Erläuterung_GS_3-4_LB5
Religionspädagogisches Zentrum in BayernJahrgangsstufe 3/4 Theologische Grundlegung zum Lernbereich 5Die Heilige Schrift – Buch des Lebens und des GlaubensDie Erläuterungen zum Lernbereich in der 3./4. Jahrgangsstufe bauen auf den Ausführungen zur 1./2. Jahrgangsstufe auf.Unter dieser Prämisse steht auch der Lernbereich für die 3./4. Jgst. Im ersten Spiegelstrich bringt der Lehrplan den Begriff „Offenbarung“ ins Spiel, der ein breites Bedeutungsspekt-rum umfasst und daher nicht auf eine mystifizierende Engführung zulaufen darf. Wenn Of-fenbarung unvermittelt mit „Gott hat gesprochen“, „Gott zeigt sich“ oder „Gott ist erschienen“ übersetzt wird, so ist das eine unsachgemäße Simplifizierung, die bei den Schülerinnen und Schülern mythische Gottesvorstellungen hervorrufen, an die sie entweder lebenslang fixiert bleiben oder die sie spätestens in der Pubertät ablegen und die heute auch von einer breiten Öffentlichkeit als modernitätsuntauglich betrachtet werden. Wohl gemerkt: Was Gott „gesagt hat“, erfahren wir ausschließlich aus Texten, die von Menschen aufgeschrieben wurden. Of-fenbarung geschieht nicht in supranaturalistischen Visionen und Auditionen, sondern im Raum einer Glaubensgemeinschaft, die ihren Weg mit Gott reflektiert, ihren Glauben bekennt und feiert. Die Jahwe-Gemeinde hat in ihrem Schicksal den mitgehenden Gott entdeckt und ihr ganzes Dasein von ihm her interpretiert. Gott hat den Verfassern der Bibel nicht einen Text zugeflüstert; vielmehr kann man sagen, die Verfasser wurden in ihrem Denken, Sprechen und Schreiben von Gott angeregt. Dieses Sprechen und Schreiben ist Ausdruck der Erfahrung, die sie mit ihm im Raum der Gemeinde gemacht haben. Es ist zugleich Menschenwort und Got-teswort oder Gotteswort in Menschenwort. Die Worte der Verfasser sind insofern Gottes Worte, als sich in ihnen die Wirklichkeit Gottes widerspiegelt – seine Verheißung, aber auch seine Unbedingtheit. Offenbarung Gottes geschieht nicht im voraussetzungsfreien Raum. Offenbarung von Seiten Gottes setzt die Offenheit von Seiten der Menschen voraus. Das AT konnte in der Jahwe-Gemeinde nur entstehen, weil sie ihr Schicksal an Gott geknüpft hat. Entsprechendes gilt auch für die Entstehung des NT. Darin erweist sich die enge Zusammen-gehörigkeit von Bibel und Glaubensgemeinschaft, sprich: Kirche. Insofern fordert der Lernbe-reich zu Recht neben dem Kennenlernen der Bibel auch den betenden und feiernden Um-gang mit biblischen Texten ein. Die Bibel ist kein Lehrbuch, sondern ein Lebensbuch, aus dem inmitten der Gemeinde Gott zu Wort kommt.Aus: Reil, Elisabeth: Theologischer Leitfaden zum Fachlehrplan Katholische Religionslehre Grundschule. In: Katholisches Schulkommissariat in Bayern (Hg.): Handreichung zum LehrplanPLUS, Katholische Religionslehre in der Grundschule, München 2015, S. 33-55.www.rpz-bayern.de/handreichung_zum_lehrplan_plus.html