„Die Musik aber ist der wichtigste Teil der Erziehung: Rhythmen und Töne dringen am tiefsten in die Seele und erschüttern sie am gewaltigsten.“ (Platon, Politeia 401d)
Zum Selbstverständnis des Faches Musik
Musik ist prägender Bestandteil aller Kulturkreise, Grundform menschlicher Äußerung und künstlerisches wie soziales Ausdrucksmittel. Musik bereitet Freude und besitzt großes Begeisterungspotenzial. Sie befriedigt die dem Menschen eigenen Bedürfnisse nach stimmlichem Ausdruck, ästhetischer Wahrnehmung und Gestaltung. Musik spricht über Gefühl und Verstand hinaus jeden Einzelnen in seiner Ganzheit an und besitzt die Kraft, Menschen im gemeinsamen Singen und Musizieren zu verbinden.
Im Leben von Kindern und Jugendlichen hat Musik einen hohen Stellenwert. Die altersgerechte Auseinandersetzung mit ihren aktuellen und historischen Erscheinungen regt die Schülerinnen und Schüler zu musikalischer Aktivität an. Die Begegnung mit regionaltypischen Ausprägungen sowie unterschiedlichen ästhetischen Sichtweisen und Formen der christlich-abendländischen Musiktradition hilft beim Finden der eigenen Identität und schafft Gelegenheiten zur Teilhabe am kulturellen Leben. Das Kennenlernen von Musik anderer Kulturkreise unterstützt die jungen Menschen beim Aufbau einer auf Toleranz und Achtung basierenden Werthaltung in einer pluralistischen und transkulturellen Gesellschaft.
Beitrag des Faches Musik zur Bildung
Ästhetisches Erleben, bewusstes Hören, reflektiertes Musikverstehen und gemeinschaftsstiftendes Gestalten tragen zur allgemeinen und zur kulturellen Bildung sowie zur Persönlichkeitsentfaltung bei. Durch unterschiedliche musikalische Aktivitäten entdecken die Schülerinnen und Schüler auch individuelle Möglichkeiten künstlerischen Ausdrucks. Sie erleben, dass Musik machen und Musik wahrnehmen ihr Leben bereichern und einen Beitrag zu persönlichem Ausgleich und emotionaler Balance leisten kann. Gleichzeitig werden im Singen, Musizieren, Hören, Bewegen und Darstellen motorische und sprachliche Entwicklung, Konzentrationsfähigkeit, Disziplin und Ausdauer, soziales Lernen und Kreativität gestärkt.
Die vielfältigen musikalischen Erscheinungsformen ermöglichen jedem jungen Menschen, einen den eigenen Neigungen und Begabungen entsprechenden Zugang zu finden. Erleben und Gestalten von Musik in der Gruppe eröffnen einerseits Zugänge zu bisher unbekannten Arten von Musik. Andererseits lernen die Kinder und Jugendlichen sowohl die eigenen Möglichkeiten wie auch die der Mitschülerinnen und Mitschüler kennen und das Zusammenwirken im gemeinsamen Musikerlebnis wertzuschätzen. Dabei ist vor allem das eigene Gestalten von Bedeutung, da es den Heranwachsenden die Möglichkeit bietet, unterschiedliche ästhetische Perspektiven einzunehmen und diese als Grundlage zu Abgrenzung und Bewertung zu nutzen. Schülerinnen und Schülern mit besonderem Förderbedarf wird durch individuell abgestimmte Lernangebote oder spezifische Hilfestellungen eine lernwirksame Teilhabe am Musikunterricht eröffnet, während junge Menschen mit besonderer musikalischer Begabung ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in den Unterricht einbringen können.
Ebenen der Begegnung mit Musik
Begegnung mit und durch Musik findet stets auf unterschiedlichen Ebenen statt: Musikalisches Handeln, emotional geprägtes Erleben und bewusstes Durchdringen von Musik ergänzen sich und bilden gemeinsam die Grundlage für ästhetische Erfahrungen und die Entwicklung musikbezogener Werthaltungen. Sie bieten den Schülerinnen und Schülern vielfältige Möglichkeiten, musikalische Kompetenzen aufzubauen und anzuwenden und unterstützen somit die Identitätsfindung in einer globalisierten Gesellschaft. Dabei nimmt der Musikunterricht auf die unterschiedlichen Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler Bezug, greift praktische Kompetenzen und musikalische Präferenzen auf und öffnet bisher unbekannte musikalische Erfahrungsfelder. Gleichzeitig bildet die Auseinandersetzung mit Musik unterschiedlicher Stile, Zeiten und Funktionen die Grundlage für eine aktive Teilhabe am Musikleben über die Schulzeit hinaus. Schließlich fördert Unterricht im Fach Musik durch das kontinuierliche Ansprechen verschiedener Sinne, insbesondere der auditiven Wahrnehmung, Fähigkeiten wie genaues Zuhören und Verstehen, differenziertes Aufnehmen und Reflektieren – in einer Zeit, die durch ihre mediale Struktur einfache und schnell nutzbare Möglichkeiten für mehr oder weniger fundierte Äußerungen oder manipulative Selbstdarstellung bietet, und die Notwendigkeit geduldigen Hinhörens, genauen Wahrnehmens und überlegten Beschreibens (z. B. von Wirkungen) virulenter scheint denn je.
Musik in Unterricht und Schulleben des Gymnasiums
Im Musikunterricht des Gymnasiums steht neben den eigenen musikpraktischen Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler auch die Erweiterung des intellektuellen Horizonts im Fokus. Die Kinder und Jugendlichen knüpfen an musikalische Vorerfahrungen aus der Grundschule und dem individuellen Umfeld an, erweitern diese und gelangen so zu neuen musikalischen Erlebnissen. Von besonderer Bedeutung ist der Umgang mit Musik in ihrer Reichhaltigkeit: Die Schülerinnen und Schüler setzen ihr musikpraktisches Tun auf ein gesichertes theoretisches Fundament und schaffen sich damit eine Basis zur Bildung von ästhetischen Werturteilen.
Musik hat einen festen Platz im gymnasialen Schulleben und nimmt eine besondere Stellung ein, da der Fachbereich ein vielgestaltiges Angebot an zusätzlichem Wahlunterricht und Neigungsgruppen anbieten kann. Im Bereich von Instrumental- und Vokalensembles sowie von Musikklassen ergeben sich viele Möglichkeiten für die Kinder und Jugendlichen, ihre persönlichen musikalischen Anlagen in das schulische Leben einzubringen und in unterschiedlichen Formationen ihre Sozialkompetenz im gemeinsamen Musizieren zu stärken. Die Identifikation mit der Schulfamilie einerseits und die individuelle Selbstverwirklichung im gesellschaftlichen Engagement andererseits sind persönlichkeitsbildende Aspekte gemeinsamer musikalischer Erlebnisse.
In der Präsentation eigener musikalischer Ergebnisse im Rahmen von Schulveranstaltungen erfahren die Schülerinnen und Schüler Anerkennung für konzentrierte Vorbereitungsarbeit und musikalische Disziplin. Das Erleben von Erfolg und von Stolz auf die eigene Leistung, künstlerische Selbstwirksamkeit und soziale Integration tragen entscheidend zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung bei. Gleichzeitig leistet Musik über Unterricht und Schulleben hinaus einen zentralen Beitrag zur Öffnung von Schule. Der durch Musik gestiftete Kontakt zu benachbarten Bildungs- und Sozialeinrichtungen sowie zu kirchlichen und öffentlichen Kulturstätten erweitert den künstlerischen und sozialen Horizont der Kinder und Jugendlichen.