Der Fachlehrplan Informatik bezieht sich auf die im Kompetenzstrukturmodell aufgelisteten prozessbezogenen Kompetenzen und Gegenstandsbereiche, welche sich in unterschiedlicher Tiefe und Ausprägung durch den gesamten Fachlehrplan ziehen. Die zum Erwerb der Kompetenzen erforderlichen Inhalte werden in den Lernbereichen der einzelnen Jahrgangsstufen getrennt von den Kompetenzerwartungen ausgewiesen. Mit Ausnahme der Softwareprojekte entsprechen die Gegenstandsbereiche nicht den Lernbereichen; vielmehr beziehen sich die Lernbereiche in der Regel auf mehrere Gegenstandsbereiche.
In den Jahrgangsstufen 6 und 7 wird Informatik in allen gymnasialen Ausbildungsrichtungen als ein Schwerpunkt des Fachs Natur und Technik unterrichtet. Dabei liegt der Fokus auf der objektorientierten Analyse von Standardsoftware und deren Anwendung. Alle Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums erhalten somit einen exemplarischen Einblick in das objektorientierte Modellierungskonzept, mit dessen Hilfe sie ein produktunabhängiges Verständnis und nachhaltige Kompetenzen im Anwenden der Standardsoftware erwerben. Die Informatik der Unterstufe bildet einerseits eine abgeschlossene Einheit, bereitet aber andererseits die Informatik der Mittelstufe propädeutisch vor.
In den Jahrgangsstufen 9 und 10 der naturwissenschaftlich-technologischen Ausbildungsrichtung (NTG) stehen die für eine Softwareentwicklung wesentlichen prozessbezogenen Kompetenzen (Analysieren, Modellieren, Implementieren) im Vordergrund. In diesem Zusammenhang werden unterschiedliche, von der Betrachtungsweise und Zielsetzung abhängige Modellierungsarten behandelt und die entwickelten Modelle mit geeigneten Informatiksystemen umgesetzt. Im Rahmen der objekt- und datenorientierten Modellierung kann auf grundlegende Fachbegriffe, die in den Jahrgangsstufen 6 und 7 bereitgestellt wurden, zurückgegriffen werden. Die objektorientierte Programmierung kann sich im Bereich der Algorithmik auf die bereits in der Jahrgangsstufe 7 thematisierten algorithmischen Kontrollstrukturen stützen.
In Jahrgangsstufe 11 ist Informatik für alle Ausbildungsrichtungen verpflichtend. Je nach Ausbildungsrichtung gelten dabei verschiedene Lehrpläne, um den unterschiedlichen Vorkenntnissen der Schülerinnen und Schüler Rechnung zu tragen: Die Schülerinnen und Schüler der Ausbildungsrichtung NTG werden nach dem Lehrplan Informatik unterrichtet, die Schülerinnen und Schüler des Humanistischen Gymnasiums (HG), Sprachlichen Gymnasiums (SG), Musischen Gymnasiums (MuG) sowie Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums (SWG) nach dem Lehrplan spät beginnende Informatik. In der wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildungsrichtung (WWG) ist Informatik in Wirtschaftsinformatik integriert.
In Informatik der Jahrgangsstufe 11 des NTG wird die objektorientierte Sichtweise weiter vertieft, wobei die prozessbezogenen Kompetenzen Analysieren, Modellieren und Implementieren Grundlage des Vorgehens sind; insbesondere wird die Datenstruktur Graph, die in der Unterstufe propädeutisch behandelt wurde, tiefer gehend analysiert und eine Methode zum Graphendurchlauf implementiert.
In spät beginnender Informatik der Jahrgangsstufe 11 des HG, SG, MuG und SWG werden die Schülerinnen und Schüler unter Verwendung einer geeigneten visuellen oder textuellen Programmiersprache an das Entwerfen und Implementieren von einfachen Algorithmen herangeführt, während sie sich bei komplexeren Algorithmen auf Analyse und Erläuterung der Funktionsweise beschränken.
Sowohl in Informatik als auch in spät beginnender Informatik werden darüber hinaus aktuelle Anwendungsbereiche der Informatik, wie z. B. Codierung und Verschlüsselung sowie Verfahren der Künstlichen Intelligenz und deren Bedeutung für Individuum und Gesellschaft, thematisiert.
In Jahrgangsstufe 12 wird die Aufteilung in Informatik und spät beginnender Informatik beibehalten. Während in Informatik zwischen dem grundlegenden und dem erhöhten Niveau unterschieden wird, beschränkt sich spät beginnende Informatik auf das grundlegende Niveau. In dieser Jahrgangsstufe können Schülerinnen und Schüler, die in den vorherigen Jahrgangsstufen die Wirtschaftsinformatik des WWG besucht haben, spät beginnende Informatik belegen.
Im grundlegenden Niveau in Informatik der Jahrgangsstufe 12 werden die Datenstrukturen Liste und Binärbaum behandelt. Die Schülerinnen und Schüler lernen das Prinzip der Rekursion kennen und wenden es an. Die Projektarbeit nimmt, aufbauend auf den Erfahrungen und Erkenntnissen der Unter- und Mittelstufe, eine zentrale Stellung ein. Weiterhin untersuchen die Schülerinnen und Schüler nebenläufige Prozesse und erkennen die Notwendigkeit von Synchronisation. Mit der Analyse eines ausgewählten Informatiksystems erwerben die Schülerinnen und Schüler Grundlegende Kompetenzen, um gängige Informatiksysteme in Bezug auf die Umsetzung wichtiger Schutzziele der Informationssicherheit zu beurteilen.
In spät beginnender Informatik der Jahrgangsstufe 12 nimmt die objektorientierte Modellierung und Implementierung einen großen Raum ein. Zudem lernen die Schülerinnen und Schüler das Prinzip der Rekursion kennen und wenden es an. Sie modellieren und implementieren einfach verkettete Listen und Graphen. Sie führen ein Softwareprojekt durch und erwerben Kompetenzen im Bereich der Informationssicherheit.
In Jahrgangsstufe 13 wird im grundlegenden Niveau nicht mehr zwischen Informatik und spät beginnender Informatik unterschieden. Die Schülerinnen und Schüler behandeln bei der Betrachtung regulärer Sprachen das Konzept des deterministischen endlichen Automaten; durch Aufzeigen der Grenzen dieses Konzeptes wird ein Ausblick auf die Notwendigkeit der Definition weiterer Typen von Sprachen gegeben. Bei der Umsetzung algorithmischer Kontrollstrukturen auf maschinennaher Ebene kann auf entsprechendes Vorwissen aus vorangegangenem Informatikunterricht zurückgegriffen werden. Zudem werden praktische und theoretische Grenzen der Berechenbarkeit thematisiert. Mit dem Wiederaufgreifen des Themenbereichs Künstliche Intelligenz aus Jahrgangsstufe 11 werden Kompetenzen vermittelt, um Chancen und Risiken bei aktuellen Einsatzmöglichkeiten entsprechender Verfahren hinsichtlich individueller und gesellschaftlicher Verantwortung fundiert diskutieren und bewerten zu können.
In Informatik des erhöhten Niveaus (Leistungsfach) erfahren die Schülerinnen und Schüler in den Jahrgangsstufen 12 und 13 eine sowohl in der Tiefe als auch in der Breite umfassendere Behandlung der Themen der Lernbereiche des grundlegenden Niveaus. Durch Betrachtung von logischen Funktionen und deren hardwaretechnischen Umsetzung bekommen die Schülerinnen und Schüler einen ersten Einblick in Rechenvorgänge auf Hardwareebene. Die Behandlung der Turingmaschine als universelle Rechenmaschine macht den theoretischen Berechenbarkeitsbegriff fassbar. Die Betrachtung der Komplexität von Algorithmen führt zur Beschreibung der Komplexität von Problemen und der Definition der Klassen P und NP. Im Lernbereich Künstliche Intelligenz lernen die Schülerinnen und Schüler mit der deklarativen Programmierung und deren Einsatz in wissensbasierten Systemen zusätzlich ein Verfahren kennen, das nicht zum Bereich des maschinellen Lernens zu zählen ist. Die Behandlung von Betriebssystemen sowie der Lernbereich Internet der Dinge (IoT) greifen praxisnahe und aktuelle Inhalte auf, bei denen neben sicherheitsrelevanten Aspekten auch fächerübergreifende Gesichtspunkte im Spannungsfeld Mensch – Gesellschaft – Maschine thematisiert werden.