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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Vergleichsansicht

Vergleichsauswahl 2

Chemie

1 Selbstverständnis des Faches Chemie und sein Beitrag zur Bildung

Als Wissenschaft von den Stoffen, ihren Eigenschaften und den Möglichkeiten und Methoden, Stoffe zu verändern und zielgerichtet neue Stoffe herzustellen, ist die Chemie eine naturwissenschaftliche Basisdisziplin, die schon seit Anbeginn der Menschheit dazu diente, sich in der Auseinandersetzung mit der Natur zu behaupten und die Lebensbedingungen gezielt zu verbessern. Chemische Erkenntnisse prägen maßgeblich die Gestaltung der modernen Lebenswelt und sind für die technische und wirtschaftliche Entwicklung von grundlegender Bedeutung. Durch das Wechselspiel zwischen chemischen Erkenntnissen und technischen Anwendungen werden Fortschritte auf vielen Gebieten möglich. Die Chemie liefert entscheidende Beiträge zu aktuellen und zukünftigen Fragestellungen im Bereich der Sicherung der menschlichen Ernährung, der Gesundheit und Hygiene, der Rohstoff- und Energieversorgung, der Werkstoffproduktion sowie der Erhaltung der Lebensgrundlagen. Zahlreiche Weiterentwicklungen, u. a. in der Biotechnologie, der Medizin und Pharmazie, der Nanotechnologie, den Materialwissenschaften und der Informationstechnologie, basieren auf chemischen Erkenntnissen. Sowohl die heutige als auch eine zukünftig weiter wachsende Menschheit kann ohne die Chemie und deren Produkte nicht existieren. Auf der anderen Seite ergeben sich aus der naturwissenschaftlich-technischen Entwicklung auch Risiken, die erkannt und bewertet werden müssen und mit denen verantwortungsbewusst umgegangen werden muss. Dies ist ohne Wissen aus dem Bereich der Chemie nicht möglich.

Im Fach Chemie beschäftigen sich die Schülerinnen und Schülern aktiv und auf besondere Weise handlungsorientiert mit Stoffen aus dem Alltag und der Technik, interpretieren deren Eigenschaften durch die Art, Anordnung und die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen und erklären beobachtbare Stoffänderungen bei chemischen Reaktionen durch die Veränderung von Teilchen. Dem Experiment als Methode der naturwissenschaftlichen Welterschließung kommt dabei eine ebenso zentrale Bedeutung zu wie der Verknüpfung experimenteller Ergebnisse mit Modellvorstellungen.

Die im Chemieunterricht erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sind wichtige Grundlagen für das Verständnis von Naturvorgängen und technischen Prozessen, die vorausschauende Beurteilung von Technikfolgen und für nachhaltiges Wirtschaften vor dem Hintergrund knapper werdender natürlicher Ressourcen. Sie ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern bei der Auseinandersetzung mit aktuellen Themen, die chemische Fragestellungen beinhalten, sich aktiv und konstruktiv an gesellschaftlichen Diskussionen zu beteiligen, und bestärken sie, die Welt auch in Zukunft sinn-, verantwortungsvoll und nachhaltig mitzugestalten.

2.1 Kompetenzstrukturmodell

Kompetenzstrukturmodell Chemie

Das Kompetenzstrukturmodell des Faches Chemie beschreibt fachspezifische Fähigkeiten in den beiden Dimensionen Gegenstandsbereiche (innere Felder) und prozessbezogene Kompetenzen (äußerer Ring). Für den Unterricht bilden diese beiden Dimensionen eine Einheit, die die Grundlage für einen aktiven Umgang mit Fachwissen sowie den Einsatz von Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Lösen fachlicher Probleme bildet. Das Modell orientiert sich an den vier Kompetenzbereichen der Bildungsstandards im Fach Chemie für den Mittleren Schulabschluss, die im Jahr 2004 von der Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossen wurden. Die Dimension Gegenstandsbereiche spiegelt den Kompetenzbereich Fachwissen wieder, die Dimension prozessbezogene Kompetenzen vereint die drei weiteren Kompetenzbereiche der KMK-Bildungsstandards, Erkenntnisgewinnung, Kommunikation und Bewertung.

2.2 Prozessbezogene Kompetenzen

Die Dimension prozessbezogene Kompetenzen umfasst – in Anlehnung an die KMK-Bildungsstandards – die drei Kompetenzbereiche Erkenntnisse gewinnen, kommunizieren und bewerten.

Ebenso wie das Fachwissen sind diese drei Bereiche unerlässlicher Teil für den Erwerb einer naturwissenschaftlichen Grundbildung. Die Schülerinnen und Schüler erwerben ein Repertoire an Möglichkeiten, chemische Probleme zu lösen und Erkenntnisse zu gewinnen. Dabei wird im Rahmen der Kommunikationskompetenz auf Informationen zurückgegriffen, die sach- und fachbezogen erschlossen und mit anderen ausgetauscht werden. Auf der Grundlage eines vernetzten Fachwissens beteiligen sich die Schülerinnen und Schüler an kontrovers geführten Diskussionen alltagsrelevanter Themen, reflektieren sie aus dem Blickwinkel der Chemie und sind in der Lage, eine fundierte Bewertung abzugeben.

Erkenntnisse gewinnen

Der Kompetenzbereich Erkenntnisse gewinnen umfasst drei Bereiche:

  • Naturwissenschaftliche Untersuchungen (v. a. Experimente)
  • Naturwissenschaftliche Modellbildung
  • Möglichkeiten und Grenzen der Erkenntnisgewinnung in der Naturwissenschaft Chemie

Fachgemäße Denk- und Arbeitsweisen wie Experimentieren oder Modellbildung sowie Arbeitstechniken wie Systematisieren oder Ordnen stehen im Mittelpunkt, wenn es im Rahmen von naturwissenschaftlichen Untersuchungen darum geht, problemorientiert und hypothesengeleitet Fragen an die Natur zu beantworten. Empirisch erhobene Daten und deren Interpretation bilden die Grundlage für naturwissenschaftliches Wissen. Für den Kompetenzerwerb aus dem Bereich Erkenntnisse gewinnen ist eigenständiges Experimentieren von besonderer Bedeutung. Beim Umgang mit Geräten und Chemikalien sind stets die aktuell geltenden Richtlinien und Vorschriften (u. a. die Richtlinien zur Sicherheit im Unterricht) zu beachten. Sollten aufgrund von Änderungen der Rechtsvorschriften z. B. im Lehrplan angegebene Stoffe für den Unterricht nicht mehr zugelassen sein, müssen unbedenkliche Alternativen eingesetzt werden oder der entsprechende Teilaspekt weggelassen werden.

Modelle dienen in den Naturwissenschaften als wichtiges Instrument der Erkenntnisgewinnung. Neben Anschauungsmodellen kommt den Denkmodellen im Chemieunterricht eine zentrale Bedeutung zu. Dabei wird der Abbildcharakter, die bewusste Verkürzung sowie die Subjektivität und Vorläufigkeit von Modellen stets klar herausgestellt. Die unterrichtliche Arbeit mit Modellen ermöglicht es – ausgehend von einem Vergleich mit der Wirklichkeit – Unterschiede und Analogien herauszuarbeiten und Modellgrenzen aufzuzeigen. Nachdem am Modell Erkenntnisse gewonnen und weiterentwickelt wurden, können diese auf die Realität zurückprojiziert werden. Durch neue Erfahrungen müssen in der Chemie Denkmodelle verändert und erweitert werden. Deswegen spielt die Modellkritik im Chemieunterricht eine zentrale Rolle.

Kommunizieren

Im Zentrum des Kompetenzbereiches kommunizieren steht das Verständnis der chemischen Fachsprache und fachgemäßer Darstellungsformen. Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich Informationen, bereiten diese auf und geben sie unter Berücksichtigung des Sach- und Adressatenbezugs weiter.

Bewerten

Zahlreiche Themen geben Anlass, Sachverhalte aus chemischer und gesellschaftlicher Sicht zu bewerten. Dazu gehören beispielsweise die Rohstoff- und Energieversorgung, die Erhaltung einer intakten Umwelt, die Sicherung der Lebensgrundlagen und die Gesunderhaltung des eigenen Körpers. Aus der Bewertung können auf der Grundlage gesellschaftlich akzeptierter und persönlich relevanter Werte und Normen Handlungsoptionen abgeleitet werden. Getroffene Entscheidungen gilt es gegenüber anderen sachgerecht zu vertreten, aber auch zu reflektieren und ggf. zu revidieren, falls neue Argumente oder Erkenntnisse dies erfordern.

2.3 Gegenstandsbereiche

Die Gegenstandsbereiche bilden die inhaltliche Dimension ab und werden in Form der Basiskonzepte der Chemie konkretisiert. Sie ermöglichen eine systematisierte und strukturierte Herangehensweise an die Themen des Chemieunterrichts und eine Fokussierung auf wesentliche Aspekte bei der Vielfalt chemischer Phänomene. Somit erleichtern sie den Erwerb eines grundlegenden und vernetzten Wissens, das in alltäglichen und berufsbezogenen Situationen angewandt werden kann.

In der ersten Gliederungsebene greift das Strukturmodell (siehe Abb.) die vier Basiskonzepte der KMK-Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss im Fach Chemie auf. Das Basiskonzept chemische Reaktion vereint zwei zentrale Aspekte der Chemie. Um diese sichtbar zu machen, ist das Basiskonzept chemische Reaktion weiter ausdifferenziert in das Donator-Akzeptor-Konzept und das Gleichgewichts-Konzept.

Stoff-Teilchen-Konzept

Die erfahrbaren Phänomene der stofflichen Welt und deren Deutung auf der Teilchenebene werden konsequent unterschieden. Grundlage für die Deutung ist die Vorstellung von der Existenz submikroskopisch kleiner Teilchen und Teilchenverbände.

Struktur-Eigenschafts-Konzept

Art, Anordnung und Wechselwirkung der Teilchen bestimmen die Eigenschaften eines Stoffes.

Chemische Reaktion
  • Donator-Akzeptor-Konzept: Die Vielfalt chemischer Reaktionen lässt sich auf der Teilchenebene nach der Funktion der reagierenden Teilchen ordnen. Ein Reaktionspartner fungiert als Donator, der andere als Akzeptor. Bei Säure-Base-Reaktionen werden Protonen von einem Reaktionspartner auf einen anderen übertragen, bei Redoxreaktionen Elektronen; bei Nukleophil-Elektrophil-Reaktionen stellt der Donator ein Elektronenpaar zum Ausbilden einer Atombindung zur Verfügung.
  • Gleichgewichts-Konzept: Reversible chemische Reaktionen können zu einem Gleichgewichtszustand führen. In geschlossenen Systemen verlaufen sie in beiden Richtungen niemals vollständig, sondern erreichen den Zustand des chemischen Gleichgewichts, in dem weder ein Stoff- noch ein Energieumsatz beobachtet werden.
Energetische Betrachtung bei Stoffumwandlungen

Alle chemischen Reaktionen sind mit einem Energieumsatz verbunden. Die energetische Betrachtung chemischer Reaktionen liefert Aussagen darüber, ob und in welchem Ausmaß eine chemische Reaktion prinzipiell abläuft.

3 Aufbau des Fachlehrplans im Fach Chemie

Alle Fachlehrpläne Chemie sind in mehrere Lernbereiche untergliedert. Die Lernbereiche wiederum gliedern sich in die Abschnitte Kompetenzerwartungen und Inhalte zu den Kompetenzen.

3.1 Lernbereich 1: Prozessbezogene Kompetenzen des Strukturmodells

In jeder Jahrgangsstufe beginnt der Fachlehrplan Chemie mit dem Lernbereich „Wie Chemiker denken und arbeiten“ (Lernbereich 1). Er enthält allgemeiner formuliert als in den weiteren Lernbereichen Kompetenzerwartungen und Inhalte zu der Dimension prozessbezogene Kompetenzen des Kompetenzstrukturmodells. Der Lernbereich 1 ist ebenso wie die anderen Lernbereiche verbindlich, er liegt aber quer zu den anderen Lernbereichen der Jahrgangsstufe. Die Lehrkräfte entscheiden selbst, wann und bei welchen Themen der folgenden Lernbereiche sie im Verlauf eines Schuljahrs den Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler aus den Bereichen Erkenntnisse gewinnen, kommunizieren, bewerten anbahnen und die erworbenen Kompetenzen einüben und vertiefen. Entsprechende Kompetenzen, etwa das Formulieren von Reaktionsgleichungen, das Auswerten von Diagrammen oder die computergestützte Visualisierung von Molekülen, werden im Lehrplan in der Regel nur im Lernbereich 1 formuliert. Sie sollen im Lauf eines Schuljahrs aber immer wieder bei unterschiedlichen Themenbereichen aufgegriffen werden. Die im Lernbereich 1 angegebenen Inhalte sollen der Lehrkraft Hinweise für den Umfang und das Niveau bei den Kompetenzerwartungen geben. Die angegebenen Begriffe stellen kein von den Schülerinnen und Schülern zu erlernendes Faktenwissen dar. Die Schülerinnen und Schüler wenden dieses Wissen bei Themen der weiteren Lernbereiche an. So ist es beispielsweise nicht nötig, definieren zu können, was unter einem Kreisdiagramm zu verstehen ist, sondern dieses Wissen im Rahmen konkreter Aufgabenstellungen anzuwenden.

3.2 Weitere Lernbereiche: Inhaltliche Themenbereiche der Chemie

Aus den weiteren Lernbereichen ergibt sich die thematische Gliederung der Unterrichtszeit innerhalb eines Schuljahrs; wobei die Lehrkraft bei der Unterrichtsplanung von der Reihenfolge im Fachlehrplan abweichen kann. Die Kompetenzerwartungen beschreiben, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten die Schülerinnen und Schüler nach einer gewissen Unterrichtszeit besitzen bzw. was sie können sollen. Kompetenzerwartungen entsprechen keinen Einzelstunden, sondern beschreiben unterschiedlich umfangreiche Aspekte eines Lernbereichs. Sie können sehr konkret auf bestimmte Inhalte und Methoden eingehen oder eher abstrakt formuliert sein, damit ein größeres Ganzes umfassen und deswegen erst nach einer längeren Zeitspanne erreicht werden. Manche Kompetenzerwartungen können nicht isoliert betrachtet werden. Hier tragen dann erst mehrere Teilkompetenzen der Schülerinnen und Schüler, die in verschiedenen Kompetenzerwartungen formuliert sind, zu einer Gesamtkompetenz bei.

Der Abschnitt Inhalte zu den Kompetenzen enthält konkrete Angaben, an welchen Inhalten die jeweiligen Kompetenzen erworben werden. Beispiele präzisieren das angestrebte Niveau und sollen eine Hilfestellung für die Umsetzung des Lehrplans geben.
Beide Abschnitte gemeinsam bilden in Kombination mit dem Lernbereich 1 die Grundlage für die von der Lehrkraft für die konkrete Lerngruppe entwickelten Lerngelegenheiten. Dabei können Schwerpunkte gesetzt werden, die sich z. B. an örtlichen Gegebenheiten oder individuellen Interessen orientieren. Die im Fachlehrplan angegebenen Unterrichtsstunden dienen als Orientierungshilfe, wie viel Zeit im Schuljahr für die jeweiligen Themen ungefähr eingeplant werden soll, damit die Schülerinnen und Schüler die ausgewiesenen Kompetenzen und Inhalte erwerben. Deswegen werden zum Lernbereich 1 sowie zum Chemischen Praktikum (s. u.) keine Stunden angegeben. Diese wurden bei der Entwicklung der übrigen Lernbereiche implizit mit berücksichtigt.

Der Erwerb von Kompetenzen ist ein langfristiger Prozess, der ein nachhaltiges Lernen über die gesamte Schulzeit hinweg erfordert. Hilfestellung hierbei geben die Gegenstandsbereiche des Strukturmodells mit den Basiskonzepten. Sie durchziehen die Fachlehrpläne aller Jahrgangsstufen als roter Faden und dienen als inhaltliche Klammern, die ganze Lernbereiche oder einzelne Themen vertikal verbinden. Als grundlegende chemische Konzepte dienen sie dazu, ein konzeptionelles Grundverständnis für chemische Sachverhalte aufzubauen. Auf diese Weise können die Schülerinnen und Schüler im Lauf der Zeit ein zunehmend vertieftes und vernetztes Wissen erwerben und es kompetent in verschiedenen Situationen anwenden.

Im Lehrplan der Vorklasse sind aufgrund der Gegebenheiten an der jeweiligen Schule und des daraus resultierenden variierenden Stundenmaßes des Faches Chemie keine Stundenrichtwerte angegeben. Der zeitliche Umfang der Lernbereiche der Vorklasse ist entsprechend anzupassen.

Der Lehrplan sieht für das Fach Chemie in den Jahrgansstufen 12 und 13 auch ein Wahlpflichtfach mit dem Titel Aspekte der Chemie vor. In der Jahrgangsstufe 13 sollen hier von der unterrichtenden Lehrkraft aus den angebotenen optionalen Lernbereichen mindestens drei ausgewählt werden.

3.3 Chemisches Praktikum

Im Rahmen des Chemischen Praktikums in den Ausbildungsrichtungen Technik und Agrarwirtschaft, Bio- und Umwelttechnologie der Fachoberschule werden in enger Verflechtung mit den weiteren Lernbereichen Schülerexperimente durchgeführt.
Dabei erlernen die Schülerinnen und Schüler den sicherheitsgerechten Umgang mit Chemikalien und das fachgerechte Durchführen von Experimenten.
Außerdem dient das Chemische Praktikum der Vertiefung und Sicherung der in den weiteren Lernbereichen der Jahrgangsstufe 11 anzubahnenden Kompetenzen, insbesondere auch der Kompetenzen aus dem Lernbereich 1.

4 Zusammenarbeit mit anderen Fächern

Die Nähe des Faches Chemie zu den beiden anderen naturwissenschaftlichen Fächern Biologie und Physik spiegelt sich bereits im grundlegenden Aufbau der Kompetenzstrukturmodelle dieser drei Fächer wider. Die Dimension prozessbezogene Kompetenzen umfasst jeweils die drei Bereiche Erkenntnisse gewinnen, kommunizieren und bewerten. Hierbei verbindet insbesondere die Art und Weise der Erkenntnisgewinnung und der Interpretation gewonnener Daten die drei naturwissenschaftlichen Fächer. Ebenfalls eine enge Verbindung besteht mit den Fächern Technologie und Mathematik. Die Zusammenführung von Kompetenzen, die in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern erworben werden, fördert vernetztes Denken und befähigt die Schülerinnen und Schüler, vielfältige neue Aufgaben- und Problemstellungen zu lösen. Zugleich wird dadurch die Voraussetzung für den Aufbau eines naturwissenschaftlich begründeten Weltbildes geschaffen.

Durch die Auseinandersetzung mit Sachtexten werden die Lesekompetenz, die Fähigkeit zur gezielten Auswahl und Nutzung von Informationen und daraus resultierend die Argumentationsfähigkeit geschult. Hier bieten sich vielfältige Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit dem Fach Deutsch an. Auch die Verschriftlichung von Beobachtungen verbindet die beiden Fächer – konkret umsetzbar beispielsweise beim Beschreiben von Vorgängen oder auch beim Protokollieren. Mehrsprachige Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache werden in einem sprachsensiblen Unterricht beim Erwerb der Fachsprache sowie der fachlichen Kompetenzen darin unterstützt, sich in deutscher Sprache über fachliche Inhalte austauschen und verständigen zu können.

Der Kompetenzerwerb wird auch durch die Zusammenarbeit mit Fächern der Gesellschafts- und Geisteswissenschaften gefördert. Im Chemieunterricht wird zu vielen Zukunftsthemen, die teilweise auch in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, das naturwissenschaftliche Fundament erworben und reflektiert, etwa zu Fragen der Energieversorgung, der Ernährungssicherung und des Umweltschutzes. Er trägt so wesentlich zu einer fundierten Auseinandersetzung mit diesen Themen bei.

Aus der historischen Betrachtung der Naturwissenschaft Chemie lässt sich an vielen Stellen die Auswirkung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis auf Kunst und Kultur aufzeigen und somit über eine Zusammenarbeit mit dem Fach Geschichte vertiefen.

5 Beitrag des Faches Chemie zu den übergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen

Im Fächerkanon der Fachoberschule nimmt das Fach Chemie eine wichtige Stellung in seiner Relevanz für die fächer- und schulartübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele ein. Aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven, unter denen im Chemieunterricht naturwissenschaftliche Phänomene und die Grundlagen industrieller Verfahren mit großer gesellschaftlicher Relevanz betrachtet werden, bietet er Anknüpfungsmöglichkeiten für eine Vielzahl fächer- und schulartübergreifender Bildungs- und Erziehungsziele.

Berufliche Orientierung

Das Fach Chemie trägt durch die häufige Anbindung von wissenschaftlichen und industriellen Vorgehens- und Verfahrensweisen sowie durch den praktischen Umgang mit Chemikalien und Geräten, insbesondere in Schülerexperimenten, zur beruflichen Orientierung der Schülerinnen und Schüler bei.
Exkursionen und externe Partner bereichern den Unterricht zusätzlich und geben Einblick in Berufsfelder der Chemie.

Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)

Das Fach Chemie trägt auf vielfältige Weise zur Umweltbildung und Bildung für Nachhaltige Entwicklung im Sinne eines ressourcenschonenden nachhaltigen Handelns bei. Der Umgang mit Stoffen sowie die Nutzung von Energie, beides zentrale Themen der Chemie, bestimmen täglich unser Leben. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, diese beiden Themen sowie die Herstellung von Stoffen (z. B. von Gebrauchsgegenständen und Lebensmitteln) und die Bereitstellung von Energie kritisch im Sinne der Nachhaltigkeit zu betrachten und die Folgen des menschlichen Handels auf die Umwelt (z. B. globale Erwärmung, Freisetzung von giftigen und umweltgefährdenden Substanzen) zu reflektieren. Hiermit eng verbunden sind Fragen des persönlichen Konsums und der Möglichkeit der eigenen Einflussnahme.

Gesundheitsförderung

Die Kompetenz, sicher zu experimentieren, die Kenntnisse über das Gefährdungspotenzial von Chemikalien voraussetzt, ermöglicht den Schülerinnen und Schülern einen sicherheitsgerechten Umgang mit Gefahrstoffen sowohl im schulischen als auch im häuslichen Umfeld. Das Wissen um das Suchtpotenzial und die Gesundheitsgefährdung ausgewählter Suchtmittel trägt zum verantwortungsvollen Umgang mit diesen Stoffen bei.

Kulturelle Bildung

Naturwissenschaften prägen unsere Gesellschaft und bilden heute einen wesentlichen Teil unserer kulturellen Identität. Der Chemieunterricht ermöglicht die Reflexion dieser Bedeutung für unsere Gesellschaft und zeigt auch wechselseitige Zusammenhänge auf. Die Erkenntnisse der Chemie waren und werden zukünftig Triebkraft für die kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft sein. Zugleich findet die Entwicklung naturwissenschaftlichen Wissens aber stets vor dem Hintergrund der jeweiligen sozialen, kulturellen und technologischen Gegebenheiten einer Zeit statt.

Medienbildung/Digitale Bildung

Bei der Aufarbeitung fachwissenschaftlicher Inhalte verwenden die Schülerinnen und Schüler unterschiedlichste Medien. Dabei werden Informationen einerseits exzerpiert, anderseits adressatengerecht für eine Weitergabe aufbereitet. Durch den gezielten Einsatz verschiedener Medien als Recherche-, Gestaltungs-, Präsentations- oder Lernwerkzeuge wird das selbstgesteuerte, entdeckende und eigenverantwortliche Lernen im Chemieunterricht gefördert. Die kritische Analyse von Medien und der darin dargestellten Information trägt zum bewussten Umgang mit Medien bei, z. B. auch hinsichtlich der Validität von Informationen und urheber- und datenschutzrechtlicher Fragen. Bei der Anwendung von z. B. computergestützten Messwerterfassungssystemen und Modellierungsprogrammen erhalten die Schülerinnen und Schüler Einblick in moderne wissenschaftliche Arbeitsverfahren.

Ökonomische Verbraucherbildung

Im Chemieunterricht erwerben die Schülerinnen und Schüler Orientierungshilfen und Leitlinien für ein verantwortungsbewusstes Konsumverhalten. Durch die Beschreibung und Bewertung der Folgen von Warenproduktionen und der Nutzung von Energie für die Rohstoffressourcen, die Umwelt und die Gesundheit des Menschen werden die Schülerinnen und Schüler für verantwortungsvolles Handeln sensibilisiert und können so ihre eigenen Konsumwünsche hinterfragen und ihr Verbraucherverhalten nicht nur an ökonomischen, sondern auch an chemischen Gesichtspunkten ausrichten.

Sprachliche Bildung

Im Fach Chemie trägt die gezielte Einführung und die sichere Anwendung von Fachbegriffen und fachlichen Darstellungsformen (z. B. Diagramme) wesentlich zur sprachlichen Bildung bei. Dabei findet sowohl eine Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Fachsprache als auch der Alltagssprache statt.
Das Verständnis dieser Fachsprache ermöglicht es, sich chemisches Wissen selber anzueignen und sich präzise und fachgerecht zu artikulieren und somit an der öffentlichen Diskussion und an wichtigen Entscheidungsprozessen mit chemischen Inhalten teilzuhaben. Sie bildet damit die Grundlage für eine aktive Partizipation an der modernen Wissensgesellschaft.

Technische Bildung

Technik ist die gezielte nutzbringende Anwendung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Im Rahmen des Chemieunterrichts erwerben die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, sich kritisch mit verschiedenen bewährten und modernen Technologien auseinanderzusetzen, etwa im Bereich der Ressourcennutzung, der Produktionsverfahren, der Werkstoffkunde und der Energieversorgung. Die Schülerinnen und Schüler erhalten so ein vertieftes Verständnis und Einsicht in die Bedeutung der Fachwissenschaft Chemie für technische Entwicklung und deren Anwendung in Industrie und Alltag. Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit Chancen und Risiken des technischen Fortschritts auseinander, können an der öffentlichen Diskussion teilnehmen und erwerben die Fähigkeit, durch einen verantwortungsvollen und dem Wohl der Menschheit dienenden Umgang mit der Technik einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.

Verkehrserziehung

Im Chemieunterricht werden die Schülerinnen und Schüler dazu angeleitet, sich mit den Folgen von Verkehr auf die Umwelt auseinanderzusetzen. Aus den Kenntnissen der Umweltbelastungen und ‑zerstörungen durch den Verkehr leiten sie die Notwendigkeit ab, möglichst umweltfreundliche Verkehrsmittel zu nutzen.

Werteerziehung

Das Kompetenzstrukturmodell Chemie beinhaltet einen eigenen Bereich bewerten, durch den das Fach Chemie zur Entwicklung von Wertvorstellungen und einer eigenen Standortbestimmung beiträgt. Zahlreiche Themen geben Anlass, Sachverhalte unter chemischen und außerfachlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Dazu gehören beispielsweise Möglichkeiten sowie Risiken, die von chemischen Prozessen, der chemischen Forschung und von in Alltag und Industrie verwendeten Stoffen ausgehen, oder Fragen der Energieversorgung. Die Schülerinnen und Schüler bewerten die gesellschaftlichen Auswirkungen von technisch Machbarem und richten ihr Handeln an der Verantwortung gegenüber sich selbst und der Mitwelt aus. Aus der Bewertung können auf der Grundlage gesellschaftlich akzeptierter und persönlich relevanter Werte und Normen Handlungsoptionen abgeleitet werden.

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