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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Rhythmik und Musik

1.1 Zum Selbstverständnis des Fachs Rhythmik und Musik
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Musik ist ein bedeutender Bestandteil der menschlichen Kultur, eine Grundform menschlicher Äußerung und ein künstlerisches wie soziales Ausdrucksmittel und besitzt einen hohen Stellenwert im Leben. Dem grundlegenden Bedürfnis des Menschen, wahrzunehmen, zu erleben, zu gestalten und sich mitzuteilen, wird durch Musik umfassend entsprochen. Musik berührt Gefühl und Verstand jedes Einzelnen und besitzt die Kraft, Menschen im gemeinsamen Singen und Musizieren zu verbinden. Verstehen und Erleben von Musik und Bewegung tragen zur Bildung und Persönlichkeitsentfaltung bei. Gleiches gilt für das Wahrnehmen, Erleben und Gestalten von Rhythmus, zu dem Menschen mit einer Hörschädigung häufig rascher und intensiver Zugang finden können.

Im Leben von Kindern und Jugendlichen haben Rhythmik und Musik einen hohen Stellenwert. Die altersgerechte Auseinandersetzung mit aktuellen und historischen Erscheinungen von Musik regt die Schülerinnen und Schüler zu eigener musikalischer Aktivität an. Die Begegnung mit regionaltypischen Ausprägungen sowie unterschiedlichen ästhetischen Sichtweisen und Formen der christlich-abendländischen Musiktradition hilft beim Finden der eigenen Identität und schafft Gelegenheiten zur Teilhabe am kulturellen Leben. Das Kennenlernen von Musik anderer Kulturkreise unterstützt die Kinder und Jugendlichen beim Aufbau einer auf Toleranz und Achtung basierenden Wertehaltung in einer pluralistischen und multikulturellen Gesellschaft.

Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Hören nehmen Musik und Rhythmik je nach Art und Grad der Hörschädigung und je nach individueller Verarbeitung akustischer Reize auf sehr unterschiedliche Weise wahr und verspüren dadurch ebenfalls den Reiz und die Bedeutsamkeit von Musik und Rhythmus für ihr Leben. Dabei vollzieht sich ein weiterer Aspekt der Identitätsfindung: Die bewusste Beschäftigung mit dem eigenen Hörvermögen und der individuelle Umgang damit im Zusammenhang mit dem Wahrnehmen und Hören von Musik. Speziell im Fach Rhythmik und Musik erweitern die Kinder und Jugendlichen ihre Kompetenzen im Umgang mit ihren technischen Hörhilfen, mit ausgleichenden Möglichkeiten für die Wahrnehmung auf diesem Gebiet sowie im verantwortungsvollen Sorgen für das eigene Wohlbefinden, zum Beispiel im Anzeigen des persönlichen Lautheitsempfindens. Zudem beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit einer beachtenswerten Form und für sie wesentlichen Kultur von Musik- und Textumsetzung, dem Gebärdenchor, welchem sie als Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung, deren visuelle Aufnahme hervorragend geschult ist, besonders nahestehen.

1.2 Beitrag des Fachs Rhythmik und Musik zur Bildung
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Ästhetisches Erleben, bewusstes Wahrnehmen bzw. Hören, reflektiertes Musikverstehen und gemeinschaftsstiftendes Gestalten tragen zur allgemeinen und kulturellen Bildung sowie zur Persönlichkeitsentfaltung bei. Durch unterschiedliche rhythmische und musikalische Aktivitäten entdecken die Schülerinnen und Schüler auch individuelle Möglichkeiten künstlerischen Ausdrucks. Sie erleben, dass Musik machen und Musik wahrnehmen ihr Leben bereichern und einen Beitrag zu persönlichem Ausgleich und emotionaler Balance leisten kann. Gleichzeitig werden im Wahrnehmen, aufmerksamen (Hin-)Hören, Gebärden, Singen, Musizieren, Bewegen und Darstellen motorische und sprachliche Entwicklung, Konzentrationsfähigkeit, Disziplin und Ausdauer, soziales Lernen und Kreativität gestärkt. Die vielfältigen rhythmischen und musikalischen Erscheinungsformen ermöglichen den Kindern und Jugendlichen, entsprechend ihres individuellen Hörvermögens, einen den eigenen Neigungen und Begabungen entsprechenden Zugang zu finden. Erleben und Gestalten von Rhythmus und Musik in der Gruppe eröffnen einerseits Zugänge zu bisher unbekannten Arten von Musik und Rhythmus. Andererseits lernen die Heranwachsenden sowohl eigene rhythmische und musikalische Möglichkeiten als auch die der Mitschülerinnen und Mitschüler kennen und als bedeutsame Beiträge zum gemeinsamen Rhythmus-, Geräusch- und Klangerlebnis wertzuschätzen.

1.3 Rhythmik und Musik in Unterricht und Schulleben
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Das Fach Rhythmik und Musik bietet den Schülerinnen und Schülern Raum zur Entfaltung eigener musikpraktischer Erfahrungen.

Die Kinder und Jugendlichen knüpfen an rhythmische und musikalische Vorerfahrungen aus dem Bildungsbereich, dem familiären Umfeld und der Freizeit an, erweitern sie und gelangen so zu neuen rhythmischen bzw. musikalischen Erlebnissen. Die Schülerinnen und Schüler gehen kreativ mit Rhythmus, Geräusch, Klang und Bewegung um, indem sie mit Rhythmen, Geräuschen, Klängen, Sprache, Gebärden und Bewegung experimentieren und dabei eigene rhythmische bzw. musikalische Möglichkeiten und individuelle künstlerische Ausdrucksformen erproben.

Von besonderer Bedeutung ist das Singen und Musizieren in der Gemeinschaft: Die Schülerinnen und Schüler gewinnen zunehmend Sicherheit im Umgang mit geeigneten Instrumenten und setzen ihre Stimme vielfältig ein. Durch die Verbindung von Rhythmik, Musik und Bewegung (z. B. durch Tanzformen, Bodypercussion) erleben sie Ausdrucksmöglichkeiten des eigenen Körpers und erweitern ihr Körperbewusstsein. Dabei stehen beim Singen nicht die Exaktheit und Tonreinheit im Vordergrund, sondern vor allem die Freude am gesanglichen Ausdruck und das Erfahren der Stimmgewalt beispielsweise eines Chorgesangs und dem damit verbundenen Erleben von Gemeinschaft.
Musik hat einen festen Platz im Schulalltag und kann einen Beitrag zur Rhythmisierung leisten. Dazu gehören regelmäßiges Singen, Gebärden und Musizieren im Klassenverband, das Vertiefen individueller musikalischer Fähigkeiten und Fertigkeiten in Neigungsgruppen (z. B. in der Schulband, dem Schulchor, der Musikklasse) und das musikalische Gestalten von Schulveranstaltungen. Eine Kooperation mit außerschulischen Partnern (z. B. dem örtlichen Musikverein, der Musikschule) kann die musikalische Entwicklung der Kinder und Jugendlichen bereichern und Musik als wichtigen Bestandteil ihres Lebens auch in ihrer Freizeit etablieren.

In der Präsentation rhythmischer bzw. musikalischer Ergebnisse erfahren die Schülerinnen und Schüler Anerkennung für konzentrierte Vorbereitungsarbeit und musikalische Disziplin. Das Erleben von Erfolg und Stolz auf die eigene Leistung, künstlerische Selbstwirksamkeit und soziale Integration tragen entscheidend zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung bei. Gleichzeitig leisten Rhythmik und Musik über Unterricht und Schulleben hinaus einen zentralen Beitrag zur Öffnung von Schule. Der durch Musik gestiftete Kontakt zu benachbarten Bildungs- und Sozialeinrichtungen sowie zu religiösen und öffentlichen Kulturstätten erweitert den künstlerischen und sozialen Horizont der Kinder und Jugendlichen.

Im Fach Rhythmik und Musik sammeln die Schülerinnen und Schüler vielfältige Erfahrungen in Bezug auf ihre kommunikativen und sozialen Verhaltensweisen und setzen diese beim Sprechen über Klangerfahrungen und dem individuellen Wahrnehmen von Musik sowie beim gemeinsamen Bewegen und Musizieren wiederum ein. Sie steigern ihr Ausdrucksvermögen und gelangen zu einer differenzierten und zugleich ganzheitlichen Wahrnehmung. Bei der Auseinandersetzung mit künstlerischen und ästhetischen Erscheinungen schulen sie ihr Urteilsvermögen. Auf diese Weise wirkt sich rhythmisch-musikalisches Tun positiv auf die persönliche Entwicklung, den gesamten Schulalltag und vor allem auf das Schulleben aus.

2.1 Kompetenzstrukturmodell
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Kompetenzstrukturmodell Rhythmik und Musik

Das Kompetenzstrukturmodell für das Fach Rhythmik und Musik bildet die Grundlage der Fachlehrpläne für Grund- und Mittelschulen an Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Hören. Es weist prozessbezogene Kompetenzen (äußerer Ring) und Gegenstandsbereiche aus, die alters- und schulartspezifisch gewichtet werden. So stehen im Unterricht des Faches Rhythmik und Musik der Grundschule vor allem praktische und handlungsorientierte Zugänge im Zentrum.

Im Fach Rhythmik und Musik am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören werden keine Entwicklungsbereiche dargestellt, da es sich um ein profilbildendes Fach mit einem eigenem Lehrplan handelt.

2.2 Prozessbezogene Kompetenzen
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Die zentralen Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler im Fach Rhythmik und Musik erwerben, berücksichtigen alle drei Bereiche handlungs-, gefühls- und wissensgeleiteter Begegnung mit Rhythmik und Musik. Bewusst finden sich darunter auch solche Kompetenzen, die einerseits grundlegend für das Fach Rhythmik und Musik sind und sich andererseits dabei mittelbar zeigen.

Die prozessbezogenen Kompetenzen sind eng miteinander verbunden: So kann das Entdecken, Analysieren und Einordnen von Musik und Rhythmus bzw. rhythmischen Elementen erst auf der Grundlage von Wahrnehmen und Erleben stattfinden. Kompetentes rhythmisches und musikalisches Gestalten und Präsentieren setzen Wahrnehmen, Reflektieren und Kommunizieren voraus und werden durch das Einordnen in einen größeren historischen oder systematischen Zusammenhang zur nachhaltigen Erfahrung.

Wahrnehmen und erleben
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Der Unterricht im Fach Rhythmik und Musik bietet Raum für eine intensive Auseinandersetzung mit den individuellen Hörfähigkeiten und -strategien sowie für die Förderung des sinnlichen Wahrnehmens im Allgemeinen. Im Fachlehrplan wird die besondere Wahrnehmungssituation der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Hören berücksichtigt. Die Schülerinnen und Schüler setzen ihre individuelle hörtechnische Versorgung zur Wahrnehmung von Rhythmus und Musik nach den persönlichen Bedürfnissen verantwortungsvoll und ggf. der Umgebung angepasst und situationsgerecht ein.

Die Kinder und Jugendlichen drücken sich stimmlich, sprachlich, mit dem ganzen Körper und in Form von Gebärden aus. Sie ergänzen ihre persönliche Wahrnehmung von Rhythmus, Sprache und Musik nach ihren Möglichkeiten durch ihr individuelles Hörvermögen und erfahren auf diese Weise sich wiederholende und vertiefende Hörübungen, durch die sie sowohl ihre Hörerfahrungen als auch ihre Hörstrategien ausbilden und erweitern. Rhythmik und Musik sind eng mit Hör- und Sprecherziehung verbunden. Die Kinder und Jugendlichen erkennen und benennen zunehmend eigenständig die prosodisch-musikalischen Merkmale von Sprache und denken zusätzlich über die Wirkung von Rhythmus und Musik nach. Die Förderung des Hörens, des Sprechens, des sinnlichen Erlebens sowie die Entwicklung der Motorik stehen im Fach Rhythmik und Musik im Vordergrund. In der Begegnung mit Musik und Rhythmen in vielfältigen praktischen Erscheinungsformen, wie Gesang, Instrumentalspiel, Tanz oder Theater, schulen die Schülerinnen und Schüler ihre multisensorische Wahrnehmung und erleben Rhythmik und Musik umfassend. So steigern sie ihre Freude am Singen und am rhythmisch-musikalischen Handeln.

Sich bewegen
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Die Schülerinnen und Schüler erleben im Fach Rhythmik und Musik Bewegung als elementare Ausdrucksform durch den Körper. Sie entdecken und erweitern Bewegungsmöglichkeiten, setzen diese kreativ ein und erfahren Freude am motorischen Ausdruck und am Tanzen. Auf diese Weise entwickeln sie ein positives Körpergefühl. Diese wird verstärkt, indem die Schülerinnen und Schüler den eigenen Körper als Rhythmusinstrument entdecken und ihre körpereigenen Möglichkeiten klang- und rhythmusbezogen variantenreich zum Einsatz bringen.

Die Schülerinnen und Schüler bewältigen Anforderungen in den Bereichen Motorik und Gleichgewicht sowie Raum- und Zeitorientierung nach ihren individuellen Möglichkeiten, stets im Bewusstsein, die Herausforderungen und Chancen, welche in ihrem individuellen Wahrnehmen liegen, möglichst optimal anzunehmen und auszuschöpfen. Quantitativ und qualitativ veränderte Bewegungserfahrungen beeinflussen die Eigenwahrnehmung und ermöglichen bewegungsabhängige Erfolgserlebnisse. Durch Bewegung, Körperpercussion und Tanz bauen die Schülerinnen und Schüler Hemmungen ab, schulen eine differenzierte Wahrnehmung und ihre Motorik und stärken ihr Körperbewusstsein sowie ihr Selbstwertgefühl.

Sie erleben und nutzen neue Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und Kommunikation im Ausüben von Musik und Rhythmus, aber auch im Austausch darüber sowie im Erleben von Gemeinschaft in diesem förderschwerpunktspezifischen Fach Rhythmik und Musik am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Hören.

Gestalten und präsentieren
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Die Möglichkeit kreativen Gestaltens bietet sich den Schülerinnen und Schülern in den musischen Fächern in besonderem Maße. Sie wählen in Abhängigkeit ihrer individuellen auditiven Wahrnehmungsfähigkeiten vielfältige Möglichkeiten des produktiven und reproduktiven Umgangs mit Musik und Rhythmus aus und nutzen diese.

Sie nutzen visuelle, taktile und kinästhetische Markierungen, z. B. bei Saiten- und Tasteninstrumenten, um Sicherheit im Umgang mit Instrumenten zu erwerben und Erfahrungen im Instrumentalspiel zu sammeln. Sie wenden Strategien zur sicheren Orientierung im Raum im Bereich Bewegung und Tanz an und vollziehen Elemente der Lautmalerei nach oder lernen am Modell, z. B. bei der Erweiterung ihres Bewegungsrepertoires.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln im gemeinsamen Tun vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten und erleben, wie der künstlerische Ausdruck bei der Präsentation zum Dialog mit dem Publikum wird. Die Gestaltungsvielfalt, durch die sich die verschiedenen Wahrnehmungsbereiche ergänzen, dient der Kommunikationssicherung.

Entdecken, analysieren und einordnen
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Bei der Analyse von Musik- und Rhythmusstücken wird die individuelle Wahrnehmungssituation von Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Hören besonders berücksichtigt. Die Einbeziehung der Körperwahrnehmung sowie des Körpers als Rhythmusinstrument bietet den Schülerinnen und Schülern einen wertvollen Zugang zur Musik.

Das Erkennen grundlegender Elemente, regelhafter Strukturen und künstlerisch-individueller Besonderheiten musikalischer Werke ist abhängig vom Hörvermögen des einzelnen Kindes bzw. Jugendlichen. Die Schülerinnen und Schüler erleben Musik und Rhythmus unterschiedlicher Stile und ordnen sie anhand ihrer Merkmale in historische, systematische oder funktionale Zusammenhänge ein.

Reflektieren und kommunizieren
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Im Reflektieren und Kommunizieren über Rhythmus und Musik erkennen und benennen die Schülerinnen und Schüler eigene Vorlieben und die anderer. Ihre musikalischen Eindrücke bringen sie durch Bewegung, Gebärden, Bilder und Sprache zum Ausdruck.

Musikalische und rhythmische Erscheinungsformen erfahren die Kinder und Jugendlichen in Abhängigkeit von ihrer individuellen Hörsituation. Das Fachvokabular, mit dem sich diese Erscheinungsformen sachgerecht und eindeutig beschreiben lassen, erwerben die Schülerinnen und Schüler auf multimodale und förderschwerpunktspezifische Art und Weise, welche sie aus dem Bereich der Wortschatzerweiterung besonders aus dem Fach Deutsch bereits kennen und anwenden. 

2.3 Gegenstandsbereiche
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Wie die prozessbezogenen Kompetenzen sind auch die verschiedenen Gegenstandsbereiche im Fach Rhythmik und Musik untrennbar miteinander verbunden: Wissen über musiktheoretische und kulturelle Zusammenhänge schlägt sich beim praktischen Umgang mit Rhythmik und Musik als ästhetische Erfahrung nieder.

Im Rahmen des Faches Rhythmik und Musik erleben die Schülerinnen und Schüler auch Ausprägungen von Rhythmik und Musik, die über ihre Alltagserfahrungen hinausgehen und ihnen dadurch Einblicke in bislang unbekannte ästhetische Erscheinungen ermöglichen. Aus vorbewusster subjektiver Empfindung finden die Kinder und Jugendlichen zu eigenen Haltungen und persönlichen Werturteilen und entwickeln ihre individuellen Präferenzen weiter. Im Austausch und in der Reflexion über eigene Wahrnehmungen musisch-künstlerischer Darbietungen und die anderer eröffnen sich den Schülerinnen und Schülern neue ästhetische Sichtweisen.

Im Strukturmodell beziehen sich alle Prozesskompetenzen auf sämtliche Gegenstandsbereiche: So besteht die Kernaufgabe des Faches Rhythmik und Musik für die Schülerinnen und Schüler darin, unterschiedliche Formen musikalischer und rhythmischer Praxis wahrzunehmen und zu erleben, zu reflektieren und darüber zu kommunizieren sowie zu entdecken, zu analysieren und einzuordnen. Gleichermaßen nähern sich die Kinder und Jugendlichen musik- und rhythmustheoretischen Grundlagen (z. B. dem Bilden von Tonleitern), kulturgeschichtlichen Zusammenhängen (z. B. den Hintergründen von Person und Werk) sowie eigenen Erfahrungen und denen anderer (z. B. unterschiedlichen künstlerischen Erlebnissen beim Musizieren, Tanzen, Rhythmus gestalten, Hören oder Gebärden) in allen Kompetenzbereichen.

Art und Grad einer Hörschädigung beeinflussen in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Ausmaß das Musikhören, Instrumentalspiel und Singen. Je nach individuellem Hörvermögen nutzen die Schülerinnen und Schüler verschiedene Möglichkeiten, z. B. einen Liedvortrag zu gestalten. Dabei verwenden sie sowohl Gesang als auch Sprechgesang, begleiten und untermalen mit Instrumenten, Tanzbewegungen und rhythmischen Gebärdenfolgen.

Singen versteht sich in diesem Zusammenhang als die Gesamtheit der Möglichkeiten von Tonerzeugung und Bewegung, mit der Gefühle und Stimmungen ausgedrückt werden können. Hierbei ist nicht die Tonreinheit, sondern die Freude am rhythmisch-musikalischen Tun anzustreben.

Je nach ihrem Hörvermögen erfassen die Schülerinnen und Schüler die Bereiche Melodie und Harmonie sehr individuell. Daher ist die Auswahl der Instrumente von besonderer Bedeutung. Sie können als Rhythmus-, Melodie- und Harmonieinstrumente eingesetzt werden. Beim eigenen Spiel mit Instrumenten wählen die Schülerinnen und Schüler diese in Abhängigkeit ihrer individuellen Wahrnehmungsfähigkeiten aus. Über einen spielerischen Umgang mit Instrumenten und die Klangerfahrungen gelangen die Kinder und Jugendlichen zum Erlernen von Spieltechniken.

3 Aufbau des Fachlehrplans im Fach Rhythmik und Musik
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Die Kompetenzerwartungen und Inhalte des Fachlehrplans Rhythmik und Musik sind in vier Lernbereiche gegliedert:

  1. Sprechen – Gebärden – Singen – Musizieren
  2. Rhythmik – Musik – Mensch – Zeit
  3. Wahrnehmung - Bewegung – Tanz – Szene
  4. Rhythmus, Musik und ihre Grundlagen

Je nach Lerngegenstand werden Kompetenzerwartungen und Inhalte sowohl innerhalb der einzelnen Lernbereiche als auch lernbereichsübergreifend im Unterricht aufeinander bezogen und miteinander verknüpft. So wird beispielsweise ein Lied von den Schülerinnen und Schülern gesungen, gebärdet und musiziert, thematisch oder geschichtlich eingeordnet, szenisch gestaltet und anhand seiner musikalischen Merkmale untersucht. Im Fachlehrplan sind zu den Kompetenzerwartungen jedes Lernbereiches jeweils Inhalte ausgewiesen; diese sind in entsprechender Reihenfolge angeordnet. Geht aus der Kompetenzerwartung der dazugehörige Inhalt bereits eindeutig hervor, wurde auf eine weitere explizite Nennung verzichtet. Unverbindliche Inhalte und Begriffe sind stets mit „z. B.“ aufgeführt. Aufzählungen mit Komma bzw. „und“ weisen mehrere verbindliche Inhalte oder Kompetenzen aus. Die Formulierung „oder“ verdeutlicht eine Wahlmöglichkeit zwischen den angegebenen Inhalten. Verbindliche Fachbegriffe sind eigens ausgewiesen („Fachbegriffe“), mit Ausnahme des Fachvokabulars in Lernbereich 4. Da die Inhalte in diesem Bereich beinahe ausschließlich Fachbegriffe aufzeigen, werden diese hier nicht mehr explizit gekennzeichnet.

Die Kompetenzerwartungen beziehen sich auf das Ende der jeweiligen Jahrgangsstufe. Die Inhalte zu den Kompetenzen orientieren sich an Alter und Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler sowie an musikalisch-fachlichen Aspekten, z. B. angemessene Lage und angemessener Tonumfang von Liedern, exemplarische Bedeutung von musikalischen Werken. Ebenso werden fächerübergreifende Bezüge, Relevanz und Umsetzbarkeit der Inhalte im Fach Rhythmik und Musik beachtet.

4 Zusammenarbeit mit anderen Fächern
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Das Fach Rhythmik und Musik bietet zahlreiche Möglichkeiten für fächerübergreifendes Arbeiten. Eine enge Verbindung besteht zwischen den Fächern Rhythmik und Musik und Kunst: Die Übertragung von akusto-vibratorischen Eindrücken und Höreindrücken in bildnerische Darstellungsformen und umgekehrt stellt eine Möglichkeit des Wahrnehmens von Musik und des aktiven Musikhörens sowie des bewussten und konzentrierten Aufnehmens optischer Eindrücke dar. Sie ermöglicht vertieftes ästhetisches Erleben und prägt den Aufbau eines künstlerischen Selbst- und Gestaltungsbewusstseins der Schülerinnen und Schüler über die gesamte Schulzeit hinweg.

Im Fach Rhythmik und Musik spielt der sensible Umgang mit Sprache eine besondere Rolle. Schülerinnen und Schülern ermöglicht beispielsweise der aufmerksame Umgang mit Liedtexten oder der allmähliche Aufbau von Fachsprache, dem Unterricht angemessen zu folgen, fachliche Kompetenzen zu erwerben und sprachliche Kenntnisse kontinuierlich zu erweitern (Deutsch als Zweitsprache, Deutsche Gebärdensprache). Zudem ist jede Sprache ebenfalls rhythmisch, prosodisch und melodisch geprägt und prägt in umgekehrter Weise auch Rhythmus. Von gesprochenen Sätzen auf dem jeweiligen Sprachniveau der Kinder und Jugendlichen können Rhythmusbausteine abgeleitet und nachvollziehbar sowie kindgerecht einprägsam gestaltet werden.

Häufig ergeben sich inhaltliche Verbindungen zu anderen Fächern: Lieder und Sprechstücke mit deutschsprachigem (Deutsch unter Berücksichtigung der Sprachlerngruppen II und III, Deutsche Gebärdensprache, Deutsch als Zweitsprache) oder fremdsprachigem Text (Englisch, Deutsch als Zweitsprache), Lieder mit religiösen oder sozialen Themen (Evangelische sowie Katholische Religionslehre, Ethik, Geschichte/Politik/Geographie), Tänze (Sport), Berufsbilder im Bereich Musik (Wirtschaft und Beruf; berufsorientierende Wahlpflichtfächer). Beim Gestalten musikalischer Spielszenen erleben die Kinder und Jugendlichen das Zusammenwirken vieler Fachinhalte im projektorientierten Arbeiten (Musik, Deutsch unter Berücksichtigung der Sprachlerngruppen II und III, Deutsche Gebärdensprache, Deutsch als Zweitsprache, Kunst, Sport, berufsorientierende Wahlpflichtfächer).

5 Beitrag des Faches Rhythmik und Musik zu den übergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen
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Das Fach Rhythmik und Musik leistet einen umfassenden Beitrag zu folgenden fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen:

5.1 Kulturelle Bildung
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Die Schülerinnen und Schüler entwickeln bereits im Grundschulalter ein erstes Bewusstsein für die künstlerische Leistung Musikschaffender, schätzen die Bedeutung von Musik und Kultur in ihrer Lebenswelt, nehmen unterschiedliche ästhetische Perspektiven ein und gewinnen Sicherheit im Umgang mit eigenen künstlerischen Fähigkeiten. Durch die Auseinandersetzung mit musikalischen Werken sowie durch die selbsttätige rhythmische und musikalische Gestaltung und Improvisation bekommen die Kinder und Jugendlichen Zugang zu Musik verschiedener Zeiten und Regionen und erweitern ihr Repertoire an rhythmischen und musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten.

5.2 Interkulturelle Bildung
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Rhythmik und Musik beinhaltet Erziehung durch Musik und Erziehung zur Musik. Gegenstand des Unterrichts kann Musik aus allen Zeitepochen und Stilrichtungen sein. Bedeutsam ist die Förderung des Zusammenlebens von Schülerinnen und Schülern verschiedener nationaler Herkunft. In der Auseinandersetzung mit Musik und Tanz der unterschiedlichen Kulturen vertiefen die Kinder und Jugendlichen Interesse und Verständnis für andere Lebensformen. Die Begegnung mit kulturellen Ausdrucksformen der Gebärdensprachgemeinschaft, wie z. B. Gebärdentheater, trägt zur eigenen Identitätsfindung bei.

5.3 Sprachliche Bildung
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Die artikulierte und melodisch gestaltete Lautbildung und die Anwendung von Gebärden beim Singen unterstützen den Lernprozess beim Sprach- und Fremdsprachenerwerb. Schülerinnen und Schüler, die mit Deutsch als Zweitsprache aufwachsen, profitieren in besonderem Maße davon. Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Hören erleben in der unterschiedlichen stimmlichen oder musikalischen Gestaltung von Texten und in der Nutzung von Gebärden die Möglichkeit, den Sinngehalt von Worten und Sätzen zu variieren. Im Erlernen von Liedtexten anhand von Gebärden erweitern sie ihren aktiven und passiven Gebärden-Wortschatz. Die Anwendung von differenziertem, situations- und adressatenbezogenem Sprechen über Musik unterstützt die kommunikativen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler.

5.4 Soziales Lernen
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In einem Ensemble erleben die Schülerinnen und Schüler motivierende Ergebnisse musikalischer Zusammenarbeit. Beim gemeinsamen Musizieren achten sie in ihrer Wahrnehmung aufeinander und gehen musikalisch auf andere ein. Herausforderungen, wie z. B. einen Ton mit der eigenen Stimme zu halten, sich mit dem Ziel eines homogenen Gesamtklangs zurückzunehmen oder innerhalb eines Gebärdenchors auf ein synchrones Miteinander Wert zu legen, bietet den Schülerinnen und Schülern Handlungsräume für soziales Lernen. Die Kinder und Jugendlichen entwickeln in der Gruppe grundlegende soziale Fähigkeiten in Bezug auf Toleranz und Verantwortung. Im Rahmen von öffentlichen Aufführungen und Präsentationen stellen sich die Schülerinnen und Schüler möglichen Hemmschwellen, stärken bei Erfolgserlebnissen das Vertrauen in ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten und wirken auf diese Weise aktiv an ihrer persönlichen Entwicklung und Entfaltung mit.

5.5 Medienbildung/Digitale Bildung
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Die Schülerinnen und Schüler gehen mit verschiedenen Tonaufnahmen und Tonträgern um, rufen abhängig von ihrem Hörvermögen Musik und musikbezogene Information von analogen und digitalen Quellen ab und setzen sich so weit wie möglich mit Vor- und Nachteilen von medial transportierter Musik auseinander. Das eigene mediengestützte Schaffen von Musik und Rhythmen ergänzt den Mediengebrauch.

5.6 Werteerziehung
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Die Kinder und Jugendlichen wenden verschiedene Methoden des Wertens und Urteilens in musikalischen Zusammenhängen an. In der Betrachtung eigener musikalischer Vorlieben und der anderer wägen sie Argumente ab und entwickeln eine tolerante Haltung gegenüber Entscheidungen und Präferenzen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler. Schließlich erleben sie Rhythmus und Musik in deren Vielfalt als wertvollen und bereichernden Bestandteil ihres Lebens, dem sie je nach ihren individuellen Hörmöglichkeiten, der verfügbaren hörtechnischen Versorgung und nach den persönlichen Bedürfnissen selbstverantwortlich und eigeninitiativ sowie gestaltend Raum geben.