrkräften des Förderzentrums und der allgemeinen Schulen ist Voraussetzung für gelingenden Unterricht in Partnerklassen.


Allgemeine Schulen mit dem Schulprofil Inklusion
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An allgemeinen Schulen mit dem Schulprofil Inklusion werden Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf wohnortnah beschult. Eine Lehrkraft für Sonderpädagogik berät und unterstützt die Lehrkräfte der allgemeinen Schule bei der Unterrichtung und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.


Förderzentren mit dem Schulprofil Inklusion
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Förderzentren mit dem Profil Inklusion zeichnen sich durch eine vielfältige Unterstützung der Inklusion in der Region aus. Diese Schulen entwickeln regional angepasste, innovative Ideen und gestalten deren Umsetzung in Unterricht und Schulleben.


3.4 Organisation des Unterrichts
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Der Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören schafft die Voraussetzungen für ihre möglichst optimale individuelle Entwicklung. Die Umsetzung des Klassenlehrerprinzips ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, die Lehrkraft als Bezugsperson zu erleben und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Dies unterstützt ihre Entwicklung auch im sozial-emotionalen Bereich positiv.

Die zeitliche Einteilung des Unterrichtstages orientiert sich an den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler, berücksichtigt das Bedürfnis nach Bewegung und Pausen und fördert durch entsprechende Rhythmisierung Aufmerksamkeit und Konzentration. Rituale strukturieren den schulischen Alltag und schaffen eine Atmosphäre der Sicherheit und des Vertrauens.

Sowohl fächerübergreifender als auch fächerverbindender Unterricht und zunehmend projektorientiertes Arbeiten tragen zur Ganzheitlichkeit des Unterrichts bei. Profilbildende Fächer und spezifische Unterrichtsprinzipien fördern maßgeblich die Stärkung der Persönlichkeit und vermitteln Kompetenzen und Inhalte, die die Schülerinnen und Schüler zu einem selbstbestimmten Leben befähigen.

Die Organisation des Unterrichtsangebots für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören erfordert von allen Beteiligten eine hohe Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit, denn für alle Kinder und Jugendlichen werden Ziele, Materialien, Inhalte, Methoden und Maßnahmen abgestimmt.

Somit gibt der Unterricht jeder Schülerin und jedem Schüler die Chance, entsprechend ihrer bzw. seiner Bedürfnisse und Möglichkeiten zu lernen. Liegen dem Unterricht einer Lerngruppe oder einer Klasse verschiedene Lehrpläne zugrunde, erfordert dies eine hohe didaktisch-methodische Kompetenz der Lehrkräfte. Möglichkeiten der Heterogenität zu begegnen sind z. B. adaptive Aufgaben, kooperatives Lernen, Differenzierung oder Lernen am gemeinsamen Gegenstand.


3.5 Übergänge: Aufnahme und Schulwechsel
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Die Lernbiografie der Schülerinnen und Schüler ist von einer Reihe von Übergängen zwischen Bildungsorten geprägt: der Übergang von der Familie in Kindertageseinrichtungen, in die Schule und der Wechsel zwischen Schulen. Die Erfahrung mit Übergängen beeinflusst den Umgang mit allen weiteren Übergängen im Entwicklungsverlauf.

Bisherige Erfahrungen und individuelle Unterstützung tragen dazu bei, dass Kinder und Jugendliche die Übergangsphase entsprechend ihrer Ressourcen bewältigen können. Erfolgreiche Übergänge sind Prozesse, die Kinder bzw. Jugendliche und ihre Eltern gemeinsam und aktiv gestalten, unterstützt von vorschulischen und schulischen Einrichtungen. Kinder und Jugendliche, die schulische und familiäre Veränderungen zeitgleich erleben, benötigen mehr Aufmerksamkeit und entsprechende Unterstützung.

Alle Personen, die in diesen Phasen für die Kinder und Jugendlichen verantwortlich sind, haben die Aufgabe, den Übergang positiv zu gestalten. In Gesprächen wird geklärt, was der Übergang für die Kinder bzw. Jugendlichen, die Eltern und die Lehrkräfte bedeutet und welchen Beitrag jeder Einzelne zum Gelingen leisten kann. Der Familie kommt bei allen Übergängen im Bildungsverlauf eine besondere Rolle zu.

Die Einschulung stellt einen wichtigen Übergang in der Bildungsbiografie eines Kindes dar. Der Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören knüpft an die Kenntnisse und Fähigkeiten an, die die Kinder beim Schuleintritt mitbringen. Er baut individuelle Stärken, Fertigkeiten und Fähigkeiten aus. Die Lehrkräfte arbeiten, mit Einwilligung der Eltern, mit externen Experten und Pädagogen aus früher besuchten Einrichtungen zusammen, um die Bedürfnisse einzelner Kinder frühzeitig zu erkennen und zu beachten. Wenn Kinder die Schulvorbereitende Einrichtung eines Förderzentrums oder eine Heilpädagogische Kindertagesstätte besucht haben oder von der mobilen sonderpädagogischen Hilfe betreut wurden, liegen bereits Entwicklungsbeobachtungen vor, die Lehrkräfte des Förderzentrums für die individuelle Förderung nutzen.

Der Übergang vom Förderzentrum in die wohnortnahe allgemeine Schule sowie der Übertritt an eine weiterführende Schule hat für die Schülerinnen und Schüler eine hohe Bedeutung. Eine enge Kooperation der aufnehmenden Schule mit der abgebenden Förderschule bereitet intensiv den Übergang vor, der verbunden ist mit der Eingewöhnung in eine neue Klassengemeinschaft, einem räumlichen Wechsel und neuartigen Leistungsanforderungen.

Beim Übergang in die berufliche Bildung findet die Vorbereitung auf den Eintritt in den Arbeitsmarkt statt. Zur Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 auf die Berufs- und Arbeitswelt werden praxisbezogene Maßnahmen zur Berufsorientierung und Berufsfindung angeboten. Dies sind z. B. Betriebserkundungen, Praktika an Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung, an Berufsbildungswerken oder in überbetrieblichen Werkstätten und Betrieben. Die Förderzentren arbeiten mit der Berufs- bzw. Rehabilitationsberatung zusammen.


4 Haltung und Rolle der Lehrkraft
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Pädagoginnen und Pädagogen nehmen jede Schülerin und jeden Schüler als Person mit ihrer individuellen Entwicklungsbiografie sowie mit ihren persönlichen Stärken und Potenzialen wahr und begegnen ihr bzw. ihm mit Achtung und Offenheit.

Die kompetente Beobachtung der Schülerinnen und Schüler, die Kenntnis ihrer aktuellen Hör-, Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten und das Vertrauen in die fortschreitende Entwicklung des Kindes bzw. des Jugendlichen bilden die Grundlage für die Gestaltung einer positiven und vertrauensvollen Beziehung und erfahren besondere Beachtung.

Als Lernbegleiter und Lernprozessgestalter unterstützen und beraten Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler dabei, ihre Lernprozesse aktiv zu gestalten, zu reflektieren mit Verantwortung weiterzuentwickeln. Dabei nehmen die Lehrkräfte die Gestaltung der gegenwärtigen Situation sowie zukünftiger Perspektiven als Bezugspunkt für ihre pädagogischen Angebote in den Blick.

Die Lehrkräfte gehen konstruktiv mit Erziehungssituationen um, indem sie lern- und entwicklungsfördernde sowie verlässliche Rahmenbedingungen und Strukturen in Schule und Unterricht einbinden, verantwortungsvoll Grenzen setzen und Raum für Mitbestimmung und Gestaltung des Schullebens geben.

Lehrkräfte handeln wertschätzend und fachkompetent als Partnerinnen und Partner der Eltern und Erziehungsberechtigten für Erziehung und Bildung. Sie koordinieren Fördermaßnahmen innerhalb der Schule, sind Ansprechpartnerinnen bzw. Ansprechpartner für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interner und externer Angebote (Heilpädagogische Tagesstätte, Internat, Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie und weitere Fachdienste) und organisieren den fachlichen Austausch.

Am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören zeichnen sich die Lehrkräfte durch fundierte Kenntnisse in den folgenden Bereichen aus:

  • pädagogische Audiologie
  • Hörerziehung/Hörtraining
  • Sprachauf- und -ausbau
  • Artikulationsförderung
  • Hörtaktik und Kommunikationsstrategie
  • Deutsche Gebärdensprache und/oder Manuelle Kommunikationsmittel

Sie sind sich ihrer Vorbildfunktion vor allem in den Bereichen Sprache und Kommunikation stets bewusst, reflektieren ihr förderschwerpunktspezifisches Handeln kontinuierlich und erweitern und aktualisieren regelmäßig ihr Fachwissen.


5.1 Schülerorientierung im Unterricht
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Lernen ist ein aktiver und individueller Prozess, bei dem sich die Schülerinnen und Schüler handelnd mit der Welt auseinandersetzen. Sie bilden unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, persönliche Einstellungen und Begabungen zu verschiedenen Zeiten aus. Der Erwerb von Kulturtechniken, von Fach- und Methodenkompetenzen, die Entwicklung von Selbstvertrauen, eines realistischen Selbstbildes sowie von Kritik- und Kooperationsfähigkeit mündet in eine Handlungskompetenz, die es ermöglicht, zukünftige Anforderungssituationen und Problemstellungen selbständig zu bewältigen.

Im Förderschwerpunkt Hören stehen diesbezüglich vor allem folgende Aspekte im Mittelpunkt: der Erwerb von Sprache, ggf. Hörtaktik und Kommunikationsstrategien sowie der eigenverantwortliche Umgang mit individuellen Hörhilfen und die Nutzung vorwiegend visueller Informationen, um den persönlichen Höreindruck und dessen mögliche Folgen auf Spracherwerb und Kommunikation zu kompensieren.

Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte gestalten Lernen gemeinsam und tauschen sich über Ergebnisse und Vorgehen aus. Die Beziehung der Pädagoginnen und Pädagogen zum Kind oder zum Jugendlichen ist von entscheidender Bedeutung, wenn sie Beobachter, Gestalter, Dialogpartner und Verhaltensmodell von und für Lernen sind.


5.2 Förderdiagnostik und Förderplanung
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Die individuellen Wahrnehmungs-, Entwicklungs- und Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler mit Förderschwerpunkt Hören sind Ausgangspunkt des Unterrichts und eine Chance für das Voneinander- und Miteinanderlernen.

Grundlagen für eine individuelle, prozessbegleitende Förderung sind eine gezielte Erhebung des sprachlichen und allgemeinen Lernstandes, die Beobachtung förderschwerpunktspezifischer Aspekte (beispielsweise im Hinblick auf Hörtaktik und Kommunikationsstrategien) und die Dokumentation der Lern- und Entwicklungsprozesse.

Ein konstruktiver Umgang mit Umwegen und Fehlern sowie die Wertschätzung des individuellen Lernfortschritts sind wesentliche Aspekte im Prozess der Lernstandserhebung. Die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören werden angeleitet, ihre Lernprozesse selbst zu reflektieren. Reflexion und Bewertung der eigenen Lernwege treten im kompetenzorientierten Unterricht gleichwertig neben Erarbeitung, Übung und Anwendung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Zunehmend differenzierte, individuelle und entwicklungsgemäße Formen der Rückmeldung sowie der Lerndokumentation und -reflexion binden die Schülerinnen und Schüler als Dialogpartner auf Augenhöhe ein. Dadurch übernehmen sie schrittweise Verantwortung für ihr Lernen.

Als Bestandteil pädagogischen Handelns notiert die Lehrkraft Verhaltensweisen und Entwicklungsprozesse der Schülerinnen und Schüler. Diese Schülerbeobachtungen sind Grundlage für die Dokumentation und Anpassung förderschwerpunktspezifischer, entwicklungs- und lernprozessorientierter Ziele, welche im Rahmen individueller Förderpläne für die Schülerinnen und Schüler festgehalten werden. Im Laufe des Schuljahres werden diese Förderpläne zu festgelegten Zeitpunkten erstellt und weitergeführt und können bei Bedarf mit Fachkräften und Erziehungsberechtigten besprochen werden. Sie stellen eine wesentliche Beratungsgrundlage für die weitere individuelle Entwicklung der Kinder und Jugendlichen dar.


Hörerziehung, Hörtraining
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Lehrkräfte am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören bieten differenzierend systematische und spontane Hörerziehungs- bzw. Hörtrainingsphasen auf Geräusch-, Klang- und/oder Sprachebene in ihrem Unterricht an. Je nach ihren Möglichkeiten nutzen die Schülerinnen und Schüler ihr individuelles Hörvermögen, um akustische Reize wahrzunehmen, zu unterscheiden, zu identifizieren und mit Bedeutung zu verbinden. Auf sprachlicher Ebene schulen sie durch spezifische Hörübungen z. B. das auditive Erfassen von Satz- und Phrasenstrukturen, von besonderen prosodischen Sprachmerkmalen und die Wahrnehmung morphologischer und rhythmischer Gliederung auf Wortebene.

Auf diese Weise entwickeln sie eine Hörhaltung, mit der sie ggf. auch die eigene Sprachproduktion kontrollieren. Angeleitet sowie im Austausch mit anderen bauen sie ein hörtaktisches Verhalten auf, erweitern ihre Hörerfahrungen und verbessern ihr auditives Kurzzeitgedächtnis.


Sprechförderung und Artikulationstraining
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Zur Förderung der Artikulation können gezielte, spielerische und routinierte Übungen für eine möglichst verständliche Aussprache im Unterricht integriert werden. Auch das bewusste Sprechen und Nachsprechen und die metasprachliche Auseinandersetzung mit der Bildung von Lauten werden durch die Lehrkraft gefördert. Die eigene Laut- und Sprachproduktion üben und kontrollieren die Schülerinnen und Schüler über die Konzentration auf visuelle, ggf. auch auf auditive Merkmale (artikulatorisch-akustische Lautqualität, Prosodie der Sprache) und mundmotorische sowie taktil-vibratorische Empfindungen.

Zur Verbesserung der phonologischen Bewusstheit (im engeren und weiteren Sinne) tragen übergreifende und gezielte Übungsformen bei. Visualisierungen wie Handzeichen, Markierungen oder der funktionale Einsatz der Schrift durch die Lehrkraft unterstützen die Entwicklung in der Artikulation sowie dem Sprachrhythmus und lenken das Augenmerk auf ausgewählte Stellen in Wörtern, Sätzen und Texten.

Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte erleichtern gegenseitiges Verstehen und Absehen der gesprochenen Sprache durch eine möglichst natürliche Sprechweise und ein ebensolches Mundbild sowie ein leicht vermindertes Sprechtempo. Sie vermeiden bewusst übertriebene Sprechbewegungen sowie zu schnelles oder zu langsames Sprechen. Die Lehrkraft ist dabei stets sprachliches Vorbild.


Rhythmisch-musikalische Erziehung (RME) im Bereich der Sprech- und Spracherziehung
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Rhythmisch-musikalische Erziehung ist ein fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip und ein Medium zur ganzheitlichen Förderung, das die vier Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache sowie Emotionen und soziales Handeln anspricht und miteinander verknüpft. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der unterstützenden, sensorisch stimulierenden und emotionalen Qualität von Rhythmus, Musik und ganz- oder teilkörperlicher Bewegung.

Durch den Einsatz von sprech- und spracherzieherischen Elementen der RME gliedern die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören ihre Sprechäußerungen, rhythmisieren ihr Sprechen, setzen gezielt Sprechpausen und erweitern und vertiefen somit ihre Lautsprachkompetenz und Ausdrucksfähigkeit. Sie erfassen Tonfall, Dynamik und Rhythmus als Wesenseigenschaften der Sprache, erkennen deren Grundfunktionen (z. B. Auffordern, Fragen, Antworten, Aussagen und Darstellen) und werden sich der Phrasenstrukturen und sprachlichen Umklammerungen bewusst. Somit verbessern sie ihre Sprachauffassung und erleben den lebendigen Charakter von Sprache auf ganzheitliche Weise.


Absehen, Antlitzgerichtetheit und die Anwendung weiterer Verstehensstrategien
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Das Absehen stützt sich auf das Erfassen der äußerlich sichtbaren Sprechbewegungen und kann daher verständnisunterstützende Informationen liefern. Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören konzentrieren sich gleichzeitig auf die auditive und die visuelle Sprachperzeption. Sie wissen, dass nicht alle Sprachlaute absehbar sind und sich unterschiedliche Phoneme mundmotorisch gleichen. Auf dieser Basis ergänzen sie mit Hilfe der visuellen Lautsprachperzeption nicht eindeutige auditive Sprachwahrnehmungen und ordnen diese gegebenenfalls für ein besseres Sprachverständnis neu ein. Zudem nehmen sie die Mimik und Gestik des Sprechenden bewusst wahr, um weitere Informationen über das Gesagte zu erhalten und unterstützen somit ihr Sprachverstehen und -verständnis.

Die Schülerinnen und Schüler sowie deren Lehrkräfte sind sich der Bedeutung von angemessenen Lichtverhältnissen als Voraussetzung für erfolgreiches Absehen der Mundmotorik bewusst. Sie tragen gemeinsam Sorge für eine optimale Ausleuchtung der Unterrichtsräume und achten auf Verhaltensweisen und Strategien, die dem Absehen förderlich sind. Die Sprecher wählen ihre Position im Raum mit Bedacht, um Schatten auf ihrem Gesicht und Blendung sowie Gegenlicht für die absehenden Kommunikationspartner zu vermeiden. Alle Beteiligten vermeiden aktiv ungünstige Sitzpositionen (z. B. hinter oder neben dem Sprecher) oder sog. räumliche Kommunikationsgefälle (das Gesicht des Sprechenden und des Absehenden befinden sich in unterschiedlicher Höhe) und wahren ihre Antlitzgerichtetheit bzw. Blickrichtung. So nehmen sie gegenseitig die akustisch und/oder visuell dargebotenen Informationen der laufenden Kommunikation möglichst optimal wahr.

Darüber hinaus benötigen Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören und ihre Lehrkräfte häufig Ergänzungen zum individuellen Höreindruck, um Äußerungen verstehend verarbeiten zu können. Eine unterstützende Strategie hierbei ist, sich an dem aktuellen Thema zu orientieren, den Kontext zu nutzen oder das Gesprächsthema bzw. den Gesprächsschwerpunkt aktiv zu erfragen. Im Gegenzug bedeutet dies für Lehrkräfte, Themen präzise anzukündigen und zusätzlich z. B. schriftsprachlich oder bildlich zu visualisieren.


Einsatz von (Deutscher) Gebärdensprache und manuellen Kommunikationsmitteln
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Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler nutzen in Abhängigkeit von ihren individuellen kommunikativen Bedürfnissen die (Deutsche) Gebärdensprache, lautsprachunterstützende oder -begleitende Gebärden und das Fingeralphabet. Dies kann entweder grundlegend oder als Hilfe zum Aufbau der deutschen Lautsprache geschehen. Die Schülerinnen und Schüler erfassen die Deutsche Gebärdensprache als eigenständiges Sprachsystem, erwerben je nach ihren persönlichen kommunikativen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Präferenzen Kompetenzen der verschiedenen manuellen Kommunikationsmittel und wenden diese im Unterricht und Alltag an.


Verwendung von Unterrichtsmedien und Hilfsmitteln
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Um kompetenzorientiertes Lernen optimal zu gestalten, finden im Unterricht für Kinder und Jugendliche Arbeits- und Unterrichtsmedien Verwendung, die nach förderschwerpunktspezifischen Kriterien an die individuellen auditiven Wahrnehmungsfähigkeiten und Kompensationsbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler angepasst sind.

Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören nutzen für ihren Lernprozess das Angebot von ausgewählten visuell veranschaulichenden Unterrichtsmedien, um Erfahrungen zu sammeln und Wissen aufzubauen.
Sie verwenden in Bezug auf sprachliche Komplexität optimierte Texte als Zugang zu Informationen und zur Literatur im Allgemeinen.

Computer und Tablet finden in vielfältiger Form Anwendung als Lern-, Arbeits- und Hilfsmittel. Auch Diktier- oder andere Aufnahme- und Abspielgeräte für Audio-Dateien dienen den Schülerinnen und Schülern als Hilfsmittel, um beispielsweise ihre Artikulation und Prosodie auditiv und wiederholend zu kontrollieren und ggf. bewusst zu verändern. In Gebärdensprache kommunizierende Kinder und Jugendliche nutzen analog Video-Aufnahmen.

Gemeinsam mit der Lehrkraft beurteilen die Schülerinnen und Schüler Medien nach ihrem Funktionscharakter und ordnen für sich persönlich den Vorteil ihres Gebrauchs ein. Hierbei stehen vor allem audio-visuelle und auditive Medien sowie spezielle Medien für Menschen mit einer Hörschädigung, wie Filme mit Untertiteln oder Gebärdenbegleitung, im Fokus.

Die Kinder und Jugendlichen setzen ihre individuelle technische Hörversorgung routiniert ein, nutzen die Möglichkeiten der Klassenhöranlage und beschreiben situationsangemessen ihren aktuellen Unterstützungsbedarf.

Lehrkräfte treffen für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören unterschiedlichste Maßnahmen der Visualisierung. Sie veranschaulichen Inhalte, Lautsprachliches und Vorgänge beispielsweise durch originale Begegnungen, Modelle und Skizzen, den Einsatz von Schriftsprache und technischen Medien.


Lehrersprache
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Innerhalb des lautsprachlichen Unterrichts kommt der Lehrersprache sowohl als Sprachmodell als auch als Mittel zur Sprachförderung eine besondere Bedeutung zu. Sie bietet optimierte Lautsprache an und dient als Verständnis- und Strukturierungshilfe. Die vorbildhafte Lehrersprache setzt sich deutlich von der Alltagssprache ab und zeichnet sich unter anderem durch eine klare, lautreine und im Sprechtempo leicht verlangsamte Artikulation aus. Äußerungen werden hinsichtlich der Komplexität auf semantisch-lexikalischer als auch auf morphologisch-syntaktischer Ebene reduziert. Der Einsatz von bewusster und aussagekräftiger Mimik, Gestik und Körpersprache, die Wahrung der Antlitzgerichtetheit, eine präzise Mundmotorik und die Verwendung lautsprachunterstützender oder -begleitender Gebärden sind wesentliche Elemente zur Erleichterung des Sprachverständnisses der Schülerinnen und Schüler.

Durch das Setzen bewusster Sprechpausen, Wiederholungen sowie der Betonung bedeutsamer Wörter, Satzteile und Sätze wird die Aufmerksamkeit der Lernenden gezielt auf ausgewählte sprachliche Zielstrukturen gelenkt. Um die Schülerinnen und Schüler im grammatikalischen Bereich zu unterstützen, setzt die Lehrkraft Modellierungstechniken ein, die entweder der Äußerung der Lernenden vorausgehen (Präsentation, Parallelsprechen, Alternativfragen) oder diesen nachfolgen (Expansion, Umformung, Korrektives Feedback, Modellierte Selbstkorrektur, Extension). Der Sprechanteil der Lehrkraft wird bewusst auf Wesentliches reduziert und durch offene Fragen und gezielte nonverbale Impulse ergänzt.

Sprachsensibilität während der Planung und Gestaltung des Unterrichts bildet die Basis für bewusst und förderintensiv eingesetzte Lehrersprache. Gekoppelt mit dem Prinzip der Kommunikationsförderung in Schulleben und Unterricht stellt sie ein wesentliches Element für die Erziehung und Bildung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf Hören dar.


Wahrnehmungsförderung
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Wahrnehmungsförderung setzt am individuellen funktionalen Hörvermögen der Schülerinnen und Schüler an. Die Förderung der auditiven Wahrnehmungsfähigkeit zielt auf eine Verbesserung der auditiven Aufmerksamkeit und Konzentration, des auditiven Gedächtnisses sowie der visuellen Wahrnehmung der sprachbegleitenden Kommunikation, wie Körpersprache, Mimik und Gestik.

Zur Wahrnehmung und Kontrolle der eigenen Lautbildung und der gesamten Artikulation beziehen Schülerinnen und Schüler ihre visuelle und taktil-kinästhetische Wahrnehmungsfähigkeit ein.


Grundlegende Kompetenzen zur Kompensation
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Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören erwerben Kompetenzen, um ihren Alltag im Rahmen ihres individuellen Hörvermögens und ihrer persönlichen Kommunikationskompetenzen zu bewältigen. Dazu gehören vor allem die Einschätzung des eigenen Hörvermögens, die Kenntnis von technischen Hilfen und der verantwortungsbewusste Umgang mit diesen, eine verstärkte visuelle Orientierung sowie die Anwendung von Hör- und Kommunikationstaktik.


Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung
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Die Entwicklung von Persönlichkeit und Identität vollzieht sich im Austausch mit anderen und in der Beschäftigung mit der eigenen Person.

Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören setzen sich mit ihren individuellen Hör- und Kommunikationskompetenzen auseinander, mit ihren ggf. für andere sichtbar getragenen Hörhilfen und ihrer Wahl des Kommunikationsmittels.

Sie schärfen im Austausch mit gleichaltrigen und erwachsenen Menschen mit einer Hörschädigung den Blick für das eigene Leben und die persönliche Identität im Rahmen ihrer Kompetenzen.

Im wertschätzenden positiven Umgang miteinander, mit der individuellen Hör-, Sprach- und Kommunikationsfähigkeit, durch die fächerübergreifende Vermittlung der Hörgeschädigtenkunde und durch die Erfahrung von Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit werden die Schülerinnen und Schüler in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützt. Sie bauen Frustrationstoleranz und Leistungsbereitschaft auf, beurteilen ihre eigenen Fähigkeiten und Grenzen im Hören, in der Kommunikation und im sozial-emotionalen Entwicklungsbereich realistisch und entwickeln ihre persönlichen Kompetenzen in diesen Bereichen weiter.


Sprachauf- und Sprachausbau sowie Entwicklung von kommunikativen Kompetenzen
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Der Erwerb von sprachlichen Kompetenzen in der Laut- und/oder Gebärdensprache sowie in der Schriftsprache ist für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören ein wichtiger Bestandteil schulischer Bildung. Das individuelle Hörvermögen, die sprachrezeptive und -produktive Ausrichtung, der aktuelle Sprachstand sowie die jeweiligen Kommunikationsbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler sind Ausgangspunkt für den Aufbau und die Erweiterung ihres Sprachsystems und des Kommunikationsverhaltens.

Kommunikationskompetenzen gehen über rein sprachliche Kompetenzen hinaus und umfassen auch allgemeine Kompetenzen wie Dialogfähigkeit, Empathie und Rollenverständnis. Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Hören schulen und erweitern ihre Fähigkeiten in diesem Bereich, zum Beispiel in Rollenspielen und szenischen Darstellungen. Sie reflektieren den Umgang mit Kommunikationspartnern und -medien, um kommunikative Situationen erfolgreich zu gestalten und neue sprachliche Handlungsfelder und soziale Kontakte aufzubauen.

Die Erweiterung des aktiven und passiven Wortschatzes sowie die Speicherung und der Abruf von Lexemen aus dem semantischen Lexikon sind wichtige und umfassende Förderziele für Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Hören. Die Schülerinnen und Schüler profitieren von einem systematischen Aufbau und einer strukturierten Förderung semantisch-lexikalischer Fähigkeiten. Vor allem in den sprachbasierten Unterrichtsfächern benötigen sie zusätzliche Unterstützung und Übungsangebote. Häufige Wiederholungen, Merkhilfen und Abrufstrategien helfen den Lernenden, neue Wörter zu erarbeiten, sie abzuspeichern und selbst zu verwenden. Dabei achtet die Lehrkraft auf eine multimodale Verankerung und Vernetzung der Wörter, um eine langfristige Speicherung und einen sicheren Abruf zu erreichen. Im Unterricht gibt sie bei Bedarf Abrufhilfen und leitet die Schülerinnen und Schüler an, selbständig Abrufstrategien anzuwenden.

Grammatikalische Fähigkeiten werden durch eine Arbeit an Zielstrukturen im Unterricht gefördert. Hierbei werden ablenkende Faktoren vermieden und die unterrichtliche Situation auf das grammatikalische Problem reduziert, sodass die Schülerinnen und Schüler die Zielstruktur vorerst in einer idealtypischen Form erfahren. Visualisierungen und Markierungen wichtiger Stellen helfen den Schülerinnen und Schülern dabei, diese bewusst wahrzunehmen und zu reflektieren. Die erworbenen Zielstrukturen werden durch Sprachrituale, das Anbieten von Satzmustern oder die Umsetzung in Handlungen und Rollenspielen gefestigt und weiterführend auch bezüglich ihrer Varianten und Ausnahmen erlernt.

Neben den Fähigkeiten im produktiven Bereich bedarf häufig auch die rezeptive Sprachebene der Lernenden Unterstützung und Förderung. Kompetenzen im Sprachverständnis der Schülerinnen und Schüler bilden eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Sprache, das Bewältigen von kommunikativen Situationen und vor allem für das lebenslange Lernen. Durch das Verständnis gesprochener sowie geschriebener Sprache setzen die Lernenden Anweisungen um, erweitern ihr Wissen und vernetzen dieses. Die Grundlagen für das Sprachverständnis sind eine aktive Fragehaltung und die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler, die zunächst durch die Lehrkraft angeregt werden. Das Sprachverständnis wird durch eine angepasste Lehrersprache, Visualisierungen und das Wiederholen ausgewählter Inhalte gefördert. Texte und Anweisungen können zudem in optimierter oder reduzierter Form angeboten werden.


Selbstwirksamkeit und präventives Handeln
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Damit Kinder und Jugendliche unterschiedliche, auch belastende Situationen bewältigen, müssen sie eigene Ressourcen effektiv einsetzen, sich als erfolgreich auch in ihren kommunikativen Handlungen erfahren und erleben, dass sie Einfluss auf die Problemlösung haben. Die Lehrkraft fördert diese Strategien, indem sie sich ihrer Rolle als positives und sprachliches Modell bewusst ist, zu den Kindern und Jugendlichen eine stabile, emotional-positive Beziehung gestaltet und ein positives emotionales Klima in der Klasse schafft. Sie geht offen mit dem eigenen Ausdruck von Gefühlen um und drückt in unterschiedlichen Situationen Gefühle auch sprachlich aus. Lob, Anerkennung und Ermutigung fließen in die Kommunikation zwischen Lehrkraft und Schülerin bzw. Schüler ein.

Angesichts der Risiken und Herausforderungen der modernen Lebensführung sind bei Kindern und Jugendlichen mit einer Hörbeeinträchtigung Gesundheits-, Verkehrs- und Sicherheitserziehung von besonderer Bedeutung. Schülerinnen und Schüler lernen Ursachen und Folgen von Hörschädigungen kennen und beachten individuelle Maßnahmen zur Erhaltung und Nutzung ihres individuellen Hörvermögens. Sie lernen Unfall- und Gefahrenquellen einzuschätzen und erwerben Strategien, die sie entsprechend ihrer individuellen auditiven Wahrnehmung sicher anwenden.


Selbsttätigkeit
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Kompetenzorientierter Unterricht bietet Anregungen in Form von Aufgaben und Lernumgebungen, die eine selbstbestimmte, eigenständige und handlungsorientierte Auseinandersetzung mit Themen und Lerngegenständen ermöglichen. Die Schülerinnen und Schüler werden selbsttätig, indem sie aus bereitgestellten Aufgaben und Materialien auswählen, Entscheidungen treffen, ihr vorhandenes Wissen und Können aktiv anwenden, bekannte Methoden, Strategien, Arbeitsweisen und Arbeitstechniken einsetzen und kreativ handeln. Lehrerinnen und Lehrer unterstützen die Kinder und Jugendlichen beim Auffinden geeigneter, individuell lernfördernder Materialien, geben

Hilfen zur Fokussierung der Aufmerksamkeit und zur Strukturierung, erklären Aufgabenstellungen und begleiten die Phase der Reflexion.

Selbsttätigkeit ist ein notwendiger Aspekt der Selbstbestimmung und ein Beitrag zur Entwicklung der Urteils-, Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit des Menschen.

Mit Blick auf die Zukunftsgestaltung der Schülerinnen und Schüler bildet eine weitgehende Selbsttätigkeit die Grundlage zur Identitätsfindung und zur persönlichen und beruflichen Orientierung.


Entwicklungsorientierung
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Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, auch im Bereich Sprache und Kommunikation, verläuft individuell. Erfolgreiche Lernprozesse vollziehen sich auf der Basis des Zusammenwirkens der Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache sowie Emotionen und soziales Handeln. Angebote der Förderung für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören orientieren sich am aktuellen Sprach- und Entwicklungsstand, unabhängig von Alter oder Jahrgangsstufe.


Stärkenorientierung
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Die Erschließung individueller und sozialer Stärken richtet den Blick in die Zukunft, um Selbstbestimmung zu erreichen. Die Lehrkraft versteht sich als Bezugsperson, die bei der Gestaltung der individuellen Förderung und einer guten Beziehung zum Kind oder Jugendlichen dessen Ressourcen, Interessen und Kompetenzen in den Blick nimmt. Die Schülerinnen und Schüler erleben aufgrund der Stärkenorientierung Erfolge beim Lernen, dies unterstützt ihre Lern- und Leistungsmotivation und steigert ihr Selbstwertgefühl.


Akzeptanz und Respekt
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Akzeptanz und Wertschätzung stellen in der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Kindern, Jugendlichen und Erziehungs- und Sorgeberechtigten eine bedeutsame Grundhaltung dar, von der ausgehend ein Lern- und Entwicklungsprozess initiiert werden kann. In der Begegnung mit Mitschülerinnen und Mitschülern, mit anderen Lehrkräften, mit der Schulleitung und anderem schulischen Personal werden die Kinder und Jugendlichen angehalten, sich respektvoll und wertschätzend zu verhalten, um einen Ort des gemeinsamen Lernens und Lebens zu gestalten. Die Lehrkräfte zeigen, dass sie die Kinder und Jugendlichen mit ihren Interessen, Fähigkeiten und Möglichkeiten wahrnehmen und es als ihre zentrale Aufgabe verstehen, diese in den Mittelpunkt der Gestaltung von Lernen, Zusammenleben und Erziehung zu stellen. Das Zusammenleben in der Schule und die Gemeinschaft der Klasse basieren auf klaren Regeln. Dies fördert den respektvollen Umgang miteinander.


Individualisierung
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Kinder und Jugendliche erwerben Kompetenzen anhand von Aufgabenstellungen, die unterschiedliche Lernwege, Lernergebnisse und Lerntempi zulassen und damit verschiedene Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen sowie spezifische Wahrnehmungsvoraussetzungen beachten. Für die Planung individualisierter Lernprozesse ist Voraussetzung, dass der individuelle Kompetenzstand vor Beginn des Lernprozesses festgestellt wird. Die Beschreibung der erreichten individuellen Kompetenzen nach dem Lernprozess und der Vergleich mit dem vorherigen Lernstand zeigen der Lehrkraft den individuellen Lernfortschritt. Individuelle Ziele und Fortschritte, besonders in den Bereichen Sprache, ggf. Hörtaktik und Kommunikationsstrategie, werden für die Schülerin oder den Schüler verständlich dokumentiert und in Lerngesprächen thematisiert.


Lebensweltbezug
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Die Auswahl der Unterrichtsinhalte orientiert sich an der aktuellen Lebensbedeutsamkeit für Kinder und Jugendliche und bezieht die bisherigen Alltagserfahrungen mit ein. Lebensnähe und Handlungsorientierung werden für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt Hören durch den gezielten Einsatz von Arbeitsmaterialien und Anschauungsmitteln, die mit möglichst vielen Sinnen erfahrbar sind, umgesetzt.


Soziales und kommunikatives Lernen
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In der Schule begegnen sich Kinder und Jugendliche, die unterschiedliche Werte sowie soziale und kommunikative Kompetenzen aus ihrem Erfahrungsbereich mitbringen. Als Lern- und Lebensraum bietet die Schule natürliche und strukturierte Situationen für soziales und kommunikatives Lernen. Die Kinder und Jugendlichen erleben sich als Individuen und erfahren in der Auseinandersetzung mit anderen, dass sie eigenen Interessen auch sprachlich Ausdruck verleihen, sich im Team verständigen und produktiv Arbeitsergebnisse erstellen können und dass eine Mitschülerin oder ein Mitschüler Hilfe und Unterstützung sein kann.

Die Lehrkräfte nutzen Unterricht und Schulleben, um gemeinsames und von Kommunikation getragenes Lernen gezielt mit den Schülerinnen und Schülern zu gestalten und zu reflektieren. Damit fördern sie die Entwicklung sozialer, sprachlicher und kommunikativer Kompetenzen für die Stärkung der Persönlichkeit, des persönlichen Ausdrucks und die gesellschaftliche sowie berufliche und arbeitsweltliche Teilhabe.


Lernumgebungen
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Die Lehrkräfte initiieren und beeinflussen das Lernen der Kinder und Jugendlichen, indem sie Lernanlässe schaffen und Lernumgebungen gestalten, die die äußeren Bedingungen, Lernmaterialien, Aufgabenstellungen sowie Sozial- und Arbeitsformen betreffen. Sie adaptieren diese mit Blick auf den individuellen Sprach- sowie Lern- und Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler und geben bedürfnisorientierte und förderschwerpunktspezifische Lern- und Übungshinweise. Schrittweise führen sie die Schülerinnen und Schüler in neue Lernumgebungen ein. Dabei setzen sie gezielt bekannte und neue Materialien, Aufgabenformate oder Sozial- und Arbeitsformen ein, um eine Über- bzw. Unterforderung der Kinder und Jugendlichen zu vermeiden.

Kompetenzorientierte Aufgaben ermöglichen den Schülerinnen und Schülern individuelle Zugänge, berücksichtigen unterschiedliches Lerntempo und lassen vielfältige Lösungswege und Unterstützungsmöglichkeiten zu.


Übung und Anwendung
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Erlerntes bleibt nicht automatisch abrufbar und erhalten. Üben bedeutet, erworbene Fertigkeiten und Fähigkeiten auf bekannte und auf neue bzw. unterschiedliche Situationen zu übertragen, um damit Kompetenzen und Strategien sowie Abläufe zu automatisieren, zu festigen und zu erweitern.

Neben fachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten trainieren die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen der Bereiche Motorik und Wahrnehmung (z. B. Blick fokussieren), Denken und Lernstrategien (z. B. Selbstregulation, Handlungsplanung), Kommunikation und Sprache (z. B. Präsentieren) und Emotionen und soziales Handeln (z. B. um Hilfe bitten). Dazu dienen ihnen das handlungsbegleitende Sprechen, die Orientierung an Handlungsplänen und Algorithmen sowie die Anwendung von Kompetenzen in Rollenspielen.

Die Lehrkräfte unterstützen die Schülerinnen und Schüler mit Blick auf die Ziele im individuellen Förderplan und unter besonderer Beachtung des Sprachstands und der Kommunikationsmöglichkeiten.


5.4 Kompetenzorientierung im Unterricht
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Ausgehend von der individuellen Lernausgangslage, die sowohl die spezifischen auditiven, visuellen, sprachlichen und kommunikativen Voraussetzungen als auch den Stand der Entwicklung in den Bereichen Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache, Emotionen und soziales Handeln einbezieht, setzen sich die Schülerinnen und Schüler handelnd mit lebenswelt- und zukunftsbedeutsamen Themen und Fragestellungen auseinander.

Sie erweitern ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf der Basis ihrer bisherigen Lebens- und Lernerfahrungen, unter Einbezug ihrer Interessen und ihrer Motivation und übertragen Erkenntnisse und Ergebnisse gemäß ihren Möglichkeiten auf neue Aufgabenstellungen.

Der Unterricht im Förderschwerpunkt Hören rückt auditive, sprachliche und kommunikative Ressourcen sowie den individuellen Lernprozess der Schülerin oder des Schülers in den Mittelpunkt. Im Rahmen eines förderschwerpunktspezifischen Unterrichts ermöglichen individuelle sprachliche und kommunikative Unterstützungsangebote, Arbeits- und Hilfsmittel, Materialien sowie räumliche, organisatorische und personelle Rahmenbedingungen erfolgreiche Lernprozesse. Die Lehrkraft plant Lernvorhaben in Kooperation mit weiteren an Unterricht und Erziehung beteiligten Personen und orientiert sich am Niveau des Lehrplans. Auf der Grundlage der sonderpädagogischen bzw. audiologischen Diagnostik integriert sie Fördermaßnahmen, die im individuellen Förderplan der Schülerinnen und Schüler beschrieben sind. Ausgangspunkt für die Planung der nächsten Lernschritte sind die erreichten individuellen Kompetenzen die allgemeine Lernentwicklung sowie den Bereich Sprache und Kommunikation betreffend, die die Lehrkraft beobachtet und beschreibt. Auf die Förderung der Lernmotivation richten Lehrkräfte besondere Aufmerksamkeit und stärken diese vor allem durch Aufgabenstellungen, die erfolgreiche Lernergebnisse und passende Lernwege zulassen, sowie durch die Berücksichtigung persönlicher Interessen und Stärken. Durch die Reflexion von Lernwegen und Lernergebnissen nehmen die Kinder und Jugendlichen eigene Leistungen wahr und beschreiben den eigenen Lernfortschritt. Die Lehrkraft fungiert in diesen Phasen des gemeinsamen Sprechens über Lernen als Dialogpartner und Lernbegleiter.

Der LehrplanPLUS für den Förderschwerpunkt Hören versteht Kompetenzen als fachspezifische und überfachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Wissen und Können miteinander verknüpfen. Dies befähigt die Schülerinnen und Schüler zu verstehen, zu reflektieren, schlüssig zu argumentieren, fundiert zu urteilen und neue Anforderungen zu bewältigen. Der Lehrplan definiert Inhalte und beschreibt Kompetenzerwartungen auf einem mittleren Anforderungsniveau. Die entwicklungsbezogenen Kompetenzen zeigen eine entwicklungslogische Progression auf.


6 Arbeit mit dem LehrplanPLUS
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Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören werden unabhängig von ihrem Förderort nach dem LehrplanPlus für den Förderschwerpunkt Hören oder dem LehrplanPlus der Grund- und Mittelschule unterrichtet und zusätzlich durch Bildungs-, Förder- und Therapieangebote unterstützt. Besteht weiterer Förderbedarf in anderen Förderschwerpunkten, so wird jener Lehrplan herangezogen, der dem besonderen sonderpädagogischen Förderbedarf am besten entspricht.

Der LehrplanPLUS umfasst die Kapitel Leitlinien (Bayerische Leitlinien für die Bildung und Erziehung von Kindern bis zum Ende der Grundschulzeit), Bildungs- und Erziehungsauftrag, Übergreifende Bildungs- und Erziehungsziele, Fachprofile, Grundlegende Kompetenzen und Fachlehrpläne.

Die Fächer des Lehrplans sind im digitalen Lehrplaninformationssystem (LIS) des LehrplanPLUS in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet, wobei jedes Fach für bestimmte Jahrgangsstufen gültig ist.

Das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören verfügt über folgende profilbildende Fächer:

  • Deutsch für die Sprachlerngruppe 2 und 3
  • Deutsche Gebärdensprache
  • Rhythmik und Musik

Das Fach Englisch ist nicht profilbildend, jedoch für die Sprachlerngruppe 3 ebenfalls adaptiert.

Jedes Fach wird durch ein Fachprofil und einen Fachlehrplan beschrieben.

Das Fachprofil erläutert die Bedeutsamkeit des Fachs für die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören sowie theoretische Grundlagen der Fachdidaktik. In den Fachprofilen sind die Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Sprache und Kommunikation, Emotionen und soziales Handeln im Kontext der jeweiligen Fachkompetenzen beschrieben.

Die Fachlehrpläne im LehrplanPLUS für den Förderschwerpunkt Hören umfassen die Kompetenzerwartungen und Inhalte der Referenzlehrpläne aus Grund- und Mittelschule. Jeder Fachlehrplan ist in Lernbereiche untergliedert. Diese Lernbereiche stehen gleichberechtigt nebeneinander, ihre nacheinander erfolgende Beschreibung stellt keine hierarchische oder zeitliche Abfolge für den Unterricht dar. Die Lehrkräfte entscheiden, welcher Lernbereich eines Fachs für die aktuelle Unterrichtsgestaltung im Mittelpunkt steht. Sie verknüpfen einzelne Lernbereiche oder auch einzelne Fächer miteinander. Dies ermöglicht eine ganzheitliche Unterrichtsgestaltung und einen lebensweltorientierten Kompetenzerwerb für die Schülerinnen und Schüler.

Vorangestellt sind entwicklungsbezogene Kompetenzerwartungen, die Hinweise in Bezug auf den Förderbedarf in einzelnen Entwicklungsbereichen geben.

Alle die Lehrpläne der Grund- und Mittelschule ergänzenden, förderschwerpunktspezifischen Kompetenzerwartungen und Inhalte sind vor dem Hintergrund des Lern-, Leistungs- sowie des individuellen Hör- und Kommunikationsvermögens der Schülerinnen und Schülern zu sehen. Es liegt in der Verantwortung der Lehrkraft für Sonderpädagogik zu entscheiden, welche Kompetenzen im Unterricht angestrebt werden sollen.

Das Lehrplaninformationssystem (LIS) stellt den Nutzerinnen und Nutzern in den Fachlehrplänen verschiedene Servicematerialien zur Verfügung. Sie sind an speziellen Symbolen am rechten Bildrand zu erkennen und umfassen Illustrierende Aufgaben, Materialien und Erläuterungen. Die Illustrierenden Aufgaben greifen eine oder mehrere ausgewählte Kompetenzen auf und zeigen exemplarisch, wie sich diese im Unterricht anbahnen lassen. In den Materialien finden sich zusätzliche Informationen zur Theorie und Praxis ausgewählter Fördermöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Hören. Die Erläuterungen bilden ein Glossar für wichtige im Fachlehrplan verwendete Begriffe.