Das Fach Werken und Gestalten stellt Schülerinnen und Schüler mit besonderen Förderbedürfnissen im Bereich der körperlichen und motorischen Entwicklung vor teilweise enorme Herausforderungen. Das Fach bietet zahlreiche Möglichkeiten, an der motorischen und wahrnehmungsbezogenen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu arbeiten und ggf. vorhandene Erfahrungsdefizite auszugleichen.
Für den Unterricht mit Schülerinnen und Schülern mit einer Körperbehinderung spielen zunächst die Form und der Grad der motorischen Beeinträchtigung eine entscheidende Rolle dafür, in welchem Maße sie überhaupt selbständig tätig werden können. In vielen Fällen wird es notwendig sein, hierfür gezielt Hilfsmittel zu adaptieren und therapeutische Methoden anzuwenden. Die Anzahl und die Anwendungsmöglichkeiten von Hilfsmitteln müssen in diesem Zusammenhang als überaus umfänglich erkannt werden, weshalb eine am Einzelfall orientierte interdisziplinäre Kooperation mit ergo- und physiotherapeutischer Professionalität geboten ist.
Zahlreiche Schülerinnen und Schüler am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung haben Einschränkungen in der Handmotorik. So beeinträchtigen sie etwa Schwierigkeiten bei der Kraftdosierung, der feinmotorischen Bewegungskoordination, ausfahrende Bewegungsmuster oder eine stark verlangsamte Bewegungsausführung in der Anwendung vielfältiger Werk- und Gestaltungstechniken sowie beim Einsatz von Werkzeugen. Teilweise können angepasste Griffe an Sägen, der Einsatz von Schraubstöcken und Halterungen etc. hier kompensatorisch wirken und ein selbständiges Arbeiten ermöglichen. Für die Schülerinnen und Schüler wird die regelmäßige Anwendung solcher Hilfen im Fach Werken und Gestalten auch insofern wichtig, als dass die Schülerinnen und Schüler den Umgang mit den adaptierten Hilfsmitteln zunächst erst erproben und erlernen müssen. Um sie fachgerecht und regelmäßig anwenden zu können, ist ein Bewährungsfeld notwendig, das das Fach Werken und Gestalten gemeinsam mit anderen praxisbezogene Fächern bieten kann: Es erlaubt es den Schülerinnen und Schülern, den Umgang mit neuen Hilfsmitteln auszuprobieren, einzuüben und sinnvoll anzuwenden.
Neben Hilfsmitteln muss auch die Sitz- bzw. Arbeitshaltung der Schülerinnen und Schüler planvoll an ihre Ausgangslage angepasst werden. Für die Adaption der Stühle und Tische an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler sind vielfältige Möglichkeiten gegeben. Auch der Arbeitsplatz ist abhängig von der Ausgangslage der jeweiligen Schülerinnen und Schüler, individuell vorzubereiten und zu strukturieren. Dadurch wird ein möglichst selbstgesteuertes Arbeiten und Lernen möglich.
Um den gestellten Aufgaben im Fach Werken und Gestalten begegnen zu können, müssen zahlreiche Schülerinnen und Schüler im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung aber auch lernen, personelle Unterstützung anzunehmen und diese gezielt einzusetzen, um für sie nicht ausführbare Arbeitstechniken anzuwenden. So kommt ihnen vermehrt die Aufgabe der gezielten Anleitung zu, während eine assistierende Kraft die beschriebenen Arbeiten ausführt.
Für die sonderpädagogische Unterrichtsplanung ist im Weiteren die gezielte Auswahl solcher Arbeitsformen und ‑techniken ausschlaggebend, die von den Schülerinnen und Schülern möglichst selbständig ausgeführt werden können. In diesem Zusammenhang kommt gerade dem Lernbereich mediale Grundbildung eine besonders wichtige Bedeutung zu.
Bei Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung treten neben rein motorischen Problemen oftmals aber auch wahrnehmungsbezogene Schwierigkeiten auf. So fallen häufig Besonderheiten in der Wahrnehmung der Raumlage, bei der räumlichen Orientierung sowie im Umgang mit raumbezogenen Maßen, Relationen und Begriffen auf. An dieser Stelle kann der Unterricht im Fach Werken und Gestalten durch ein gezieltes Eingehen auf diese Problematik förderlich für das Entwickeln raumbezogener Konzepte wirken. So werden raumbezogene Übungen, Verbalisierungen und Visualisierungen empfohlen, um schrittweise zu einem verbesserten Raumverständnis zu gelangen. Dies wird gleichsam als Grundlage für das dreidimensionale Bearbeiten von Werkstücken verstanden. Aufgrund der eingeschränkten Wahrnehmungsfähigkeit (z. B. der haptischen Rezeption) der Schülerinnen und Schüler mit einer Körperbehinderung ist das bewusste Thematisieren, Wahrnehmen und Benennen von Eigenschaften wie „weich“, „glatt“, „rau“ etc. notwendig, um Materialien bewusst und fachkundig auswählen und einsetzen zu können.