Im katholischen Religionsunterricht stellen sich Schülerinnen und Schüler den Fragen nach dem Woher, Wozu und Wohin des Lebens sowie insbesondere der Frage nach Gott und suchen dafür vernunftgemäße Antworten. In der Begegnung mit dem Christentum begreifen sie die katholische Gestalt des religiösen Weltzugangs und reflektieren dessen Bedeutung und Tragfähigkeit für eine sinnvolle und verantwortete Lebensgestaltung.
Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Oberschule erschließen sich in ihrer Lebenswelt neue, zukunftsbedeutsame Entscheidungs- und Handlungsfelder, die sie eigenverantwortlich und frei gestalten. Zugleich erleben sie, dass ihre Entscheidungen und Handlungen in zwischenmenschliche, gesellschaftliche und globale Zusammenhänge eingebunden sind. Sie suchen oder entwickeln eigenständig sinngebende und lebensnahe Orientierungs- und Handlungsmodelle in einem Umfeld, das von einer Pluralisierung der Lebenswelten und einer Individualisierung der Lebensentwürfe geprägt ist. Die Fragen nach dem Sinn des Lebens und nach Gott brechen in diesem Kontext in wichtigen Lebenssituationen auch jenseits traditioneller kirchlicher und religiöser Bindungen auf. So überprüfen, entwickeln und vertiefen Schülerinnen und Schüler in der Begegnung mit dem christlichen Glauben ihre Weltdeutung, Handlungsmodelle und Wertvorstellungen.
Die Deutsche Bischofskonferenz setzt mit ihren Verlautbarungen, v. a. mit den Richtlinien für Bildungsstandards für den katholischen Religionsunterricht, einen verbindlichen Rahmen für Kompetenzen und Lerninhalte. Der katholische Religionsunterricht dient dem Erwerb folgender Kenntnisse, Kompetenzen und Haltungen:
Die Schülerinnen und Schüler
- eignen sich strukturiertes und lebensbedeutsames Grundwissen über den Glauben der Kirche an. Aus dem Evangelium von der gnädigen Zuwendung Gottes zur Welt, die in Jesu Christi Leben und Sterben, Tod und Auferstehung offenbar wird, erwachsen die christliche Hoffnung und der Glaube der Kirche. Daraus leitet sich ein neuer Blick auf die Wirklichkeit ab, der die Grundlage für die Entwicklung eines handlungsleitenden Orientierungswissens bildet. Das Verstehen der zentralen Inhalte des Glaubens ermöglicht die Entwicklung und Vertiefung einer eigenen religiösen Identität, die die Schülerinnen und Schüler befähigt, ihr Leben im Licht einer reflektierten Weltdeutung und Glaubensentscheidung eigenständig und verantwortlich zu gestalten. Der Religionsunterricht an der Beruflichen Oberschule baut auf den Berufs- und Lebenserfahrungen der jungen Menschen auf und ermöglicht ihnen, sich vernünftig reflektierend über Grundfragen des Lebens und des Glaubens auszutauschen. Der Religionsunterricht unterstützt so die eigenständige ganzheitliche Entfaltung der Persönlichkeit der jungen Erwachsenen. Dabei kommt der fachlichen und kommunikativen Kompetenz der Lehrkraft besondere Bedeutung zu.
- machen sich vertraut mit Formen gelebten Glaubens. Für Schülerinnen und Schüler in der Beruflichen Oberschule ist der Religionsunterricht oft der wichtigste und nicht selten der einzige Ort des Dialogs und der Begegnung mit dem christlichen Glauben. Schülerinnen und Schüler fragen nach der lebens- und kulturprägenden Kraft des Christentums im Besonderen und der Bedeutung von Weltanschauungen im Allgemeinen. Deshalb bieten ihnen die kritische und reflektierte Auseinandersetzung mit der Lebenspraxis gläubiger Menschen sowie das Ermöglichen von Erfahrungen mit Glaube und Kirche bedeutsame Anlässe, ihre religiöse und weltanschauliche Grundhaltung zu vertiefen. Im Religionsunterricht entwickeln sie in der Begegnung mit Sprach- und Ausdrucksformen des Glaubens eine reflektierte Position bezüglich religiös fundierter Formen der Lebensgestaltung.
- entwickeln ihre religiöse Dialog- und Urteilsfähigkeit. Schülerinnen und Schüler leben, lernen und arbeiten mit Menschen anderer Konfessionen, Religionen, Weltanschauungen und anderer Kulturkreise zusammen. In der Begegnung und im Austausch mit verschiedenen Vorstellungen und Lebensweisen erfassen sie das Wesentliche des christlichen Glaubens, klären ihre eigenen Überzeugungen und erweitern ihre Dialogfähigkeit über weltanschauliche und religiöse Themen. Dies setzt die Fähigkeit voraus, fachkundig und verständig vom eigenen Glauben und den Fundamenten der eigenen Religion zu sprechen. Auf der Grundlage ihres eigenen Standpunkts entwickeln sie ihre Fähigkeiten weiter, einander zuzuhören, offen füreinander zu sein, Unterschiede anzuerkennen und ein respektvolles Zusammenleben zu gestalten. Der Religionsunterricht fördert so die Kommunikations- und Handlungsfähigkeit in religiösen und ethischen Fragen in einer pluralen Gesellschaft und trägt zu einer Haltung gegenseitiger Achtung, Toleranz und Wertschätzung bei.
In der Beruflichen Oberschule erwerben die Schülerinnen und Schüler vor dem Hintergrund der beruflichen Schwerpunktsetzung in den verschiedenen Ausbildungsrichtungen eine vertiefte Allgemeinbildung sowie fundierte Fachkompetenzen. Zu diesem gesellschaftlich verantwortetem Bildungsangebot leistet in diakonischer Weise die Kirche durch das ordentliche Lehrfach Katholische Religionslehre einen konstitutiven Beitrag.
Religiöse Bildung ist konstitutiv für eine aktive, verantwortungsvolle sowie wertgebundene Weltdeutung und Lebensgestaltung auf der Grundlage ausgebildeter Selbst-, Sozial- und Fachkompetenz. Sie fördert das dafür notwendige systematische und vernünftige Nachdenken über den Sinn und die Bedeutung des Handelns für das eigene Leben und die Gesellschaft. Schülerinnen und Schüler entfalten so die Bereitschaft und Fähigkeit zu einer mehrdimensionalen Betrachtungsweise, die auch eine religiöse Deutung von Wirklichkeit einschließt.
Die Fachoberschule wird von Heranwachsenden besucht, die vertiefte allgemeinbildende sowie fachbezogene Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben. Der Besuch der Berufsoberschule setzt eine Berufsausbildung bzw. eine mehrjährige einschlägige Berufstätigkeit voraus. Die Schülerinnen und Schüler der Berufsoberschule streben daher eine vertiefte Allgemeinbildung und eine Erweiterung ihrer Fachkompetenz an.
Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Oberschule bringen hinsichtlich ihrer schulischen und beruflichen Vorbildung, ihren kulturellen Bezügen und ihrer religiösen Sozialisation, ihrer Entwicklungsstufe und ihres spezifischen Lernbedarfs verschiedene Voraussetzungen mit. Die Biografien vieler Schülerinnen und Schüler verlaufen vielgestaltig. Sie verknüpfen mit dem Eintritt in diese Schulart vielfältige Erwartungen an die Zukunft. Ihre Interessen und Ziele sowie ihre Denk- und Ausdrucksweisen spiegeln sich in besonderer Weise in den von ihnen gewählten Ausbildungsrichtungen wider. Lehrkräfte berücksichtigen diese heterogenen Voraussetzungen bei der inhaltlichen, didaktischen und methodischen Gestaltung des Religionsunterrichts.