Lehrplan PLUS

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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Bildungs- und Erziehungsauftrag für den Förderschwerpunkt Sehen

1 Kinder und Jugendliche mit dem Förderbedarf Sehen
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Erziehung, Unterricht und Förderung orientieren sich an den individuellen Unterstützungs- und Förderbedürfnissen der einzelnen Schülerin, des einzelnen Schülers und haben neben dem Erwerb der Kompetenzen der allgemeinen Schule die Ausbildung entwicklungsbezogener Kompetenzen in den Bereichen Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache und Emotionen und Soziales Handeln zum Ziel. Das Förderzentrum besuchen Kinder und Jugendliche deren Sehvermögen herabgesetzt oder nicht vorhanden ist. Sie stehen vor besonderen Herausforderungen hinsichtlich des Lebens und Lernens mit den dadurch veränderten Wahrnehmungsvoraussetzungen.

Visuelle Beeinträchtigungen entstehen auf Grund von verschiedenen Schädigungen:

  • Schädigung des Auges in seiner Funktion als Organ für die Aufnahme von Sehreizen
  • Schädigung der Nerven und Sehbahnen, die aufgenommene Reize weiterleiten
  • Schädigung der Bereiche im Gehirn, die für die Verarbeitung von Sehreizen zuständig sind

Eine Sehbehinderung liegt dann vor, wenn das Sehvermögen (= Visus) mit bestmöglicher Korrektur auf mindestens 0,3 auf dem besseren Auge herabgesetzt ist. Es wird unterteilt in:

  • Sehbehinderung: Visus ≤ 0,3
  • hochgradige Sehbehinderung: Visus <= 0,05
  • gesetzliche Blindheit: Visus ≤ 0,02
  • Einengung des Gesichtsfeldes auf <= 5 Grad

Eine visuelle Wahrnehmungsstörung (cerebral visual impairment bzw. cerebral bedingte Sehbeeinträchtigung) ohne und mit okulärer Schädigung kann gleichfalls starke Auswirkungen auf das Sehvermögen haben, z. B. Gesichtsfeldeinschränkungen, Visusminderung, Trennschwierigkeiten, Raumlage- und Orientierungsstörungen, Farbsinnstörung und Herabsetzung des Kontrastsehvermögens.

Die Beeinträchtigungen, die sich evtl. aus einer Sehschädigung ergeben, sind im Einzelfall durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt. Der Zeitpunkt des Eintritts der Sehschädigung, die Dauer ihres Bestehens, die verbliebene Sehfähigkeit, das Selbstkonzept des Kindes oder Jugendlichen sowie seine individuellen Lern- und Leistungsvoraussetzungen sind wichtige Faktoren. Auch bereits durchgeführte Fördermaßnahmen sowie die Versorgung mit technischen und elektronischen Hilfsmitteln sowie die Einstellung und das Verhalten von Bezugspersonen, familiäre Lebensbedingungen sowie soziale und kulturelle Einflüsse haben Auswirkungen auf den Umgang mit der Sehschädigung. Ausschlaggebend ist, wie die Schülerinnen  und Schüler ihr vorhandenes Sehvermögen einsetzen und in ihrem Alltag nutzen. So sind der Einsatz und das Wissen um das vorhandene funktionale Sehen von großer Bedeutung.

Auswirkungen von Sehschädigungen auf den Bereich der Wahrnehmung

Art und Grad der individuellen Seheinschränkung haben verschiedene Auswirkungen auf die visuelle Wahrnehmung, so dass Schülerinnen und Schüler bisweilen in einem begrenzten Sehraum mit für sie selbst unter Umständen schwer deutbaren Seheindrücken leben. Schülerinnen und Schüler erwerben Strategien und Kompetenzen, um ihr funktionales Sehen individuell zu erweitern, mit der Wirklichkeit abzugleichen und die eigenen visuellen Fähigkeiten realistisch einzuschätzen.

Ein Ausfall visueller Funktionen bedingt die Möglichkeiten der taktilen Wahrnehmung. Taktile Wahrnehmung erfordert ein sukzessives Erfassen und damit ein hohes Maß an Zeit, Konzentration sowie bewusste Willensanstrengung zur aktiven Zuwendung und handelnden Auseinandersetzung. Verbunden ist damit häufig zunächst die Erfahrung und später das Bewusstsein, dass empfindliche, zu große oder zu kleine, zerbrechliche, zu schnell verformbare, taktil unangenehme oder gefährliche Gegenstände, aber auch sich rasch bewegende Objekte nicht oder nur eingeschränkt wahrgenommen werden können. Schülerinnen und Schüler erwerben bei Bedarf kompensatorische Strategien, die ihnen auch als Ersatz für das intuitive Lernen durch optische Nachahmung dienen.

Auswirkungen von Sehschädigungen auf den Entwicklungsbereich Motorik

Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sehen sind in ihrer motorischen Entwicklung mit Herausforderungen konfrontiert, die in verringerten Bewegungserfahrungen und damit einhergehend Bewegungsunsicherheit und -gehemmtheit sowie Ängstlichkeit in Bezug auf die Orientierung bestehen können. Ein Mangel an visuell-räumlichen Erfahrungen hat Einfluss auf das Bewegungsverhalten, die Grob- und Feinmotorik, die Körperwahrnehmung, die Körperhaltung und die Bewegungskoordination. Schülerinnen und Schüler erwerben mit Anleitung und Unterstützung durch die Lehrkraft und mithilfe zahlreicher Erfahrungen Sicherheit in vielfältigen motorischen Handlungsfeldern.

Auswirkungen von Sehschädigungen auf den Bereich emotionale und soziale Entwicklung

Einschränkungen des Sehens haben oft Einfluss auf die soziale Interaktion. Missverständnisse bei der Anbahnung und Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten ergeben sich durch Schwierigkeiten bei der Interpretation von Mimik und Gestik, bei der Aufnahme und Aufrechterhaltung des Blickkontakts zum Gesprächspartner sowie beim Einsatz von Körpersprache, Mimik und Gestik. Schülerinnen und Schüler zeigen sich sensibel für diese Herausforderungen und erwerben im schulischen Kontext Kompetenzen, sich körperlich bewusst auszudrücken sowie die Körpersprache anderer Personen soweit wie möglich zu deuten und so Kommunikation und Interaktion erfolgreich zu gestalten. Schwierige Erfahrungen und Missverständnisse im sozialen Bereich führen bei Schülerinnen und Schülern oft zu Unsicherheit und haben Einfluss auf das Selbstwertgefühl und den Umgang mit individuellen Einschränkungen. Darüber hinaus äußern sich Fehleinschätzungen des eigenen Sehvermögens und der Leistungsfähigkeit in Gefühlen von Unter- oder Überforderung. Im wertschätzenden positiven Umgang miteinander, mit der individuellen Sehschädigung und durch die Erfahrung der Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit werden die Schülerinnen und Schüler in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützt. Sie bauen Kompetenzen und Fähigkeiten auf, um ihre eigenen Fähigkeiten und Grenzen realistisch zu beurteilen, Schwierigkeiten im sozial-emotionalen Entwicklungsbereich zu begegnen und diese erfolgreich abzubauen.

Das Förderzentrum für den Förderschwerpunkt Sehen versteht sich als Lernort, der die im Folgenden erläuterten Bildungs- und Erziehungsziele anstrebt.

Förderung der Wahrnehmung

Wahrnehmungsförderung setzt am individuellen funktionalen Sehvermögen der Schülerinnen und Schüler an. Die Förderung der visuellen Wahrnehmungsfähigkeit zielt auf eine Verbesserung der visuellen Aufmerksamkeit und Konzentration, des visuellen Gedächtnisses, der raschen und präzisen Erfassung und Erkennung von Objekten, Formen, Gesichtern, Farben und Situationen, der Raumwahrnehmung, der Auge-Hand-Koordination, der Einschätzung von Entfernungen, Linien, Bewegungen und Größen sowie der Wahrnehmung der sprachbegleitenden Kommunikation, wie Körpersprache, Mimik und Gestik. Dabei beziehen Schülerinnen und Schüler auch die Wahrnehmungsfähigkeiten anderer Sinnesbereiche mit ein. Sie erkennen und nutzen die Vorteile strukturierter Sehumwelten, die durch Beleuchtung, Kontrast, Angebot von Sehhilfen, sowie individuell unterstützende Hilfen zur eigenaktiven Nutzung des individuellen Sehvermögens geschaffen werden.

Blinde Schülerinnen und Schüler nehmen gezielt taktilen Kontakt zu Objekten ihrer Umwelt auf, um haptische Eindrücke zu gewinnen oder diese zu vertiefen. Sie nutzen unterschiedliche haptische Merkmale zur Unterscheidung und Erkennung von Gegenständen.

Erkundungshandlungen von blinden Kindern und Jugendlichen werden in Anpassung an Alter und Entwicklungsstand initiiert und so angeleitet, dass positive Erfahrungen im Vordergrund stehen, um z. B. Tastscheue zu vermeiden.

Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Sehen sind sich bewusst, dass die auditive Wahrnehmung einen kompensierenden Zugang zur Umwelt, zum Beispiel zur Identifikation von Schallereignissen oder zur räumlichen Orientierung, bietet und setzen diese gezielt ein.

Förderung motorischer Fähigkeiten und des ästhetischen Empfindens

Bewegung ist die Grundlage dafür, sich in der Welt zu erfahren und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Bewegungserfahrungen vermitteln dem Menschen vielfältige Informationen über Räume und Dimensionen, über Gegenstände und deren Qualitäten, sowie über sich selbst. Vielfältige Bewegungs-, Wahrnehmungs- und Handlungserfahrungen unterstützen die Ausbildung des Selbst- und Umweltverständnisses sowie die Begriffsbildung blinder und sehbehinderter Schülerinnen und Schüler. Rhythmik, Bewegungserziehung, Rollenspiel, Musik, Tanz und Theater bieten Schülerinnen und Schülern im Förderschwerpunkt Sehen Freiräume für ihre Persönlichkeitsentwicklung. Sie erwerben Kompetenzen im Bereich der Bewegungssteuerung, Körperwahrnehmung und Körperhaltung sowie in Bezug auf selbstbewusstes Auftreten. Sie erleben emotionales Wohlbefinden durch bildnerisches Gestalten oder durch Musik und erfahren dies auch als Entlastung bei lang andauernder Seh- oder Tastanforderungen.

Schrift- und Mediennutzung

Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf  Sehen erlernen je nach individueller Seheinschränkung die Punkt- oder die Schwarzschrift als Gebrauchsschrift. Sie wenden dafür in der Regel ein hohes Maß an Zeit auf und nutzen besondere, individuell ausgewählte Verfahrensweisen, Hilfsmittel und Materialien. Je nach individuellem Sehvermögen erwerben einzelne Schülerinnen und Schüler auch beide Schriftsysteme. Schriftsprache wird in allen Bereichen als Kommunikations- und Informationsträger erfahren und bleibt nicht auf schriftliche Druckerzeugnisse begrenzt. Im Umgang mit neuen digitalen Medien werden grundlegende Kompetenzen sowie Kriterien für die Auswahl der Hard- und Software nach blindenspezifischen und sehbehindertengerechten Kriterien vermittelt. Durch den Erwerb von Kompetenzen im Bereich der förderschwerpunktspezifischen Mediennutzung erschließen sich Schülerinnen und Schüler zunehmend eigenständig die Welt. Eine Medienbildung, die die visuellen Einschränkungen der Schülerinnen und Schüler bei der entwicklungsgemäßen Nutzung digitaler und interaktiver Medien sowie deren Chancen als Hilfsmittel berücksichtigt, ist Grundlage für aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und besonders der Berufswelt. Informationstechnische Grundbildung und Medienerziehung ist die Basis für den Umgang mit unterschiedlichen digitalen Medien.

Soziale Handlungsfähigkeit

Das Verständnis von der Welt ist bei Kindern und Jugendlichen mit dem Förderbedarf Sehen meist von individuellen Seh- und Tasterfahrungen geprägt. In der Kommunikation mit der Umwelt erfahren sie häufig, dass ihre Art wahrzunehmen und ihr Erfassen von Zusammenhängen der Ergänzung bedürfen. Schülerinnen und Schüler werden darin unterstützt, Vertrauen in Wahrnehmungs- und Handlungsstrategien aufzubauen und Unsicherheiten und Ängste zu überwinden. Neben dem Aufbau eines realistischen Selbstkonzepts und der Stärkung des Selbstwertgefühls schulen die Schülerinnen und Schüler gezielt und mit wertschätzender Unterstützung ihre sozialen Handlungs- und Interaktionsfähigkeiten. Sie nehmen Normen und Klischees in der Gesellschaft auch in Bezug auf ihre eigene Lebens- und Berufssituation bewusst wahr, reflektieren sie und handeln verantwortlich für sich und andere.

Orientierungs- und Mobilitätstraining

Mobilitätsschulung ist für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Sehen ein Baustein ganzheitlicher Förderung. Sie lernen, sich in Abhängigkeit von ihren individuellen visuellen Wahrnehmungsfähigkeiten selbständig zu bewegen sowie sich in bekannten und unbekannten Räumen zu orientieren. Die vorhandenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler im Bereich der Orientierungsfähigkeit werden gestärkt sowie kompensatorische Strategien vermittelt. Schülerinnen und Schüler wenden erworbene Fähigkeiten im Alltag an und bauen sie so kontinuierlich mit dem Ziel der möglichst großen Selbstbestimmung weiter aus. Die Trainer aus dem Rehabilitationsbereich Orientierung und Mobilität stimmen weitgehend alle Bildungsinhalte mit Bezugspersonen aus Schule, Elternhaus, heilpädagogischem Internat und heilpädagogischer Tagesstätte ab.

Training „Lebenspraktische Fertigkeiten“

Schülerinnen und Schüler erwerben Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, den Alltag weitgehend sicher und selbständig zu bewältigen und soziale Abhängigkeit zu verringern oder zu vermeiden. Die aktuelle Lern- und Lebenssituation, sowie die Einschätzung der Fähigkeiten und Stärken aber auch der Grenzen, die sich aus der individuellen Seheinschränkung der Schülerinnen und Schüler ergeben, bilden die Grundlagen für die Auswahl von Inhalten und Techniken zur Bewältigung von Alltagsaufgaben. Schülerinnen und Schüler erweitern und verfeinern ihre grob- und feinmotorische Fähigkeiten sowie ihr Vorstellungsvermögen und ihre Begriffsbildung. Sie schulen ihre Orientierungsfähigkeit, nutzen die Wahrnehmungseindrücke anderer Sinne und wenden spezifische oder adaptierte Hilfsmittel sicher an. Einfache, altersentsprechende Fertigkeiten aus verschiedenen Bereichen bilden die Grundlage für den Erwerb von Alltagskompetenzen.


2 Werteorientierung in einer demokratischen Gesellschaft
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Das pädagogische Handeln im Bildungs- und Erziehungsprozess von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderbedarf Sehen orientiert sich an den in Artikel 131 der Verfassung des Freistaates Bayern genannten Bildungszielen sowie an den Grundsätzen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Bayern. Eine weitere Grundlage bildet das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen.

Auf der Grundlage dieser Bildungsziele, Grundsätze und Werte beobachten und überdenken die Schülerinnen und Schüler ihr Handeln und ihre Begegnungen mit Mitschülerinnen und Mitschülern in alters- und entwicklungsangemessener Weise. Sie erfahren in ihrem schulischen Alltag die Bedeutung und Notwendigkeit eines demokratischen, achtsamen, toleranten und respektvollen Umgangs. Im gemeinsamen Schulleben und durch die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und Lebensweisen erweitern sie ihren Erfahrungshorizont, ihre Bewertungsmaßstäbe sowie ihre Handlungsmöglichkeiten. Das Förderzentrum unterstützt die Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg, Verantwortung gegenüber sich selbst und anderen zu übernehmen, um als mündige Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und dieses mitzugestalten. Kinder und Jugendliche haben das Recht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten an Entscheidungen mitzuwirken, die sie selbst sowie die Klassen- und Schulgemeinschaft betreffen.


3 Bildung und Erziehung von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderbedarf Sehen
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Die Persönlichkeiten von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderbedarf Sehen sind gekennzeichnet durch unterschiedliche Stärken, Interessen, Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen, verschiedene kulturelle und sozioökonomische Hintergründe sowie unterschiedlich verlaufende Biografien. Ihre individuellen Förderbedürfnisse erstrecken sich vor allem auf die Bereiche Sehen, Wahrnehmung und Motorik sowie emotionale und soziale Entwicklung.

Alle Schulen, in denen Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Sehen unterrichtet werden, haben den Auftrag, ein Lernumfeld zu gestalten, in dem Kinder und Jugendliche ihre Gesamtpersönlichkeit entwickeln können mit dem Ziel größtmöglicher Selbständigkeit in der Gesellschaft. Die Lern- und Lebensumgebung von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderbedarf Sehen wird so gestaltet, dass sie ganzheitlich und individuell die fachlichen, methodischen, personalen und sozialen Kompetenzen fordert und fördert und dabei an den biografischen, kulturellen, weltanschaulichen und religiösen Erfahrungen anknüpft. Eine wertschätzende und annehmende pädagogische Beziehung begleitet die Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg zu einer positiven Lebenssicht und bei der Entwicklung personaler Identität. Eine der zentralen Herausforderungen eines gelingenden Bildungsprozess stellt das Finden der Balance zwischen notwendiger Unterstützung und weitestgehender Selbständigkeit dar.

Das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen ist neben der allgemeinen Schule ein alternativer schulischer Lernort oder kann temporärer Förderort sein. Im Anschluss an den Besuch des Kindergartens, der Kindertageseinrichtung oder der schulvorbereitenden Einrichtung wird der Bildungs-, Erziehungs- und Förderauftrag am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen oder in der allgemeinen Schule verwirklicht.

Den Anspruch des bayerischen Bildungssystems nach einer hohen Durchlässigkeit erfüllt das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen in zweifacher Weise: zum einen durch eine hohe Flexibilität der Bildungsgänge innerhalb des Förderzentrums, die entweder zum Mittleren Schulabschluss, zum qualifizierenden oder erfolgreichen Abschluss der Mittelschule, zum erfolgreichen Abschluss im Bildungsgang des Förderschwerpunkts Lernen oder zum individuellen Abschluss führen; zum anderen durch die Möglichkeit eines Wechsels aus dem Förderzentrum in eine allgemeinbildende Schule. Dieser Wechsel wird durch eine gute Anschlussfähigkeit der Lehrpläne „LehrplanPLUS“ unterstützt. Beim Übergang von einer Schulart in eine andere spielt das partnerschaftliche Zusammenwirken aller am Unterricht, an der Förderung und der Erziehung beteiligten Personen mit den Eltern, Erziehungs- und Sorgeberechtigten, Familien sowie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anderer Bildungseinrichtungen eine besondere Rolle.


3.1 Profilbildende Elemente des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Sehen
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Das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen ist die Schule mit sonderpädagogischer Professionalität und Fachlichkeit, die in besonderer Weise auf die Lern-, Erziehungs- und Entwicklungsbedürfnissen der Kinder und Jugendlichen mit diesem Förderbedarf ausgerichtet ist. Mit hoher Diagnosekompetenz, qualifizierten methodisch-didaktischen, pädagogischen und individuellen Förderangeboten sowie durch die Gestaltung der Übergänge in die allgemeine Schule oder in die berufliche Vorbereitung unterstützt es die Schülerinnen und Schüler in ihrer individuellen Entwicklung. Kinder und Jugendliche mit dem Förderbedarf Sehen besuchen das Förderzentrum, nachdem sich ihre Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigten bewusst dafür entschieden haben.

Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Sehen bauen regional unterschiedliche Modelle der Kooperation mit anderen Förderzentren, Grund-, Mittel- und Realschulen sowie Gymnasien auf. Darüber hinaus bilden sie Netzwerke mit inner- und außerschulischen Partnern, um individuelle Bildungs- und Lebenswege der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen. Förderzentren mit dem Schulprofil Inklusion zeichnen sich in besonderer Weise durch weit gefächerte inklusive Netzwerke aus.

Eine positive Freizeit- und Lebensgestaltung und die Entwicklung persönlicher Lebensperspektiven und beruflicher Orientierung sind zentrale Aspekte von Bildung und Erziehung am Förderzentrum, insbesondere vor dem Hintergrund der besonderen Bedürfnisse und eigenen Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler. Bei der Planung und Gestaltung von Lern- und Entwicklungsprozessen legen die Lehrkräfte Wert darauf, dass alle Schülerinnen und Schüler Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben, die sie zur unmittelbaren Bewältigung von Anforderungen des modernen Alltags befähigen. Vielfältige und lebensnahe Lernsituationen in der Schule und im Unterricht sowie reale Gegebenheiten bieten Gelegenheiten zum Aufbau und zur Anwendung von Fach- und Methodenkompetenzen und zur Erweiterung der persönlichen und sozialen Erfahrungen. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln und vertiefen am Förderzentrum Kompetenzen und erleben die Schule als Lern- und Lebensraum. Die an Unterricht, Förderung und Erziehung beteiligten Personen des Förderzentrums wirken partnerschaftlich mit Eltern, Familien, Erziehungs- und Sorgeberechtigten sowie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anderer Bildungseinrichtungen und außerschulischen Akteuren zusammen, um jede Schülerin bzw. jeden Schüler auf ihrem bzw. seinem Bildungsweg zu begleiten und in der Entwicklung zu einer selbständigen sowie verantwortungs- und wertebewusst handelnden Persönlichkeit zu stärken und zu unterstützen.


Interdisziplinarität und Kooperation
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Schule und Eltern sowie Personen, die Bildungs- und Erziehungsaufgaben übernehmen, tragen eine gemeinsame Verantwortung für erfolgreiche Bildungsprozesse und die berufliche Orientierung der Schülerinnen und Schüler. Das Förderzentrum gestaltet diese Beziehung im Sinne einer engen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Die familiäre Umgebung ist der prägende Bildungsort für Kinder und Jugendliche, deshalb sind die Eltern der wichtigste Gesprächspartner für die Lehrkräfte. Eine vertrauensvolle Kooperation von Elternhaus und Schule unterstützt die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler und bereichert Unterricht und Schulleben. Die Schule zeigt eine wertschätzende Haltung gegenüber den Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigten und erkennt die Vielfalt von Familien und ihrer Lebensentwürfe an. In regelmäßigen Gesprächen werden Informationen über die individuelle Entwicklung des Lern- und Sozialverhaltens und über entsprechende Fördermaßnahmen ausgetauscht. Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigte werden aktiv in schulische Entwicklungsprozesse eingebunden und beteiligen sich an der Gestaltung des Schullebens.

Am Förderzentrum Sehen kommt der Zusammenarbeit mit den Fachdiensten aus den Bereichen Orthoptik, Orientierung und Mobilität, Lebenspraktische Fertigkeiten, Low Vision und Psychologie sowie die Zusammenarbeit mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Medienzentren eine große Bedeutung zu. Zudem besteht eine enge pädagogische Zusammenarbeit mit der heilpädagogischen Tagesstätte und dem heilpädagogischen Internat. Neben der Interdisziplinarität verschiedener Professionen innerhalb des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Sehen besteht eine enge Kooperation mit außerschulischen Partnern wie Fachdiensten, Beratungsstellen, Fachärzten und Therapeuten, Jugendhilfe, Agentur für Arbeit, Unternehmen, Innungen, Kammern, Vereinen, Kirchen und Stiftungen. Dies erweitert das schulische Erziehungs- und Bildungsangebot und unterstützt die berufliche Orientierung der Jugendlichen. In Kooperation mit außerschulischen Partnern bezieht das Förderzentrum externe Experten auch in den Unterricht ein oder nutzt außerschulische Lernorte und Lernangebote. Besonders im Bereich der beruflichen Orientierung ist eine regionale und überregionale Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, der Agentur für Arbeit und dem Integrationsfachdienst notwendig ebenso wie die Kooperation mit Berufsschulen und beruflichen Förderschulen.


Förderdiagnostik und Förderplanung
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Erziehung, Unterricht und Förderung am Förderzentrum Sehen orientieren sich stets an den individuellen visuellen Wahrnehmungsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler sowie an ihren psychomotorischen, kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklungsständen. Ausgehend von augenärztlichen und orthoptischen Befunden, von der Diagnostik des funktionalen Sehens sowie Beobachtungen der visuellen und taktilen Strategien, Kompetenzen und Unterstützungsbedürfnissen erfolgen die Planung und Umsetzung von individuellen Fördermaßnahmen im Bereich der visuellen und taktilen Wahrnehmung. Fortschritte und unterstützende Maßnahmen, wie z. B. die Verwendung individueller Hilfsmittel, werden im Förderplan dokumentiert. Bei der Überprüfung der Lernausgangslage der Schülerinnen und Schüler, z. B. zum Beginn eines neuen Schuljahrs, werden auch bei der Auswahl der Testverfahren die individuellen visuellen und taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt.

Für eine stärkenorientierte Förderung ist eine fortlaufende Erhebung der Lern- und Entwicklungsprozesse, deren Dokumentation und Besprechung mit den Lernenden notwendig. Die lernprozessbegleitende Diagnostik orientiert sich an den Kompetenzerwartungen und Inhalten der Fachlehrpläne und somit an den Bildungsstandards und an den entwicklungsbezogenen Kompetenzen. Die Wertschätzung des individuellen Lernfortschritts ist ein wesentlicher Aspekt im Prozess der Lernstandserhebung.


Profilbildende Fächer am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen
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Am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen erwerben die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen, die die Alltagsbewältigung unter dem Aspekt des Lebens mit einer visuellen Seheinschränkung erfolgreich gelingen lassen. Dafür erhalten sie Unterricht und Förderung in Fächern, die bezüglich der Kompetenzerwartungen und Inhalte an die visuellen und taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler angepasst sind, sowie in Fächern, die eigens für die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler konzipiert wurden. Profilbildende Fächer am Förderzentrum Sehen sind die Fächer Blindheit und Lebenspraxis, Blindenkurzschrift, Ästhetische Bildung, Informations- und Kommunikationstechnische Bildung sowie der Fächerverbund Werken und Gestalten/Kunst.


Schulgelände und Schulhaus
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Die Schülerinnen und Schüler lernen, unterschiedliche Bodenstrukturen, akustische oder taktil markante Punkte, Leitlinien, Handläufe, taktile oder visuell eindeutige Markierungen wahrzunehmen und sich daran zu orientieren sowie eine helle und blendfreie Ausleuchtung zu nutzen. Hierzu werden die jeweils anerkannten Regeln der Baukunst und Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden insbesondere für Blindenleitsysteme (nach DIN 18040-1) als Ausbildungsgegenstand herangezogen.

Ihren individuellen Arbeitsplatz strukturieren die Schülerinnen und Schüler entsprechend den angemessenen räumlichen Gegebenheiten.


Schulvorbereitung
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An das Förderzentrum kann eine schulvorbereitende Einrichtung (SVE) angegliedert sein. Pädagogische, heil- und sonderpädagogische Fachkräfte fördern entwicklungsgemäß die motorischen, kognitiven, sprachlichen, emotionalen und sozialen Voraussetzungen sowie die ganzheitliche Wahrnehmung und im Besonderen die visuellen und taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten für erfolgreiches schulisches Lernen der Kinder bis zur Einschulung. Im Anschluss an die SVE besucht das Kind eine Grundschule oder ein Förderzentrum.


Schulstufen
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Die Grundschulstufe des Förderzentrums Sehen umfasst die Jahrgangsstufen 1 bis 4. Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten in Eingangsklassen die Kompetenzen der Jahrgangsstufe 1 und 2 in drei Jahren (1, 1A, 2). Sowohl in der Grund- als auch in der Mittelschulstufe kann jahrgangsgemischt unterrichtet werden. Ebenso ist eine Unterrichtung nach verschiedenen Lehrplänen innerhalb eines Klassenverbandes möglich. Die Mittelschulstufe baut auf die Grundschulstufe auf und führt in den Klassen der Jahrgangsstufen 5 bis 9 bzw. 5 bis 10 zum erfolgreichen oder qualifizierenden Abschluss der Mittelschule, zum Mittleren Schulabschluss, zum Abschluss des Bildungsgangs Lernen oder zum individuellen Abschluss.


Qualitätsentwicklung
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Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Sehen überprüfen regelmäßig die Qualität ihrer Arbeit. Sie entwickeln sich unter Berücksichtigung der sich stets verändernden gesellschaftlichen Bedingungen auf der Basis von Rückmeldungen und gemeinsamen Zielsetzungen weiter. Die Qualitätsentwicklung ist eine zentrale Aufgabe, für die verschiedene Instrumente der Evaluation zur Verfügung stehen. Auf der Grundlage der Ergebnisse können gemeinsam mit Schulaufsichten, Schulleitungen, Lehrerkollegien, Schulgremien und mit den kommunalen oder privaten Trägern anzustrebende Ziele formuliert werden. Schulhausinterne Fortbildungen, Teambesprechungen und Hospitationen sowie institutionenübergreifende und interdisziplinäre Kooperationen helfen den Kollegien dabei, die Qualität schulischer Prozesse beständig weiterzuentwickeln und nachhaltig zu sichern. Zur Förderung der Lehrergesundheit sind Supervision, Coaching, kollegiale Fallberatung und Fortbildungen für Lehrkräfte geeignet. Damit kann gesundheitlichen Belastungen präventiv und interventiv begegnet werden, und Lehrkräfte finden Anregungen für einen konstruktiven Umgang mit spezifischen beruflichen Belastungen.


3.2 Profilbildende Elemente für die Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderbedarf Sehen
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„Inklusiver Unterricht ist Aufgabe aller Schulen.“ (Art. 2 Abs. 2 BayEUG)

Förderzentren mit Förderschwerpunkt Sehen sind in Bayern zum einen Lernorte mit bedarfsgerechten Bildungsangeboten und zum anderen Beratungs- bzw. Kompetenzzentren mit sonderpädagogischen Angeboten für allgemeine Schulen. Als Teil des inklusiven Schulsystems in Bayern unterstützen Lehrkräfte für Sonderpädagogik als Mobiler Sonderpädagogischer Dienst oder als mobile sonderpädagogische Hilfe allgemeine Schulen, Förderzentren mit anderen Förderschwerpunkten und Kindertagesstätten. Sie diagnostizieren, unterrichten, erziehen und an Schulen mit dem Profil Inklusion sowie in Kooperationsklassen und in Klassen an allgemeinen Schulen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften einer allgemeinen Schule und einer Lehrkraft oder mehreren Lehrkräften des Förderzentrums Sehen findet in verschiedenen inklusiven Settings statt. Alle kooperativen Lernformen eröffnen Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf Möglichkeiten der Beteiligung an gemeinsamer Bildung und Erziehung und des Ausschöpfens der eigenen Entwicklungspotenziale.

Die Vielfalt schulischer Lernorte für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Sehen realisiert sich in folgenden Unterstützungs- und Organisationsformen:


Mobile sonderpädagogische Hilfe (msH)
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Die mobile sonderpädagogische Hilfe (msH) bietet noch nicht schulpflichtigen Kindern mit dem Förderbedarf Sehen und deren Familien Angebote früher Förderung und berät Kindertageseinrichtungen bei deren Umsetzung.


Mobiler Sonderpädagogischer Dienst
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Der Mobile Sonderpädagogische Dienst (MSD) für den Förderschwerpunkt Sehen bietet individuelle Unterstützung bei der Erziehung und Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen, die Förderzentren mit anderen Förderschwerpunkten, wohnortnahe Grund-, Mittel- oder Realschulen sowie Gymnasien besuchen. Das Ziel des MSD ist es, gemeinsam mit allen Erziehungsverantwortlichen das Lernen und Leben der Kinder und Jugendlichen ihren persönlichen Möglichkeiten entsprechend zu unterstützen. Die Aufgaben des MSD werden im BayEUG (Art. 21 Abs. 1 Satz 2) beschrieben: „Mobile Sonderpädagogische Dienste diagnostizieren und fördern die Schülerinnen und Schüler, sie beraten Lehrkräfte, Erziehungsberechtigte und Schülerinnen und Schüler, koordinieren sonderpädagogische Förderung und führen Fortbildungen für Lehrkräfte durch.“


Kooperationsklassen
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In Kooperationsklassen werden Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet. Kooperationsklassen werden an der Grundschule bzw. der Mittelschule gebildet.


Offene Klassen des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt Sehen
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Von besonderer Bedeutung ist die Möglichkeit der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf an ein Förderzentrum. Die Lehrkraft des Förderzentrums unterrichtet Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf auf der Grundlage des LehrplanPLUS Grundschule oder des LehrplanPLUS Mittelschule.


Partnerklassen an allgemeinen Schulen oder am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen
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Es besteht die Möglichkeit, dass Partnerklassen des Förderzentrums oder der allgemeinen Schule mit einer Partnerklasse der jeweils anderen Schulart gemeinsam unterrichtet werden (Artnbsp;30a Abs. 7 BayEUG). Als Partnerschulen kommen Grund- oder Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien, Berufliche Schulen oder Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung in Frage. Die Partnerklassen kooperieren in unterschiedlicher Intensität miteinander.

Durch die räumliche Zusammenführung der Partnerklassen unter dem Dach einer der beiden involvierten Schulen kann die Kooperation ebenso regelmäßig stattfindenden lernzieldifferenten Unterricht umfassen wie die punktuelle Durchführung gemeinsamer Projekte oder Aktionen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Schulleitungen und Lehrkräften des Förderzentrums und der allgemeinen Schulen ist Voraussetzung für gelingenden Unterricht in Partnerklassen.


Allgemeine Schulen mit dem Schulprofil Inklusion
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An allgemeinen Schulen mit dem Schulprofil Inklusion werden Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf wohnortnah beschult. Eine Lehrkraft für Sonderpädagogik berät und unterstützt die Lehrkräfte der allgemeinen Schule bei der Unterrichtung und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.


Förderzentren mit dem Schulprofil Inklusion
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Förderzentren mit dem Profil Inklusion zeichnen sich durch eine vielfältige Unterstützung der Inklusion in der Region aus. Diese Schulen entwickeln regional angepasste, innovative Ideen und gestalten deren Umsetzung in Unterricht und Schulleben.


3.3 Organisation des Unterrichts
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Das Klassenlehrerprinzip ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, die Lehrkraft als Bezugsperson zu erleben und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Dies unterstützt ihre Entwicklung auch im sozial-emotionalen Bereich positiv. Die zeitliche Einteilung des Unterrichtstages orientiert sich an den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler und berücksichtigt Phasen der Konzentration und das Bedürfnis nach Bewegung und Pausen. Rituale strukturieren den schulischen Alltag und schaffen eine Atmosphäre der Sicherheit und des Vertrauens. Sowohl fächerübergreifender als auch fächerverbindender Unterricht und zunehmend projektorientiertes Arbeiten tragen zur Ganzheitlichkeit des Unterrichts am Förderzentrum bei. Profilbildende Fächer des Förderzentrums fördern maßgeblich die Stärkung der Persönlichkeit und vermitteln Kompetenzen und Inhalte, die die Schülerinnen und Schüler zu einem selbstbestimmten Leben befähigen.

Der Unterricht am Förderzentrum ermöglicht jeder Schülerin und jedem Schüler, entsprechend seiner Bedürfnisse und Möglichkeiten, zu lernen. Die Grundlage hierfür können der Lehrplan für den Förderschwerpunkt Sehen, der Lehrplan für den Förderschwerpunkt Lernen, der Lehrplan für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung oder der Lehrplan der Grundschule bzw. der Lehrplan der Mittelschule einschließlich der Fachlehrpläne für den Mittleren-Reife-Zweig sein. Liegen dem Unterricht einer Lerngruppe oder einer Klasse verschiedene Lehrpläne zugrunde, erfordert dies eine hohe didaktisch-methodische Kompetenz der Lehrkräfte. Möglichkeiten der Heterogenität zu begegnen sind z. B. adaptive Aufgaben, kooperatives Lernen, Differenzierung oder Lernen am gemeinsamen Gegenstand.

Die Klassen am Förderzentrum können jahrgangsstufenbezogen oder jahrgangsstufenübergreifend organisiert werden und orientieren sich in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 bzw. 5 als Grundschulstufe an der Grundschule und in den Jahrgangsstufen 5 bzw. 6 bis 9 bzw. 10 als Mittelschulstufe an der Mittelschule. Dementsprechend erwerben die Schülerinnen und Schüler in der Grundschulstufe Basiskompetenzen, indem sie zunächst Schreib- und Lesefertigkeiten sowie mathematische Fähigkeiten erlangen. Die Mittelschulstufe hat den Erwerb eines erfolgreichen Abschlusses oder des individuellen Abschlusses zum Ziel und bereitet auf den Übergang in die berufliche Vorbereitung oder Ausbildung vor.


3.4 Übergänge: Aufnahme und Schulwechsel
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Die Lernbiografie der Schülerinnen und Schüler ist von einer Reihe von Übergängen zwischen Bildungsorten geprägt: dem Übergang von der Familie in Kindertageseinrichtungen, von dort in die Schule und der Wechsel zwischen Schulen. Lehrkräfte tragen durch individuelle Begleitung dazu bei, dass sowohl Kinder und Jugendliche als auch ihre Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigte die Übergangsphase mit möglichst geringen Belastungen bewältigen. In Gesprächen wird geklärt, welche Konsequenzen der Übergang für alle Beteiligten mit sich bringt und welchen Beitrag jeder Einzelne zum Gelingen leisten kann. Kinder und Jugendliche, die schulische und familiäre Veränderungen zeitgleich erleben, erhalten besondere Aufmerksamkeit und entsprechende Unterstützung.

Die Einschulung stellt einen wichtigen Übergang in der Bildungsbiografie eines Kindes dar. Der Unterricht knüpft an die Kenntnisse und Fähigkeiten an, die die Kinder beim Schuleintritt mitbringen, baut Stärken aus und ermöglicht den Aufbau von Kompetenzen. Die Lehrkräfte arbeiten mit externen Experten und Pädagogen aus früher besuchten Einrichtungen zusammen oder nutzen Entwicklungsdokumentationen dieser Einrichtungen, um die individuellen Bedürfnisse der Kinder zu erkennen. Dieses Vorgehen setzt die Einwilligung der Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigten voraus.

Der Übergang von der wohnortnahen allgemeinen Schule ins Förderzentrum oder umgekehrt bzw. zwischen zwei Förderzentren mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten stellt für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Sehen eine besondere Herausforderung dar. Er ist verbunden mit der Orientierung in einer neuen Umgebung, der Eingewöhnung in eine neue Klassengemeinschaft und mit neuartigen Leistungsanforderungen (z. B. Wechsel zwischen Punkt- und Schwarzschrift). Vorgehensweisen wie eine enge Kooperation der aufnehmenden mit der abgebenden Schule, die gegenseitige Hospitation der Lehrkräfte sowie Probeunterricht in der aufnehmenden Schule bereiten den Übergang intensiv vor.

Mit dem Übergang in die berufliche Bildung findet die Vorbereitung auf die Erwerbstätigkeit statt. Zur Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 auf die Berufs- und Arbeitswelt werden am Förderzentrum Sehen praxisbezogene Maßnahmen zur Berufsorientierung und Berufsfindung (Betriebserkundungen, Praktika in Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung, Berufsbildungswerken, überbetrieblichen Werkstätten und Betrieben) angeboten. Das Förderzentrum Sehen arbeitet mit der Berufs- bzw. Rehabilitations-Beratung zusammen.

Ist am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen eine Berufsschulstufe eingerichtet, finden in den Jahrgangsstufen 10 bis 12 praxisbezogene Maßnahmen zur Berufsorientierung, zum Wohnen und zur Freizeitgestaltung statt. Diese umfassen Praxistage, Praktika in Förderstätten, in Werkstätten für behinderte Menschen oder in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie Wohntrainings und gemeinsame Freizeitaktivitäten.


4 Haltung, Rolle und Aufgaben der Lehrkraft
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Akzeptanz stellt in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erziehungs- und Sorgeberechtigten eine bedeutsame Grundhaltung dar, von der ausgehend ein Lern- und Entwicklungsprozess initiiert werden kann. Auch in der Begegnung mit Mitschülerinnen und Mitschülern, mit anderen Lehrkräften und mit der Schulleitung werden die Kinder und Jugendlichen angehalten, sich respektvoll und wertschätzend zu verhalten, um einen Ort des gemeinsamen Lernens und Lebens zu gestalten.

Neben den jeweils eigenen Potenzialen und Ressourcen der Schülerin oder des Schülers nehmen die Lehrkräfte die gegenwärtige Situation und zukünftige Perspektiven als Bezugspunkt für pädagogisches Handeln in den Blick. Dabei unterstützen und helfen sie Kindern, Jugendlichen bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigten soweit wie nötig und fordern jede Schülerin bzw. jeden Schüler entwicklungsgemäß soweit wie möglich.

Die Lehrkräfte gestalten die Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage von Echtheit und Achtung, um Erziehung und Förderung möglichst wirksam werden zu lassen. Dazu gehört es, als Pädagogin oder Pädagoge dem Kind oder Jugendlichen sowie den Erziehungs- und Sorgeberechtigten vertrauensvoll und wertschätzend entgegenzutreten und Erfahrungen und Gefühle im Umgang mit Einschränkungen und Erschwernissen zu erkennen und zu verstehen. Pädagoginnen und Pädagogen hinterfragen das eigene Handeln und die eigenen Möglichkeiten, auch im Hinblick darauf, inwieweit die Selbstbestimmtheit der Schülerin bzw. des Schülers durch normative Ansprüche eingeschränkt wird. Die Lehrkräfte gehen konstruktiv mit Erziehungssituationen um, indem sie lern- und entwicklungsfördernde, verlässliche Rahmenbedingungen und Strukturen in Schule und Unterricht einbinden, Grenzen setzen und Raum für Mitbestimmung und Gestaltung des Schullebens geben. Sie sind sich dessen bewusst, dass sie als Verhaltensvorbild und Vertrauensperson wahrgenommen werden.

Lehrkräfte verstehen sich als Lernbegleiter. Sie bereiten kompetenzorientierte Aufgabenstellungen vor, die den individuellen Entwicklungsstand und die Interessen der Kinder und Jugendlichen berücksichtigen. Im einsetzenden Lernprozess nehmen sie sich soweit wie möglich zurück, beobachten die Lernenden, halten es aus abzuwarten und bieten nur jenen Kindern und Jugendlichen Hilfe an, die diese tatsächlich benötigen. Ziel ist es, Hilfestellungen sukzessive und kontinuierlich entsprechend der individuellen Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler abzubauen und Lernprozesse gemeinsam zu reflektieren. Die Lehrerinnen und Lehrer koordinieren Fördermaßnahmen innerhalb der Schule und sind Ansprechpartnerinnen bzw. Ansprechpartner für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interner und externer Angebote, z. B. Heilpädagogische Tagesstätte, Ergotherapie, Psychotherapie und weitere Fachdienste.


5.1 Schülerorientierung im Unterricht
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Lernen ist ein aktiver und individueller Prozess, bei dem sich die Schülerinnen und Schüler handelnd mit der Welt auseinandersetzen. Sie bilden unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, persönliche Einstellungen und Begabungen zu verschiedenen Zeiten aus. Der Erwerb von Kulturtechniken, von Fach- und Methodenkompetenzen, die Entwicklung von Selbstvertrauen, eines realistischen Selbstbildes sowie von Kritik- und Kooperationsfähigkeit mündet in eine Handlungskompetenz, die es ermöglicht, zukünftige Anforderungssituationen und Problemstellungen selbständig und eigenverantwortlich zu bewältigen und zu lösen. Im Förderschwerpunkt Sehen gehören hierzu vor allem spezifische Vorgehensweisen wie Zuhörtechniken und Wahrnehmungsstrategien und die Nutzung taktiler, akustischer, kinästhetischer, gustatorischer und olfaktorischer Informationen, mit denen Sehbeeinträchtigungen kompensiert werden können. Lehrkräfte gestalten Lernen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern und tauschen sich über Ergebnisse und Vorgehen aus. Die Beziehung der Pädagoginnen und Pädagogen zum Kind oder zum Jugendlichen ist von entscheidender Bedeutung, weil sie Beobachter, Gestalter, Dialogpartner und Verhaltensmodell von und für Lernen sind.

Folgende Elemente unterstützen einen schülerorientierten Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Sehen:


Individualisierung
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Kinder und Jugendliche erwerben Kompetenzen anhand gemeinsamer Aufgabenstellungen, die unterschiedliche Lernwege, Lernergebnisse und Lerntempi zulassen und damit verschiedene Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen sowie spezifische Wahrnehmungsvoraussetzungen beachten. Förderdiagnostik ist wesentliche Aufgabe der Lehrkraft am Förderzentrum: Für die Planung individualisierter Lernprozesse ist Voraussetzung, dass der individuelle Kompetenzstand vor Beginn des Lernprozesses festgestellt wird. Die Beschreibung der erreichten individuellen Kompetenzen nach dem Lernprozess und der Vergleich mit dem vorherigen Lernstand zeigen der Lehrkraft den individuellen Lernfortschritt. Lernwege und Lernergebnisse werden für die Schülerin oder den Schüler verständlich dokumentiert und in Lerngesprächen thematisiert.


Entwicklungsorientierung
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Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen verläuft individuell. Erfolgreiche Lernprozesse vollziehen sich auf der Basis des Zusammenwirkens der Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache sowie Emotionen und soziales Handeln. Angebote der Förderung orientieren sich am aktuellen Entwicklungsstand, unabhängig von Alter oder Jahrgangsstufe.


Lernumgebungen
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Lehrerinnen und Lehrer initiieren und beeinflussen das Lernen, indem sie Lernanlässe schaffen und Lernumgebungen – äußere Bedingungen, Lernmaterialien, Aufgabenstellungen, Sozial- und Arbeitsformen – gestalten. Sie adaptieren diese mit Blick auf die jeweilige Situation in der Klasse, geben individuelle Lern- und Übungshinweise und stellen differenzierende Aufgaben und Lernmittel bereit. Schrittweise führen sie die Schülerinnen und Schüler in neue Lernumgebungen ein. Dabei setzen sie gezielt bekannte und neue Materialien, Aufgabenformaten oder Sozial- und Arbeitsformen ein, um eine Über- bzw. Unterforderung der Kinder und Jugendlichen zu vermeiden. Kompetenzorientierte Aufgaben ermöglichen den Schülerinnen und Schülern individuelle Zugänge, Dialog und Kooperation und lassen vielfältige Lösungswege zu.


Unterrichtsmedien und Hilfsmittel
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Um kompetenzorientiertes Lernen optimal zu gestalten, finden im Unterricht mit blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen Arbeits- und Unterrichtsmedien Verwendung, die nach sehbehinderten- und blindenspezifischen Kriterien an die individuellen visuellen und taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler angepasst sind.

Die Schülerinnen und Schüler wählen individuell Schreib- und Zeichengeräte sowie Lineaturen in verschiedenen Größen und Linienstärken und adaptierte Zeichen- und Messgeräte für ihren Lernprozess aus. Optische und elektronische Hilfsmittel, wie Lupen, Fernrohre, Brillen und Bildschirmlesegeräte mit und ohne Tafelbildkamera sowie Vergrößerungssoftware können den Schülerinnen und Schülern visuelle Wahrnehmungsprozesse erleichtern. Blinde Schülerinnen und Schüler können Lern- und Arbeitsmittel, die den Tastsinn, das Gehör und den Geruchssinn ansprechen, gewinnbringend nutzen. Gemeinsam mit der Lehrkraft beurteilen sie Medien nach ihrem Funktionscharakter und achten darauf, dass diese sich auf wesentliche Merkmale beschränken. Als Alternative für Abbildungen oder Karten nutzen blinde Schülerinnen und Schüler Äquivalente wie verbale Beschreibungen oder vereinfachte tastbare Abbildungen. Computer und Tablet sowie Diktiergeräte und akustische Medien finden in vielfältiger Form Anwendung als Lern-, Arbeits- und Hilfsmittel.


Lebensweltbezug
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Die Auswahl der Unterrichtsinhalte orientiert sich an der aktuellen Lebensbedeutsamkeit für Kinder und Jugendliche und bezieht die bisherigen Alltagserfahrungen mit ein. Lebensnähe und Handlungsorientierung werden im Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Sehen durch den gezielten Einsatz von Arbeitsmaterialien und Anschauungsmitteln, die mit möglichst allen Sinnen erfahrbar sind, umgesetzt.


Stärkenorientierung
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Die Erschließung individueller und sozialer Stärken richtet den Blick in die Zukunft, um Selbstbestimmung zu erreichen. Die Lehrkraft versteht sich als Bezugsperson, die bei der Gestaltung einer guten Beziehung zum Kind oder zum Jugendlichen dessen Ressourcen, Interessen und Kompetenzen in den Blick nimmt. Die Schülerinnen und Schüler erleben Erfolge beim Lernen. Dies stärkt ihre Lern- und Leistungsmotivation und steigert ihr Selbstwertgefühl.


Persönlichkeitsentwicklung
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Für die Lebensbewältigung unter den Bedingungen einer Sehbeeinträchtigung entwickeln die Schülerinnen und Schüler Sicherheit und Vertrauen gegenüber anderen und sich selbst. In einer Atmosphäre des Vertrauens, der Anerkennung und der Lebensfreude bauen die Kinder und Jugendlichen Selbstwertgefühl, Eigenverantwortung und eine bejahende Lebenseinstellung auf und aus und lernen, sich selbst mit ihren Fähigkeiten und Einschränkungen insbesondere im visuellen Bereich wahrzunehmen, zu akzeptieren und einzuschätzen. Ich-Stärke hilft ihnen dabei, offen, tolerant und positiv auf andere zuzugehen, sich ihnen gegenüber gegebenenfalls zu behaupten und wenn nötig Gruppendruck zu widerstehen. Im Förderschwerpunkt Sehen werden vor allem die Wahrnehmung, das soziale Lernen, Orientierung und Mobilität sowie die Kreativität und das ästhetische Empfinden gefördert. Alle diese Zugänge unterstützen die Entwicklung einer individuellen Persönlichkeit.


Selbsttätigkeit
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Schülerinnen und Schüler lernen dann erfolgreich, wenn sie Anregungen vorfinden, die ihre Erwartungen und Bedürfnisse aufgreifen und die selbstbestimmte Aktivität zulassen. Deshalb sind Lernsituationen so offen und überschaubar zu gestalten, dass sie Raum geben, den individuellen Interessen entsprechend teilzuhaben, auszuwählen, zu üben, zu entscheiden und kreativ zu handeln. Materialgeleitetes Lernen ermöglicht in besonderer Weise aktives, selbsttätiges Lernen. Schülerinnen und Schüler wählen Lernmaterialien aus. Lehrerinnen und Lehrer unterstützen sie beim Auffinden geeigneter, individuell lernfördernder Materialien, erklären Aufgabenstellungen und begleiten die Phase der Reflexion.


Präventives Handeln
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Damit Kinder und Jugendliche unterschiedliche, auch belastende Situationen bewältigen, müssen sie sich als erfolgreich in ihren Handlungen sehen, eigene Ressourcen effektiv einsetzen und erleben, dass sie Einfluss auf die Problemlösung haben. Die Lehrkraft fördert diese Strategien, indem sie sich ihrer Rolle als positives Modell bewusst ist, dem Kind und dem Jugendlichen Wertschätzung und Akzeptanz entgegenbringt und eine stabile, emotional positive Beziehung zur Schülerin oder zum Schüler gestaltet. Sie schafft ein positives emotionales Klima in der Klasse, geht offen mit dem eigenen Ausdruck von Gefühlen um und drückt in unterschiedlichen Situationen Gefühle auch sprachlich aus. Lob, Anerkennung und Ermutigung fließen in die Kommunikation zwischen Lehrkraft und Schülerin bzw. Schüler ein. Das Zusammenleben in der Schule und die Gemeinschaft der Klasse fördern den respektvollen Kontakt zwischen den Schülerinnen und Schülern und basieren auf klaren, konsistenten Regeln.

Angesichts der Risiken und Belastungen der modernen Lebensführung sind am Förderzentrum Sehen Gesundheits-, Verkehrs- und Sicherheitserziehung von besonderer Bedeutung. Schülerinnen und Schüler lernen Ursachen und Folgen von Sehschädigungen kennen und beachten individuelle Maßnahmen zur Erhaltung ihres Sehvermögens. Sie lernen in verschiedenen Bereichen des Alltags, Unfall- und Gefahrenquellen einzuschätzen und erwerben Strategien, um in Hinblick auf ihre individuelle visuelle und taktile Wahrnehmung sicher mit ihnen umzugehen.


Soziales Lernen
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In der Schule begegnen sich Kinder und Jugendliche, die unterschiedliche Werte und soziale Kompetenzen aus ihrem Erfahrungsbereich mitbringen. Als Lern- und Lebensraum bietet die Schule natürliche, unstrukturierte sowie strukturierte Situationen für soziales Lernen. Die Kinder und Jugendlichen erleben sich als Individuen und erfahren in der Auseinandersetzung mit anderen, dass sie eigenen Interessen nachgehen können, dass Verhalten Konsequenzen nach sich zieht, dass Arbeitsergebnisse durch die Beteiligung mehrerer entstehen oder dass eine Mitschülerin bzw. ein Mitschüler Hilfe und Unterstützung sein kann. Die Lehrkräfte nutzen Unterricht und Schulleben um gemeinsames Lernen gezielt zu gestalten und zu reflektieren. Damit fördern sie die Entwicklung sozialer Kompetenzen, die erforderlich sind für die Stärkung der Persönlichkeit, für Teilhabe in der Gesellschaft und für berufliche Integration.


Übung und Transfer
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Erlerntes bleibt nicht automatisch abrufbar und erhalten. Üben bedeutet, erworbene Fertigkeiten und Fähigkeiten auf neue und unterschiedliche Situationen zu übertragen, um damit Kompetenzen, auch Strategien und Abläufe, zu erweitern, zu automatisieren oder zu festigen. Lehrerinnen und Lehrer stellen hierfür individualisierte Übungsformen bereit, die zunehmend komplexer werdende Situationen berücksichtigen.


5.2 Kompetenzorientierung im Unterricht
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Das Konzept des LehrplanPLUS versteht Kompetenzen als fachspezifische und überfachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Wissen und Können miteinander verknüpfen. Kompetenzen sind funktional bestimmt, beschreiben also situations- und anforderungsbezogen, über welches Wissen und Können die Schülerinnen und Schüler verfügen.

Im Fokus eines Unterrichts, der auf den Kompetenzerwerb abzielt, stehen die Kinder und Jugendlichen mit ihren individuellen Vorkenntnissen und Fähigkeiten. In der didaktischen Verantwortung der Lehrkraft liegt es, Lernprozesse so zu gestalten und zu organisieren, dass alle Schülerinnen und Schüler in ihrem schrittweisen, kumulativen Kompetenzerwerb unterstützt werden. Dabei wechseln sich Lernaufgaben, in denen neue Kompetenzen angebahnt werden, mit Übungsphasen ab, in denen die erworbenen Kompetenzen gefestigt werden.

Die Auswahl von kompetenzorientierten Aufgabenstellungen berücksichtigt für Kinder und Jugendliche bedeutsame Inhalte aus den Lehrplänen der Grund- und Mittelschule und achtet auf Lebenswelt- und Anwendungsbezug. Die enthaltene Problemorientierung knüpft direkt an die Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler an und bietet verschiedene, im Anforderungsniveau variable Zugangsmöglichkeiten. Kompetenzorientierte Aufgaben können unterschiedlich komplexe Problemstellungen, ergänzende und konkretisierende Fragestellungen sowie Zugänge über verschiedene Sinneskanäle oder differenzierte Materialien beinhalten.

Die Lehrkraft regt die Schülerinnen und Schüler dazu an, ihre Lösungswege und mögliche Fehler zu analysieren, gefundene Lösungen auf neue Problemstellungen zu übertragen und anzuwenden. Reflexion und Bewertung der eigenen Lernwege treten im kompetenzorientierten Unterricht gleichwertig neben die Erarbeitung, Übung und Anwendung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Die Schülerinnen und Schüler werden damit vertraut gemacht auszudrücken, was und auf welchem Weg sie erfolgreich gelernt haben, was ihnen beim Üben noch schwer fällt und welche erreichbaren Ziele sie sich setzen. Dazu gehört auch ein konstruktiver Umgang mit Umwegen und Fehlern. Je nach Entwicklungsstand erfolgen zunächst verbale oder nonverbale Rückmeldungen durch die Lehrkraft oder auch durch Mitschülerinnen und Mitschüler. Zunehmend differenzierte, individuelle und entwicklungsgemäße Formen der Rückmeldung sowie der Lerndokumentation und -reflexion binden die Schülerinnen und Schüler als Dialogpartner auf Augenhöhe ein. Dadurch übernehmen sie schrittweise Verantwortung für ihr Lernen. Die Schülerinnen und Schüler am Förderzentrum Sehen erwerben unter erschwerten Bedingungen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Soweit wie möglich diejenigen Kompetenzen zu erreichen, die in den Lehrplänen der allgemeinen Schule verankert sind, ist Ziel des Unterrichts am Förderzentrum Sehen. Leistung zu zeigen bedeutet für die Schülerinnen und Schüler eine zusätzliche Anstrengung, da sie Erschwernisse und Benachteiligungen durch alternative Strategien kompensieren und zusätzliche Kompetenzen erwerben. Die Lehrkräfte nehmen dies wahr und berücksichtigen Leistungen in diesen Entwicklungsbereichen als individuellen Lernfortschritt.

Kompetenzorientierte Aufgabenstellungen berücksichtigen auch kooperative Arbeitsformen.


6 Arbeiten mit dem Lehrplan
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Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Sehen werden unabhängig von ihrem Förderort nach dem LehrplanPLUS für den Förderschwerpunkt Sehen oder dem LehrplanPLUS für die Grundschule bzw. dem LehrplanPLUS für die Mittelschule unterrichtet und zusätzlich durch Bildungs-, Förder- und Therapieangebote unterstützt. Besteht weiterer Förderbedarf in anderen Förderschwerpunkten, so wird jener Lehrplan herangezogen, der dem besonderen sonderpädagogischen Förderbedarf am besten entspricht.

Der LehrplanPLUS umfasst die Kapitel Leitlinien (Bayerische Leitlinien für die Bildung und Erziehung von Kindern bis zum Ende der Grundschulzeit), Bildungs- und Erziehungsauftrag, Übergreifende Bildungs- und Erziehungsziele, Fachprofile und Fachlehrpläne.

Die Fächer des Lehrplans sind im digitalen Lehrplaninformationssystem (LIS) des LehrplanPLUS in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet.

Jedes Fach wird durch ein Fachprofil und einen Fachlehrplan beschrieben.
Das Fachprofil erläutert die Bedeutsamkeit des Fachs für die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Sehen sowie theoretische Grundlagen der Fachdidaktik. In den Fachprofilen sind die Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Sprache und Kommunikation, Emotionen und soziales Handeln im Kontext der jeweiligen Fachkompetenzen beschrieben.

Die Fachlehrpläne im LehrplanPLUS für den Förderschwerpunkt Sehen umfassen die Kompetenzerwartungen und Inhalte der Referenzlehrpläne aus Grund- und Mittelschule. Vorangestellt sind entwicklungsbezogene Kompetenzerwartungen, die Hinweise geben auf den Förderbedarf in einzelnen Entwicklungsbereichen. In einzelnen Fällen ist eine Unterrichtung nach verschiedenen Lehrplänen innerhalb eines Klassenverbands möglich, um den individuellen Entwicklungsvoraussetzungen der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden.

Alle förderschwerpunktspezifischen Kompetenzerwartungen und Inhalte, die die Lehrpläne der Grund- und Mittelschule ergänzen, sind auf dem Hintergrund des Lern- und Leistungsvermögens der Schülerinnen und Schüler zu sehen. Es liegt in der Verantwortung der Lehrkraft zu entscheiden, welche Kompetenzen im Unterricht angestrebt werden sollen. Eine Festlegung von verbindlich zu erreichenden Kompetenzen und zu thematisierenden Inhalten erfolgt nicht.

Das Lehrplaninformationssystem (LIS) stellt den Nutzerinnen und Nutzern in den Fachlehrplänen verschiedene Servicematerialien zur Verfügung. Sie sind an speziellen Symbolen am rechten Bildrand zu erkennen und umfassen Illustrierende Aufgaben, Materialien und Erläuterungen. Die Illustrierenden Aufgaben greifen eine oder mehrere ausgewählte Kompetenzen auf und zeigen exemplarisch, wie sich diese im Unterricht anbahnen lassen. In den Materialien finden sich zusätzliche Informationen zur Theorie und Praxis sehbehinderten- und blindenspezifischer Förderung. Die Erläuterungen bilden ein Glossar für wichtige im Fachlehrplan verwendete Begriffe.