Der Fachlehrplan Wirtschaftsinformatik konkretisiert die Gegenstandsbereiche des Kompetenzstrukturmodells (betriebliche Systeme, Wirtschaftsinformatik, Betriebswirtschaft, Informatik, Recht) sowie die prozessbezogenen Kompetenzen, die von den Schülerinnen und Schülern in den Rollen Konsument, Arbeitnehmer, Unternehmer und Staatsbürger erworben werden sollen. Kompetenzerwartungen und dazugehörige Inhalte werden dabei getrennt voneinander ausgewiesen.
Ausgehend von Erfahrungen ihrer eigenen Lebenswelt, setzen sich die Schülerinnen und Schüler in der Jahrgangsstufe 9 zunächst mit grundlegenden technischen Voraussetzungen sowie exemplarischen Einsatzmöglichkeiten moderner Informationssysteme im privaten und unternehmerischen Umfeld auseinander. Durch die eigenständige Recherche und Beschaffung von Informationen erfahren sie einerseits die Vorzüge vernetzter Systeme, andererseits aber auch die grundlegende Problematik der Filterung und Aufbereitung von Daten, auch unter Verwendung eines Tabellenkalkulationsprogrammss. Sie analysieren den Außenauftritt eines Unternehmens und nähern sich zunächst aus der vertrauten Perspektive des Konsumenten dem betrieblichen System an. Im Rahmen einer eigenständigen Gestaltung des Außenauftritts eines Unternehmens nutzen sie die Einsatzmöglichkeiten moderner Informationstechnologien bei der zielgruppenspezifischen Ansprache von Kunden. Diese Kompetenzen können sie auch während eines Projekts zur Entwicklung eines Geschäftsmodells in Zusammenarbeit mit dem Fach Wirtschaft und Recht weiterentwickeln. Im Umgang mit ihren eigenen Daten erfahren sie die Bedeutung von persönlichen Daten für Unternehmen und setzen sich mit rechtlichen Grenzen der Informationsverarbeitung auseinander. Dabei lernen sie, sich vorausschauend im Umgang mit eigenen Daten zu verhalten, z. B. im Internet. Neben dem reflektierten Umgang mit den eigenen Daten erwerben sie zudem Kompetenzen, um Angriffe aus dem Netz zu identifizieren und ihre Daten gegen Internetkriminalität und weitere externe Einflüsse angemessen und zeitgemäß zu schützen und abzusichern. Dadurch können sie sich sicher und reflektiert im Internet bewegen.
In Jahrgangsstufe 10 vertiefen die Schülerinnen und Schüler ihren Einblick in Unternehmen und erlangen die Fähigkeit, organisatorische Strukturen zu erfassen und einzuordnen. Aus Unternehmerperspektive setzen sie sich mit einzelnen Teilbereichen und deren betriebswirtschaftlichen Grundlagen intensiver auseinander. Die Logistik als funktionsübergreifender Prozess verbindet dabei die verschiedenen Geschäftsbereiche und ermöglicht es, einen Geschäftsgang vollständig zu begleiten. Dabei nehmen sie die realwirtschaftlichen und informationstechnologischen Herausforderungen eines Unternehmens wahr und erfahren die unterstützende Wirkung moderner Informationstechnologien. Daran anknüpfend entwerfen sie im Bereich Algorithmik selbst Lösungen für überschaubare betriebliche Problemstellungen und setzen diese, z. B. mit einer visuellen Programmiersprache, um. In der Auseinandersetzung mit ausgewählten komplexen Algorithmen aus ihrem Alltag werden sie sich der Bedeutung von Algorithmen für Individuum und Gesellschaft bewusst. Bei der Bewertung aktueller informationstechnologischer Entwicklungen und Zukunftstrends aus verschiedenen Perspektiven leiten sie auch Konsequenzen auf ihr eigenes gegenwärtiges und zukünftiges Handeln ab.
Nachdem in den vorangegangenen Jahrgangsstufen die wesentlichen Grundlagen zu Abläufen in einem Unternehmen angelegt wurden, widmen sich die Schülerinnen und Schüler in Jahrgangsstufe 11 der Gestaltung und Verbesserung von realwirtschaftlichen und informationstechnologischen Prozessen. Sie analysieren betriebliche Abläufe im Hinblick auf Schwachstellen und wenden betriebswirtschaftliche Konzepte zu deren Verbesserung an. Statische und dynamische Verfahren der Modellierung ermöglichen eine Analyse des Ist-Zustands und des angestrebten Soll-Zustands. Im eigenständigen Entwurf und der Umsetzung von relationalen Datenbanken gestalten sie ein anforderungsbezogenes Informationssystem und erproben dieses. Im Bereich der Künstlichen Intelligenz analysieren und beurteilen die Schülerinnen und Schüler bestehende und vorstellbare Möglichkeiten zum Einsatz von KI aus unterschiedlichen Perspektiven und mit Blick auf die Funktionsweise und reale Leistungsfähigkeit der zugrunde liegenden Algorithmen. Dafür wenden sie einen Algorithmus zum maschinellen Lernen an konkreten Beispielen an und simulieren ein künstliches Neuron (Perzeptron). Dabei diskutieren sie immer auch ethische und gesellschaftsrelevante Fragestellungen.
In den Jahrgangsstufen 12 und 13 greifen die Schülerinnen und Schüler auf die in der Mittelstufe erworbenen Kompetenzen zurück und vernetzen diese bei der Auseinandersetzung mit den Anforderungen an das Informationsmanagement eines Unternehmens und dessen Bedeutung als Wettbewerbsfaktor. Sie werten große Datenmengen (Big Data) aus und erfassen dabei die Auswirkungen der Wahl verschiedener Datenstrukturen auf die Effizienz der Verwaltung von Daten. Im Zuge dessen entwerfen die Schülerinnen und Schüler auch neue Ansätze zum Abschöpfen neuer Informationen im Hinblick auf die Entscheidungsfindung des Managements. Dabei beurteilen sie auch Chancen und Risiken verteilter Informationssysteme. Aufbauend auf einer Analyse von Trends und Techniken der digitalen Transformation beurteilen die Schülerinnen und Schüler, wie Unternehmen von Disruption betroffen sein können und entwickeln Ansätze, bestehende Produkte und Geschäftsmodelle neu auszurichten und die Chancen des Wandels zu nutzen. Im Rahmen des Projekts entwerfen die Schülerinnen und Schüler Lösungen zu Problemstellungen im privaten, schulischen oder unternehmerischen Bereich. Dazu wenden sie Methoden des agilen Projektmanagements an. Indem die Schülerinnen und Schüler Prozesse in einem Enterprise-Ressource-Planning-System (ERP) nachvollziehen, erkennen sie Chancen und Risiken einer unternehmensübergreifenden Vernetzung. Darauf aufbauend beurteilen sie den Einsatz aktueller Technologien zur Verbesserung der Datenintegration aus Unternehmer- und Arbeitnehmersicht. Die Schülerinnen und Schüler analysieren diese und weitere IT-Systeme im Hinblick auf Sicherheitsaspekte und rechtliche Grenzen der Informationsverarbeitung. Dazu bewerten sie aber nicht nur technische Verfahren zur Authentifizierung und Verschlüsselung im Hinblick auf Sicherheit und Usability, sondern diskutieren auch aktuelle Möglichkeiten der digitalen Überwachung durch den Staat aus verschiedenen Perspektiven.