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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Vergleichsansicht

Vergleichsauswahl 2

Natur und Technik

1.1 Naturwissenschaftliche Phänomene untersuchen, erklären und bewerten

Das Fach Natur und Technik knüpft an die Ausgangslage der Schülerinnen und Schüler aus der Grundschulstufe an. Sie begegnen in ihrem täglichen Leben immer bewusster naturwissenschaftlichen Phänomenen und interessieren sich für deren Hintergründe und Zusammenhänge.

Der naturwissenschaftliche Unterricht in der Mittelschulstufe für Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt Sehen greift natürliche und technische Phänomene auf, die an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte anknüpfen und nutzt diesen schülerorientierten Zugang für den Aufbau und die Vertiefung von Kompetenzen der Erkenntnisgewinnung, des Kommunizierens und des Bewertens. Jede der drei Fachwissenschaften Physik, Chemie und Biologie trägt dazu ihre Sichtweise bei, um so eine zunehmende Vernetzung naturwissenschaftlichen Denkens, Wissens und der Erkenntnisgewinnung, die den Schlüsselfragen der Gegenwart und Zukunft Rechnung trägt, zu ermöglichen. Zu den einzelnen Inhalten bieten sich vielfältige Wege der Auseinandersetzung an, etwa durch originale Begegnung, eigenes Handeln (z. B. Experimentieren), den Einsatz der Sinne, emotionale Betroffenheit oder kooperative Lernformen und dies zunehmend selbständig. Durch unterschiedliche Herangehensweisen, eine Vielzahl an Sozialformen, handlungsorientierte Unterrichtseinheiten und offene, differenzierte Aufgabenstellungen kann den unterschiedlichen Veranlagungen, Lernvoraussetzungen und Entwicklungsniveaus der Schülerinnen und Schüler Rechnung getragen werden. Dies ermöglicht einen individuellen Kompetenzerwerb und Lernfortschritt sowie Entwicklungs- und soziale Integrationsprozesse.

Das Fach Natur und Technik leistet den Aufbau und die Vertiefung von Kompetenzen aus den drei naturwissenschaftlichen Fachbereichen. Das Interesse der Schülerinnen und Schüler an naturwissenschaftlichen Fragestellungen aus dem Alltag wird genutzt, um systematisch eine forschend-entwickelnde Haltung der Lernenden aufzubauen. Orientiert am Alter und Entwicklungsstand wird ein planvolles, systematisches und reflektiertes Vorgehen beim Entdecken, Beobachten und Erklären naturwissenschaftlicher Phänomene angestrebt. Die Schülerinnen und Schüler erhalten Zugänge zu den einzelnen Themen aus unterschiedlichen Perspektiven und entwickeln entsprechende Denkweisen und fachspezifische Arbeitsweisen. Die Inhaltsbereiche Optik, Akustik und Humangenetik haben für die Lebensbewältigung von Schülerinnen und Schülern mit Sehbehinderung oder Blindheit eine besondere Bedeutung und sollen daher besonders im Fokus stehen.

Um die erworbenen Kompetenzen auf ihren Alltag zu übertragen und um diesen selbständig und verantwortungsbewusst bewältigen zu können, kommt der hand-lungsorientierten und direkten Begegnung mit Tieren, Pflanzen, Naturphänomenen, Menschen, Werkzeugen, Gegenständen und Stoffen, aber auch außerschulischen Lernorten, wie regionalen Einrichtungen, Betrieben und Naturstandorten, eine wichtige Bedeutung zu. Dabei nutzen die Schülerinnen und Schüler reflektiert unterschiedliche Medien als Informationsquellen.

Schülerinnen und Schüler nutzen zum Kompetenzerwerb im Fach Natur und Technik Materialien, wie z. B. lebende Tiere und Pflanzen, Tierpräparate, Funktionsmodelle, Darstellungen mit Materialmix in 2D oder 3D, tastbare, mit der Tiefziehpresse hergestellte Darstellungen, Schwellkopien, Zeichenfolien, vergrößerte und kontrastreiche Kopien.

Um eine wiederholte Begegnung mit den Lerninhalten zu ermöglichen, sind z. B. die Tierpräparate, Funktionsmodelle oder Darstellungen für die Schülerinnen und Schüler im Unterricht präsent, leicht zugänglich und stehen ihnen für einen längeren Zeitraum zur Verfügung.

1.2 Bedeutung der Nachhaltigkeit

Mit zunehmendem Alter werden sich die Schülerinnen und Schüler der Probleme, die sich aus der Wechselwirkung von Mensch und Umwelt ergeben, immer bewusster. Ausgehend von ihrer eigenen Lebenswirklichkeit beschäftigen sie sich mit der Problematik des steigenden Energiebedarfs und verschiedenen Formen der Umweltzerstörung. So reflektieren sie die Notwendigkeit nachhaltigen Handelns. Sie beschäftigen sich mit verschiedenen Formen der Schädigung und Zerstörung der Umwelt und werden mit der Problematik des steigenden Energiebedarfs und der damit verbundenen zunehmenden Energieumwandlung konfrontiert.

In der medialen Auseinandersetzung mit diesen aktuellen Inhalten sowie im Austausch mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern setzen sie sich mit unterschiedlichen Perspektiven (z. B. ökologisch, ökonomisch, sozial) und Lösungsansätzen auseinander. Der naturwissenschaftliche Unterricht  gibt Hilfestellungen, um Interessenskonflikte zu erkennen und sich eine eigene begründete Meinung im Sinne des nachhaltigen Umganges mit der Erde zu bilden. Zudem sollen die Heranwachsenden Handlungskompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichen, sich in ihrem täglichen Leben aktiv für den Schutz des menschlichen Lebens, den Schutz der Umwelt und eine nachhaltige, zukunftsorientierte Lebensweise einzusetzen.

1.3 Beitrag des Faches Natur und Technik zur Bildung

Durch den Unterricht des Faches Natur und Technik erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Einblick in Chancen und Risiken naturwissenschaftlich-technischer Entwicklungen und erwerben sowohl inhaltsbezogene als auch prozessbezogene naturwissenschaftliche Kompetenzen. Diese stellen die Grundlage für ein differenziertes Weltverständnis und den späteren Übertritt in einen technischen Beruf oder an eine andere weiterführende Schule dar.

Die Schülerinnen und Schüler begegnen mit Staunen und Bewunderung der Schönheit der Natur und der Einzigartigkeit jedes Individuums. Diese Erfahrungen sollen sie befähigen, wechselseitige Beziehungen zwischen Mensch, Natur und Umwelt zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Vor dem Hintergrund des nachhaltigen Umganges mit den natürlichen Ressourcen sollen sie sich der Verantwortung für ihr tägliches Leben bewusst werden, das seinen tiefen Sinn in der Achtung vor der belebten und unbelebten Natur erhält.

Schülerinnen und Schüler wählen Materialien und Methoden in Abhängigkeit von ihrer individuellen visuellen und/oder taktilen Wahrnehmungsfähigkeit aus. Sie arbeiten z. B. mit Stoffen bzw. Stoffproben, die deutlich erfahrbar und klassifizierbar sind. Sie setzen bei der Ausführung von Experimenten adaptierten Geräte ein (Tastbarkeit, Farbgestaltung, Beschriftung, Beschriftungsgröße, Sprachausgabe) und verwenden auch audiovisuelle Medien (Zeitlupe, Geräuschaufnahmen, Vergrößerung, Einzelbild). Die Lehrkraft achtet darauf, dass die Informationen visuell und/oder taktil erfassbar sind und reduziert diese ggf.

2.1 Kompetenzstrukturmodell

Kompetenzstrukturmodell Natur und Technik

Die im Kompetenzstrukturmodell aufgeführten Gegenstandsbereiche werden vernetzt aus physikalischer, chemischer und biologischer Perspektive betrachtet. Im Fachlehrplan ergeben sich daraus vier Lernbereiche, die eine Herangehensweise aus den genannten Perspektiven ermöglichen.

Das Kompetenzstrukturmodell des Faches Natur und Technik orientiert sich an den Kompetenzerwartungen der jeweiligen Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss (2004) in den Fächern Physik, Chemie und Biologie der Kultusministerkonferenz. Im äußeren Kreis werden die prozessbezogenen Kompetenzbereiche dargestellt. Diese, für die drei naturwissenschaftlichen Fächer in den Bildungsstandards gemeinsam formulierten Bereiche, wurden für das Fach Natur und Technik übernommen. Im inneren Kreis werden die Gegenstandsbereiche des Faches dargestellt. Diese Inhaltsdimension wird in den Bildungsstandards der Fächer Physik, Chemie und Biologie durch elf Basiskonzepte definiert, die das Strukturmodell des Faches Natur und Technik aufgreift und in sechs Gegenstandsbereiche bündelt. Im Unterricht sind beide Dimensionen miteinander verknüpft, sodass die Schülerinnen und Schüler in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Gegenstandsbereichen ihre prozessbezogenen Kompetenzen auch in methodischer Hinsicht erweitern. Das Kompetenzstrukturmodell für das Fach Natur und Technik ist für die Modelle der naturwissenschaftlichen Fächer der anderen Schularten anschlussfähig.

Das Kompetenzstrukturmodell des Faches Natur und Technik erhält eine Erweiterung durch die vier Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache sowie Emotionen und soziales Handeln, deren Zusammenwirken erfolgreiche Lernprozesse ermöglicht. Die persönlichen Ressourcen in den Entwicklungsbereichen sind die Grundlage für die Planung und Gestaltung von Lernsituationen. Dadurch ergeben sich Hinweise und Impulse für die kriterienorientierte Schülerbeobachtung und für die Feststellung des individuellen Entwicklungsstandes.

Erkenntnisse gewinnen

Zum Verständnis von naturwissenschaftlichen Erscheinungen, Strukturen, Funktionen, Entwicklungen und Zusammenhängen wenden die Schülerinnen und Schüler am naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozess orientierte Vorgehensweisen an (z. B. Beobachten, Vergleichen, Vermuten, Experimentieren, Nutzung und Entwicklung von Modellen sowie zusätzlich Erklären und Informationsentnahme aus Texten). Der Durchführung von Schülerversuchen kommt an dieser Stelle eine große Bedeutung zu, da sich die Schülerinnen und Schüler dabei naturwissenschaftliche Sachverhalte in besonderem Maße handlungsorientiert erschließen und die fachgemäßen Arbeitsweisen einüben und vertiefen können. Diese ermöglichen ihnen, ihr Wissen zunehmend selbständig zu erweitern und auszubauen, um sich in der immer komplexer werdenden Welt zu orientieren.

Kommunizieren

Die Schülerinnen und Schüler wenden, ausgehend von der Alltagssprache, Fachbegriffe, chemische Formelsprache, Mathematisierungen und verschiedene Darstellungsformen (z. B. Graphen, Tabellen) zur Erschließung von Informationen, zur Dokumentation, zum Austausch und zur Präsentation ihrer Überlegungen und Erkenntnisse sicher an. Dabei nutzen sie unterschiedliche Informationsquellen und Medien. Sie arbeiten in kooperativen Lernformen und zunehmend selbständig.

Bewerten

Die Schülerinnen und Schüler reflektieren und bewerten die Bedeutung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse für technische Anwendungen, die Umwelt, die Gesellschaft und ihre Person. Sie verstehen die Reichweite dieser Erkenntnisse für die Entfaltung von Weltbildern und klären deren Bedeutung für die Entwicklung von Normen mit Blick auf ein verantwortungsvolles, nachhaltiges Handeln in der Zukunft, für sich, die Gesellschaft und Umwelt.

2.3 Gegenstandsbereiche

Die sechs im Kompetenzstrukturmodell des Faches Natur und Technik dargestellten Gegenstandsbereiche greifen die in den Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss in den Fächern Physik, Chemie und Biologie definierten elf Basiskonzepte auf und bündeln diese.

System

Physikalische Systeme beschäftigen sich mit physikalischen Objekten, die sich als Ganzes in wohl definierter Weise von ihrer Umgebung abgrenzen lassen. In der Biologie wird unter System die systemische Betrachtung der lebendigen Natur (Biosysteme) verstanden. Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich im Unterricht mit Bestandteilen und Ebenen verschiedener biologischer und physikalischer Systeme. Sie erfahren, dass Systeme spezifische Eigenschaften besitzen und dass ihre Bestandteile untereinander in Wechselwirkung stehen, aber auch in Beziehung zu anderen Systemen.

Struktur, Eigenschaft und Funktion

Um Systeme und deren Funktion bzw. Entwicklung verstehen zu können, bedarf es als Grundlage das Erfassen, Ordnen und Wiedererkennen von Strukturen. Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich mit strukturellen und funktionellen Grundbaueinheiten, aber auch mit verschiedenen Systemeigenschaften, die durch Struktur, Eigenschaft und Funktion gekennzeichnet sind. Sie beschreiben und begründen Ordnungsprinzipien, nutzen Modelle zur Deutung von Stoffeigenschaften auf Teilchenebene und schließen aus den Eigenschaften der Stoffe auf ihre Verwendungsmöglichkeiten und die damit verbundenen Vor- und Nachteile.

Entwicklung

Im Unterricht des Faches Natur und Technik beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler sowohl mit der Individualentwicklung als auch mit der evolutionären Entwicklung und mit den darauf einwirkenden Umwelteinflüssen. In der Auseinandersetzung mit der eigenen Individualentwicklung lernen sie den Wert des Lebens zu schätzen und auf einen verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Körper zu achten.

Materie

Indem sich die Schülerinnen und Schüler mit den Aggregatzuständen und deren Veränderung durch äußere Einflüsse beschäftigen, entdecken sie Regelhaftigkeiten sowie Beziehungen in der Natur, die im Aufbau und in der Struktur der Materie begründet liegen. Sie erkennen, dass sich Stoffe durch spezifische Eigenschaften charakterisieren lassen und dass Körper und Stoffe aus Teilchen bestehen. Auf submikroskopischer Ebene lernen sie den Bau von Stoffen kennen. Atom- und Bindungsmodelle helfen ihnen dabei, den strukturierten Aufbau der Materie nachzuvollziehen.

Energie und Reaktion

Im naturwissenschaftlichen Unterricht der Mittelschulstufe werden die Schülerinnen und Schüler zu einem nachhaltigen Umgang mit Energie angeleitet. Hierzu lernen sie verschiedene Arten der Energieumwandlung aus fossilen und regenerativen Quellen und deren Vor- und Nachteile kennen. Sie beschreiben die damit verbundenen Umwandlungen von Energieformen und erkennen, dass die Gesamtheit der Energie dabei erhalten bleibt. Chemische Reaktionen lernen die Schülerinnen und Schüler als Stoff- und Energieumwandlungen kennen, die auf der Veränderung von Teilchen und dem Umbau von Bindungen basieren. Stoffkreisläufe und Stoffwechselvorgänge erkennen sie als Systeme chemischer Reaktionen.

Wechselwirkung

Körper können miteinander in Wechselwirkung treten. Eingebettet in lebensnahe Situationen lernen die Schülerinnen und Schüler verschiedene Arten der Wechselwirkung kennen, z. B. beim Aufeinandertreffen von Körpern (Verformung, Änderung der Bewegung), bei der Wirkung von Körpern aufeinander durch Felder (Magnetismus, Elektromagnetismus) und bei der Wechselwirkung von Strahlung und Materie sowie der Veränderung derselben (Radioaktivität, Wärmestrahlung).

2.4 Perspektiven

Ausgehend von der Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler werden die im Unterricht des Faches Natur und Technik behandelten Phänomene unter verschiedenen fachwissenschaftlichen Perspektiven themenzentriert betrachtet. Die folgenden Perspektiven beschreiben, unter welchem Schwerpunkt die Auseinandersetzung mit einem Sachthema erfolgt:

  • physikalische Perspektive
  • chemische Perspektive
  • biologische Perspektive

Die Berücksichtigung der verschiedenen Perspektiven ermöglicht vielfältige Zugänge zu einem Thema und einem nachhaltigen, stark vernetzten Kompetenzerwerb über die Gegenstandsbereiche hinweg. So entstammt der Lernbereich Lebensgrundlage Kohlenstoff den Gegenstandsbereichen Struktur, Eigenschaft und Funktion und Energie und Reaktion, in welchen besonders die chemische Perspektive zum Tragen kommt. Gleichzeitig wird dieses Thema aber auch unter physikalischer Perspektive (z. B. Energieumwandlung, Energieentwertung) und biologischer Perspektive (z. B. nachhaltiger Umgang mit Energie, Umweltverschmutzung, Treibhauseffekt) betrachtet.

Motorik und Wahrnehmung

Motorische Fähigkeiten und Wahrnehmungsprozesse sind die Grundvoraussetzung für die Bildung von kognitiver Struktur. Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpuntkt Sehen erfassen Inhalte im naturwissenschaftlichen Bereich in Abhängigkeit von ihren individuellen visuellen und/oder taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten. Sie erwerben Kompetenzen auch anhand von in ihrer Komplexität reduzierten und ggf. adaptierten Inhalten und Materialien.

Die Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt Sehen erkennen und benennen Eigenschaften von Objekten anhand visueller oder taktiler Merkmale und unterscheiden diese beim Ordnen. Sie beschreiben und bewerten relevante Details aus einem Ganzen, indem sie z. B. auch die Beschaffenheit von Objekten taktil wahrnehmen und diskriminieren. Die Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt Sehen erwerben Strategien mithilfe derer sie sich visuell Beobachtetes, taktil Erfasstes und auditiv Erfahrenes einprägen, um diese Erfahrungen z. B. bei der Ausführung von Experimenten anzuwenden. Sie beschreiben Wahrnehmungsprozesse und nutzen die ihnen verfügbaren Sinne, um Sachverhalte ganzheitlich zu erfassen.

Denken und Lernstrategien

Aufmerksamkeit, Symbolverständnis, Begriffsbildung, Kategorienbildung und Strukturierungsfähigkeit sind Grundlagen von Denkprozessen. In Abhängigkeit von ihrer individuellen visuellen und/oder taktilen Wahrnehmungsfähigkeiten wenden Schülerinnern und Schüler ein hohes Maß an Zeit auf, um Kompetenzen zu erwerben und sich Inhalte anzueignen. Dafür wählen sie aus einer Vielzahl adaptierter Materialien und Geräte die für sie geeigneten aus und wenden sie selbständig an, damit ihnen Inhalte in angemessener Form zugänglich sind.

Die Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt Sehen finden Ordnungsmerkmale und Oberbegriffe, merken sich Sammelaufträge und Ordnungskategorien und planen Handlungsziele und -schritte. Hierfür richten sie die Aufmerksamkeit gezielt auf einen Gegenstand oder eine Situation, planen eine Beobachtung, organisieren diese und führen sie sorgfältig durch. Die Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt Sehen stellen Wenn-dann-Beziehungen her, leiten problemorientierte Fragen ab und verwenden gezielt W-Fragen. Sie merken sich Zielvorgaben und wesentliche Inhalte und schätzen mögliche Effekte und Reaktionen der geplanten Handlung ab.

Für die Erweiterung und Überprüfung ihrer Begriffsbildung nutzen Schülerinnen und Schüler konkrete Handlungserfahrungen, Realbegegnungen sowie adaptierte Medien.

Lernen ist eine produktiv-konstruktive Leistung, die Selbstreflexion, Planungshandeln, Einsatz von Lernstrategien, Abstraktionsfähigkeit und Zielbewusstsein erfordert, um ein Verstehen zu ermöglichen. Bei der Anbahnung der gezielten Beobachtung, der Entwicklung wissenschaftlicher Fragestellungen und der Überprüfung, sollte der aktive Prozess des Lernens Berücksichtigung finden.

Kommunikation und Sprache

Situationsangemessene kommunikative und sprachliche Kompetenzen sind ein wichtiger Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben. Durch das gemeinsame Reflektieren der Zusammenhänge naturwissenschaftlicher Sachverhalte oder die längerfristigen Kooperationen mit außerschulischen Partnern (u. a. Naturschutzverbände, Museen, Landwirten) erwerben die Schülerinnen und Schüler (fach-)sprachliche und kommunikative Kompetenzen. Sie wenden diese auch gezielt an, um z. B. ihren Unterstützungsbedarf zu beschreiben und um Hilfe zu bitten sowie die Grenzen ihrer individuellen visuellen und/oder taktilen Wahrnehmungsfähigkeit zu beschreiben.

Emotionen und soziales Handeln

Für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft, aber auch für die persönliche und berufliche Teilhabe sind emotionale und soziale Fähigkeiten von grundlegender Bedeutung. In dem Fach Natur und Technik erwerben die Schülerinnen und Schüler die Einsicht, dass natürliche und technische Phänomene unser Zusammenleben stark beeinflussen. Die Gefahren und Möglichkeiten der Veränderungen können gemeinsam erkannt bzw. genutzt werden.

3 Aufbau des Fachlehrplans im Fach Natur und Technik

Die entwicklungsbezogenen Kompetenzen in den Bereichen Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache und Emotionen und soziales Handeln bilden die Grundlage für den individuellen Kompetenzerwerb im Fach Natur und Technik.

Der Fachlehrplan gliedert sich in die vier Lernbereiche:

  • naturwissenschaftliches Arbeiten
  • Lebensgrundlage
  • Mensch und Gesundheit
  • Materie, Stoffe und Technik

Der erste Lernbereich enthält fachspezifische Methodenkompetenzen, welche die Schülerinnen und Schüler im Laufe des Schuljahrs erwerben. Diese werden an geeigneten Stellen anhand der Inhalte aus den anderen drei Lernbereichen angebahnt. Um das Interesse der Schülerinnen und Schüler an naturwissenschaftlichen Themen zu wecken und zu fördern, beziehen sich die exemplarisch ausgewählten Lehrplaninhalte vor allem auf Phänomene, deren Lebensbedeutsamkeit einsichtig ist. Die Fachwissenschaften Physik, Chemie und Biologie tragen jeweils aus ihrer Perspektive Erkenntnisse und Methoden zur Klärung der Fragen bei und unterstützen so eine vielfältige Vernetzung. Die Anordnung der Lernbereiche stellt keine Aussage über deren Wertigkeit und keine Vorgabe für eine zeitliche Abfolge im Unterricht dar.

Der Fachlehrplan für die Mittlere-Reife-Klassen sieht, sowohl bei den prozessbezogenen Kompetenzen als auch bei den Lerninhalten, ein erhöhtes Anforderungsniveau vor, um den Kompetenzerwartungen der Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss zu genügen. Auch hier wird von der Lehrkraft der Lernbereich der entwicklungsbezogenen Kompetenzen berücksichtigt.

4 Zusammenarbeit mit anderen Fächern

Das Fach Natur und Technik behandelt Phänomene aller drei Naturwissenschaften und bietet durch die unterschiedlichen Perspektiven, die in die Behandlung der einzelnen Lernbereiche einfließen, eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten für andere Fächer. In diesen können die erworbenen Kompetenzen und Inhalte aufgegriffen und um weitere fachwissenschaftliche Perspektiven erweitert werden. Im Gegenzug werden erworbene Kompetenzen aus anderen Fächern im Fach Natur und Technik vertieft und finden eine Verknüpfung mit naturwissenschaftlichen Inhalten.

In den Fächern Ethik und Evangelische sowie Katholische Religionslehre werden Themen, die das Leben an sich und die Wertschätzung jedes Individuums betreffen (z. B. bezüglich des Umgangs mit Sexualität, Krankheit und Tod sowie Chancen und Risiken der Gentechnik) unter ethisch-moralischen Gesichtspunkten betrachtet und können so den Aufbau von Werthaltungen und Normen bei den Schülerinnen und Schülern unterstützen.

Themen zur Gesunderhaltung des eigenen Körpers und zur Körperhygiene stehen in engem Bezug zur praktischen Umsetzung im Sportunterricht. Dieser kann den Schülerinnen und Schülern Perspektiven zu einer aktiven und gesundheitsfördernden Freizeitgestaltung bieten.

Der Umgang mit Formeln, einfache naturwissenschaftliche Mathematisierungen sowie das Anfertigen und das Auswerten von Diagrammen stehen in enger Verbindung zum Fach Mathematik. Erworbene Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen der Physik (z. B. Elektrizität, Magnetismus, Mechanik) bilden eine wichtige Grundlage für die Planung und die Anfertigung von einfachen technischen Werkstücken und für das Verständnis der Funktion verschiedener im Fach Technik verwendeter Maschinen und Werkzeuge.

Im Fach Geschichte/Politik/Geographie werden verschiedene naturwissenschaftliche Themen durch geographische, historische oder soziologische Sichtweisen ergänzt. Zur Förderung nachhaltigen Denkens und Handelns finden sich sowohl hier als auch im Fach Wirtschaft und Beruf weitere Verbindungen.

Zu dem Fach Deutsch besteht eine besonders enge Verbindung. Kompetenzen dieser Fächer aus den Bereichen Sprechen und Zuhören, Schreiben und Lesen sowie der Umgang mit Texten und Medien sind Grundlage für Erkenntnisgewinnung, Kommunikation und Bewertung im Fach Natur und Technik. Beim Erschließen und Verfassen von Sachtexten und diskontinuierlichen Texten werden Lese- und Schreibkompetenzen fachbezogen und schülergemäß angewendet und systematisch eingeübt. Bei der Präsentation von Arbeitsergebnissen, der Bewertung und Reflexion von Lerninhalten erweitern und stärken die Schülerinnen und Schüler ihre Kompetenzen in den Bereichen Sprechen und Zuhören. Mehrsprachige Schülerinnen und Schüler werden beim Erwerb der Fachsprache dahingehend unterstützt, dass sie sich in deutscher Sprache über fachliche Inhalte austauschen und verständigen können.

5 Beitrag des Faches Natur und Technik zu den übergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen

Die unterschiedlichen Perspektiven, unter denen naturwissenschaftliche Phänomene im Fach Natur und Technik betrachtet werden, bieten Anknüpfungsmöglichkeiten für eine Vielzahl von übergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen.

5.1 Werteerziehung

Im Unterricht des Faches Natur und Technik setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit Auswirkungen des menschlichen Handelns auf Mitmenschen, Umwelt und sich selbst auseinander. Sie betrachten menschliches Handeln unter der Perspektive der Würde eines jeden Lebewesens, erwerben Werte und Normen, die sie zur selbständigen und verantwortlichen Gestaltung ihres schulischen und persönlichen Lebens befähigen und erleben das Leben als wertvoll und schützenswert. Mit Blick auf die Inklusion spielt dabei das Recht von Menschen mit Beeinträchtigung auf Entfaltung der geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten und der individuellen Begabungen und Neigungen sowie das Ermöglichen einer gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe eine zentrale Rolle.

5.2 Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)

Die Schülerinnen und Schüler begegnen in unserer global vernetzten Welt einer großen Zahl von ökologischen Problemen und setzen sich mit den vielfältigen, damit verbundenen Ziel- und Interessenskonflikten auseinander. Sie reflektieren die wechselseitigen Abhängigkeiten von Mensch und Umwelt, immer auch unter dem Aspekt, welchen Beitrag der Einzelne zum Erhalt der Lebensgrundlagen leisten kann.

5.3 Alltagskompetenz und Lebensökonomie

Durch eine pragmatische, praxisorientierte Vermittlung und Einübung von Alltagskompetenzen erlangen die Schülerinnen und Schüler im Fach Natur und Technik Grundfähigkeiten und Fertigkeiten aus den Bereichen Gesundheit und Ernährung sowie Umwelt und Nachhaltige Entwicklung. Diese helfen ihnen, allgemeine Anforderungen des Alltags zu bewältigen und langfristige Planungen nachhaltig und haushaltsökonomisch auszurichten.

5.4 Gesundheitsförderung

Das Fach Natur und Technik unterstützt die Schülerinnen und Schüler bei der Ausbildung einer positiven Haltung zum eigenen Körper und hilft ihnen, ein eigenverantwortliches und sinnerfülltes Leben zu führen. Dazu reflektieren sie Ernährungsgewohnheiten, begründen gesundheitsfördernde Verhaltensweisen, sind sich der Gefahren durch Genussmittel und Drogen bewusst und erwerben ein grundlegendes Verständnis von Hygiene. Durch die einfühlsame und umfassende Auseinandersetzung mit Krankheit und Behinderung können sie körperlichen und seelischen Belastungssituationen souveräner und selbstbewusster begegnen, erlangen Empathie für Betroffene und können Hilfsbereitschaft offener zeigen.

5.5 Technische Bildung

Zur Technischen Bildung trägt der naturwissenschaftliche Unterricht bei, indem sich Schülerinnen und Schüler mit den Zielen und Funktionen, Begriffen und Strukturen technischer Entwicklungen beschäftigen. In der Auseinandersetzung mit den Chancen und Gefahren des technischen Fortschritts erkennen sie die Bedeutung des schonenden Umgangs mit den begrenzten Ressourcen und erwerben die Fähigkeit, verantwortlich und nachhaltig mit Technik umzugehen.

5.6 Medienbildung/Digitale Bildung

Die Schülerinnen und Schüler nutzen verschiedene Medien (Hör-, digitale und Printmedien) kritisch und verantwortungsbewusst. Sie entwickeln ein Verständnis für die Funktionsweise digitaler Systeme und vergleichen, beurteilen und reflektieren deren Gebrauch. Sie recherchieren zielgerichtet naturwissenschaftliche Sachverhalte und präsentieren ihre Arbeitsergebnisse sach- und adressatengerecht auch unter Verwendung digitaler Techniken. Dabei beachten die Schülerinnen und Schüler die rechtlichen Bestimmungen, wie Datenschutz und Urheberrecht.

5.7 Familien- und Sexualerziehung

Zur Familien- und Sexualerziehung leistet das Fach Natur und Technik in der Phase der körperlichen und seelischen Veränderungen während der Pubertät einen wichtigen Beitrag. Die Schülerinnen und Schüler erwerben fundiertes Wissen zu Fragen der menschlichen Sexualität, Liebe, Partnerschaft und Familie. Präventiv setzen sie sich mit den Gefahren durch HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten auseinander. So erleben sie ihre individuelle Entwicklung nicht unvorbereitet und können durch die Ausbildung eines gesunden Körper- und Selbstbewusstseins ihre Geschlechtlichkeit positiv annehmen.

5.8 Verkehrserziehung

Mit zunehmendem Alter nehmen die Schülerinnen und Schüler in vielfältigen Formen am Straßenverkehr teil. Der Unterricht des Faches Natur und Technik soll den Schülerinnen und Schülern helfen, Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen, Gefahren im Straßenverkehr zu erkennen sowie Verständigungszeichen und ‑regeln anzuwenden. Durch das Einüben grundsätzlicher Regeln im Straßenverkehr lernen sie zunehmend Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.

Die Schülerinnen und Schüler bewegen und orientieren sich im Straßenverkehr, indem sie ihre individuellen visuellen Seheinschränkungen verantwortlich berücksichtigen, rechtliche Regelungen beachten sowie Eigen- und Fremdgefährdung vermeiden und Fähigkeiten und Kenntnisse aus dem Training Orientierung und Mobilität anwenden.

5.9 Berufliche Orientierung

Im Fach Natur und Technik erlangen die Schülerinnen und Schüler Fähigkeiten und Fertigkeiten, die in beruflichen Bereichen Anwendung finden. Dadurch trägt das Fach dazu bei, Berufsbilder kennenzulernen und eigene Begabungen zu entdecken, um so eine klarere Vorstellung über eigene Wünsche und Kompetenzen in Bezug auf mögliche Berufsfelder zu erhalten.

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