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Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München

Vergleichsansicht

Vergleichsauswahl 2

Sozialwesen

1 Selbstverständnis des Faches Sozialwesen und sein Beitrag zur Bildung

Im Fach Sozialwesen befassen sich die Schülerinnen und Schüler mit der sozialen Existenz des Menschen, seinen anthropologischen Voraussetzungen und konkreten Bedingungen sozialen Handelns.
Sie erleben die eigene Sozialisation zunehmend bewusster als einen Prozess der Übernahme sozialer Normen und Werte. In der beginnenden Adoleszenz sind sie in der Lage, die eigene Rolle bei diesem Prozess altersangemessen zu reflektieren und kritisch zu prüfen. Die einzelnen Themen des Faches Sozialwesen und die vermittelten sozialwissenschaftlichen Methoden leisten dabei einen Beitrag zur Identitätsentwicklung, während der sich die Schülerinnen und Schüler in neuen Beziehungsfeldern zu  verorten lernen. Wie im Fach Sozialkunde wird das Interesse der Schülerinnen und Schüler auf das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft gelenkt, dabei wird jedoch gezielt und vertieft die Frage nach der Integration des Einzelnen in die Gesellschaft und nach seiner sozialen Verantwortung für den Mitmenschen gestellt.

Die soziale Wirklichkeit, die verschiedenen Handlungsfelder des Zusammenlebens sowie Möglichkeiten sozialen und sozialpolitischen Handelns stehen im Zentrum des Faches Sozialwesen. Im Kontakt mit in der Praxis erfahrenen Personen, Einrichtungen und Organisationen wird die Bedeutung der Sozialarbeit für das Individuum wie für die Gesamtgesellschaft deutlich. Die Schülerinnen und Schüler können über diese Nähe zur sozialen Praxis und über verbindliche Praktika eigene Fähigkeiten und Fertigkeiten (z. B. Empathie mit Menschen in Notsituationen, ehrenamtliches Engagement) entwickeln und werden zudem auf qualifizierte erzieherische, beratende, pflegerische und medizinische Tätigkeiten und Berufsfelder aufmerksam gemacht. Die Praktika ermöglichen eine differenzierte berufliche Orientierung und leisten zugleich einen wichtigen Beitrag dazu, Chancen und Grenzen des Sozialstaats in Ansätzen selbst zu erfahren.

Das Fach Sozialwesen erweitert die im Fach Sozialkunde vermittelte politische Bildung um wesentliche soziale Aspekte (z. B. Sozialisation, Gruppe, Rolle, Familienbild, Umgang mit Alter und Behinderung, soziale Aspekte der Arbeit) und verstärkt die Herausbildung sozialer Kompetenzen sowie grundlegender Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Bereich von Kommunikation und Kooperation.
Wenn Heranwachsende human- und gesellschaftswissenschaftliche Grundtatsachen sowie politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge kennen, sind sie in der Lage, die soziale Realität differenziert wahrzunehmen und sachlich fundiert zu analysieren. Sie können eine komplizierte gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Wirklichkeit umso leichter begreifen, je kundiger sie aktuelle soziale und sozialpolitische Entwicklungen und Themen in übergeordnete Kategorien einzuordnen lernen.
Das Fach Sozialwesen trägt über seine Inhalte und die praxisnahe Ausrichtung zur Entwicklung eigenverantwortlicher und gemeinschaftsfähiger Persönlichkeiten bei. Enge Anbindungen an die Lebenswelt (u. a. durch Praktika) wecken Verständnis für unterschiedliche Lebenssituationen und stärken die Empathie. Die Schülerinnen und Schüler gewinnen die Einsicht, dass das Handeln des Einzelnen und das Zusammenleben in der Gemeinschaft von Vorstellungen bestimmt werden, die auf den Werten des Grundgesetzes basieren, insbesondere auf der Würde des Menschen und den davon abgeleiteten Grundrechten. Das Fach zielt damit ab auf eine Erziehung hin zu Toleranz, zum Willen und zur Fähigkeit, Konflikte geregelt und sachorientiert auszutragen, zu einem angemessenen Umgang mit eigenen und fremden Gefühlen sowie zu einer von Mitmenschlichkeit getragenen Solidarität und zur Bereitschaft, soziale Verantwortung zu übernehmen.

Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ein Verständnis für die soziale Existenz des Menschen, indem sie Grundtatsachen aus den Human- und Gesellschaftswissenschaften kennenlernen. Dabei beschäftigen sie sich – jeweils altersangemessen – mit pädagogischen, psychologischen und sozialpolitischen Fragestellungen und gewinnen Einblick in die Realität der sozialen Arbeit. Ferner werden sie sich über Sozialisations- und Integrationsprozesse, Strukturen und langfristige Entwicklungen im modernen Sozialstaat bewusst – auch als Voraussetzung für eine rational begründete Einflussnahme auf die zukünftige Gestaltung des Zusammenlebens. Der Altersstufe entsprechend erwerben die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen, die auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit der eigenen Person wie auch mit anderen Menschen abzielen. So gewinnen sie z. B. ein Gespür dafür, sich selbst und andere zu achten, lernen, die Freizeit sinnvoll zu gestalten und erweitern ihre kommunikativen und kooperativen Fähigkeiten.

Alle Themen des Faches Sozialwesen eignen sich, den Interessen der Jugendlichen unter Einbeziehung örtlicher und regionaler Bedingungen wie auch aktueller Entwicklungen Rechnung zu tragen. Außerdem eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten für Projektarbeit und einen handlungs- und erfahrungsorientierten sowie aktivierenden Unterricht, der beispielsweise Raum lässt für Plan- und Interaktionsspiele, für die Einbeziehung neuer Medien oder das Einüben unterschiedlicher Arbeitstechniken.
Viele Inhalte machen den Kontakt zu Experten, Einrichtungen und Organisationen notwendig, deren Erfahrungen in der sozialen Arbeit über Interviews, Befragungen und Erkundungen nutzbar gemacht werden. Den Zielen des Faches dienende Projekte in Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen sind wünschenswert.
Das Fach Sozialwesen kann vor allem dann einen wesentlichen Beitrag zum Schulprofil leisten, wenn die Kontakte nach außen sowie das Hereinholen von Wirklichkeit in das Klassenzimmer zu einem bestimmenden Charakteristikum des Faches werden.

Eine Besonderheit des Faches Sozialwesen an der Realschule ist die Verknüpfung mit einem verpflichtenden Sozialpraktikum, das als Blockpraktikum von einwöchiger Dauer sowohl in Jahrgangsstufe 8 als auch in Jahrgangsstufe 9 verbindlich durchzuführen ist. Die Art des Sozialpraktikums orientiert sich an den kognitiven und sozialen Fähigkeiten sowie am Alter der Schülerinnen und Schüler und ist unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten mit den Inhalten des Unterrichts abzustimmen. Es wird im Unterricht vorbereitet und vonseiten der Lehrkraft begleitet. In Praktikumsberichten, Videotagebüchern u. Ä. werden die eigene Arbeit und die Erfahrungen nachbereitet und reflektiert.

2.1 Kompetenzstrukturmodell

Kompetenzstrukturmodell Sozialwesen

Das Kompetenzstrukturmodell ist in seinen Grundzügen schulartübergreifend mit den Fächern Sozialpraktische Grundbildung und Sozialwissenschaftliche Arbeitsfelder des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums mit sozialwissenschaftlichem Profil (WSG-S) angelegt.
Die drei Kompetenzbereiche Urteilskompetenz, Handlungskompetenz und Empathie- und Wertekompetenz sind nicht isoliert zu betrachten. Sie stehen in Wechselwirkungen zueinander und münden in die ihnen übergeordnete sozialpraktische Kompetenz, die gleichsam die Quintessenz des Unterrichts bildet. Die Schülerinnen und Schüler erwerben diese Kompetenzen anhand der drei Gegenstandsbereiche „Entwicklung und Sozialisation – ein lebenslanger Prozess“ (1), „Kommunikation und Kooperation – Grundlagen des Miteinanders“ (2) sowie „Sozial verantwortliches Handeln in Staat und Gesellschaft“ (3) und bei der Anwendung fachspezifischer Methoden. Somit ist der Erwerb sozialwissenschaftlicher Methodenkompetenz grundlegender Bestandteil für die Ausbildung der anderen im Kompetenzstrukturmodell genannten Fachkompetenzen.
Von den genannten Gegenstandsbereichen des Kompetenzstrukturmodells (1–3) leiten sich die Inhalte der einzelnen Lernbereiche des Fachlehrplans in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 ab, die das Fachwissen beinhalten und sich auf die schulische und außerschulische Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler beziehen.

Sozialpraktische Kompetenz

Sozialpraktische Kompetenz bedeutet, die Gesellschaft in ihren sozialen Bezügen zu verstehen sowie bereit und in der Lage zu sein, sie unter Berücksichtigung des eigenen wie des allgemeinen Wohls mitzugestalten.
In enger Verbindung dazu und zu den Gegenstandsbereichen des Faches stehen die Teilkompetenzen Urteils-, Handlungs-, Empathie- und Wertekompetenz, die sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Die Schülerinnen und Schüler erwerben Kompetenzen, die sie befähigen, Fragestellungen und Probleme nicht nur im gesellschaftlichen Praxisfeld „Soziale Arbeit“ zu beurteilen und sachgerecht zu handeln. Außerdem eignen sie sich eine altersangemessene Handlungs- und Urteilssicherheit an, indem sie Einfühlungsvermögen, Mitgefühl und andere Werte entwickeln, mit denen sie ihre Urteile und Handlungen begründen.

Urteilskompetenz

Urteilskompetenz bedeutet für die Schülerinnen und Schüler, gesellschaftliche Sachverhalte zu analysieren, einzuordnen und zu beurteilen. Sie setzt somit immer eine Sachkompetenz voraus, die sich im Umgang mit den Gegenstandsbereichen entwickelt und die Basis für reflektiertes Urteilen bietet.

Handlungskompetenz

Mittels ihrer Handlungskompetenz kommunizieren die Schülerinnen und Schüler konstruktiv (z. B. auf Konfliktlösung hin orientiert), agieren kooperativ, handeln verantwortungsbewusst und engagieren sich (z. B. ehrenamtlich in einer Jugendgruppe). Insbesondere die Praktika fördern Handlungskompetenz  und in diesem Rahmen auch eine altersgemäße kommunikative Kompetenz, da sie naturgemäß eine praktische Tätigkeit der Schülerinnen und Schüler neben der kognitiven Reflektion gesellschaftlicher Sachverhalte bedingen.

Empathie- und Wertekompetenz

Empathie- und Wertekompetenz beinhaltet, Mitmenschlichkeit als Grundbedingung des demokratischen Zusammenlebens zu erkennen, wertzuschätzen, umzusetzen und zivilgesellschaftliche Tugenden zu leben. In der Schule werden vor allem die kognitiven Anteile von Empathie- und Wertekompetenz entwickelt. Die Schülerinnen und Schüler können sich besser in andere Personen hineinversetzen, u. a. weil sie sich mit Sozialisation, Erklärungsmodellen für deviantes Verhalten und anderen sozialpsychologischen und sozialpolitischen Sachverhalten befassen. Auf der Basis ihrer Auseinandersetzung mit bestimmten Wertvorstellungen und Begründungen für soziales Handeln entwickeln sie eigene soziale Wertvorstellungen und Kompetenzen.

Sozialwissenschaftliche Methodenkompetenz

Sozialwissenschaftliche Methodenkompetenz bedeutet, dass sozialwissenschaftliche Methoden gekannt, angewandt und reflektiert werden. Sozialwissenschaftliche Methoden sind der Schlüssel für das eigenständige Erschließen politischer wie gesellschaftlicher Inhalte und Zusammenhänge, insbesondere für das außerschulische Weiterlernen, und somit Voraussetzung für eigenes sozialpraktisches Handeln, für die eigene Meinungsbildung und für die Entwicklung eigener Handlungsoptionen. Die Methodenkompetenz ermöglicht dem mündigen Bürger bzw. der mündigen Bürgerin eine zuverlässige Orientierung bei aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen.

2.3 Gegenstandsbereiche

Die folgenden Gegenstandsbereiche sind in unterschiedlicher Schwerpunktsetzung in den Lernbereichen aller Jahrgangsstufen abgebildet.

Entwicklung und Sozialisation – ein lebenslanger Prozess

Die psychosoziale Entwicklung und individuelle Entfaltung des Menschen haben ebenso Anteil an seiner Sozialisation wie auch verschiedene Prozesse in den Gruppen, denen er angehört. Alle Phasen der Entwicklung von der Kindheit bis ins hohe Alter bieten spezifische Herausforderungen und machen einen reflektierten Umgang mit ihnen nötig.
Dieser Gegenstandsbereich dient in besonderer Weise der Entwicklung von Urteils- und Handlungskompetenz.

Kommunikation und Kooperation – Grundlagen des Miteinanders

Kommunikation und Kooperation sind die unabdingbaren Grundlagen des Miteinanders in einer Gesellschaft, weil sie den notwendigen Austausch aller Individuen und gesellschaftlichen Gruppen untereinander ermöglichen und maßgeblich dazu beitragen, Konflikte zu vermeiden bzw. zu lösen. Da Medien in zunehmendem Maße die Kommunikation und das Freizeitverhalten der Menschen prägen, ist ein verantwortungsbewusster und reflektierter Umgang mit ihnen unbedingt notwendig, um ein gelingendes Leben führen zu können. Dieser Gegenstandsbereich dient in besonderer Weise der Entwicklung von Urteilskompetenz, aber auch von Empathie- und Wertekompetenz.

Sozial verantwortliches Handeln in Staat und Gesellschaft

Von gelungener Sozialisation zeugt die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für sich selbst und die Gesellschaft. Sozialpraktisches Handeln, das sich in allen gesellschaftlichen Bereichen zeigt (z. B. im Erziehungsstil in der Familie, im sozialen Engagement, in den Rahmenbedingungen und Anforderungen sozialer Berufe) und das durch verbindliche Praktika (Jgst. 8 und 9) gefördert wird, spiegelt wider, in welchem Umfang und in welchen Bereichen die Menschen in unserer Gesellschaft soziale Verantwortung übernehmen und inwieweit unser Sozialstaat dieses Tun überhaupt erst ermöglicht. Sozial verantwortliches Handeln (z. B. in Praktika, in ehrenamtlicher Tätigkeit) erweitert und festigt sowohl die Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler als auch deren Empathie- und Wertekompetenz.
Eine diskursive Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen und sozialpolitischen Themen und Entwicklungen fördert in besonderem Maße die Urteils- sowie die Empathie- und Wertekompetenz der Schülerinnen und Schüler.

3 Aufbau des Fachlehrplans im Fach Sozialwesen

Der Fachlehrplan Sozialwesen untergliedert sich pro Jahrgangsstufe in mehrere Lernbereiche, deren zeitlicher Umfang durch Angaben zu den veranschlagten Unterrichtstunden unverbindlich umrissen wird. Für jeden Lernbereich werden Kompetenzerwartungen und Inhalte getrennt ausgewiesen.
Der Fachlehrplan ermöglicht den Schülerinnen und Schülern vor allem einen an sozialpraktischen Themen orientierten Überblick über die Vielfalt sozialer und gesellschaftlicher Themen und Herausforderungen in unserer Gesellschaft und zu möglichen Lösungsansätzen. Zugleich haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre fachgemäße Methodenkompetenz von Jahrgangsstufe zu Jahrgangsstufe zu erweitern und  inhaltsbezogen anzuwenden.

Kompetenzerwartungen

Die Kompetenzerwartungen enthalten Aussagen darüber, was die Schülerinnen und Schüler nach Abschluss eines Lernbereichs, also nach dem Durchlaufen einer bestimmten Phase des Kompetenzerwerbs, können sollen. Der Fachlehrplan Sozialwesen verzichtet jedoch stilistisch auf modale Formulierungen (z. B. können, imstande sein), sodass die Operatoren jeweils das Hauptverb bilden und somit optisch an prominenter Stelle stehen.
Die Kompetenzerwartungen jedes Lernbereichs greifen alle Kompetenzbereiche des Kompetenzstrukturmodells auf, wobei sie gegenüber den Grundlegenden Kompetenzen konkretisiert und ausdifferenziert werden.
Die Kompetenzerwartungen decken in wechselnden Kombinationen die verschiedenen Kompetenzbereiche ab und stellen konkrete Bezüge zu Inhalten des Lernbereichs her. In ihrer Reihenfolge spiegeln die Kompetenzerwartungen weder den vorstrukturierten Verlauf einer Unterrichtssequenz noch entsprechen sie Einzelstunden, sondern sie beschreiben unterschiedlich umfangreiche Aspekte des Lernbereichs.

Inhalte

Neben den Kompetenzerwartungen legt der Fachlehrplan Sozialwesen die Inhalte als Basis des Kompetenzerwerbs fest. Diese sind in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 so allgemein formuliert, dass der Lehrkraft Raum für eine individuelle und flexible Unterrichtsgestaltung bleibt. Die Inhalte begrenzen den Stoff und bieten bewährte und altersgemäße Themen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten somit einen fundierten Überblick über soziale und gesellschaftlich relevante Themenstellungen und sozialpolitische Herausforderungen. Der Fachlehrplan gibt Raum für die Behandlung aktueller Entwicklungen, knüpft an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler an und gibt sozialen und gesellschaftspolitischen Themen einen entsprechenden Raum zur Umsetzung (z. B. Behindertenrechtskonvention, Asyl/Flüchtlinge).

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit werden Inhalte früherer Jahrgangsstufen in höheren Jahrgangsstufen unter einem anspruchsvolleren Blickwinkel erneut aufgegriffen und gedanklich weitergeführt. Themen und Inhalte unterstützen die Entwicklung eines mit zunehmendem Alter differenzierter werdenden Wertebewusstseins mit der Achtung der Menschenwürde als Ausgangspunkt und Grundlage.

Methoden und Arbeitstechniken

Die im Fach Sozialwesen zu erwerbenden methodischen Kompetenzen sind in allen Jahrgangsstufen in die einzelnen Lernbereiche integriert und werden nicht gesondert ausgewiesen. Sie werden im Zusammenhang mit den in den Lernbereichen ausgewiesenen Inhalten erworben und hierzu von der Lehrkraft in eigenem pädagogisch-didaktischen Ermessen in die jeweilige Unterrichtsplanung integriert. Die Schülerinnen und Schüler üben so mit steigendem Anspruch anhand der vorgegebenen Inhalte verschiedene Methoden aus den Sozialwissenschaften ein. Insgesamt gesehen ermöglicht das über die Jahrgangsstufen 7 bis 10 hinweg einen zunehmenden und nachhaltigen Kompetenzerwerb. Die Jugendlichen wenden u. a. einfache Verfahren der empirischen Sozialforschung an, führen Umfragen oder Interviews zu aktuellen, gesellschaftswissenschaftlich relevanten Themenstellungen durch und werten Daten aus Sozialstudien aus.

Grundlegende Begriffe und rechtliche Bestimmungen

Grundlegende Begriffe und rechtliche Bestimmungen, auf die die Schülerinnen und Schüler über alle Jahrgangsstufen hinweg und im Sinne des nachhaltigen Lernens auch dauerhaft zurückgreifen sollen, sind an finaler Stelle bei den Kompetenzerwartungen verankert. Grundlegende Begriffe sind kursiv gesetzt und können in dieser Form auch in einzelnen Kompetenzerwartungen enthalten sein.

4 Zusammenarbeit mit anderen Fächern

Das Fach Sozialwesen sichert die Kenntnis grundlegender Tatsachen des Zusammenlebens in einer demokratisch gestalteten Gemeinschaft. Die sozialen Bezüge unserer Existenz werden durch die Verknüpfung mit Inhalten der Fächer Katholische und Evangelische Religionslehre, Ethik, Biologie, Geschichte, Geographie, Sozialkunde, Deutsch, Englisch, Informationstechnologie, Kunst, Ernährung und Gesundheit, Musik sowie Wirtschaft und Recht verdeutlicht. Das gilt insbesondere bei Themen, wie z. B. Jugendliche zwischen Kindheit und Erwachsenenalter, Verantwortung für sich und andere übernehmen, Sozialisation in der Arbeitswelt oder Migration und Integration.

Alle Themenfelder erlauben es, Sichtweisen und Erkenntnisse aus verschiedenen Fächern zu vergleichen und zu verknüpfen. Zusätzlich verlangt die praxisbezogene Perspektive den Kontakt zur sozialen Wirklichkeit und ermöglicht fächerübergreifende Projektarbeit. Viele Themen fordern multiperspektivische Zugänge heraus und eignen sich deswegen gut, um Impulse für außerunterrichtliche Vorhaben im Rahmen eines lebendigen Schullebens zu geben und sie zu begleiten.
Die Inhalte im Fach Sozialwesen verlangen besonders in Jgst. 10 Verknüpfungen zu Themen und Perspektiven, die über das Fach hinausgehen, wie z. B. beim Thema Sozialstaat, bei dessen Behandlung parallel zur gesellschaftlichen Perspektive auch ökonomische und politische Sichtweisen zu integrieren sind, aber auch historische, ethische und rechtliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen.

5 Beitrag des Faches Sozialwesen zu den übergreifenden Bildungs- und Erziehungszielen

Inhalte, Methoden und die sozialpraktische Orientierung des Faches Sozialwesen sind geeignet, Beiträge für mehrere fächerübergreifende Bildungs- und Erziehungsziele zu leisten.

Soziales Lernen

Die Schülerinnen und Schüler achten auf ein friedvolles, respektvolles und gemeinschaftsorientiertes Zusammenleben im sozialen Nahraum. Darüber hinaus erwerben sie, insbesondere durch die für das Fach charakteristischen Kontakte mit der sozialen Wirklichkeit, die Fähigkeit zu einer konstruktiven  Zusammenarbeit. Indem sie Situationen kennenlernen, die sich von den eigenen unterscheiden, wächst das Verständnis für die Vielfalt von Lebensbedingungen und Lebenschancen. Sie entwickeln Empathie, üben Selbstbeherrschung, übernehmen Verantwortung und zeigen Hilfsbereitschaft.

Werteerziehung

Die Schülerinnen und Schüler erkennen in der Vielfalt der in einer offenen Gesellschaft möglichen Vorstellungen über das Zusammenleben diejenigen, die sich auf das im Grundgesetz verankerte Menschenbild gründen. Der parallel dazu entwickelte Respekt vor unterschiedlichen Überzeugungen ermöglicht ihnen einen toleranten Umgang in einer pluralen Gesellschaft, der als Maßstab für den persönlichen Umgang wie auch für die Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben dienen wird. Sie finden so zu eigenen positiven Werthaltungen und sind in der Lage, sie auch unter geänderten Lebensumständen zu reflektieren.

Gesundheitsförderung

Dem Ziel einer aktiven Gesundheitsvorsorge dient u. a. die Beschäftigung mit den Themen „Behinderung“, „deviantes Verhalten“ und „Verantwortungsübernahme für sich und andere“. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler, verantwortungsvoll mit der eigenen Gesundheit umzugehen und auch unter sozialem Druck oder in Belastungssituationen die eigene physische und psychische Gesundheit zu schützen. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln Kompetenzen, die sie befähigen, die Bedeutung nachhaltigen Verhaltens zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten. In besonderer Weise bilden Themen wie „Faktoren einer gelingenden Sozialisation“, „Sozialisationsaufgaben im Alter“ oder „Stressbewältigung“ die Basis für den Erwerb dieser Kompetenzen.

Politische Bildung

Die Politik schafft die Rahmenbedingungen für den Einzelnen und für alle weiteren Akteure in sozialen Zusammenhängen. Die Schülerinnen und Schüler verstehen diese Zusammenhänge, die auf den im Grundgesetz formulierten Werten gründen, erwerben dabei Einsichten in  politische, wirtschaftliche und soziale Voraussetzungen und Abhängigkeiten und verstehen die Notwendigkeit, die Politik selbst mitzugestalten. Sie achten und schätzen den Wert der Freiheit und der Menschenrechte.

Medienbildung/Digitale Bildung

Eine verantwortungsbewusste Nutzung von traditionellen und neuen Medien wird in spezifischen Lernbereichen thematisiert, ist aber auch bei anderen Themen Voraussetzung für eine sichere und kritisch abwägende Mediennutzung. Dabei wird die Rolle der Medien hinterfragt, sei es bei der Informationsbeschaffung oder bei schulisch bedingten oder privaten sozialen Kontakten.

Berufliche Orientierung

Vor allem die Beschäftigung in pädagogisch und sozial orientierten Tätigkeitsbereichen ermöglicht Einblicke in die dort vorherrschenden beruflichen Möglichkeiten und Arbeitsbedingungen. Zudem ermöglichen die verpflichtend abzuleistenden Sozialpraktika die Auseinandersetzung mit verschiedenen Berufsbildern. Diese Nähe zur Wirklichkeit in Verbindung mit der das Praktikum begleitenden Nachbereitung und Reflexion im Unterricht erlaubt es den Schülerinnen und Schülern, die eigenen Interessen, Fähigkeiten und Grenzen auszuloten und einen ihnen entsprechenden Beruf zu finden.

Interkulturelle Bildung

Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich mit der soziokulturellen Heterogenität in unserer Gesellschaft und den damit verbundenen Problemen und Chancen, aber auch mit der Interkulturalität in der Gesellschaft angesichts einer zunehmend globalisierten Welt. Dabei entwickeln sie kultursensible Verhaltensweisen, die zu einem toleranten Zusammenleben und einer gegenseitigen Bereicherung führen.

Familien- und Sexualerziehung

In der Phase der Pubertät unterstützt das Fach, vor allem durch die Beschäftigung mit der Familie als Erziehungsinstanz sowie mithilfe einer Erziehung hin zu einem kritischen Umgang mit Medien und verschiedenen Aspekten der Informationsgesellschaft, eine wertorientierte Familienerziehung. Dabei erkennen die Schülerinnen und Schüler gerade im Bereich „Partnerschaft, Ehe und Familie“ den Wert zuverlässiger und von gegenseitigem Respekt getragener persönlicher Beziehungen. In diesem Zusammenhang lernen sie, Gefährdungen für die eigene Entwicklung und für die Entstehung stabiler persönlicher Beziehungen einzuschätzen und angemessen zu reagieren.

Sprachliche Bildung

Im Sozialwesenunterricht sind die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, mündlich und schriftlich zu aktuellen sozialen und gesellschaftlichen Themen und Fragen Stellung zu beziehen. Aufgrund ihrer kommunikativen Kompetenz können sie an Prozessen der Meinungsbildung im schulischen und außerschulischen Raum teilnehmen.
Das Fach Sozialwesen ermöglicht darüber hinaus mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern, ganz unabhängig von ihrer Muttersprache, die notwendigen sprachlichen und fachlichen Kompetenzen erfolgreich zu erwerben, wenn Stoffvermittlung und Kompetenzerwerb im Rahmen eines sprachsensiblen und die Fachsprache entwickelnden Unterrichts stattfinden.

Ökonomische Verbraucherbildung

Das Verbraucherverhalten steht nicht im Zentrum des Faches Sozialwesen, aber indirekt wird ein verantwortungsvolles und wertorientiertes Konsumhandeln – auch unter den Aspekten des Freizeitverhaltens, der Mediennutzung und des nachhaltigen Handelns – im Kontext mit den behandelten Themen und mit Blick auf die Rahmenbedingungen ethischen Verhaltens erworben. Bei der Auseinandersetzung mit den Herausforderungen des Erwachsenenlebens beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler u. a. mit dem Älterwerden und der Notwendigkeit langfristiger persönlicher Vorsorge.

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