Wirtschaft und Beruf
1.1 Leitfach im Lernfeld Berufsorientierung
Das Unterrichtsfach Wirtschaft und Beruf sowie die berufsorientierenden Wahlpflichtfächer Technik, Ernährung und Soziales, Wirtschaft und Kommunikation sowie das Fach Werken und Gestalten und das Wahlfach Buchführung bilden das Lernfeld Berufsorientierung. Wirtschaft und Beruf hat darin die Funktion eines Leitfaches. Es wirkt mit theoretischen und praktischen Kompetenzerwartungen und Inhalten in die berufsorientierenden Wahlpflichtfächer und im fächerübergreifenden Sinn auch in weitere Fächer hinein.
1.2 Ziele und inhaltliche Schwerpunkte
Vorrangiges Bildungsziel des Faches Wirtschaft und Beruf ist es, die Schülerinnen und Schüler auf jene von Arbeit geprägten Bereiche vorzubereiten, in denen sie in Zukunft als Erwerbstätige, als Produzentinnen und Produzenten von Gütern und Dienstleistungen, als Verbraucherinnen bzw. Verbraucher sowie Wirtschaftsbürgerinnen und Wirtschaftsbürger leben werden.
Das Fach Wirtschaft und Beruf beginnt in Jahrgangsstufe 5 und knüpft an Themenbereiche der Grundschulstufe an. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler besonders in grundlegenden und fachspezifischen Methoden bzw. Arbeitstechniken wie Beobachten, Befragen, Interviewen, Beschreiben, Auswerten und Erkunden geschult. Somit legt das Fach Wirtschaft und Beruf die Basis für ein Methodencurriculum.
Die Schülerinnen und Schüler erwerben ein grundlegendes Verständnis in den Bereichen Arbeit, Wirtschaft, Technik, Berufsorientierung und Recht und begreifen Arbeit als Grundphänomen menschlichen Daseins. Dazu setzen sie sich mit wichtigen Tatsachen und Zusammenhängen der Arbeits- und Wirtschaftswelt auseinander. Sie beschäftigen sich mit historischen und aktuellen Entwicklungen in diesen Bereichen und deren Auswirkungen auf das persönliche Leben und die Gesellschaft. Sie achten dabei auch auf ökologische, soziale und politische Gesichtspunkte und erwerben entsprechende Handlungskompetenz. Durch diese komplexe Zielstellung trägt das Fach zur Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler bei. Neben den Fach- und Methodenkompetenzen werden somit besonders auch die Personal- und Sozialkompetenzen der Schülerinnen und Schüler weiterentwickelt.
Die Schülerinnen und Schüler werden bei der Entwicklung einer realistischen Berufsperspektive unterstützt. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung sind durch schulische Angebote an arbeitsweltbezogenen Bildungsprozessen beteiligt. Dies bedeutet Aktivität und Teilhabe von Schülerinnen und Schülern mit Körperbehinderung an berufsbildenden Bildungsprozessen auch ohne die unmittelbare Aussicht der Erlangung eines Arbeitsplatzes auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Auf die individuellen Möglichkeiten abgestimmte Aufgabenstellungen und Medien eröffnen den Schülerinnen und Schülern angemessene Zugänge zu den Fragestellungen des Faches Wirtschaft und Beruf. Die spezifischen Gegebenheiten und Unterstützungsmöglichkeiten zur Sicherung des Rechts auf Teilhabe am Arbeitsleben finden dabei besondere Berücksichtigung. Kooperation mit den zuständigen Beratungsstellen der Agentur für Arbeit sowie mit Diensten und Einrichtungen zur beruflichen Eingliederung (z. B. Berufsbildungswerke, Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung, Integrationsfachdienste, Kammern, Innungen, Verbände) bieten für Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte Impulse und Hilfestellungen im Rahmen der Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung.
2.1 Kompetenzstrukturmodell
Arbeit, Berufsorientierung, Wirtschaft, Technik und Recht sind Grundkonstanten menschlichen Lebens und die Gegenstandsbereiche des Faches Wirtschaft und Beruf.
Das Kompetenzstrukturmodell des Faches Wirtschaft und Beruf erhält eine Erweiterung durch die vier Entwicklungsbereiche Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache sowie Emotionen und soziales Handeln, deren Zusammenwirken erfolgreiche Lernprozesse ermöglicht. Die persönlichen Ressourcen in den Entwicklungsbereichen sind die Grundlage für die Planung und Gestaltung von Lernsituationen. Dadurch ergeben sich Hinweise und Impulse für die kriterienorientierte Schülerbeobachtung und für die Feststellung des individuellen Entwicklungsstandes.
Handeln
Die Schülerinnen und Schüler erwerben im Fach Wirtschaft und Beruf Kompetenzen, mit denen sie in ihren unterschiedlichen gesellschaftlichen Rollen wirtschaftliche, berufliche, technische und rechtliche Sachverhalte verstehen und differenziert beurteilen, um nachhaltige, ethisch verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Sie sind bereit, sich mit den Herausforderungen, die sich aus ihren unterschiedlichen Rollen ergeben, rational und aufgeschlossen auseinanderzusetzen. Sie haben die Kompetenz, gegenwärtige und zukünftige Lebenssituationen zu bewältigen, eine rational begründete Berufswahl zu treffen, um die ökonomische und soziale Existenz für sich und andere zu sichern sowie darüber hinaus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik aktiv mitzugestalten.
Analysieren
Die Schülerinnen und Schüler analysieren wirtschaftliche, berufliche, technische und rechtliche Handlungssituationen und Entscheidungen. Ein fundiertes fachliches Basiswissen und die Fähigkeit des ganzheitlichen Denkens in Systemen und Modellen ermöglichen es ihnen, den Sachverhalt zu erfassen, zu strukturieren, zu systematisieren und ihn in größere Zusammenhänge einzuordnen und mit bereits erworbenen Kompetenzen zu verknüpfen.
Kommunizieren
Die Schülerinnen und Schüler kommunizieren in fachrelevanten Situationen unter Verwendung der Fachsprache und Mitteln der Unterstützten Kommunikation sowie geeigneter Methoden und Medien sachgerecht und adressatenbezogen. Sie sind in der Lage, sowohl ihre eigene Meinung als auch fachspezifische Inhalte zu präsentieren.
Beurteilen
Die Analyseergebnisse dienen den Schülerinnen und Schülern unter anderem dazu, wirtschaftliche, berufliche, technische und rechtliche Entscheidungen aus unterschiedlichen Perspektiven vor dem Hintergrund ökonomischer, ökologischer, sozialer sowie ethischer Ziele zu reflektieren und zu bewerten. Daraus leiten sie Konsequenzen für die Bewältigung unterschiedlicher Handlungssituationen ab. Darüber hinaus sind sie zur persönlichen Reflexion fähig, d. h., sie sind in der Lage, beispielsweise ihre individuellen berufsorientierenden Entscheidungen zu reflektieren und kritisch zu bewerten.
Arbeit
Arbeit ist die Grundkategorie des Faches Wirtschaft und Beruf. Alle anderen Lernbereiche basieren auf diesem Kernbereich. Arbeit bestimmt das menschliche Leben sowohl im eigenen Haushalt, in dem man materielle Hausarbeit, Erziehungsarbeit, Pflegearbeit und Beziehungsarbeit unterscheiden kann, als auch im Beruf, dessen Ausrichtung stets interdependent ist zu wirtschaftlichen Möglichkeiten, zu rechtlichen Bestimmungen sowie zu technischen Einrichtungen. Arbeit ist immer auch zielgerichtet und planvoll. Sie wird bewusst ausgeführt, findet an unterschiedlichen Arbeitsplätzen statt und ist mit körperlicher und/oder geistiger Anstrengung verbunden.
Berufsorientierung
Ein wichtiges Anliegen ist es, die Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, einen Erstberuf auszuwählen, der zu ihren Fähigkeiten und Neigungen passt und den sie ausfüllen können. Sie erkennen den Wert einer qualifizierten Berufsausbildung und sind sich dessen bewusst, dass in allen Berufen neben fachlichem Können auch soziale und personale Kompetenzen von großer Bedeutung sind. Im berufsorientierenden Unterricht werden die Schülerinnen und Schüler auf Perspektiven für ihre zukünftige berufliche Entwicklung und die Notwendigkeit von Weiterbildung und beruflicher Flexibilität und Mobilität sowie lebenslangem Lernen aufmerksam gemacht. Sie dokumentieren ihren Berufswahlprozess kontinuierlich ab der Jahrgangsstufe 7. Dieser Berufswahlprozess ist Element der umfassenderen eigenen Lebensplanung. Die Schülerinnen und Schüler lernen dabei auch, wie sie ihre persönlichen und soziokulturellen Lebenssituationen realistisch in diesen Prozess einbeziehen können.
Wirtschaft
Elementare wirtschaftliche Grundbildung wird im Kontext der Akteure im Wirtschaftskreislauf – private Haushalte, Unternehmen, Staat, Banken und Ausland – und auch im gesamtwirtschaftlichen sowie gesamtgesellschaftlichen Rahmen erworben. In den Handlungsfeldern des Wirtschaftskreislaufs erschließen die Schülerinnen und Schüler lebensbedeutsame Ausschnitte der wirtschaftlichen und sozialen Wirklichkeit, z. B. über die Kategorie Arbeit oder aus der Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher. In einem handlungsorientierten Unterricht (z. B. in den verpflichtend durchzuführenden Projekten und Betriebserkundungen) erfassen sie wirtschaftliche und technische Zusammenhänge, indem sie exemplarisch das Zustandekommen von Entscheidungen und deren Konsequenzen erleben bzw. nachvollziehen und diese reflektieren.
Auf ihre künftige Rolle als Lohn- oder Gehaltsempfängerinnen und ‑empfänger, als selbständige Gewerbetreibende, als erwerbstätige Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, als Empfängerinnen und Empfänger staatlicher Leistungen, als Betroffene von Wirtschaftspolitik und als Beteiligte an wirtschaftspolitischen Meinungs- und Entscheidungsprozessen werden die Schülerinnen und Schüler vorbereitet, indem sie mit den jeweiligen Rechten, Pflichten und Möglichkeiten der Einflussnahme bekannt gemacht werden. Insgesamt bekommen sie eine Vorstellung von der Verflochtenheit der verschiedenen Bereiche.
Technik
Die Schülerinnen und Schüler lernen technische Prozesse und Verfahren kennen und gehen mit technischen Objekten um. Sie setzen sich mit Technikanwendung und Technikfolgen in der Arbeitswelt auseinander. Die Schülerinnen und Schüler gewinnen auf diese Weise einen Einblick in Strukturen und Funktionen sowie Bedingungen und Folgen von Technik und beurteilen deren Chancen und Risiken. Sie werden auf die Anforderungen aktueller Technik im privaten und beruflichen Bereich vorbereitet. Außerdem nehmen sie die durch Technik herbeigeführten Veränderungen der Umwelt im privaten, beruflichen und öffentlichen Lebensbereich kritisch wahr und werden aufgefordert, verantwortungsbewusst mitgestaltend tätig zu werden.
Recht
Die Schülerinnen und Schüler eignen sich Kenntnisse über einschlägige rechtliche Bestimmungen an, z. B. in den Bereichen Ausbildung, Erwerbsarbeit und Konsum. Dabei stehen jene Rechtsthemen im Vordergrund, die sie in naher Zukunft – als Einsteigerinnen und Einsteiger in die Berufs- und Arbeitswelt – als erstes betreffen werden.
Die Schülerinnen und Schüler befassen sich mit den Bedingungen des Nachteilsausgleichs und Notenschutz bei Prüfungen und erwerben erste Kenntnisse im Arbeitsrecht und der Sozialgesetzgebung für Menschen mit Behinderung.
2.4 Perspektiven
Die Schülerinnen und Schüler werden auf ihre gegenwärtigen bzw. zukünftigen Rollen als Konsumentinnen und Konsumenten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in einer zunehmend komplexeren wirtschaftlichen, beruflichen, rechtlichen, technisierten und durch Innovationen geprägten Welt vorbereitet. Durch die europäische und globale Vernetzung sowie durch Anpassungsprozesse im Rahmen der Sozialen Marktwirtschaft wird ihr Leben mitbestimmt.
Motorik und Wahrnehmung
Das Fach Wirtschaft und Beruf unterstützt die Schülerinnen und Schüler darin, ihre individuellen Wünsche, Visionen, Fähigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen zu erkennen, zu äußern und zu reflektieren. Sie entwickeln Berufswünsche und erproben diese im Rahmen von Praktika und weiteren berufsorientierenden Maßnahmen. Berufswahl und Berufsfindung sind bei Schülerinnen und Schülern mit Körperbehinderung im Wesentlichen von der Bewegungs- und Belastungsfähigkeit abhängig. Da körperliche und motorische Einschränkungen es den betroffenen Schülerinnen und Schülern erschweren, berufliche Perspektiven zu entwickeln und auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, werden hierfür gezielt Hilfsmittel adaptiert und therapeutische Methoden angewendet.
Auf die individuellen Möglichkeiten abgestimmte Aufgabenstellungen eröffnen den Schülerinnen und Schülern angemessene Zugänge zu den Fragestellungen des Faches Wirtschaft und Beruf. So wird im projektorientiertem Unterricht die körperliche und motorische Beeinträchtigung stets berücksichtigt. Unterstützungsmaßnahmen, z. B. klar strukturierte Arbeitsmaterialien mit vergrößerter Darstellung, werden stets miteinbezogen. Funktionsbeeinträchtigungen verlangen im schulischen Kontext individuelle Lösungen bei der Ausgestaltung von Arbeitsplätzen, individuelle Zeitintervalle bei der Durchführung von Arbeiten und variationsreiche technische bzw. personelle Assistenz sowie ggf. orthopädische Hilfsmittel beim Berufswahlprozess, z. B. im Rahmen des Verfassens von Bewerbungen oder beim systematischen Dokumentieren von Tagesabläufen.
Die reale Begegnung mit der Berufs- und Arbeitswelt am außerschulischen Lernort ermöglicht eine bessere Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Durch den Vergleich von Selbst- und Fremdeinschätzung sowohl in der schulischen als auch in der außerschulischen Praxis wird den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gegeben, die eigenen Kompetenzen besser beurteilen zu können. Sie nehmen ihre eigenen Fähigkeiten und Stärken wahr, setzen sich allerdings auch mit ihren Grenzen bei der Ausbildungs- und Berufswahl auseinander. Bei der Erkundung von schulischen und betrieblichen Arbeitsplätzen und bei der Durchführung von Betriebspraktika wird auf die eingeschränkte körperliche Belastbarkeit und Mobilität der Schülerinnen und Schüler geachtet, z. B. bei Schwierigkeiten bei der Kraftdosierung, der feinmotorischen Bewegungskoordination, ausfahrenden Bewegungsmustern oder bei stark verlangsamter Bewegungsausführung in der Anwendung vielfältiger Arbeitstechniken sowie beim Einsatz von Werkzeugen. Dies macht eine umfangreiche Absprache und Informationsaustausch mit möglichen Praktikumsbetrieben notwendig. Zusätzlich werden die Praktikumsbetriebe zuvor auf Barrierefreiheit überprüft.
Denken und Lernstrategien
Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung wird, um fehlende Umwelt- und Alltagserfahrungen auszugleichen, eine enge Verbindung theoretischer Inhalte mit praktischen Erfahrungen gewährleistet. Verfahren der Realbegegnung und der Simulation sind dabei im Fach Wirtschaft und Beruf besonders zielführend. So ermöglichen projektorientierte Unterrichtsformen auch Schülerinnen und Schülern mit einer Körperbehinderung einen Kompetenzerwerb in fachspezifischen Methoden bzw. Arbeitstechniken wie Beobachten, Befragen, Beschreiben und Auswerten. Zusätzlich leistet das Arbeiten in Schülerfirmen einen wertvollen Beitrag beim Erwerb von fachspezifischen Denk- und Lernstrategien. Denn praktische Tätigkeiten sind dazu geeignet, Erfahrungsdefizite auszugleichen und handlungspraktische Kompetenzen zu fördern. Viele Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung benötigen dabei gezielte Unterstützung bei der Handlungsplanung, deshalb werden im Fach Wirtschaft und Beruf beispielsweise Projekte in einzelne Teilschritte gegliedert und Schritt für Schritt ausgeführt.
Anforderungsprofile einzelner Berufsbilder werden durch eigene Erfahrungen im Fach Wirtschaft und Beruf und an außerschulischen Lernorten (z. B. Betriebserkundungen, Betriebspraktika) erschlossen. Um Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung dabei zu unterstützen, ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten realistisch einzuschätzen, werden Arbeitsprozesse und –ergebnisse regelmäßig anhand von Kriterien reflektiert. Durch Unterrichtsformen, die der beruflichen Wirklichkeit sehr nahe sind, erleben die Schülerinnen und Schüler unmittelbar die Aktionen und Reaktionen aller am Arbeitsprozess Beteiligten. Dabei erhalten sie nicht nur die Möglichkeit einer kritischen Selbsteinschätzung, sondern eignen sich auch Grundlegende Kompetenzen an, wie etwa Konzentration, Genauigkeit, persönliche Reflexion und vernetztes Denken. Im Fach Wirtschaft und Beruf wird besonderer Wert darauf gelegt, durch Differenzierung und Individualisierung, z. B. durch differenzierte Begleitbögen zur Berufswahlvorbereitung und Berufsfindung, die Entwicklung eines Selbstbilds zu fördern, das Stärken und Schwächen, Möglichkeiten und Grenzen offenbart.
Kommunikation und Sprache
Berufswahl und Berufsfindung sind bei Jugendlichen im Wesentlichen auch von der Kommunikationsfähigkeit abhängig. Beeinträchtigungen in der verbalen und nonverbalen Kontaktaufnahme bringen Erschwernisse für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich körperliche und motorische Entwicklung mit sich. Deshalb wird im Fach Wirtschaft und Beruf besonderer Augenmerk auf die Förderung der kommunikativen Kompetenzen (z. B. Gesprächsbereitschaft und Gesprächssicherheit, Anweisungen am Arbeitsplatz verstehen, mit Konfliktsituationen umgehen) gelegt. Individuelle Kommunikationssysteme, Symbolzeichen sowie technische und elektronische Hilfsmittel zur Verständigung und zur Informationsübermittlung werden deshalb stets miteinbezogen.
Im Fach Wirtschaft und Beruf erwerben die Schülerinnen und Schüler, besonders im Rahmen projektorientierter Unterrichtsmodelle, die grundlegenden und fachspezifischen Methoden bzw. Arbeitstechniken wie Befragen, Interviewen und Beschreiben. Dadurch sind die Schülerinnen und Schüler in der Lage, trotz körperlicher Beeinträchtigung, in fachrelevanten Situationen unter Verwendung von Fachsprache sowie geeigneter Methoden und Medien sachgerecht und adressatenbezogen zu kommunizieren. Um sich im Fachunterricht adäquat zu informieren und mitzuteilen, um an Diskussionen und Gesprächen teilzunehmen, um Interviews vorzubereiten und durchzuführen sowie in Realbegegnungsverfahren und Simulationsverfahren in Beziehung zu anderen Menschen zu treten, können Kommunikationshilfen (z. B. Sprachausgabegeräte) eingesetzt werden.
Emotionen und soziales Handeln
Das Fach Wirtschaft und Beruf bereitet Jugendliche umfassend auf sinnvolle, interessengeleitete Tätigkeiten in der Gesellschaft vor. Schülerinnen und Schülern mit einer körperlichen und motorischen Beeinträchtigung fehlen häufig Erfahrungsfelder, in denen sie verantwortungsvolle Tätigkeiten ausführen und dadurch Selbständigkeit, Selbstbestimmung und soziale Anerkennung erfahren. Neben den Fach- und Methodenkompetenzen werden auch die Personal- und Sozialkompetenzen der Schülerinnen und Schüler gefördert. Dazu bietet das Fach Wirtschaft und Beruf vielfältige Möglichkeiten: Um eine Erweiterung des Verhaltensrepertoires zu erzielen, eignen sich im Besonderen Rollenspiele. Das Einüben von Gesprächsregeln und einer angemessenen Kontaktaufnahme findet durch die Simulation von Bewerbungsgesprächen und Interviews statt. Die Einhaltung von Regeln am Arbeitsplatz wird vor und während Betriebserkundungen angebahnt.
Mit der Wertschätzung für eigene Projektergebnisse und die anderer geht die Entwicklung und Förderung sozialer Kompetenzen, wie z. B. Teamfähigkeit, Rücksichtnahme, etc. einher. Dabei spielt die unbedingte Wertschätzung und der Respekt vor der Leistung des anderen eine wesentliche Rolle, auch wenn gleichzeitig sachliche Kritik geäußert und angenommen werden soll. Ebenso werden eigene Haltungen und Meinungen entwickelt und auf faire Weise eingebracht.
Das Fach Wirtschaft und Beruf bietet einerseits den Schülerinnen und Schülern somit Möglichkeiten zum Erwerb von Grundhaltungen und Arbeitstugenden, die eine erfolgreiche Bewältigung zukünftiger Ausbildungs- und Arbeitssituationen begünstigen. Dabei unterstützt die Hervorhebung der Bedeutung von Grundlegenden Kompetenzen in der Berufs- und Arbeitswelt und deren Erwerb die Schülerinnen und Schüler mit einer Körperbehinderung bei der Berufsorientierung und damit auf dem Weg zur beruflichen Integration. Im Fach Wirtschaft und Beruf werden Jugendliche beispielsweise in den Teilaspekten Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ausdauer, Kreativität, Flexibilität, Umgang mit Arbeitsmitteln, Selbsteinschätzung, Kommunikation und Teamfähigkeit in vielfältiger Weise gefördert.
Zusätzlich erleben vor allem Jugendliche mit einer schweren körperlichen Beeinträchtigung im Fach Wirtschaft und Beruf erneut die Abhängigkeit von Assistenz. Es werden notwendige persönliche Entwicklungsprozesse begleitet, um die eigenen motorischen Möglichkeiten kennenzulernen, persönliche Grenzen zu akzeptieren und diese im Berufswahlprozess zu berücksichtigen. Die Schülerinnen und Schüler erleben zudem, dass eine möglichst gezielte Anleitung unterstützender Personen eine Chance zur Teilhabe darstellt.
Eine umfangreiche Kooperation mit den zuständigen Beratungsstellen der Agentur für Arbeit sowie mit Diensten und Einrichtungen zur beruflichen Eingliederung (z. B. Berufsbildungswerke, Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung, Integrationsfachdienste, Kammern, Innungen, Verbände) bieten für Jugendliche Impulse und Hilfestellungen im Rahmen der Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung.
3 Aufbau des Fachlehrplans im Fach Wirtschaft und Beruf
Die entwicklungsbezogenen Kompetenzen in den Bereichen Motorik und Wahrnehmung, Denken und Lernstrategien, Kommunikation und Sprache und Emotionen und soziales Handeln bilden die Grundlage für den individuellen Kompetenzerwerb im Fach Wirtschaft und Beruf.
Die Lernbereiche entsprechen im Fach Wirtschaft und Beruf den Gegenstandsbereichen Arbeit, Wirtschaft, Recht, Berufsorientierung und Technik des Kompetenzstrukturmodells und werden durch den Lernbereich Projekt ergänzt. Dieser Lernbereich Projekt ist den anderen Lernbereichen übergreifend zugeordnet und wird jeweils mit mindestens einem der anderen Lernbereiche kombiniert.
Beginnend in der Jahrgangsstufe 5 werden die Schülerinnen und Schüler behutsam über zunächst projektorientiertes Vorgehen an die selbständige, leittextorientierte Projektarbeit ab Jahrgangsstufe 7 herangeführt, damit sie in der Projektprüfung in der Jahrgangsstufe 9 souverän die vollständige Handlung anhand eines Leittextes bewältigen.
4 Zusammenarbeit mit anderen Fächern
Die Ziele des Faches Wirtschaft und Beruf können am besten erreicht werden, wenn ausgewählte Kompetenzerwartungen und Inhalte in Kooperation mit anderen Fächern, vor allem den berufsorientierenden Wahlpflichtfächern Technik, Ernährung und Soziales, Wirtschaft und Kommunikation, dem Fach Werken und Gestalten sowie den Wahlfächern Informatik und Buchführung erarbeitet werden. Vor allem das Fach Deutsch leistet wichtige Unterstützung für das Fach Wirtschaft und Beruf, indem es Grundlagen im Bereich der Kommunikation (Lesen, Sprechen, Schreiben, Präsentation) schafft und vielfältige Ansätze zur Kooperation bietet.
Besonders wirksam wird die Zusammenarbeit im Lernfeld Berufsorientierung in Form der fächergruppenspezifischen Projekte. Zusammenhänge und Wechselwirkungen, die z. B. zwischen ökonomischen, sozialen und technischen Bereichen des Lebens bestehen, werden von den Schülerinnen und Schülern beispielhaft aufgezeigt, nachvollzogen und reflektiert. Durch eigenverantwortliches Tätigwerden können sie wirtschaftliche und technische Erfahrungen sammeln und wirtschaftliches und technisches Handeln lernen. Sie erproben dabei auch, wie sie Aufgaben und neue Situationen bewältigen können.
Der Fachlehrplan Wirtschaft und Beruf enthält Kompetenzerwartungen und Inhalte, die sich für projektorientierte fächerübergreifende Arbeitsweisen besonders gut eignen. Bereits in den Jahrgangsstufen 5 und 6 bieten sich erste Leittexte als Arbeitsgrundlage für projektartiges Vorgehen an. In den Jahrgangsstufen 7 bis 9 enthält der Lehrplan Themenvorschläge, die in mindestens einem Projekt pro Jahrgangsstufe erarbeitet werden. In den Fachlehrplänen der berufsorientierenden Wahlpflichtfächer sind entsprechende Inhalte für diese Kooperation parallel dazu ausgewiesen. Schülerfirmen können die Schülerinnen und Schüler im Rahmen ihrer fächerübergreifenden Projektarbeit in vorausgehenden Jahrgangsstufen gründen.
Das Fach Wirtschaft und Beruf trägt in seiner Gesamtstruktur zur Werteerziehung bei. Übergeordnete Werte wie Respekt und Toleranz gegenüber anderen sowie Rücksicht und Achtung vor Natur und Umwelt können in Kooperation mit Evangelischer Religionslehre und Katholischer Religionslehre sowie Ethik in einen lebensweltlichen Kontext gestellt, veranschaulicht, konkretisiert und reflektiert werden.
Mehrsprachige Schülerinnen und Schüler werden beim Erwerb der Fachsprache dahingehend unterstützt, dass sie sich in deutscher Sprache über fachliche Inhalte austauschen und verständigen können.
5.1 Berufliche Orientierung
Das Fach Wirtschaft und Beruf trägt mit seinem Grundaufbau zu diesem übergreifenden Bildungs- und Erziehungsziel bei, da ein wesentlicher und kennzeichnender Gegenstandsbereich des Faches die Berufsorientierung ist. In allen Jahrgangsstufen findet projektorientiertes Arbeiten bzw. Projektarbeit auch unter dem Aspekt der Berufsorientierung statt.
Ebenso ist der Gegenstandsbereich Arbeit eng mit dem Bildungs- und Erziehungsziel Berufliche Orientierung verbunden. Von der Bildung des Begriffs Arbeit ab der Jahrgangsstufe 5 ausgehend werden relevante Arbeitsplatzmerkmale reflektiert, an Arbeitsorten in der Schule, zu Hause sowie im Betrieb erkundet und mit den persönlichen beruflichen Perspektiven verglichen, sodass am Ende der Schulzeit eine fundierte Berufswahl möglich ist.
In Jahrgangsstufe 8 der Regelklassen wird der Schwerpunkt der Beruflichen Orientierung mit den Makromethoden Betriebserkundung, Betriebspraktikum und Projekt gesetzt. Die Zusammenarbeit mit externen Partnern findet in vielfältiger Weise statt.
5.2 Medienbildung/Digitale Bildung
Die Schülerinnen und Schüler nutzen verschiedene Medien kritisch, verantwortungsbewusst und selbstbestimmt. Dabei werden sie befähigt, auch mit digitalen Systemen umzugehen. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten mit aktuellen Informations- und Medienangeboten und beachten die rechtlichen Bestimmungen für die schulische sowie private Mediennutzung und ‑gestaltung, z. B. Datenschutz, Urheberrecht. Sie recherchieren zielgerichtet Informationen und verarbeiten diese u. a. bei der Gestaltung von Digital- und Printmedien.
5.3 Ökonomische Verbraucherbildung
Die Gegenstandsbereiche Wirtschaft und Recht sind in allen Jahrgangsstufen geprägt von diesem übergreifenden Bildungs- und Erziehungsziel. Stets geht es darum, als verantwortungsbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Wirtschaftsbürgerinnen und Wirtschaftsbürger überlegt mit den vorhandenen Ressourcen umzugehen. Somit ist das Fach Wirtschaft und Beruf Leitfach für die Ökonomische Verbraucherbildung.
5.4 Technische Bildung
Der Gegenstandsbereich Technik bildet im Fach Wirtschaft und Beruf das übergreifende Bildungs- und Erziehungsziel der Technischen Bildung ab. Beginnend in der Jahrgangsstufe 5 werden die vielfältigen Facetten von Technik – später auch in Kooperation mit dem berufsorientierenden Wahlpflichtfach Technik – erarbeitet.
Die Schülerinnen und Schüler erfahren die Faszination und die Möglichkeiten technischer Entwicklungen und setzen sich mit den Chancen und Gefahren des technischen Fortschritts auseinander. Dabei erkennen sie die Bedeutung eines schonenden Umgangs mit den begrenzten Ressourcen der Umwelt und der Gesundheit. Hieraus erwerben die Schülerinnen und Schüler die Bereitschaft und Fähigkeit, durch einen verantwortungsvollen und dem Wohl des Menschen dienenden Umgang mit der Technik einen Beitrag für die Gestaltung ihres persönlichen Umfeldes und für die Gesellschaft zu leisten.
5.5 Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)
Die Gegenstandsbereiche Technik und Wirtschaft des Faches Wirtschaft und Beruf bieten Ansatzpunkte für dieses übergreifende Bildungs- und Erziehungsziel: Die Schülerinnen und Schüler reflektieren kritisch ökologische Auswirkungen von Technikeinsatz. Sie wägen zwischen reiner Technikgläubigkeit und sinnvoller bzw. notwendiger Techniknutzung unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ab – und dies nicht nur regional, sondern auch global. Ähnliche Ansätze finden sich im Gegenstandsbereich Wirtschaft, wenn bei der Betriebserkundung u. a. Fragen der ökologischen Verantwortung eines Betriebs formuliert werden.
5.6 Soziales Lernen
In allen Jahrgangsstufen findet Soziales Lernen im projektorientierten Arbeiten bzw. in der Projektarbeit statt. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten gemeinsam und erwerben essenzielle Sozialkompetenzen, die sie auch im späteren Berufsleben benötigen: Sie müssen Rücksicht nehmen, sich mit Kritik konstruktiv auseinandersetzen, sich in ein Team einordnen, aber auch berechtigte Einwände artikulieren und durchsetzen können. Sie entwickeln und zeigen Arbeitstugenden wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit.
5.7 Werteerziehung
Das übergreifende Bildungs- und Erziehungsziel Werteerziehung findet sich in der gesamten Struktur des Faches Wirtschaft und Beruf wieder. Stets geht es um verantwortungsbewusstes Handeln oder um den Aufbau von Grundhaltungen, die das Zusammenleben in unserer pluralistischen Gesellschaft ermöglichen. Respekt und Toleranz gegenüber anderen sowie Rücksicht und Achtung vor Natur und Umwelt sind dabei die übergeordneten Werte, die sich sowohl in den großen Weltreligionen als auch in philosophischen Denkansätzen wiederfinden.