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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Werken und Gestalten

1 Selbstverständnis des Faches Werken und Gestalten und sein Beitrag zur Bildung
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Die Freude an der eigenen schöpferischen Tätigkeit und über ein selbst gefertigtes Werkstück kann gerade auch Schülerinnen und Schüler mit Einschränkungen im motorischen Bereich zu praktischer Tätigkeit ermutigen und konkrete Anregungen zur sinnvollen Freizeitgestaltung bieten. Sie erwerben neben handwerklichen und gestalterischen Kompetenzen ein Urteilsvermögen für handwerkliche Erzeugnisse. Sie planen und gestalten Arbeitsvorhaben und lernen dabei Zusammenarbeit schätzen. Andererseits stellen die Lernvorhaben im Fach Werken und Gestalten die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung aber auch vor teils enorme Herausforderungen, die nach einer sonderpädagogischen Erweiterung unterrichtlicher Zielsetzungen, Methoden und Bewertungsrichtlinien verlangen.

In der Grundschulstufe des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung knüpft das Fach Werken und Gestalten an die Erfahrungen der Kinder aus dem häuslichen Umfeld und aus vorschulischen Einrichtungen an. Viele Schülerinnen und Schüler kennen z. B. den Umgang mit Schere und Klebstoff, können einfache Faltungen durchführen und haben erste Grunderfahrungen im Gestalten mit verschiedenen Materialien, z. B. Holz, Ton oder Pappmaché. Ausgehend von unterschiedlichen Erfahrungen und motorischen Möglichkeiten werden im Fach Werken und Gestalten Themen aufgegriffen, die über die Wahrnehmung und das Erleben zu bewussten kreativen und technischen Gestaltungsmöglichkeiten führen und dabei die Erweiterung der individuellen Handlungsfähigkeit unterstützen.

In der Mittelschulstufe erwerben die Mädchen und Jungen im handelnden Umgang mit Materialien, Werkzeugen und Geräten auch überfachliche Kompetenzen. Gleichzeitig verfeinern sie ihre motorischen Fähigkeiten und werden durch kooperative Arbeit im sozialen Lernen gestärkt. Sie erkennen eigene und fremde Leistungen an und entwickeln mehr und mehr eine realistische Selbsteinschätzung für ihre Fähigkeiten und ihr handwerkliches Geschick oder motorische Erschwernisse.

Als praktisches Fach stellt Werken und Gestalten eine Basis für die berufsorientierenden Wahlpflichtfächer dar.

1.1 Kompetenzerwerb im Fach Werken und Gestalten
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Durch die aktive Auseinandersetzung mit Materialien und Werkzeugen eignen sich die Kinder und Jugendlichen zunächst grundlegende praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten an. Diese werden dann vertieft und systematisch weiterentwickelt. Es entstehen Werkstücke, die in Beziehung zum Alltag, zu Natur, Handwerk, Kunsthandwerk oder Design stehen. Dabei beurteilen und verwenden die Schülerinnen und Schüler Werkstoffe nach ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten und wenden entsprechende Werkverfahren an.

Die Schülerinnen und Schüler analysieren Gestaltungselemente und ‑prinzipien objektbezogen, wählen Materialien im Hinblick auf die Verwendungseignung aus und setzen sich aktiv mit der Handhabung von Werkzeugen und Arbeitsgeräten auseinander. Sie planen Arbeitsabläufe, entwerfen Gestaltungsvorhaben und fertigen individuelle Werkstücke. Zur Planung und Durchführung ihrer Arbeitsvorhaben nutzen die Schülerinnen und Schüler Arbeitsanleitungen und Computer.

Bei der fachgerechten Herstellung von Werkstücken sowie dem systematischen Einüben von Arbeitstechniken und Arbeitsweisen schulen die Schülerinnen und Schüler Genauigkeit und Durchhaltevermögen und erhalten Einblick in die Entstehungsprozesse unterschiedlicher Werkstücke. Sie entwickeln ein Gespür für ein gelungenes Zusammenspiel von Funktionalität, Gestaltung und handwerklicher Ausführung. Die Schülerinnen und Schüler schätzen individuelle Gestaltungsideen und verzichten auf vorgefertigte Schablonen und uniforme Werkstücke.

Im bewussten Umgang mit verschiedenen Materialien entwickeln und verfeinern sie ihre Wahrnehmungs- und Vorstellungskraft, ihre individuelle Ausdrucks- und Gestaltungsfähigkeit sowie ihre Grob- und Feinmotorik. Der Unterricht im Fach Werken und Gestalten nimmt dabei Rücksicht auf die unterschiedlichen individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler. Linkshänder werden etwa durch entsprechende Werkzeuge (z. B. spezielle Schere) in ihrem Tun bestärkt. Individuelle Hilfsmittelanpassungen ermöglichen es in vielen Fällen, motorische Beeinträchtigungen zu kompensieren.

Den vielfältigen Vernetzungsmöglichkeiten der Gegenstandsbereiche des Faches Werken und Gestalten sowie den individuellen Lernausgangslagen, Lernbedürfnissen und Entwicklungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler wird insbesondere im offenen Unterricht Rechnung getragen, z. B. durch kooperative Lernformen. Bei der gemeinsamen Planung von Arbeitsvorhaben wird den Schülerinnen und Schülern die Notwendigkeit gemeinsamer Absprachen deutlich und lässt sie die damit verbundenen Vorteile erkennen. Sie kommunizieren in der Gruppe zu gestalterischen und technischen Sachverhalten und beraten und beurteilen sich gegenseitig im Hinblick auf ein gutes Arbeitsergebnis. Im projektorientierten Arbeiten entwickeln die Schülerinnen und Schüler überfachliche Kompetenzen, wie z. B. soziale Kompetenz, Problemlösekompetenz, Methodenkompetenz.

2.1 Kompetenzstrukturmodell
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Kompetenzstrukturmodell Werken und Gestalten

Das Kompetenzstrukturmodell des Faches Werken und Gestalten erhält eine Erweiterung durch die vier Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache sowie Emotionen und soziales Handeln, deren Zusammenwirken erfolgreiche Lernprozesse ermöglicht. Die persönlichen Ressourcen in den Entwicklungsbereichen sind die Grundlage für die Planung und Gestaltung von Lernsituationen. Dadurch ergeben sich Hinweise und Impulse für die kriterienorientierte Schülerbeobachtung und für die Feststellung des individuellen Entwicklungsstandes.

Wahrnehmen und analysieren
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Die Schülerinnen und Schüler erkunden und erproben mit allen Sinnen unterschiedliche Materialien und Objekte sowie deren Herstellung. Über das bewusste Wahrnehmen erkennen die Schülerinnen und Schüler Zusammenhänge zwischen Material, Gestaltung und der Funktion eines Werkstückes und sind dadurch in der Lage, Gestaltungs- und Herstellungsmöglichkeiten zu analysieren. Dies bildet die Grundlage für die Strukturierung, Planung und Organisation von Gestaltungsprozessen.

Herstellen und gestalten
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Herstellen und gestalten bilden den Schwerpunkt des Kompetenzerwerbs im Fach Werken und Gestalten. Schülerinnen und Schüler mit motorischen Einschränkungen haben diesbezüglich allerdings erschwerte Ausgangsbedingungen. Individuelle Anpassungen und Schwerpunktsetzungen sowie assistierende Hilfe im Unterricht kompensieren behinderungsbedingte Benachteiligungen. Vom eigenständigen Entwurf ausgehend planen, fertigen und gestalten die Schülerinnen und Schüler individuelle Werkstücke. Erworbene Kenntnisse in den Bereichen Material und Bearbeitung setzen sie im Herstellungsprozess bewusst um.

Kommunizieren und präsentieren
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Die Schülerinnen und Schüler beschreiben beim Kommunizieren und Präsentieren technische und gestalterische Lösungsmöglichkeiten und Handlungsabläufe unter Verwendung von Fachbegriffen. Dabei wenden sie auch unterstützte oder alternative Kommunikationsformen an. Ab der Mittelschulstufe beraten sie sich gegenseitig, um eigene Gestaltungsvorhaben voranzubringen und beschreiben dabei diese unter Verwendung der Fachsprache. Sie präsentieren ihre Werkstücke und erläutern ihre Entscheidungen bei der individuellen Präsentation.

Reflektieren und bewerten
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Die Schülerinnen und Schüler reflektieren ihre eigene Arbeitsweise, Arbeitsergebnisse und auch Gestaltungsideen zur Einschätzung ihres individuellen Lernfortschritts. Sie vergleichen ihre Werkstücke unter Beachtung der individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler. Reflektieren und bewerten umfasst sowohl die Wertschätzung eigener und fremder Arbeitsergebnisse als auch die Beurteilung handwerklicher und kreativer Fähigkeiten.

Gestaltung
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Die Schülerinnen und Schüler gestalten Werkstücke mithilfe von Gestaltungselementen (Farbe, Form, Struktur und Textur) und unter Beachtung der Gestaltungsprinzipien (Anordnung, Farbgebung, Proportionen). Sie nehmen hierfür eine angeleitete, günstige Sitzhaltung ein und nutzen im Gestaltungsprozess ggf. auch angepasste Hilfsmittel oder personelle Unterstützung. Bei der Auseinandersetzung mit Alltagsgegenständen, Trendprodukten oder Produkten des Kunsthandwerks erwerben die Schülerinnen und Schüler Grundlegende Kompetenzen im Bereich Gestaltung, die es ihnen mehr und mehr ermöglichen, unterschiedliche Ausdrucksformen differenziert zu reflektieren und in Gestaltungsprozessen sachgerecht zu nutzen.

Materialien
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Vielfältige Materialien (z. B. Holz, textile Materialien) werden von den Schülerinnen und Schülern im Hinblick auf ihre Eigenschaften, Gestalt und Bearbeitungsmöglichkeiten untersucht. Dabei vergleichen die Schüler, welche Materialien sie abhängig von ihren motorischen Möglichkeiten leichter oder schwieriger bearbeiten können, z. B. Acryl und Metall. Auch unter Beachtung der jeweiligen Materialeigenschaften (z. B. Formbarkeit, Stabilität, Elastizität) und der Umweltverträglichkeit werden diese entsprechend ausgewählt.

Arbeitstechniken und Arbeitsabläufe
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Im Zentrum des Fachunterrichts Werken und Gestalten steht die Herstellung und Gestaltung ästhetischer Produkte. Sachbezogene Arbeitstechniken und die jeweils notwendigen Arbeitsabläufe bilden hierfür die Basis. Diese werden im Fach Werken und Gestalten geplant, durchgeführt sowie reflektiert und tragen zur Förderung von Alltagskompetenzen bei.

Kulturelle Zusammenhänge
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Der Vergleich eigener Werkstücke mit Objekten des eigenen und anderer Kulturkreise eröffnet kulturelle Zusammenhänge und bahnt eine aufgeschlossene und wertschätzende Haltung gegenüber handwerklichen Leistungen an. Bei gemeinsamen Gestaltungsanliegen (z. B. jahreszeitlich dekorierte Räume oder Werkstücke) bringen sich alle Schülerinnen und Schüler entsprechend ihren individuellen Möglichkeiten zielgerichtet ein. Dabei praktizieren sie einen respektvollen Umgang miteinander und lernen ihre unterschiedlichen Ursprungskulturen schätzen.

Zusammenleben und Zusammenarbeiten
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Im Fachunterricht bringen sich die Schülerinnen und Schüler ihrer Persönlichkeit entsprechend im Team ein, indem sie ihre Ideen und Argumente zielführend in die Arbeit einfließen lassen. Beim projektorientierten Arbeiten übernehmen sie Verantwortung füreinander und leisten gegenseitige Hilfestellung bei der Bewältigung konkreter Handlungssituationen. Die wertschätzende gegenseitige Beratung verhilft ihnen zu einer Verbesserung des persönlichen Arbeitsverhaltens und einer Optimierung ihrer Arbeitsergebnisse.

Mediale Grundbildung
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Der Einsatz unterschiedlicher Medien ist im Rahmen des handelnden Wissenserwerbs ein selbstverständlicher Bestandteil des Fachunterrichts Werken und Gestalten. Mit dem Ziel, sich Informationen zu beschaffen, diese zu bewerten und ggf. zu verändern, verwenden die Schülerinnen und Schüler Arbeitsanleitungen und den Computer. Dabei beachten sie wesentliche rechtliche Bestimmungen zur Mediennutzung. Der Einsatz digitaler Techniken und Werkzeuge bietet einigen Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung nicht nur die Möglichkeit, ihre gestalterischen Fähigkeiten zu erweitern, sondern erstmals komplett selbständig gestalterisch tätig zu werden.

Motorik und Wahrnehmung
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Das Fach Werken und Gestalten stellt Schülerinnen und Schüler mit besonderen Förderbedürfnissen im Bereich der körperlichen und motorischen Entwicklung vor teilweise enorme Herausforderungen. Das Fach bietet zahlreiche Möglichkeiten, an der motorischen und wahrnehmungsbezogenen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu arbeiten und ggf. vorhandene Erfahrungsdefizite auszugleichen.

Für den Unterricht mit Schülerinnen und Schülern mit einer Körperbehinderung spielen zunächst die Form und der Grad der motorischen Beeinträchtigung eine entscheidende Rolle dafür, in welchem Maße sie überhaupt selbständig tätig werden können. In vielen Fällen wird es notwendig sein, hierfür gezielt Hilfsmittel zu adaptieren und therapeutische Methoden anzuwenden. Die Anzahl und die Anwendungsmöglichkeiten von Hilfsmitteln müssen in diesem Zusammenhang als überaus umfänglich erkannt werden, weshalb eine am Einzelfall orientierte interdisziplinäre Kooperation mit ergo- und physiotherapeutischer Professionalität geboten ist.

Zahlreiche Schülerinnen und Schüler am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung haben Einschränkungen in der Handmotorik. So beeinträchtigen sie etwa Schwierigkeiten bei der Kraftdosierung, der feinmotorischen Bewegungskoordination, ausfahrende Bewegungsmuster oder eine stark verlangsamte Bewegungsausführung in der Anwendung vielfältiger Werk- und Gestaltungstechniken sowie beim Einsatz von Werkzeugen. Teilweise können angepasste Griffe an Sägen, der Einsatz von Schraubstöcken und Halterungen etc. hier kompensatorisch wirken und ein selbständiges Arbeiten ermöglichen. Für die Schülerinnen und Schüler wird die regelmäßige Anwendung solcher Hilfen im Fach Werken und Gestalten auch insofern wichtig, als dass die Schülerinnen und Schüler den Umgang mit den adaptierten Hilfsmitteln zunächst erst erproben und erlernen müssen. Um sie fachgerecht und regelmäßig anwenden zu können, ist ein Bewährungsfeld notwendig, das das Fach Werken und Gestalten gemeinsam mit anderen praxisbezogene Fächern bieten kann: Es erlaubt es den Schülerinnen und Schülern, den Umgang mit neuen Hilfsmitteln auszuprobieren, einzuüben und sinnvoll anzuwenden.

Neben Hilfsmitteln muss auch die Sitz- bzw. Arbeitshaltung der Schülerinnen und Schüler planvoll an ihre Ausgangslage angepasst werden. Für die Adaption der Stühle und Tische an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler sind vielfältige Möglichkeiten gegeben. Auch der Arbeitsplatz ist abhängig von der Ausgangslage der jeweiligen Schülerinnen und Schüler, individuell vorzubereiten und zu strukturieren. Dadurch wird ein möglichst selbstgesteuertes Arbeiten und Lernen möglich.

Um den gestellten Aufgaben im Fach Werken und Gestalten begegnen zu können, müssen zahlreiche Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung aber auch lernen, personelle Unterstützung anzunehmen und diese gezielt einzusetzen, um für sie nicht ausführbare Arbeitstechniken anzuwenden. So kommt ihnen vermehrt die Aufgabe der gezielten Anleitung zu, während eine assistierende Kraft die beschriebenen Arbeiten ausführt.

Für die sonderpädagogische Unterrichtsplanung ist im Weiteren die gezielte Auswahl solcher Arbeitsformen und ‑techniken ausschlaggebend, die von den Schülerinnen und Schülern möglichst selbständig ausgeführt werden können. In diesem Zusammenhang kommt gerade dem Lernbereich mediale Grundbildung eine besonders wichtige Bedeutung zu.

Bei Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung treten neben rein motorischen Problemen oftmals aber auch wahrnehmungsbezogene Schwierigkeiten auf. So fallen häufig Besonderheiten in der Wahrnehmung der Raumlage, bei der räumlichen Orientierung sowie im Umgang mit raumbezogenen Maßen, Relationen und Begriffen auf. An dieser Stelle kann der Unterricht im Fach Werken und Gestalten durch ein gezieltes Eingehen auf diese Problematik förderlich für das Entwickeln raumbezogener Konzepte wirken. So werden raumbezogene Übungen, Verbalisierungen und Visualisierungen empfohlen, um schrittweise zu einem verbesserten Raumverständnis zu gelangen. Dies wird gleichsam als Grundlage für das dreidimensionale Bearbeiten von Werkstücken verstanden. Aufgrund der eingeschränkten Wahrnehmungsfähigkeit (z. B. der haptischen Rezeption) der Schülerinnen und Schüler mit einer Körperbehinderung ist das bewusste Thematisieren, Wahrnehmen und Benennen von Eigenschaften wie „weich“, „glatt“, „rau“ etc. notwendig, um Materialien bewusst und fachkundig auswählen und einsetzen zu können.

Denken und Lernstrategien
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Bewegungserfahrungen und praktisches Tätigsein haben für die kognitive Entwicklung grundlegenden Charakter. Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung können oft nur in verringertem Maß oder in anderer Form auf wesentliche Bewegungserfahrungen zurückgreifen. Daher sind praktische Fächer wie Werken und Gestalten dazu geeignet, Erfahrungsdefizite auszugleichen und handlungspraktische Kompetenzen zu fördern.

In Bezug auf ihre lebenspraktischen Fertigkeiten sind Schülerinnen und Schüler mit einer Körperbehinderung oftmals benachteiligt. Sie konnten weniger bzw. weniger differenzierte Handlungsschemata aufbauen. Viele Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung benötigen daher gezielte Unterstützung bei der Handlungsplanung. Dem muss der Unterricht im Fach Werken und Gestalten Rechnung tragen, indem beispielsweise Arbeitsprozesse in einzelne Teilschritte gegliedert und Schritt für Schritt ausgeführt werden. Mit der Zeit sollen die Schüler so befähigt werden, praktische Tätigkeiten planvoll und strukturiert auszuführen und Handlungspläne in Form von Anleitungen fachgerecht umzusetzen. Zudem lernen sie, personelle und technische Hilfen im Arbeitsprozess eigenverantwortlich und aktiv einzusetzen.

Den Schülerinnen und Schülern mit einer Körperbehinderung fällt es aus den beschriebenen Gründen oftmals schwer, eigene Leistungen und Ergebnisse realistisch und umfassend zu beurteilen. Deswegen ist es gerade für sie sinnvoll, Arbeitsprozesse und ‑ergebnisse regelmäßig anhand von Kriterien zu reflektieren.

Kommunikation und Sprache
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Förderbedürfnisse in der körperlichen und motorischen Entwicklung gehen oft einher mit Besonderheiten in der Sprache und Kommunikation. So setzen einige Schülerinnen und Schüler am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung Sprachausgabegeräte zur Kommunikation ein. Andere Schülerinnen und Schüler verfügen über eine eigene Verbalsprache aber sprechen beispielsweise weniger verständlich, verlangsamt oder müssen mehr Aufmerksamkeit und Energie für das Sprechen aufbringen.

In sprachlicher Hinsicht sind außerdem semantisch-lexikale Besonderheiten zu nennen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, haben Schülerinnen und Schüler mit einer körperlichen Beeinträchtigung oftmals Probleme in der Wahrnehmung der stofflichen Eigenschaften der Materialien. Diesbezüglich ist durch zusätzliche unterrichtliche Angebote und Lerntätigkeiten explizit an den Konzepten zu Begriffen wie „rau“, „glatt“, „weich“ etc. zu arbeiten.

Aufbauend darauf sollen die Schülerinnen und Schüler in Kommunikation über entstandene Werkstücke treten. Sie geben sich beispielsweise offen und wertschätzend Rückmeldung über ihre Arbeiten und nehmen Kritik zunehmend sachlich hin. Dabei spielt im Weiteren auch die Präsentation eigener Werkstücke eine wichtige Rolle. Schüler mit Problemen in der Verbalsprache wenden hierfür routiniert Techniken an, um ihren Vortrag bzw. die Kommunikation mit ihren Mitschülern zu meistern. Andere Schüler nutzen unterstützende oder alternative Kommunikationsformen, wie Talker oder Tablets etc.

Emotionen und soziales Handeln
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Schülerinnen und Schüler mit einer Körperbehinderung wachsen häufig in einem Abhängigkeitsverhältnis auf. In diesem Zusammenhang kann das selbstgesteuerte Herstellen und Gestalten von Werkstücken Erfolgserlebnisse vermitteln und Selbstwirksamkeit erlebbar machen. Auf diese Weise können die Arbeiten im Fach Werken und Gestalten positiven Einfluss auf das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen der Schülerinnen und Schüler haben und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen fördern. 

Auf der anderen Seite erleben vor allem Kinder und Jugendliche mit einer schweren körperlichen Beeinträchtigung beim Werken und Gestalten erneut die Abhängigkeit von Assistenz. In diesem Zusammenhang bietet der Unterricht in diesem Fach die Möglichkeit, notwendige persönliche Entwicklungsprozesse zu begleiten, wenn es darum geht, die eigenen motorischen Möglichkeiten kennenzulernen und persönliche Grenzen zu akzeptieren. Die Schülerinnen und Schüler erleben zudem, dass eine möglichst gezielte Anleitung unterstützender Personen eine Chance zur Teilhabe darstellt. Im Fach Werken und Gestalten realisiert sich diese in der Möglichkeit zu assistierten aber individuell gefertigten Werkstücken. 

Mit der Wertschätzung für eigene Werkstücke und die anderer geht die Entwicklung und Förderung sozialer Kompetenzen einher. Beim Werken und Gestalten ist es ein wesentlicher Bestandteil, mit anderen in Austausch über ihre Arbeiten zu treten. Dabei spielt die Wertschätzung und der Respekt vor der Leistung des anderen eine wesentliche Rolle, auch wenn gleichzeitig sachliche Kritik geäußert und angenommen werden soll. Der Unterricht bietet weiter die Möglichkeit, eigene Haltungen und Meinungen zu entwickeln und sie auf faire Weise einzubringen.

3 Aufbau des Fachlehrplans im Fach Werken und Gestalten
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Die entwicklungsbezogenen Kompetenzen in den Bereichen Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache, Emotionen und soziales Handeln bilden die Grundlage für den individuellen Kompetenzerwerb im Fach Werken und Gestalten.

Der Fachlehrplan untergliedert sich in die sechs Lernbereiche Gestaltung, kulturelle Zusammenhänge, Zusammenleben und Zusammenarbeiten, mediale Grundbildung, Arbeitstechniken und Arbeitsabläufe sowie Materialien, welche den Gegenstandsbereichen des Kompetenzstrukturmodells entsprechen. Die Lernbereiche, bestehend aus Kompetenzerwartungen und Inhalten, sind nicht chronologisch zu betrachten, sie werden stets miteinander verknüpft. Je nach Schwerpunktsetzung des Unterrichts werden sie unterschiedlich gewichtet.

4 Zusammenarbeit mit anderen Fächern
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Die Kompetenzerwartungen und die Inhalte des Faches Werken und Gestalten können in vielfältiger Weise zusammen mit anderen Fächern erarbeitet werden. Sinnvoll sind in der Grundschulstufe des Förderzentrums insbesondere Kooperationen mit den Fächern Kunst (z. B. Herstellung einer Applikation nach einem künstlerischen Vorbild) und dem Heimat- und Sachunterricht (z. B. Materialbereich Holz/Wald). Gemeinsam mit den Religionsfächern kann die Gestaltung traditioneller Objekte (z. B. Krippe) umgesetzt, können gemeinsam Feste (z. B. Weihnachten) kreativ bereichert werden. In der Mittelschulstufe des Förderzentrums mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung ist eine Kooperation mit dem Fach Wirtschaft und Beruf, z. B. im Bereich projektorientiertes Arbeiten sinnvoll.

Mehrsprachige Schülerinnen und Schüler werden beim Erwerb der Fachsprache dahingehend unterstützt, dass sie sich in deutscher Sprache über fachliche Inhalte austauschen und verständigen können.

Das Fach Werken und Gestalten bereitet die Schülerinnen und Schüler grundlegend auf die berufsorientierenden Wahlpflichtfächer Technik, Wirtschaft und Kommunikation sowie Ernährung und Soziales vor.

5 Beitrag des Faches Werken und Gestalten zu den übergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen
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Das Fach Werken und Gestalten verknüpft den Erwerb fachbezogener Kompetenzen mit verschiedenen schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen.

5.1 Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)
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Im Fach Werken und Gestalten arbeiten die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Materialien. Sie erkennen die Bedeutung eines ressourcenschonenden, umweltbewussten Umgangs und recyceln Materialabfälle entsprechend.

5.2 Berufliche Orientierung
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Vielfältige Einblicke in Bereiche des Handwerks bzw. Kunsthandwerks sowie der Umgang mit unterschiedlichen Werkstoffen und Werkzeugen ermöglichen den Schülerinnen und Schülern die Reflexion persönlicher Stärken und Interessen als wesentliche Grundlage einer Beruflichen Orientierung.

5.3 Kulturelle Bildung
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Die Schülerinnen und Schüler der Grundschulstufe des Förderzentrums führen traditionelle Kulturtechniken aus (z. B. Häkeln, Weben) und beteiligen sich aktiv an der Gestaltung ihrer häuslichen und schulischen Umwelt. Sie bekommen Einblicke in fremde Kulturen und durch den Vergleich handwerklicher Objekte aus der Heimat mit denen anderer Länder lernen die Kinder verschiedene Kulturen und Kulturtechniken schätzen.

Ab der Mittelschulstufe findet eine Auseinandersetzung mit Alltagsgegenständen, Trendprodukten oder Produkten des Kunsthandwerks statt und eröffnet den Schülerinnen und Schülern Zugänge zu Kultur sowie zum eigenen gestalterischen und handwerklichen Potenzial. Die Bildung des Bewusstseins für künstlerisches Schaffen und kulturelle Leistungen wird durch differenziertes Wahrnehmen und ästhetisches Gestalten ermöglicht.

5.4 Medienbildung/Digitale Bildung
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Die Schülerinnen und Schüler erwerben grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit dem Computer und weiteren digitalen Medien. Sie nutzen verschiedene Medien kritisch und verantwortungsbewusst. Sie setzen Suchmaschinen gezielt für den Fachbereich Werken und Gestalten ein, z. B. beim Suchen geeigneter Anleitungen für ein Arbeitsvorhaben. Dabei arbeiten sie mit aktuellen Informations- und Medienangeboten und beachten die rechtlichen Bestimmungen, z. B. Datenschutz, Urheberrecht.

5.5 Soziales Lernen
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Der praktische Unterricht im Fach Werken und Gestalten gibt Raum für vielfältige soziale Erfahrungen und Möglichkeiten, ihre Sozialkompetenz zu erweitern. Dies wird durch den Einsatz kooperativer Lernformen, verantwortlichen Handelns im Team und von Helfersystemen durchgängig gefördert. Hier können Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Lernbedürfnissen im gemeinsamen Arbeitsprozess Wertschätzung erfahren und positive Lernerfahrungen machen.

5.6 Sprachliche Bildung
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Der Fachunterricht Werken und Gestalten unterstützt durch vielfältige Kommunikations- und Reflexionsanlässe die Versprachlichung eigener und fremder Gedanken und fördert die Schülerinnen und Schüler bei der Entwicklung entsprechender Fachsprache.

5.7 Technische Bildung
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Die Schülerinnen und Schüler nutzen technische Geräte (z. B. Akkubohrer, Nähmaschine, Computer) zur Herstellung und Gestaltung werktechnischer und textiler Gegenstände und Printmedien. Sie reflektieren die Chancen und Risiken der technischen Entwicklung für sich und die Gesellschaft. Beim Umgang mit unterschiedlichen Materialien und Werkzeugen achten sie auf Maßnahmen zur Unfallverhütung und auf ergonomische Arbeitsweisen.

5.8 Werteerziehung
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Die Bildung eines reflektierten Urteils über gestaltete Alltagsgegenstände und Trendprodukte fördert Aufgeschlossenheit und Toleranz für andere und anderes. Respektvolles Verhalten untereinander und gegenüber der Leistungen Dritter sowie der wertschätzende Umgang mit Arbeitsmitteln leisten einen grundlegenden Beitrag zur Werteerziehung.