Lehrplan PLUS

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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Mathematik

1.1 Bewältigung von Situationen im Alltag und im Beruf
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Das Fach Mathematik knüpft an die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen an und trägt dazu bei, Probleme zu strukturieren und zu lösen. Mathematische Kompetenzen schaffen wesentliche Voraussetzungen für eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, ihre berufliche und private Zukunft aktiv und eigenverantwortlich mitzugestalten. Sie lernen dabei, technische, natürliche, soziale sowie kulturelle Erscheinungen und Vorgänge mithilfe der Mathematik, durch die Nutzung von Sprache, Symbolen, Formeln und Bildern wahrzunehmen, zu verstehen und nach mathematischen Gesichtspunkten zu beurteilen.

Die Einschränkung des Sehens oder des Fehlens der visuellen Wahrnehmung hat Einfluss auf die Vielfalt und Art der mathematischen Vorerfahrungen im Alltag. Die beiläufige Begegnung mit Ziffern und Zahlen beispielsweise ist nicht selbstverständlich, sondern wird bewusst und planvoll herbeigeführt. Die Vorstellung von Menge, Größen und Anzahlen wird durch handelnden Umgang mit geeignetem Material aufgebaut und erweitert. Die Kompetenz, (Punktschrift-)Zahlen taktil oder unter Zuhilfenahme von Hilfsmitteln zu erkennen sowie das Wissen um deren Bedeutung und Funktion werden von sehgeschädigten Kindern mit gezielter Hilfestellung erworben und gefestigt.

Aufgrund der visuellen Wahrnehmungseinschränkung verfügen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sehen im Umgang mit Sachgrößen über Begriffe, die häufig im Unterricht noch mit Wissen aus Erfahrungen und Handlungen in Bezug gesetzt werden, sodass sie für den Kompetenzerwerb als tragende Grundlage dienen. Individuelle Vorstellungen und Erfahrungen zu Sachgrößen, wie z. B. Zeit, Masse, und Entfernungen, werden aufgegriffen, überprüft und anhand von möglichst konkreten Erfahrungen gesichert.

Vorerfahrungen in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen, z. B. resultierend aus Würfelspielen, werden gemeinsam spielerisch erworben und im Lauf der Schulzeit weiter ausgebaut, sodass sie zur verlässlichen Grundlage für die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten werden.

1.2 Kompetenzerwerb im Mathematikunterricht
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Kompetenzorientierter Mathematikunterricht befähigt die Schülerinnen und Schülern zur Auseinandersetzung mit mathematischen Inhalten auf individuellem Niveau. Geeignete mathematische Fragestellungen ermöglichen Partizipation und Ko-Konstruktion. Das Erproben eigener Rechenwege regt alle Kinder und Jugendlichen einer Lerngruppe zum eigenständigen Denken und zur fach- und themenbezogenen Kommunikation mit anderen an. Dies schult das selbständige Überprüfen von Strategien und Ergebnissen und baut, zusammen mit einer wertschätzenden Begleitung durch die Lehrkraft, Motivation und Selbstvertrauen zur eigenen mathematischen Leistungsfähigkeit auf. Die Lehrkraft beobachtet den Lernprozess, macht individuelle Lernfortschritte sichtbar, regt nächste Lernschritte an und ermittelt den jeweiligen Unterstützungsbedarf.

Die Entwicklung mathematischer Kompetenzen setzt aktivierende Lernsituationen voraus, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, vernetzt zu denken, Kreativität zu entwickeln sowie den mathematischen Gehalt von Informationen aus ihrer Umwelt zu erkennen. So haben die Kinder und Jugendlichen Gelegenheit, auch herausfordernde mathematische Fragestellungen zu bearbeiten, Lösungsansätze zu suchen, diese zunehmend selbständig auf Plausibilität zu überprüfen oder Sachverhalte in mathematische Symbolsprache zu übersetzen. Das flexible Ineinanderüberführen verschiedener Darstellungsebenen (handelnd, zeichnerisch oder symbolisch) trägt zu einem verständnisorientierten Lernen bei.

Kompetenzorientierter Unterricht ist mehr als die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, da Kompetenzen stets auch eine Anwendungssituation im Blick haben. Die Schülerinnen und Schüler erwerben damit eine mathematische Bildung, die es ihnen ermöglicht, mathematisches Wissen funktional und flexibel bei der Bearbeitung vielfältiger situationsbezogener Probleme einzusetzen.

Die Bereitstellung von visuellen und taktilen Hilfs- und Arbeitsmitteln, vermehrte Verbalisierungen von Seiten der Lehrkraft sowie der Einsatz von konkretem Anschauungsmaterial, z. B. Strukturierungshilfen zur Zehnerbündelung und Zerlegungsgleichheit, bilden die Rahmenbedingungen für den Erwerb von Kompetenzen im Mathematikunterricht. In Abhängigkeit von den individuellen visuellen und taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler ist der Kompetenzerwerb mit einem erhöhten Bedarf an Zeit verbunden, da der Einsatz von Hilfsmitteln und Anschauungsmaterial zusätzliche Lernfelder eröffnet.

Durch intensive und individuell begleitete Erarbeitungsphasen erwerben die Schülerinnen und Schüler durch den handelnden und strukturierten Umgang mit Materialien ein hohes Maß an Abstraktion und die sichere Beherrschung von mathematischen Prinzipien.

2.1 Kompetenzstrukturmodell
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Kompetenzstrukturmodell Mathematik

Das Kompetenzstrukturmodell des Faches Mathematik orientiert sich an den Bildungsstandards im Fach Mathematik für die Primarstufe (2003) und an den Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Hauptschulabschluss (in Bayern: erfolgreicher bzw. qualifizierender Abschluss der Mittelschule, 2004) der Kultusministerkonferenz (KMK). Es gliedert sich in drei Bereiche, die im Unterricht stets miteinander verknüpft werden: in die Gegenstandsbereiche (innere Felder), in denen die inhaltsbezogenen Kompetenzen erworben werden, und in die prozessbezogenen Kompetenzen (äußerer Ring).

Das Kompetenzstrukturmodell des Faches Mathematik erhält eine Erweiterung durch die vier Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache sowie Emotionen und soziales Handeln, deren Zusammenwirken erfolgreiche Lernprozesse ermöglicht. Die persönlichen Ressourcen in den Entwicklungsbereichen sind die Grundlage für die Planung und Gestaltung von Lernsituationen. Dadurch ergeben sich Hinweise und Impulse für die kriterienorientierte Schülerbeobachtung und für die Feststellung des individuellen Entwicklungsstandes.

2.2 Prozessbezogene Kompetenzen
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Die prozessbezogenen Kompetenzen sind eng miteinander verbunden, sie ergänzen und bedingen sich wechselseitig.

Argumentieren
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Die Schülerinnen und Schüler begründen Vermutungen zu mathematischen Sachverhalten und hinterfragen mathematische Aussagen auf Korrektheit oder Plausibilität (z. B. „Wie verändert sich was? Erkläre. Begründe.“). Darüber hinaus entwickeln sie mathematische Argumentationen, die sich in der Mittelschulstufe vor allem auf Erläuterungen, Begründungen und Beweise erstrecken.

Probleme lösen
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Zur Lösung von vorgegebenen und selbst formulierten Problemen wenden die Schülerinnen und Schüler bereits vorhandene mathematische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten an. Sie verfügen über Strategien zur Entwicklung von Lösungsideen sowie zur Ausführung geeigneter Lösungswege (z. B. Verwenden einer Skizze, Figur, Tabelle; Einzeichnen von Hilfslinien; systematisches Probieren; Vorwärts- oder Rückwärtsarbeiten; Zerlegen oder Ergänzen; Nutzen von Symmetrien oder Analogien).

Modellieren
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Die Schülerinnen und Schüler entnehmen z. B. Sachtexten oder anderen Darstellungen der Lebens- und Erfahrungswelt relevante Informationen und übersetzen diese in die Sprache der Mathematik. Sie erkennen mathematische Zusammenhänge und nutzen sie, um zu einer Lösung zu gelangen, die sie abschließend wieder auf die konkrete Situation anwenden. Der Erwerb mathematischer Herangehensweisen und Modellierungskompetenzen ist elementar für das Lösen anwendungsbezogener mathematischer Probleme und wirkt sich nachhaltig auf alle anderen Kompetenzen und Lernbereiche im Fachlehrplan aus.

Darstellungen verwenden
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Diese Kompetenz erwerben und festigen die Schülerinnen und Schüler, indem sie für das Bearbeiten mathematischer Probleme beispielsweise geeignete Darstellungsformen lesen und selbst entwickeln. Sie wählen die unterschiedlichen Formen (z. B. Skizzen, Tabellen, Rechnungen, Abbildungen, Fotos, Diagramme, Graphen, Formeln, sprachliche Darstellungen, Gesten, Handlungen) je nach Situation und Zweck aus und wechseln zwischen ihnen.

Im Unterricht mit sehgeschädigten Kindern und Jugendlichen sind die verwendeten Darstellungen klar strukturiert, übersichtlich und auf das Wesentliche reduziert. Im Hinblick auf Farbe und Kontrast werden sie an die individuellen Bedürfnisse der sehbehinderten Schülerinnen und Schüler angepasst. Darüber hinaus ist die Größe der Abbildung so gewählt, dass sie überblickbar bzw. gut tastbar ist. Taktile Darstellungen, wie z. B. Modelle (auch mit Bausteinen, Schwellkopien oder Typhlographien, erleichtern durch verschiedene Tastqualitäten die Entnahme von Informationen.

Das Erschließen von taktilen und visuellen Darstellungen wird durch verbale Erläuterungen begleitet und ggf. durch Realgegenstände unterstützt.

Der Erwerb der Fähigkeit, eigene Skizzen und Tabellen zu zeichnen und zu entwickeln, orientiert sich an den individuellen visuellen und taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Ihnen werden verschiedene Hilfsmittel und Unterstützungsangebote, wie z. B. Zeichnen an der Punktschriftmaschine oder am Zeichenbrett, zur Verfügung gestellt. Insgesamt wird für den Erwerb dieser prozessbezogenen Kompetenz ein erhöhter Zeitaufwand veranschlagt.

Mit symbolischen, formalen und technischen Elementen der Mathematik umgehen
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Die Schülerinnen und Schüler erwerben Fähigkeiten und Fertigkeiten im Anwenden von Definitionen, Regeln, Algorithmen und Formeln, dem formalen Arbeiten mit Zahlen, Größen, Variablen, Termen, Gleichungen, Funktionen, Diagrammen und Tabellen sowie dem Ausführen von Lösungs- und Kontrollverfahren. Sie setzen mathematische Werkzeuge und Hilfsmittel, wie sehgeschädigtenspezifische Lineale, Geodreiecke und Zirkel, sinnvoll und verständig zur Erstellung geometrischer Grundkonstruktionen ein. Sie drücken symbolische und formale Elemente der Mathematik mit eigenen Worten aus. Beschreibungen und mathematische Elemente aus der natürlichen Sprache übersetzen und übertragen sie in die formale Ebene.

Kommunizieren
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Kompetenzen des Kommunizierens wenden die Schülerinnen und Schüler im Fach Mathematik vor allem in kooperativen und interaktiven Unterrichtsprozessen an. Sie erarbeiten und überprüfen Texte oder mündliche Aussagen zu mathematischen Inhalten und erweitern ihre kommunikativen Fähigkeiten, indem sie Überlegungen, Lösungswege sowie Ergebnisse unter Verwendung der Fachsprache adressatengerecht und in angemessener Form präsentieren.

2.3 Gegenstandsbereiche
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Die Gegenstandsbereiche ermöglichen die inhaltliche und fachliche Auseinandersetzung mit innermathematischen Zusammenhängen und den Phänomenen der Welt. Jeder Gegenstandsbereich durchzieht den Lehrplan für das Fach Mathematik spiralförmig über alle Jahrgangsstufen hinweg. Ziel dieses Ansatzes ist kumulatives Lernen und ein daraus resultierendes Verständnis für grundlegende mathematische Begriffe und Konzepte. Wie die prozessbezogenen Kompetenzen, stehen auch die einzelnen Gegenstandsbereiche nicht isoliert, sondern werden miteinander verknüpft, wodurch themengebietsübergreifendes und vernetztes Denken nachhaltig gefördert wird.

Muster und Struktur
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Eine Vielzahl unterschiedlicher mathematischer Fähigkeiten und Fertigkeiten beruht auf dem Verständnis zugrunde liegender Muster und Strukturen. Dieses Verständnis hilft den Schülerinnen und Schülern, größere Zusammenhänge zu erkennen und ihre Erkenntnisse auf neue Inhalte und Anforderungen zu übertragen. Zudem ist das Erkennen, Beschreiben und Begründen von Mustern und Strukturen eine Grundlegende Kompetenz, die bei der Lösung von mathematischen Problemen und Sachsituationen zur Anwendung kommt. Zum Bereich Muster und Strukturen zählen Tätigkeiten wie sachgemäß und zielgerichtet zu ordnen, zu untergliedern, über Beziehungen nachzudenken oder Rechenregeln einzusetzen.

Das Bilden von Strukturen, Gruppen und Untergruppen sowie das Finden von Gemeinsamkeiten und Unterschieden trägt wesentlich dazu bei, Erfahrungen und Vorstellungen von zugrundeliegenden Mustern und Strukturen auszubauen. Darüber hinaus bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, über Begrifflichkeiten zu sprechen und diese bei Bedarf handelnd oder auch in abstrakter Form zu klären.

Zahlen und Operationen
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Im Gegenstandsbereich Zahlen und Operationen entwickeln die Schülerinnen und Schüler in einem nachhaltigen und lebensweltbezogenen Mathematikunterricht ein Verständnis für unterschiedliche Zahlaspekte. Auf dieser Grundlage erwerben sie eine umfassende Zahlvorstellung (z. B. Struktur des Zehnersystems, Zahldarstellung, Zahlbeziehungen). Die Schülerinnen und Schüler erlernen und automatisieren die vier Grundrechenarten, das Prozent- und Zinsrechnen sowie das Rechnen mit Potenzen. Sie rechnen flexibel und aufgabenangemessen im Kopf, halbschriftlich sowie schriftlich und wenden vorteilhafte Strategien an. Sachsituationen und Mathematik werden in Beziehung gesetzt und mithilfe der Grundrechenarten gelöst.

Raum und Form
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Ihr räumliches Denken stärken die Schülerinnen und Schüler im Gegenstandsbereich Raum und Form. Sie untersuchen und vergleichen wichtige geometrische Figuren und Körper, beschreiben deren Eigenschaften und präsentieren sie in selbst gefertigten Modellen. Sie erkennen und beschreiben geometrische Strukturen in Ebene und Raum und erweitern damit über die Jahrgangsstufen hinweg ihre Formenkenntnis. Diese Formenkenntnis ist auch die Grundlage für die Betrachtung entsprechender Körper einschließlich der Ermittlung von Oberflächen- und Rauminhalten.

Größen und Messen
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Die Schülerinnen und Schüler sammeln im Gegenstandsbereich Größen und Messen Erfahrungen mit verschiedenen selbst gewählten sowie standardisierten Maßeinheiten (z. B. Daumenbreite, Fuß, cm, m) und vergleichen die Messergebnisse. Sie erhalten auf diese Weise Einsichten zu Umfang und Flächeninhalt sowie zum Rauminhalt. Die Schülerinnen und Schüler bauen Kompetenzen zum Messen und zu den Standardeinheiten verschiedener Größenbereiche (z. B. Längen, Geldwerte, Zeitspannen) auf und erwerben so stabile Größenvorstellungen. Diese ermöglichen es, realistische Schätzungen vorzunehmen und Sachsituationen aus der Lebens- und Erfahrungswelt mathematisch zu lösen und auf Plausibilität zu überprüfen.

Schülerinnen und Schülern erwerben die Fähigkeit, visuelle und taktile Hilfsmittel im Bereich Größen und Messen einzusetzen, um Sachgrößen zu bestimmen und um Ungenauigkeiten beim Messen und Zeichnen auch mit Unterstützung durch die Lehrkraft zu verringern.

Blinde Schülerinnen und Schüler handhaben im Lauf ihrer Schulzeit verschiedene Blindenhilfsmittel in den Bereichen Wiegen, Messen, Geld erkennen und Uhrzeiten ablesen selbständig. Sie nutzen diese Fähigkeiten auch für die Lebensbewältigung im Alltag.

Daten und Zufall
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Die Schülerinnen und Schüler erheben in diesem Gegenstandsbereich Daten nach eigenen Fragestellungen oder bewerten Informationen aus leicht zugänglichen Quellen, wie Bildern, Diagrammen oder Fahrplänen. Sie werten die erhobenen Daten anhand statistischer Kenngrößen aus. Bei einfachen Zufallsexperimenten werden Wahrscheinlichkeiten berechnet und mithilfe von zeichnerischen Darstellungen veranschaulicht. Einfache kombinatorische Aufgaben werden durch probierendes Handeln und zunehmend systematisches Vorgehen bearbeitet. Die Bedeutung von Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung für die Beschreibung und Beurteilung relevanter Lebenszusammenhänge kommt hier zum Ausdruck.

Schülerinnen und Schüler erwerben im Lauf ihrer Schulzeit die Kompetenz, Art und Umfang der erhobenen Daten durch Phasen der Erprobung zu beurteilen und in Abhängigkeit von ihren individuellen visuellen und taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten kriteriengeleitet auszuwählen.

Funktionaler Zusammenhang
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Im Gegenstandsbereich funktionaler Zusammenhang nutzen die Schülerinnen und Schüler Funktionen als Mittel zur Beschreibung quantitativer Zusammenhänge in praxisnahen Aufgaben. Sie erkennen in alltäglichen Vorgängen oder Situationen mathematische Gesetzmäßigkeiten, die sich oft durch lineare Funktionen beschreiben lassen. Zuordnungen und Gleichungen sind wesentliche Bestandteile dieses Bereichs.

Motorik und Wahrnehmung
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Motorische Fähigkeiten und Wahrnehmungsprozesse sind Grundvorrausetzungen für die Bildung von kognitiven Strukturen.

Die genaue und sichere Wahrnehmung des eigenen Körpers und dessen Verhältnis zum Raum sowie die Kenntnis der Raum-Lage-Beziehung von Dingen zueinander erwerben die Schülerinnen und Schülern als Voraussetzung für eine differenzierte Raumerfahrung. Zur Verbesserung der räumlichen Orientierung, und der Intensivierung der Kenntnisse über räumliche Beziehungen bietet sich eine Zusammenarbeit mit den Rehabilitationstrainern für Orientierung und Mobilität an. Beim Erstellen und Arbeiten mit einfachen Abbildungen bzw. beim Vergrößern und Verkleinern im Hinblick auf die Grundlegung der Arbeit mit einem Maßstab oder symmetrischen Abbildungen werden die individuellen Seheinschränkungen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt und ggf. andere Inhalte dieses Gegenstandbereichs in den Vordergrund gerückt.

Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sehen machen in ihrer Umwelt und im Unterricht vielfältige Erfahrungen mit Ziffern, Zahlen und mathematischen Zusammenhängen. Sie sensibilisieren ihre individuellen Wahrnehmungsmöglichkeiten, um mathematische Probleme zu erkennen, zu benennen und zu lösen. Dabei wenden sie ihre Erfahrungen in Bezug auf Raum und Form, Körperschemata und Lagebeziehungen handelnd an. Sie verarbeiten unterschiedliche visuelle, taktile und akustische Eindrücke, um sich Zugang zu Lösungsstrategien zu verschaffen. Wahrnehmungserlebnisse werden im Unterricht besprochen, verglichen und für die Begriffsbildung nutzbar gemacht. Ferner trainieren die Schülerinnen und Schüler den fachgerechten Umgang mit mathematischen Arbeitsmitteln, wie sehgeschädigtenspezifischen Linealen, Geodreiecken und Zirkeln.

Denken und Lernstrategien
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Zu entscheidenden Elementen des Denkens zählen Aufmerksamkeit, Symbolverständnis, Begriffsbildung, Kategoriebildung und die Fähigkeit zu strukturieren. Mit der Entwicklung des Denkens ist die Ausbildung von Lernstrategien eng verbunden, um Lernpotenziale zu nutzen und erfolgreich lernen zu können.

Das individuelle, durch die jeweilige Seheinschränkung geprägte Vor- und Weltwissen der Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt Sehen dient als Ausgangspunkt für die Entnahme von Informationen aus taktilen und visuell eindeutig wahrnehmbaren Darstellungen und Sachtexten. Dieses Wissen wird im Unterricht gemeinsam überprüft, mit Handlungen verknüpft und ggf. erweitert und angepasst, sodass die Erfahrungswelt und das Alltagswissen der Schülerinnen und Schüler aufgebaut werden. Diese Prozesse nehmen zusätzliche Zeit in Anspruch und verlaufen individuell und bei Bedarf mit Hilfestellungen.

Zum Aufbau von Vorstellung von Zahlaspekten, Mengen, des Zehnerübergangs und der Stellenwerte im Dezimalsystem sowie zur Lösung von Sachaufgaben wenden sie je nach individueller visueller und taktiler Wahrnehmungsfähigkeit zahlreiche unterschiedliche Materialien sowie visuelle und taktile Hilfsmittel an. Schülerinnen und Schüler lernen die unterschiedliche visuelle oder taktile Gestalt der Zahlen und Symbole zu identifizieren, zu diskriminieren und zu generalisieren und beachten in Punktschrift die Raumlage der Zeichen. Sie gehen mit den erhöhten Anforderungen an Konzentration, Orientierungs- und Merkfähigkeit sowie an sensomotorische und kognitive Leistungen beim Erfassen und Bearbeiten mathematischer Aufgaben verantwortungsvoll um, indem sie Arbeitsphasen rhythmisieren und Erholungspausen aktiv einplanen.

Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sehen erweitern anhand gezielter Angebote ihre mathematische Methodenkompetenz. Sie erwerben zusätzliche Kompetenzen, die sie befähigen, bei Bedarf Hilfe zu erbitten und ihre individuellen optischen, taktilen oder elektronischen Hilfsmittel fachgerecht und zielgerichtet einzusetzen. Der Zugang zu mathematischen Fragestellungen über alle verfügbaren Sinne trägt zur Begriffsbildung bei. So erwerben die Schülerinnen und Schüler realistische Vorstellungen von Größen, Formen, Figuren und Körpern. In Abhängigkeit von der Gebrauchsschrift (Schwarzschrift oder Braillsche Punktschrift, hier in der Regel Marburger Mathematikschrift) erwerben sie vielfältige Lern- und Arbeitsstrategien.

Kommunikation und Sprache
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Sprache als zentrales Medium schulischen Lernens durchzieht auch das Fach Mathematik. Sprachfördernder Unterricht regt zu aktivem Sprachgebrauch an und schafft kommunikationsförderliche Erziehungs- und Unterrichtssituationen. Sprache und Sprechen ist dabei sowohl handlungsbegleitend als auch handlungsleitend zu verstehen.

Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sehen ist Sprache von besonderer Bedeutung, da sie ihnen den Zugang zu vielen Lebensbereichen ermöglicht, die sonst überwiegend visuell zugänglich sind. Mathematische Problemstellungen werden versprachlicht und können so erfasst und gelöst werden. Die Schülerinnen und Schüler tauschen sich in Rechenkonferenzen aus und finden im Gespräch Lösungen. Sie klassifizieren und kategorisieren die erworbenen mathematischen Begriffe. Sie erwerben Strategien, ihre individuellen Schwierigkeiten zu beschreiben und gezielt unter Verwendung von Fachbegriffen Unterstützung einzufordern. Beim gemeinsamen Bearbeiten und Lösen von Mathematikaufgaben stehen die Inhalte für alle Schülerinnen und Schüler in adaptierter Form zur Verfügung. Im Verlauf der Kommunikation wird gewährleistet, dass den Schülerinnen und Schülern alle Lösungsvorschläge zugänglich sind. Dieser barrierefreie Zugang zu Inhalten und Abläufen wird durch technische Ausstattung unterstützt. Formen von Verbalisierung, wie z. B. wiederkehrende Versprachlichung von Handlungs- und Denkmustern, sind eine Alternative zur gemeinschaftlichen schriftlichen Fixierung.

Emotionen und soziales Handeln
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Die intensive Förderung der emotionalen und sozialen Entwicklung entsprechend dem individuellen Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler schafft Grundvoraussetzungen für schulisches Lernen und trägt dadurch zur erfolgreichen gesellschaftlichen Integration bei.

Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sehen unterstützen sich in Abhängigkeit von ihren individuellen visuellen, auditiven und taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten im Mathematikunterricht gegenseitig und trainieren in Partner- und Gruppenarbeit unterschiedliche Formen sozialen Handelns. Sie erleben Wertschätzung ihrer Arbeit durch Mitschülerinnen und Mitschüler und Lehrkräfte und entwickeln so ein positives Selbstkonzept, das sie konstruktiv mit ihrer jeweiligen Einschränkung umgehen lässt. Bei der Lösung mathematischer Fragestellungen erkennen sie den Nutzen ihrer individuellen Hilfsmittel und lernen diese zu akzeptieren.

3 Aufbau des Fachlehrplans im Fach Mathematik
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Die entwicklungsbezogenen Kompetenzen in den Bereichen Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache und Emotionen und soziales Handeln bilden die Grundlage für den individuellen Kompetenzerwerb im Fach Mathematik.

Der Fachlehrplan Mathematik ist in mehrere Lernbereiche unterteilt, die nach der jeweiligen inhaltlichen Schwerpunktsetzung benannt sind. Gleichzeitig lassen sich diese Lernbereiche eindeutig den Gegenstandsbereichen des Kompetenzstrukturmodells für das Fach Mathematik zuordnen, die sich auf die sog. Leitideen der Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz gründen. Jeder Lernbereich gliedert sich in weitere Teilbereiche, in denen die Kompetenzerwartungen formuliert sind. Die Inhalte, anhand derer die Schülerinnen und Schüler ihre Kompetenzen erwerben, sind integriert ausgewiesen und direkt in die Kompetenzerwartungen eingefügt. So wird eine stärkere Orientierung an den Kompetenzerwartungen sowie die Verknüpfung von prozessbezogenen und inhaltsbezogenen Kompetenzen unterstützt.

Der Fachlehrplan Mathematik ist in der Grundschulstufe unterteilt in vier Lernbereiche:

  • Lernbereich 1: Zahlen und Operationen
  • Lernbereich 2: Raum und Form
  • Lernbereich 3: Größen und Messen
  • Lernbereich 4: Daten und Zufall

Der Gegenstandsbereich Muster und Struktur bildet keinen eigenen Lernbereich, sondern ist aufgrund seiner übergreifenden Bedeutung in allen Lernbereichen integriert.

Für die Mittelschulstufe ergibt sich folgende Zuordnung für alle Jahrgangsstufen:

  • Lernbereiche 1 und 2: Gegenstandsbereich Zahlen und Operationen
  • Lernbereiche 3 bis 5: zusammengefasste Gegenstandsbereiche Größen und Messen sowie Raum und Form aufgrund ihrer wechselseitigen Abhängigkeit
  • Lernbereich 6: Gegenstandsbereich Daten und Zufall
  • Lernbereiche 7 und ggf. 8: Gegenstandsbereich funktionaler Zusammenhang

Die Anforderungen in den Mittlere-Reife-Klassen unterscheiden sich von denen der Regelklassen durch umfangreichere und komplexere Aufgabenstellungen, durch ein höheres Arbeitstempo und mehr Selbständigkeit. Auch hier wird von der Lehrkraft der Lernbereich der entwicklungsbezogenen Kompetenzen berücksichtigt.

4 Zusammenarbeit mit anderen Fächern
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Im Mathematikunterricht ergeben sich zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Zusammenarbeit mit anderen Fächern. Das Fach Mathematik ist auf die Förderung der sprachlichen Kompetenz im Rahmen des Deutschunterrichts angewiesen, da sie als Grundlage dient, um die prozessbezogenen Kompetenzen des Kommunizierens und Argumentierens im Fach Mathematik erwerben und anwenden zu können.

Der Unterricht im Fach Mathematik gewährleistet einen erfolgreichen Kompetenzerwerb für alle Schülerinnen und Schüler, unabhängig von deren Muttersprache. Dies gelingt vor allem durch einen sprachsensiblen und die Fachsprache entwickelnden Unterricht. Die Entnahme und das Lesen von Daten aus verschiedenen Quellen bieten Möglichkeiten der Verknüpfung mit Deutsch, den sach- und berufsorientierenden Fächern. Vielfältige fachübergreifende Lernsituationen bieten den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten zu erfahren, dass Mathematik eng mit ihrer Lebenswirklichkeit und anderen Fächern verbunden ist.

5 Beitrag des Faches Mathematik zu den übergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen
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Das Fach Mathematik leistet Beiträge zu vielen der schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele. Folgende sind dabei besonders zu nennen:

5.1 Sprachliche Bildung
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Der Mathematikunterricht leistet einen Beitrag zur Sprachlichen Bildung, indem mathematische Satz- und Wortspeicher entwickelt sowie konsequent die prozessbezogenen Kompetenzen des Kommunizierens und Argumentierens aufgegriffen werden. Die Schülerinnen und Schüler erweitern in sach- und situationsbezogenen Problemstellungen ihre Sprachhandlungskompetenz.

5.2 Medienbildung/Digitale Bildung
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Medien spielen für die Schülerinnen und Schüler eine zentrale Rolle als Kommunikations-, Orientierungs- und Informationsquelle, aber auch als Werkzeuge im Bildungsprozess. Um gezielt Informationen und Daten zu beschaffen und übersichtlich darzustellen, um Arbeitsschritte zu planen, zu verbessern und zu überprüfen, erwerben und vertiefen die Schülerinnen und Schüler unter anderem Kompetenzen aus dem Bereich der Medienbildung und der Digitalen Bildung. Hierbei werden der reflektierende Blick auf Medieninhalte und die kritische Auswahl und Bewertung von Informationen gefördert. Sie nutzen digitale Systeme reflektiert und situationsangemessen zur Bearbeitung gestellter Aufgaben.

5.3 Kulturelle Bildung und Soziales Lernen
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Weiterhin bietet der Mathematikunterricht Gelegenheiten, Kompetenzen im Bereich der Kulturellen Bildung und des Sozialen Lernens aufzubauen. Entsprechende Aufgabenformate verbinden kreativ-künstlerische, soziale und kommunikative Handlungsprozesse mit kognitivem Lernen und Reflektieren. Mathematikunterricht erweitert eine Vielzahl sozialer und kultureller Kompetenzen, indem Kinder und Jugendliche in Partner- und Gruppensituationen lernen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, andere in ihrer Individualität zu akzeptieren und somit Formen wertschätzender und rücksichtsvoller Zusammenarbeit zu erfahren.

5.4 Berufliche Orientierung
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Der Mathematikunterricht bietet Gelegenheiten, im fächerübergreifenden Kontext die Komplexität und Vernetzung wichtiger Lebensfragen zu verdeutlichen und den Schülerinnen und Schülern anhand exemplarischer Beispiele (z. B. Aufgaben aus der Berufswelt) die Zusammenhänge aufzuzeigen. Durch Erkunden von Zusammenhängen, Entwickeln und Untersuchen von Strukturen, das Systematisieren und Verallgemeinern von Einzelfällen sowie das Begründen von Aussagen erweitern die Kinder und Jugendlichen ihren Wahrnehmungs- und Urteilshorizont, ihre Kritikfähigkeit sowie die Urteilskompetenz.

5.5 Ökonomische Verbraucherbildung
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Der Mathematikunterricht gibt den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten an die Hand, in ihrer Rolle als (zukünftige) Konsumentinnen und Konsumenten richtige Entscheidungen zu treffen.